Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen und Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts
Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 18.03.2005; Aktenzeichen 1 M 92/05) |
Tenor
Das Land Sachsen-Anhalt hat der Beschwerdeführerin die ihr im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 15.000 € (in Worten: fünfzehntausend Euro) festgesetzt.
Tatbestand
1. Die Kammer hat die Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 18. Dezember 2006 nicht (mehr) zur Entscheidung angenommen. Im Anschluss an die dort zur Begründung in Bezug genommene Entscheidung der Kammer im Parallelverfahren (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Dezember 2006 – 1 BvR 874/05 –, JURIS) war auch im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren nach Billigkeit über die Erstattung der der Beschwerdeführerin entstandenen notwendigen Auslagen (§ 34a Abs. 3 BVerfGG) zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
2. a) Die Landesregierung Sachsen-Anhalt hat sich in ihrer Stellungnahme grundsätzlich gegen eine Anordnung der Auslagenerstattung, allenfalls für eine teilweise Erstattung ausgesprochen. Hinreichende Billigkeitsgründe im Sinne von § 34a Abs. 3 BVerfGG lägen deshalb nicht vor, weil Gegenstand des vorliegenden Verfahrens im Gegensatz zum Verfahren 1 BvR 874/05 eine Vermittlungstätigkeit zugunsten eines Wettunternehmens gewesen sei, das über keine Veranstaltererlaubnis für das Land Sachsen-Anhalt verfügte. Vielmehr bestehe eine Vergleichbarkeit mit den Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 757/05 und 1 BvR 789/05, in denen keine Auslagenerstattung gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG angeordnet worden sei. Jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass der vorliegenden Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung zugekommen sei, weil sie subsidiär gewesen sei.
b) Die Beschwerdeführerin ist der Stellungnahme der Landesregierung Sachsen-Anhalt unter Verweis auf die Gründe des Beschlusses vom 18. Dezember 2006 im parallelen Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 874/05 entgegengetreten.
3. Die Anordnung der Auslagenerstattung entspricht der Billigkeit im Sinne von § 34a Abs. 3 BVerfGG, da die angegriffenen Entscheidungen bei ihrem Erlass mit dem Grundgesetz unvereinbar waren (vgl. im Einzelnen die Ausführungen unter II. 2. a im Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2006 – 1 BvR 874/05 –, JURIS).
Die von der Landesregierung vorgebrachten Einwände sind nicht geeignet, die Billigkeit der Auslagenerstattung in Zweifel zu ziehen. Der angebliche Unterschied zum Ausgangssachverhalt im Verfahren 1 BvR 874/05 ist nicht gegeben, da auch die dortige Beschwerdeführerin über keine vom Land Sachsen-Anhalt für dessen Landesgebiet erteilte Erlaubnis zur Veranstaltung beziehungsweise Vermittlung gewerblicher Sportwetten verfügt. Der Anordnung der Auslagenerstattung steht auch nicht entgegen, dass die Verfassungsbeschwerde unter anderem wegen Subsidiarität nicht zur Entscheidung angenommen wurde. Anders als in den von der Landesregierung in Bezug genommenen Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 757/05 und 1 BvR 789/05 (vgl. die zu diesen Aktenzeichen ergangenen Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. September 2005, BVerfGK 6, 276) war die vorliegende Verfassungsbeschwerde, soweit die mit ihr vorgebrachten Rügen einer Verletzung von Grund- und grundrechtsgleichen Rechten nicht speziell mit einer Verkennung der Legalisierungswirkung der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Erlaubnis nach dem Gewerbegesetz der Deutschen Demokratischen Republik begründet wurden, nicht schon von vornherein, insbesondere nicht allein im Hinblick auf § 13 des Glücksspielgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 22. Dezember 2004 (GVBl LSA S. 846) als subsidiär anzusehen. Subsidiär wurde die vorliegende Verfassungsbeschwerde während ihrer Anhängigkeit vielmehr erst dadurch, dass der Beschwerdeführerin für die Kontrolle der Einhaltung der eine ordnungsrechtliche Untersagung rechtfertigenden verfassungsgerichtlichen Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 – 1 BvR 1054/01 –, dessen verfassungsrechtliche Aussagen zur Unvereinbarkeit der bisherigen Ausgestaltung des staatlichen Sportwettmonopols grundsätzlich auch auf die Regelungslage in Sachsen-Anhalt zutreffen (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Dezember 2006 – 1 BvR 874/05 –, JURIS), zunächst das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO offensteht und vorrangig durchzuführen ist. Im Übrigen war eine Annahme der Verfassungsbeschwerde trotz des Umstandes, dass der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts die Anforderungen verkennt, die das Grundrecht der Berufsfreiheit an einen verfassungsrechtlich gerechtfertigten Ausschluss der Veranstaltung und Vermittlung gewerblicher Sportwetten durch ein staatliches Sportwettmonopol stellt, lediglich nicht (mehr) angezeigt.
4. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG.
Unterschriften
Bryde, Eichberger, Schluckebier
Fundstellen