Verfahrensgang
KG Berlin (Beschluss vom 07.06.2007; Aktenzeichen 2 Ws 294/07) |
LG Berlin (Beschluss vom 20.02.2007; Aktenzeichen 541 StVK 1327/06) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat; sie ist unbegründet.
1. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und ebenso ihr Vollzug sind von Verfassungs wegen an die Voraussetzung geknüpft, dass eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Süchtigen zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf nicht weiter vollzogen werden, wenn entgegen einer anfänglichen positiven Prognose keine hinreichend konkrete Aussicht mehr auf einen solchen Behandlungserfolg besteht (BVerfGE 91, 1 ≪30 f.≫). § 67d Abs. 5 Satz 1 StGB sieht in Umsetzung dieser sich aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 GG abzuleitenden Forderung die Erledigterklärung der Maßregel vor. Ein Verstoß gegen das Resozialisierungsgebot liegt darin nicht. Eine Maßregel gemäß § 64 StGB behält ihre auf Resozialisierung hinzielende Zweckrichtung nur so lange, als die therapeutischen Bemühungen in absehbarer Zeit einen Erfolg möglich erscheinen lassen. Scheitert dieser Zweck, besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch darauf, eine solche Maßregel trotz Aussichtslosigkeit aufrechtzuerhalten (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Oktober 1990 – 2 BvR 916/90 –). Auch für die Entscheidung über die Erledigterklärung einer Unterbringung in der Entziehungsanstalt gelten Mindestanforderungen an eine zuverlässige Wahrheitserforschung (vgl. BVerfGE 91, 1 ≪30, 35≫). Als Entscheidung, die auch den Entzug der persönlichen Freiheit betrifft, muss sie auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht. Soweit es um die Feststellung geht, ob noch eine hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht, handelt es sich – wie bei der Beurteilung zum Zeitpunkt der Anordnung – um eine richterliche Prognose (vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl., § 64 Rn. 19), die das Bundesverfassungsgericht nicht in allen Einzelheiten, sondern nur daraufhin überprüft, ob das Strafvollstreckungsgericht in objektiv unvertretbarer Weise vorgegangen ist oder die verfassungsrechtliche Bedeutung und Tragweite der berührten Grundrechte verkannt hat.
2. Diesem Maßstab werden die angegriffenen Entscheidungen des Kammergerichts gerecht. Sie beruhen – jedenfalls nach der eingehenden Sachverhaltsaufklärung im Verfahren nach § 33a StPO, die zur Einholung weiterer ärztlicher Stellungnahmen des Maßregelvollzugskrankenhauses und zur Beiziehung der Patientenakten führte – auf einer zureichenden Sachaufklärung. Daneben war die nach einfachem Recht nicht vorgesehene Einholung eines Sachverständigengutachtens von Verfassungs wegen nicht geboten. Die Ansicht des Kammergerichts, (lediglich) im Einzelfall könnten Spannungen zwischen – durch richterliche Entscheidung – untergebrachten Patienten und ihren Therapeuten ggf. Anlass sein, einen nicht im Maßregelvollzug tätigen Sachverständigen hinzuziehen, solche Spannungen aber seien vom Beschwerdeführer nicht konkret vorgetragen und behauptet worden, ist auch aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
Die nur begrenzt verfassungsrechtlicher Prüfung zugängliche Wertung des Kammergerichts, die weitere Durchführung einer Behandlung sei ohne hinreichend konkrete Erfolgsaussicht, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auf der Grundlage der eingeholten ärztlichen Stellungnahmen und unter Auswertung der Krankenakte hat es nachvollziehbar ausgeschlossen, dass die Verschlechterung der Therapiemotivation, die in eine fast durchgängige Ablehnung einer Teilnahme an den therapeutisch bedeutungsvollen Elementen des Behandlungsprogramms mündete, auf einen bei Suchtkranken immer wieder zu verzeichnenden und deshalb für die Nichterreichbarkeit des Maßregelzwecks wenig aussagekräftigen Rückschlag zurückzuführen sein könnte. Dass das Gericht das anhand zahlreicher Umstände belegte Scheitern der Entzugsbehandlung zum Anlass genommen hat, die Maßnahme für erledigt zu erklären, obwohl der Beschwerdeführer nach wie vor seinen Willen bekundet, die Behandlung durchführen zu wollen, stellt deshalb – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – keinen Verstoß gegen das Resozialisierungsgebot dar.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Voßkuhle, Osterloh, Mellinghoff
Fundstellen