Verfahrensgang
EPA (Europäisches Patentamt) (Aktenzeichen 53.1.3.4.) |
EPA (Europäisches Patentamt) (Aktenzeichen D 0002/06) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen des Rechtsschutzes gegen Maßnahmen des Europäischen Patentamts.
I.
1. Das Europäische Patentamt ist eines von zwei Organen der Europäischen Patentorganisation, die durch das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente vom 5. Oktober 1973 (EPÜ, BGBl 1976 II S. 649 ≪826≫) gegründet wurde. Die Europäische Patentorganisation hat die Aufgabe, europäische Patente zu erteilen (vgl. Art. 4 Abs. 3 Satz 1 EPÜ). Sie genießt im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit Immunität vor den mitgliedstaatlichen Gerichtsbarkeiten (siehe Art. 8 EPÜ i.V.m. Art. 3 Abs. 1 des Protokolls über Vorrechte und Immunitäten vom 5. Oktober 1973, BGBl 1976 II S. 649 ≪985≫) und besitzt als internationale Organisation die Befugnis zur autonomen Gestaltung ihrer inneren Verhältnisse.
Gemäß Art. 134 Abs. 1 EPÜ können in den durch das Übereinkommen geschaffenen Verfahren natürliche und juristische Personen grundsätzlich nur durch „zugelassene Vertreter” vertreten werden, die in einer beim Patentamt geführten Liste eingetragen sein müssen. In die Liste zugelassener Vertreter kann nach Art. 134 Abs. 2 EPÜ jede natürliche Person aufgenommen werden, die die Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaats besitzt, ihren Geschäftssitz oder Arbeitsplatz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat und die europäische Eignungsprüfung bestanden hat. Gegenüber Prüfungsentscheidungen im Rahmen dieser Eignungsprüfung besteht nach Art. 27 der auf Art. 134 Abs. 8 Buchstabe a EPÜ beruhenden Vorschriften des Europäischen Patentamts über die organisationsinterne europäische Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter (VEP, Amtsblatt des Europäischen Patentamts, Beilage 12/2004) eine Beschwerdemöglichkeit zur Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten des Europäischen Patentamts.
2. Der Beschwerdeführer ist Diplomingenieur und Patentanwalt. Er hatte im Jahr 2005 an der Europäischen Eignungsprüfung teilgenommen und eine von vier Prüfungsarbeiten nicht bestanden. Daraufhin wiederholte er den betreffenden Prüfungsabschnitt, jedoch teilte ihm das Europäische Patentamt mit, dass die Prüfungskommission die Prüfung erneut als nicht bestanden gewertet habe. Gegen die Entscheidung der Prüfungskommission legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein. Er vertrat die Auffassung, die Prüfung sei nur deshalb als nicht bestanden beurteilt worden, weil er im englischsprachigen Prüfungsabschnitt den Begriff „tubing” nicht mit „schlauchförmige Folie”, sondern mit „Rohr” übersetzt habe. Hieraus hätten sich zwar abweichende patentrechtliche Konsequenzen ergeben. Dies könne ihm aber nicht angelastet werden, weil der Begriff „tubing” in den gängigen, in der Prüfung zugelassenen Wörterbüchern mit „starres Rohr” übersetzt werde.
Mit Entscheidung vom 7. Juli 2006 wies die Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Sie führte aus, dass die Auffassung der Prüfungskommission nicht unter einem „schwerwiegenden und eindeutigen Fehler” leide. Zwar werde das englische Wort „tubing” in Wörterbüchern meist mit „Rohr”, „Röhrenmaterial”, „Rohrleitung” etc. übersetzt; indes sei auch der Begriff „Schlauchmaterial” zu finden. Da der Begriff „tubing” insoweit nicht eindeutig sei, hätte der Beschwerdeführer in der Prüfung aber auf eine Anlage zur Prüfungsaufgabe Bezug nehmen müssen, in der „new tubing” im Sinne eines veränderbaren, schlauchförmigen Gegenstands definiert worden sei. Daher hätten sich dem Beschwerdeführer die der Lösung der Prüfungsaufgabe zugrunde liegenden patentrechtlichen Konsequenzen aufdrängen müssen.
Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer unter dem 25. August 2006 Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO, die mit Entscheidung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten vom 31. August 2006, dem Beschwerdeführer zugestellt am 2. Oktober 2006, als unstatthaft und damit unzulässig zurückgewiesen wurde. Die Beschwerdekammer verwies darauf, dass mitgliedstaatliche Bestimmungen im Verfahren vor dem Europäischen Patentamt und seinen Beschwerdekammern unanwendbar seien und dass das organisationsinterne Recht einen entsprechenden Rechtsbehelf nicht kenne.
Entscheidungsgründe
II.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte beziehungsweise grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG. Die Nichtzulassung als Vertreter vor dem Europäischen Patentamt könne mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, weil es sich dabei um einen Akt einer supranationalen Organisation im Sinne von Art. 24 Abs. 1 GG handle, der in die nationale Rechtsordnung hineinwirke.
Die angegriffenen Entscheidungen verstießen gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG, weil die von Prüfungskommission und Beschwerdekammer gewählte Auslegung des Begriffs „tubing” evident unrichtig und damit nicht mehr vertretbar sei. Um Situationen wie die vorliegende zu vermeiden, schrieben die Prüfungsrichtlinien des Patentamts vor, dass spezielle Fachausdrücke in einem der Prüfungsaufgabe anhängenden Glossar anzugeben seien. Diese Vorschrift sei von der Prüfungskommission missachtet worden. Im Übrigen begegne es verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Beschwerdekammer der Prüfungskommission hinsichtlich der vorzugswürdigen Auslegung der im Prüfungsverfahren relevanten Fachtermini einen Ermessensspielraum zugestehe. Sei ein spezielles Verständnis eines für das Bestehen der Prüfung maßgeblichen Fachbegriffs erforderlich, würden deutschsprachige Bewerber gegenüber englischsprachigen in einer Art. 3 Abs. 3 GG verletzenden Weise benachteiligt.
Die unter Hinweis auf diverse Übersetzungsquellen geltend gemachten Einwendungen des Beschwerdeführers seien nicht berücksichtigt worden, weshalb die angegriffenen Entscheidungen auch gegen das grundrechtsgleiche Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verstießen. Sie verletzten ferner Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil das Patentübereinkommen zwar einen Rechtsweg für den Patentinhaber und den Einsprechenden, nicht aber für den Bewerber bei der Europäischen Eignungsprüfung vorsehe. Schließlich werde dem Beschwerdeführer mit den angegriffenen Entscheidungen die Vertretungsmöglichkeit verwehrt, was einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG darstelle.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG sind nicht erfüllt; denn die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung, und ihre Annahme zur Entscheidung ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG bezeichneten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die ihr zugrunde liegenden Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinlänglich geklärt (siehe zum Rechtsschutz gegenüber supranationalen Hoheitsakten allgemein BVerfGE 73, 339 ≪374 ff., 387≫; 89, 155 ≪175≫; 102, 147 ≪161 ff.≫; und speziell zum Rechtsschutz gegenüber Maßnahmen des Europäischen Patentamts BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001 – 2 BvR 2368/99 –, NJW 2001, S. 2705 f.; BVerfGK 6, 368 ff.; 8, 266 ff.; 325 ff.).
2. a) Fraglich ist bereits, ob sich der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG wendet.
aa) Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich, dass auch Akte einer nicht-deutschen Hoheitsgewalt die Grundrechtsberechtigten in Deutschland betreffen können und das Bundesverfassungsgericht die Aufgabe hat, auch gegenüber solchen Rechtsakten Grundrechtsschutz zu gewähren (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪175≫; BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O.; anders noch BVerfGE 22, 293 ≪297≫; 58, 1 ≪27≫). Solche Rechtsakte können damit grundsätzlich Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sein. Denn Art. 24 Abs. 1 GG über die Übertragung von Hoheitsrechten muss wie jede Verfassungsbestimmung ähnlich grundsätzlicher Art im Zusammenhang der Gesamtverfassung verstanden und ausgelegt werden. Er öffnet nicht den Weg, die Grundstruktur der Verfassung zu ändern. Ein unaufgebbarer Bestandteil des Verfassungsgefüges sind die fundamentalen Rechtsgrundsätze, die in den Grundrechten des Grundgesetzes anerkannt und verbürgt sind (BVerfGE 37, 271 ≪279 f.≫; 58, 1 ≪40 ff.≫; 73, 339 ≪375 f.≫). Das Grundgesetz verlangt allerdings nicht, dass auch im Einzelfall Grundrechtsschutz jeweils gerade durch das Bundesverfassungsgericht zu gewährleisten ist. Vielmehr bedingt die Offenheit der Verfassung für die internationale Zusammenarbeit im Sinne der Ziele der Präambel, dass das Bundesverfassungsgericht dann, wenn auf der supranationalen Ebene ein im Wesentlichen dem grundgesetzlichen vergleichbarer Grundrechtsschutz gewährleistet ist, seine Gerichtsbarkeit nicht ausübt (BVerfGE 73, 339 ≪387≫; 102, 147 ≪161≫; BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O., S. 2706).
Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, jeder nicht-deutsche Hoheitsakt könne im Wege der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. Vielmehr können nur Maßnahmen von internationalen Organisationen die Grundrechtsberechtigten in Deutschland betreffen, denen als zwischenstaatliche Einrichtungen im Sinne von Art. 24 Abs. 1 GG Hoheitsrechte übertragen worden sind. Notwendiges Kriterium ist also die Supranationalität: Zu differenzieren ist danach, ob der in Rede stehenden internationalen Organisation die Befugnis eingeräumt wurde, Maßnahmen mit Durchgriffswirkung gegenüber dem Einzelnen zu treffen, die also auf die Rechtsstellung des Bürgers de iure unmittelbar einwirken. Dies trifft nicht nur auf die Europäischen Gemeinschaften beziehungsweise die Europäische Union nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, sondern auch auf andere internationale Organisationen zu (siehe bereits BVerfGK 8, 266 ≪269 f.≫; 325 ≪329≫).
bb) Den Grundsatz der Angreifbarkeit supranationaler Hoheitsakte mit der Verfassungsbeschwerde, der zunächst in Bezug auf Sekundärrechtsakte der Organe der Europäischen Gemeinschaft aufgestellt wurde (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪175≫), hat das Bundesverfassungsgericht in der Folge unter Zugrundelegung eines funktionalen Verständnisses der öffentlichen Gewalt explizit auf Rechtsakte der Europäischen Patentorganisation erstreckt (siehe BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O.; BVerfGK 6, 368 ff.; 8, 266 ff.; 325 ff.). Denn die Europäische Patentorganisation ist eine zwischenstaatliche Einrichtung im Sinne von Art. 24 Abs. 1 GG. Es handelt sich um eine ins Völkerrecht verselbständigte juristische Person, und dem Europäischen Patentamt sind Hoheitsrechte zur Ausübung übertragen (näher dazu BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O.).
Für die Angreifbarkeit eines nicht der deutschen Hoheitsgewalt entstammenden Rechtsakts im Wege der Verfassungsbeschwerde reicht es indes nicht aus, dass der erlassenden Organisation generell supranationale Befugnisse eingeräumt wurden. Vielmehr muss gerade der konkret beanstandete Rechtsakt supranationaler Natur sein, das heißt auf die Rechtsstellung des Adressaten de iure unmittelbar einwirken. Nur dann liegt ein Rechtsakt vor, der den Grundrechtsberechtigten in Deutschland im Sinne der Maastricht-Rechtsprechung „betrifft” (so bereits BVerfGK 8, 266 ≪269 f.≫; 325 ≪329 f.≫; ebenso BVerfGK 8, 61 ≪63 f.≫ zum Grundrechtsschutz gegenüber Maßnahmen des Internationalen Währungsfonds). Wo die Organisation dagegen nicht zum Durchgriff ermächtigt wurde, hat sie auch nicht die Möglichkeit, auf die Rechtsstellung des Einzelnen in einer Form einzuwirken, die zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken Grundrechtsschutz in der Bundesrepublik Deutschland geböte. Deshalb sind nicht-supranationale Rechtsakte internationaler Organisationen der deutschen öffentlichen Gewalt im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG nicht gleichgestellt.
cc) Ob die vorliegend in Rede stehende Ablehnung der Zulassung des Beschwerdeführers als Vertreter nach Art. 134 EPÜ zum Bereich der supranationalen Befugnisse des Europäischen Patentamts zählt, bedarf hier angesichts der Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde aus weiteren Gründen jedoch keiner vertieften Erörterung.
b) Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den für Verfassungsbeschwerden gegen supranationale Hoheitsakte geltenden Begründungsanforderungen.
aa) Unbeschadet der besonderen, hier nicht in Rede stehenden Fallgruppen der Ultra-vires-Rüge und der Identitätsrüge (vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juni 2009 – 2 BvE 2/08, 2 BvE 5/08, 2 BvR 1010/08, 2 BvR 1022/08, 2 BvR 1259/08, 2 BvR 182/09 –, NJW 2009, S. 2267 ≪2272 f.≫) sind Verfassungsbeschwerden gegen supranationale Rechtsakte nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von vornherein unzulässig, wenn ihre Begründung nicht darlegt, dass im Rahmen der in Rede stehenden Organisation der nach dem Grundgesetz als unabdingbar gebotene Grundrechtsschutz generell und offenkundig nicht mehr gewährleistet ist (vgl. BVerfGE 73, 339 ≪387≫; 102, 147 ≪164≫; BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O., S. 2706; BVerfGK 6, 368 ≪370≫). Damit muss ein Beschwerdeführer sich mit der Rechtsordnung und der organisationsinternen Praxis der Organe der konkret in Rede stehenden internationalen Organisation näher auseinandersetzen.
bb) An einer entsprechenden Darlegung des Beschwerdeführers fehlt es. Dieser hat sich nicht mit der Frage beschäftigt, ob die Entscheidungspraxis der Organe der Europäischen Patentorganisation generell nicht dem von Verfassungs wegen gebotenen Rechtsschutzstandard entspricht. Er hat seine Verfassungsbeschwerde vielmehr ausschließlich darauf gestützt, dass die angegriffenen Entscheidungen im konkreten Fall einem grundgesetzadäquaten Grundrechtsstandard nicht mehr entsprächen. Demgegenüber hätte sich der Beschwerdeführer näher mit der organisationsinternen Rechtsschutzmöglichkeit und den diesbezüglichen verfahrensrechtlichen Bestimmungen ebenso befassen müssen wie mit der Spruchpraxis der Beschwerdekammern. Ohne eine solche vertiefte Auseinandersetzung kann ein Grundrechtsschutzdefizit im Rahmen einer supranationalen Organisation nicht substantiiert dargelegt werden; dies umso weniger, als das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt hat, dass das vom Europäischen Patentübereinkommen eingerichtete Rechtsschutzsystem im Wesentlichen dem des Grundgesetzes und damit den Anforderungen nach Art. 24 Abs. 1 GG entspricht (so BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2001, a.a.O., S. 2706; BVerfGK 6, 368 ≪370≫; ebenso – für einen konventionsadäquaten Rechtsschutzstandard des Systems – EGMR, Urteil vom 18. Februar 1999, Beschwerde-Nr. 26083/94, Waite u. Kennedy/Deutschland, NJW 1999, S. 1173 ≪1175≫).
c) Schließlich ist die Verfassungsbeschwerde auch deshalb unzulässig, weil der Beschwerdeführer sie nicht fristgemäß erhoben hat.
aa) Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVerfGG ist die Verfassungsbeschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung beziehungsweise formloser Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung zu erheben. Der Beschwerdeführer wendet sich hier gegen die Entscheidung der Prüfungskommission des Europäischen Patentamts vom 4. Oktober 2005, gegen die er die statthafte Beschwerde zur Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten erhoben hat. Die zurückweisende Entscheidung der Beschwerdekammer vom 7. Juli 2006 wurde dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers am 11. August 2006 übermittelt, sodass der Beschwerdeführer gegen diese Entscheidung spätestens am Montag, den 11. September 2006 Verfassungsbeschwerde hätte erheben müssen. Die Verfassungsbeschwerde ist indes erst am 27. Oktober 2006 beim Bundesverfassungsgericht eingegangen.
bb) An dieser Fristversäumnis ändert sich nichts dadurch, dass der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben hat und gegen die hierauf ergangene zurückweisende Entscheidung der Beschwerdekammer vom 31. August 2006 – dem Beschwerdeführer zugegangen am 2. Oktober 2006 – am 27. Oktober 2006 Verfassungsbeschwerde erhoben hat. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann ein fachgerichtlicher Rechtsbehelf die Verfassungsbeschwerdefrist nur dann offen halten, wenn er nicht offensichtlich unzulässig ist; dies ist der Fall, wenn der Rechtsmittelführer nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre bei der Einlegung des Rechtsmittels über die Unzulässigkeit nicht im Zweifel sein konnte (vgl. BVerfGE 5, 17 ≪19 f.≫; 28, 1 ≪6≫; 91, 93 ≪106≫; stRspr).
Dass ein Rechtsbehelf aus der deutschen Verwaltungsgerichtsordnung nicht für eine Entscheidung der Disziplinarkammer des Europäischen Patentamts gilt, für die eigene Verfahrensbestimmungen erlassen wurden, konnte für den Beschwerdeführer nicht im Zweifel stehen, zumal Art. 27 VEP einen weiteren Rechtsbehelf gegen Entscheidungen der Beschwerdekammer nicht vorsieht. Der Beschwerdeführer hat folglich mit der Anhörungsrüge einen offensichtlich unstatthaften Rechtsbehelf eingelegt, der die Verfassungsbeschwerdefrist gegen die vorangegangene Sachentscheidung der Disziplinarkammer nicht offenhalten konnte.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Broß, Di Fabio, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 2423684 |
NVwZ 2010, 641 |
NVwZ 2010, 8 |
NRÜ 2010, 185 |