Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung als Beistand
Verfahrensgang
OLG Dresden (Zwischenurteil vom 26.08.1994; Aktenzeichen 2 Ws 98/94) |
Tenor
Der Antrag auf Zulassung des Herrn Claus-Peter Eichhorst als Beistand wird abgelehnt.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung als Beistand, die § 22 Abs. 1 Satz 4 BVerfGG in das pflichtgemäße Ermessen des Bundesverfassungsgerichts stellt, liegen nicht vor. Die Zulassung als Beistand kommt nur in Betracht, wenn sie objektiv sachdienlich ist und subjektiv für sie ein Bedürfnis besteht (Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Februar 1994 – 1 BvR 105/94 –, NJW 1994, S. 1272). Die Erfüllung dieser Voraussetzung ist dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht zu entnehmen und auch nicht ersichtlich.
2. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.
(1) Die Einwände der Beschwerdeführerin gegen die Verfassungsmäßigkeit der Stichtagsregelung des § 17 Abs. 3 StrRehaG greifen nicht durch.
(a) Der Gesetzgeber hat bei der Regelung der Wiedergutmachung früheren, von einer anderen Staatsgewalt zu verantwortenden, Unrechts, um das es hier geht, einen besonders weiten Gestaltungsraum (BVerfGE 84, 90 ≪126≫). Mit der Kapitalentschädigung nach § 17 StrRehaG wollte er eine Leistung höchstpersönlichen Charakters als Wiedergutmachung für die erlittene Freiheitsentziehung schaffen (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 12/1608, S. 26), nicht aber eine Kapitalentschädigung für Hinterbliebene einführen (vgl. Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BTDrucks 12/2820, S. 31). Dass damit noch lebende ehemalige Häftlinge gegenüber den Hinterbliebenen bereits vor dem Stichtag verstorbener ehemaliger Häftlinge privilegiert werden, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG scheidet schon deshalb aus, weil die Personengruppen – die unmittelbar Betroffenen einerseits und die Hinterbliebenen andererseits – nicht vergleichbar sind.
Im Übrigen gilt, dass der Gesetzgeber bei der Bemessung von Wiedergutmachungsleistungen im Rahmen des ihm ohnehin zustehenden Gestaltungsraums auch Rücksicht darauf nehmen darf, welche finanziellen Möglichkeiten er unter Berücksichtigung der sonstigen Staatsaufgaben hat; bei der Einschätzung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Staates kommt ihm ein besonders weiter Beurteilungsraum zu (BVerfGE 84, 90 ≪130 f.≫).
Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber hier seinen Gestaltungs- und Beurteilungsraum überschritten hätte, sind nicht ersichtlich.
(b) Auch die Tatsache, dass die Erben solcher Häftlinge, die nach Antragstellung und nach dem Stichtag, aber vor Festsetzung und Auszahlung der Kapitalentschädigung versterben, anders als die Erben solcher Häftlinge, die bereits vor dem Stichtag verstorben sind, nach § 17 Abs. 3 StrRehaG in den Genuss einer Kapitalentschädigung kommen, verletzt den Gleichheitssatz nicht. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass sich die vom Häftling nicht beeinflussbare Dauer des Verfahrens nachteilig auswirke (Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BTDrucks 12/2820, S. 31). Dies ist ein sachlicher und hinreichend gewichtiger Grund für die Begünstigung der Erben der nach Antragstellung verstorbenen Häftlinge.
Dass der Gesetzgeber die Leistungen darüber hinaus durch einen Stichtag begrenzt hat, ist verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich Härten mit sich bringt. Die Wahl des Zeitpunkts muss sich allerdings am gegebenen Sachverhalt orientieren (BVerfGE 87, 1 ≪43≫). Das ist hier der Fall.
Der 18. September 1990 ist „der Tag des Inkrafttretens des Rehabilitierungsgesetzes des ersten frei gewählten Parlaments der ehemaligen DDR” (Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BTDrucks 12/2820, S. 31). Mit dem Rehabilitierungsgesetz war im Beitrittsgebiet erstmals eine gesetzliche Grundlage für der Kapitalentschädigung nach § 17 StrRehaG vergleichbare Entschädigungsleistungen geschaffen worden. § 7 Abs. 2 RehaG/DDR in Verbindung mit §§ 9 a ff. HHG sah die Zahlung von Eingliederungshilfen an ehemalige Häftlinge vor, die nach dem Inkrafttreten des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes auf die Kapitalentschädigung nach § 17 StrRehaG anzurechnen waren (§ 17 Abs. 2 StrRehaG; vgl. auch Bruns/Schröder/Tappert, StrRehaG, Kommentar, 1993, § 17, Rn. 23). Daher ist die Lösung des Gesetzgebers, an den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rehabilitierungsgesetzes/DDR anzuknüpfen, nachvollziehbar. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (stRspr; BVerfGE 83, 395 ≪401≫; 84, 348 ≪359≫).
(2) Dass die Ansicht des Oberlandesgerichts, die Rechtskraft des Kassationsbeschlusses stehe der Ablehnung eines Entschädigungsanspruchs nicht entgegen, von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist, hat das Bundesverfassungsgericht bereits für einen gleich gelagerten Fall entschieden (Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. November 1999 – 2 BvR 1793/94 –).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Limbach, Hassemer, Di Fabio
Fundstellen
Haufe-Index 565320 |
NJW 2000, 2418 |
VIZ 2002, 168 |