Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinbarkeit des sächsischen beamtengesetzes mit Bundesrecht
Verfahrensgang
Tenor
Die Vorlage ist unzulässig.
Tatbestand
A.
Das Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 3 des Beamtengesetzes für den Freistaat Sachsen (Sächsisches Beamtengesetz – SächsBG) in der Fassung vom 17. Dezember 1992 (SächsGVBl S. 615) mit dem Bundesrecht nach Maßgabe der Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 2 Buchstaben b und c des Einigungsvertrages (BGBl II 1990 S. 889; Einigungsvertragsgesetz, BGBl II 1990 S. 885) unvereinbar ist.
I.
1. § 15 Abs. 1 SächsBG in der Fassung vom 17. Dezember 1992 (SächsGVBl S. 615) lautet – auszugsweise – wie folgt:
§ 15
Rücknahme der Ernennung
(1) Eine Ernennung ist zurückzunehmen, wenn
1. sie durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt wurde,
…
3. der Ernannte unter Verstoß gegen § 6 Abs. 2 oder 3 berufen worden ist.
…
Der Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG in der Fassung vom 17. Dezember 1992 (nachfolgend: a.F.) entspricht § 15 Abs. 1 Nr. 4 SächsBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juni 1999 (SächsGVBl S. 370; nachfolgend: n.F.).
Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 SächsBG a.F., auf die § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. verweist, lautet – soweit vorliegend von Bedeutung –:
§ 6
Persönliche Voraussetzungen
…
(2) In das Beamtenverhältnis darf grundsätzlich nicht berufen werden, wer
…
2. für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit tätig war.
…
2. Die bundesrechtliche Regelung gemäß Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III – im Folgenden EV Anl. – Nr. 2 Buchstaben b und c des Einigungsvertrages hat folgenden Wortlaut:
Abschnitt III
Bundesrecht tritt in dem in Artikel 3 des Vertrages genannten Gebiet mit folgenden Maßgaben in Kraft:
…
2. Beamtenrechtsrahmengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1985 (BGBl. I S. 462), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Mai 1990 (BGBl. I S. 967),
mit folgenden Maßgaben:
…
b) Die in Artikel 1 Abs. 1 des Vertrages genannten Länder und das Land Berlin für den Teil, in dem das Grundgesetz bisher nicht galt, können durch Gesetz von den Bestimmungen des Beamtenrechtsrahmengesetzes abweichende Regelungen nach Maßgabe der Nummer 2 Buchstabe c treffen; diese Regelungen sind bis zum 31. Dezember 1996 zu befristen.
c) Beschäftigte, die in dem in Artikel 3 des Vertrages genannten Gebiet im öffentlichen Dienst der Länder und Gemeinden tätig sind, können nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes zu Beamten auf Probe in entsprechender Anwendung der Maßgaben a) zu Nummer 3 ernannt werden. Nummer 3 Buchstaben b) bis d) gilt entsprechend. …
3. Bundesbeamtengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1985 (BGBl. I S. 479), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2218),
mit folgenden Maßgaben:
…
d) Ein Beamter auf Probe kann auch entlassen werden, wenn Voraussetzungen vorliegen, die bei einem Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen würden. …
II.
1. Der Kläger im Ausgangsverfahren wendet sich gegen die Rücknahme seiner Ernennung zum Beamten auf Probe.
a) Der am 17. April 1950 geborene Kläger leistete von Ende 1968 bis 1971 seinen Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee (NVA). Danach studierte er im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) bis 1974 an der Ingenieurschule für Chemie in Berlin. Im Anschluss daran arbeitete er im MfS als Spezialist für Sprengstoff. 1980 bis 1983 wurde er zum Studium an die Parteihochschule „Karl Marx” beim ZK der SED delegiert. In der selben Zeit war er Mitglied einer Kampfgruppe im Rang des Stellvertretenden Bataillonskommandeurs. Im Anschluss wurde er als Instrukteur in die SED-Kreisleitung des MfS versetzt. 1987 kam er in die operativ-technische Abteilung des MfS als Stellvertreter des Abteilungsleiters zurück. Dort war er verantwortlich für die „Linie SVG” und alle im Zusammenhang mit Sprengstoff und Pyrotechnik begangenen Straftaten und Vorkommnisse. Der Kläger hatte beim MfS zuletzt den Rang eines Majors inne.
b) Zur Vorbereitung seiner Einstellung in den Dienst des Freistaates Sachsen gab der Kläger am 30. September 1991 eine persönliche Erklärung zu seiner politischen Vergangenheit ab. Auf die Frage 1.1. in dem entsprechenden Vordruck,
„Haben Sie jemals offiziell oder inoffiziell, hauptamtlich oder sonstwie für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit der ehemaligen DDR gearbeitet?”
antwortete der Kläger mit „ja”. Auf die ergänzende Frage
„Wenn ja: In welcher Weise, wo und von wann bis wann? Aus welchen Gründen wurde die Tätigkeit beendet?”
gab der Kläger die Antwort „Hauptamtlich 1974 – 1990”.
c) Vom 13. Mai 1992 datiert ein Aktenvermerk über ein Gespräch beim Staatsminister des Innern des Freistaates Sachsen, in dem der Minister festlegte,
„daß alle beim POS und alle beim Bereich USBV des Landeskriminalamtes beschäftigten Bediensteten, die ehemals dem MfS oder dem AfNS angehörten, verbeamtet werden könnten. Unabhängig von dieser Grundsatzentscheidung ist im Rahmen der Einzelfallüberprüfung nach den von der Gauck-Behörde übersandten Erkenntnissen über die Frage der evtl. Unzumutbarkeit für die Übernahme in den Staatsdienst zu entscheiden.”
d) Mit Urkunde vom 29. September 1992 wurde der Kläger mit Wirkung vom 1. Oktober 1992 in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen und zum Kriminalhauptkommissar ernannt. In der Folgezeit war er beim Landeskriminalamt (LKA) Sachsen tätig.
e) In dem vom Dienstherrn angeforderten Einzelbericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) vom 3. Februar 1993 wurde der Werdegang des Klägers in seiner hauptamtlichen Tätigkeit beim MfS dargelegt. In der mitübersandten Anlage ist unter anderem vermerkt, der Kläger sei vom 5. März 1973 bis 31. August 1974 als „IM-Student an Ing.-Schule” tätig gewesen. In einer daraufhin durchgeführten Anhörung am 17. Februar 1993 gab der Kläger unter anderem an, er sei schon während des Studiums mit dem Ziel, später hauptamtlich für das MfS tätig zu werden, vom MfS betreut worden. Als IM habe er Namen von Personen genannt, die sich für die Einstellung zum MfS geeignet hätten. Berichte über Personen habe er nicht gegeben.
In dem ergänzenden Einzelbericht des BStU vom 1. Juni 1993 wurde ausgeführt, der Kläger sei vom 30. Juli 1971 bis 15. Juli 1974 als „IMF” (Inoffizieller Mitarbeiter des MfS zur inneren Abwehr mit Feindverbindung zum Operationsgebiet ≪vgl. Müller-Enbergs [Hrsg.], Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, S. 76; Fricke, MfS intern, S. 42, 205≫) mit dem Decknamen „Dieter Tischer” geführt worden. Es lägen zehn Berichte der Führungsoffiziere, acht handschriftliche Berichte des Klägers und sieben Tonbandabschriften vor. Darin machte der Kläger insbesondere Angaben über aus seiner Sicht negative charakterliche Eigenschaften verschiedener NVA-Anwärter. In einem weiteren Bericht aus seiner Praktikumstätigkeit in einem Sprengstoffwerk schilderte der Kläger nach seiner Auffassung bestehende Missstände. Unter anderem verwies er darauf, die Kollegen hätten ihre Löhne mit denen westdeutscher Sprengstoffwerker verglichen und festgestellt, dass sie zu wenig Geld verdienten. In diesem Zusammenhang mahnte er „eine verstärkte Aufklärungsarbeit auf polit.-ideol. Gebiet durch die gesellschaftl. Organisationen” an. Darüber hinaus schilderte der Kläger unter Namensnennung einen Fall, in dem ein Kollege vor vielen Werktätigen einen Verweis des Abteilungsleiters zerrissen habe, was allgemeine Zustimmung in Form von Gelächter und Beifall hervor gerufen habe. Hier forderte der Kläger „schnellstes Eingreifen”, z.B. durch eine „Kündigung”.
f) Mit Verfügung vom 28. Dezember 1993 nahm der Freistaat Sachsen die Ernennung des Klägers zum Beamten auf Probe gestützt auf § 15 Abs. 1 Nrn. 3und 1 SächsBG a.F. zurück. Der Kläger habe aufgrund seiner bewusst unvollständigen Angaben in der Erklärung zur politischen Vergangenheit eine arglistige Täuschung begangen. Zudem sei er unter Verstoß gegen § 6 Abs. 2 SächsBG a.F. berufen worden. Der dagegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos.
g) Am 10. Mai 1994 erhob der Kläger dagegen Klage beim Verwaltungsgericht Dresden. Im Wesentlichen trug er zur Begründung vor, § 15 SächsBG sei auf ihn nicht anwendbar, da das Gesetz zum Zeitpunkt seiner Ernennung noch nicht in Kraft getreten und eine Rückwirkung ausgeschlossen sei. Darüber hinaus sei keine Einzelfallprüfung der Untragbarkeit seiner Weiterbeschäftigung vorgenommen worden.
Nachdem die Klage bereits mit Urteil vom 10. Mai 1995 abgewiesen, dieses Urteil jedoch auf die Berufung des Klägers vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht aufgehoben und die Sache zurückverwiesen worden war, wies das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 26. September 1996 erneut ab. Die Rücknahme der Ernennung des Klägers sei gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 2 SächsBG a.F. zu Recht erfolgt. Aufgrund Dauer, Art und Umfang seiner MfS-Tätigkeit sei seine Beschäftigung als Polizeibeamter im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen untragbar. Ob die Rücknahme der Ernennung auch auf § 15 Abs. 1 Nr. 1 SächsBG zu stützen sei, könne offen bleiben.
h) Der Kläger legte hiergegen Berufung ein. Er trug zur Begründung ergänzend vor, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liege eine Rechtsgrundlage für eine Rücknahme oder eine Entlassung in Sachsen nicht vor. Soweit ihm vorgeworfen worden sei, er habe seine IM-Tätigkeit nicht offenbart, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Zeitfaktor zu berücksichtigen, so dass die lange zurückliegende IM-Tätigkeit eine Rücknahme der Ernennung nicht mehr stützen könne.
In der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 1999 erklärte der Kläger auf entsprechende Frage:
„Wenn ich gefragt werde, warum ich meine Tätigkeit während des Studiums nicht angegeben habe, so beruht es darauf, dass ich dies nicht als wesentlich angesehen habe. Ich wurde als hauptamtlicher Mitarbeiter vorbereitet und diese hauptamtliche Tätigkeit habe ich angegeben. Da das Studium durch den Einsatzbetrieb des Ministeriums bezahlt wurde, habe ich diese Tätigkeit schon mit dem späteren Hauptamt zusammen gesehen.
Soweit ich mich erinnere, war die Sicherheitsüberprüfung durch den BND vor meiner Verbeamtung. In diesem Zusammenhang habe ich den Gesamtverlauf der Anwerbung und die Übernahme in die hauptamtliche Tätigkeit beschrieben.”
2. Mit Beschluss vom 21. Dezember 1999 hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht das Verfahren ausgesetzt und zur Entscheidung darüber, ob § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. mit Nr. 2 Buchstaben b und c EV Anl. unvereinbar ist, dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.
a) Zur Überzeugung des vorlegenden Senates sei die Vorlagefrage unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (insbesondere BVerwGE 109, 59) zu bejahen. Die von § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. vorgesehene Rücknahme der Ernennung eines Beamten lasse sich mit dem Rahmenrecht nicht vereinbaren. Mit ihr werde die Ernennung des Beamten rückwirkend beseitigt (§ 16 Abs. 1 SächsBG a.F.). Die rahmenrechtlich zulässige Entlassung des Beamten beende das Beamtenverhältnis hingegen (nur) für die Zukunft. Während das Rahmenrecht hinsichtlich des betroffenen Personenkreises nur die Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Probe ermögliche, erfasse die landesrechtliche Regelung jegliche Ernennung. Durch eine Rücknahmeregelung werde die Berücksichtigung solcher Umstände ausgeschlossen, die nach erfolgter Ernennung eingetreten seien. § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. könne nicht auf andere rahmenrechtliche Regelungen (§§ 9, 10 BRRG) gestützt werden. Der Landesgesetzgeber könne von den rahmenrechtlichen Vorschriften nicht abweichen (§ 1 Satz 1 BRRG). Nach § 59 BRRG sei die Veränderung der rechtlichen Stellung des Beamten nach anderen Voraussetzungen oder in anderen Formen als denen, die im Beamtenrechtsrahmengesetz bestimmt oder zugelassen seien, ausgeschlossen.
b) § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. lasse sich nicht entgegen seinem Wortlaut bundesrechtskonform in der Weise auslegen, dass die Vorschrift immerhin die Rechtsgrundlage für eine Entlassung sein könne.
c) Auf die Gültigkeit des § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. komme es für die zu treffende Entscheidung an.
aa) Die Ernennung könne nicht wegen einer arglistigen Täuschung auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative SächsBG zurückgenommen werden. Der Kläger habe mit seiner persönlichen Erklärung vom 30. September 1991 zwar eine unvollständige Erklärung insoweit abgegeben, als er seine Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter nicht angegeben habe. Die besonderen Umstände des Falles führten aber dazu, dass von der unvollständigen Erklärung allein nicht auf eine wahrheitswidrige Versicherung geschlossen werden könne. Die Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung könne nicht als bloße Schutzbehauptung gewertet werden. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass der Kläger nach seinen glaubhaften Angaben der Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter im Verhältnis zu der späteren langjährigen Tätigkeit als hauptamtlicher Mitarbeiter, gerade wegen des Zusammenhangs zwischen beiden Tätigkeiten keine besondere Bedeutung beigemessen habe. Zudem habe der Kläger davon ausgehen müssen, dass diese Tätigkeit durch die vorhandenen Personalakten dem Beklagten ohnehin bekannt werden würde, weshalb eine entsprechende Täuschung keinen „besonderen Sinn” mache. Auch der persönliche Eindruck, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung hinterlassen habe, spreche gegen eine Schutzbehauptung.
Selbst wenn man in der unterlassenen Angabe eine arglistige Täuschungshandlung sehen wollte, so würde es zumindest an der erforderlichen Kausalität der Täuschung für die Entscheidung des Dienstherrn fehlen, den Kläger zum Beamten zu ernennen. Denn ausweislich des Aktenvermerks vom 13. Mai 1992 seien unabhängig von der Vorbelastung die beim LKA beschäftigten Bediensteten, die hauptamtliche Mitarbeiter des MfS oder AfNS gewesen seien, verbeamtet worden. Dem Senat sei zumindest ein Parallelfall bekannt, in dem ein langjähriger hauptamtlicher Mitarbeiter des MfS, der im Übrigen auch in der Hauptabteilung (HA) XXII (Terrorabwehr) im Offiziersrang beschäftigt gewesen sei, trotz Angabe einer inoffiziellen Tätigkeit für das MfS in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen worden sei.
bb) Die Rücknahmeverfügung könne auch nicht in eine Entlassungsverfügung umgedeutet werden, weil das Beamtenrecht des Freistaates Sachsen unter den für die Rücknahme der Ernennung des Klägers maßgebenden Voraussetzungen keine Rechtsgrundlage für die Entlassung biete. Eine andere Rechtsgrundlage, insbesondere § 42 Nr. 2 SächsBG a.F., könne nicht herangezogen werden.
cc) Die Rücknahme der Ernennung des Klägers sei auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. zulässig, sofern diese Norm mit dem Rahmenrecht des Bundes in Einklang stehe.
Danach sei eine Ernennung zurückzunehmen, wenn der Ernannte unter Verstoß gegen § 6 Abs. 2 oder 3 SächsBG a.F. in das Beamtenverhältnis berufen worden sei. Die Ernennung des Klägers mit Urkunde vom 29. September 1992 könne zwar nicht gegen diese Vorschrift verstoßen haben, weil das Sächsische Beamtengesetz erst am 31. Dezember 1992 in Kraft getreten sei. Im Zeitpunkt der Ernennung des Klägers aber habe mit Art. 119 Satz 2 Nr. 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) bereits eine höherrangige Rechtsnorm gegolten, die inhaltlich von § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. erfasst werde. Die Beschäftigung des Klägers im öffentlichen Dienst stelle sich unter Berücksichtigung des Bildes der Polizei in der Öffentlichkeit als untragbar im Sinne des Art. 119 Satz 2 SächsVerf dar. Gegen den Kläger spreche insbesondere, dass er fast 16 Jahre lang beim MfS tätig gewesen sei und dabei mehrere Jahre Führungspositionen wahrgenommen habe. Zwar sei der Kläger die überwiegende Zeit mit Tätigkeiten in einer technischen Abteilung befasst gewesen, er sei aber auch über vier Jahre lang mit eigenständigen Tätigkeiten in der Kreisleitung der SED betraut gewesen. Er habe nach eigenen Angaben politische Aufgaben der Indoktrination wahrzunehmen gehabt und sei während dieser Tätigkeit trotz der von ihm vorgetragenen Probleme immerhin zweimal befördert worden. Hinzu komme, dass er seine Tätigkeit für das MfS nicht aus eigenem Antrieb beendet habe. Seine voran gehende IM-Tätigkeit habe daneben kein besonderes Gewicht.
III.
Zur Vorlage haben das Bundesverwaltungsgericht, der Freistaat Sachsen und der Kläger im Ausgangsverfahren Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlage ist unzulässig. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht hinreichend dargelegt, dass es für die von ihm zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit des § 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG a.F. ankommt.
I.
Nach Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht in der Begründung der Vorlage angeben, mit welcher übergeordneten Rechtsnorm die zur Prüfung gestellte Rechtsnorm unvereinbar ist und inwiefern seine Entscheidung von ihrer Gültigkeit abhängt. Die für die Überzeugung des Gerichts von der Verfassungswidrigkeit wesentlichen rechtlichen Erwägungen müssen erschöpfend dargelegt sein (vgl. BVerfGE 65, 308 ≪314 f.≫; 66, 265 ≪269 f.≫; 68, 311 ≪316≫; 77, 259 ≪261≫; 78, 1 ≪5≫). § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verlangt zudem, dass sich das vorlegende Gericht eingehend mit der Rechtslage auseinander setzt und dabei die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigt, die für die Auslegung und Prüfung der vorgelegten Norm von Bedeutung sind (vgl. BVerfGE 47, 109 ≪114 f.≫; 65, 308 ≪316≫; 74, 182 ≪192 f.≫; 74, 236 ≪242≫; 97, 49 ≪60≫).
An die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 97, 49 ≪66≫). Der Vorlagebeschluss muss aus sich heraus verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass und mit welcher Begründung das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 35, 303 ≪306≫; 51, 401 ≪403≫; 68, 311 ≪316≫; 69, 185 ≪187≫; 74, 236 ≪242≫). Dabei legt das Bundesverfassungsgericht für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts zugrunde, es sei denn, dass sich diese als offensichtlich unhaltbar erweist oder nicht nachvollziehbar ist (vgl. BVerfGE 69, 150 ≪159≫; 72, 51 ≪60≫ m.w.N.; 78, 1 ≪5≫; 79, 245 ≪249≫; vgl. auch BVerfGE 82, 198 ≪205≫). Dies setzt freilich voraus, dass der Vorlagebeschluss eine solche Rechtsauffassung mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt (vgl. BVerfGE 97, 49 ≪62≫).
II.
Hiervon ausgehend hat das vorlegende Gericht die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage nicht hinreichend dargelegt.
1. Seine Ausführungen dazu, dass die Rücknahme der Ernennung nicht auch nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative SächsBG a.F. wegen arglistiger Täuschung erfolgen könnte, sind nicht ausreichend nachvollziehbar.
a) Das Oberverwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Rücknahmeverfügung im Berufungsverfahren unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten und Rechtsgrundlagen umfassend (vgl. § 128 Satz 1 VwGO) daraufhin zu prüfen, ob das materielle Recht die im angefochtenen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt. Dies gilt zumal dann, wenn die Behörde – wie hier – den Verwaltungsakt auf mehrere Rechtsgrundlagen gestützt hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Januar 2001 – 2 C 43.99 –, DÖD 2001, S. 225 ≪227≫). Ist von der Behörde der Rücknahmeverfügung – zusätzlich zur vorgelegten Norm – eine weitere Ermächtigungsgrundlage rechtmäßig und insbesondere verfassungsrechtlich bedenkenfrei zugrunde gelegt worden, so ist die Vorlagefrage nicht entscheidungserheblich.
b) Die Ausführungen des vorlegenden Gerichts zur fehlenden Möglichkeit, die Ernennung des Klägers wegen arglistiger Täuschung zurückzunehmen, insbesondere zu einem Täuschungsvorsatz des Klägers, genügen der Darlegungspflicht aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG in mehrfacher Hinsicht nicht:
aa) Das zentrale Argument des Oberverwaltungsgerichts, mit dem es einen Vorsatz des Klägers verneint, geht dahin, die maßgebliche Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung könne nicht als bloße Schutzbehauptung gewertet werden, da für ihnnach seinen glaubhaften Angaben der Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter im Verhältnis zur langjährigen Tätigkeit als hauptamtlicher Mitarbeiter gerade wegen des Zusammenhanges beider Tätigkeiten keine besondere Bedeutung zugekommen sei. Damit stützt das Gericht die Qualifizierung, es liege keine bloße Schutzbehauptung vor, im Wege eines Zirkelschlusses ausschließlich auf die Angaben des Klägers, die es als glaubhaft ansieht.
bb) Darüber hinaus legt das Gericht auch seine Einschätzung, die Angaben des Klägers seien „glaubhaft”, nicht nachvollziehbar dar. Zahlreiche auf der Hand liegende Gesichtspunkte hat es nicht, jedenfalls nicht hinreichend erwogen.
(1) Die wenigen Angaben des Klägers sind bereits in sich widersprüchlich. Einerseits will der Kläger seine IM-Tätigkeit nicht als „wesentlich” im Sinne eines gegenüber der hauptamtlichen Tätigkeit gesonderten Tätigkeitsabschnitts betrachtet haben. Vielmehr habe er die Tätigkeit „schon mit dem späteren Hauptamt zusammen gesehen”. Andererseits hat der Kläger aber in der Erklärung vom 30. September 1991 den Beginn seiner – angeblich als Einheit betrachteten – Tätigkeit erst mit dem Beginn des Hauptamtes auf 1974 datiert, obwohl diese (Gesamt-)Tätigkeit bei folgerichtiger Betrachtung schon 1971 begonnen hätte. Bei der Beantwortung der an ihn unter Ziffer 1.1. gerichteten Frage im Personalbogen hat er demnach IM- und hauptamtliche Tätigkeit offenbar doch nicht „zusammen” gesehen. Dies macht auch die weitere Antwort deutlich, derzufolge er „hauptamtlich 1974 – 1990” für das MfS tätig gewesen sei. Nicht nur die Zeitangabe für sich deutet darauf hin, dass der Kläger doch zwischen beiden Tätigkeiten differenziert hat, sondern auch der im Kontext dazu stehende Hinweis auf dieHauptamtlichkeit seiner Tätigkeit seit 1974.
(2) Für das Oberverwaltungsgericht bestand Veranlassung, die Qualität der jeweiligen Tätigkeiten für das MfS in seine Erwägungen zur Glaubhaftigkeit der Aussage des Klägers einzubeziehen. Es drängt sich auf, dass eine im Wesentlichen technisch orientierte hauptamtliche Tätigkeit für das MfS als Sprengstoffspezialist von anderer Bedeutung für die persönliche Eignung des Beamten ist, als die insoweit wesentlich mehr „Zündstoff” enthaltende IM-Tätigkeit. Die Nähe zu rechtsstaatswidrigen Unterdrückungsmaßnahmen gegenüber Dritten ist bei einem Techniker in der Position des Klägers innerhalb des MfS-Apparates tendenziell offensichtlich nicht so groß wie bei einem IM.
Die in den Anlagen zum BStU-Einzelbericht dokumentierten Berichte des Klägers als IM belegen dies eindrücklich: Der Bericht über verschiedene NVA-Anwärter verhält sich zu – nach Auffassung des Klägers – bestehenden charakterlichen Mängeln der „Kameraden” (Passivität, bedingte Zuverlässigkeit, „Drückeberger”, Überheblichkeit, Unkameradschaftlichkeit), deren Offenbarung gegenüber dem MfS offenkundig nicht völlig harmlos war. Noch deutlicher zeigt dies der „Praktikumsbericht” des Klägers, in dem er nicht nur für die Betroffenen problematische Sachverhalte – Unzufriedenheit des Kollektivs, Vergleich mit dem Lohnniveau im Westen, Führungsschwäche des namentlich genannten Abteilungsleiters, offener Widerstand gegen den Abteilungsleiter im Hinblick auf das öffentliche Zerreißen eines Verweises – bereitwillig schildert, sondern sogar „schnellstes Eingreifen” fordert; dabei verwies er auf die Möglichkeit einer Kündigung.
Es erscheint danach – gerade auch unter Berücksichtigung seines weiteren Lebenslaufes – wenig plausibel, dass der Kläger diese Tätigkeit bei Abgabe der Erklärung vom 30. September 1991 als neben der hauptamtlichen Funktion verblassend nicht mehr als eigenständige wahrgenommen haben will. Gleiches gilt für die Annahme, dem Kläger, einem Offizier des MfS, seien die entsprechenden Unterscheidungen des MfS in der Systematik der „Feindbekämpfung” nicht hinreichend geläufig gewesen. Angesichts der an den Kläger gerichteten differenzierten Fragestellung nach Art und Umfang einer Tätigkeit für das MfS stellt sich unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 8. Juli 1993 – 2 S 124/93 –, SächsVBl 1994, S. 82 ≪84≫) zudem die nahe liegende Frage, ob der Kläger nicht mit Blick auf das von ihm angestrebte Amt nach Lage der Dinge ohne weiteres zu der Erkenntnis hätte gelangen können und müssen, dass IM-Tätigkeit und hauptamtliche Tätigkeit jedenfalls unter Berücksichtigung der Fragestellung nicht „zusammen” gesehen werden konnten und durften, um die Entschließungsfreiheit des Dienstherrn zu wahren.
(3) Außer Acht gelassen hat das vorlegende Gericht darüber hinaus den Umstand, dass der Kläger sich – soweit ersichtlich – erstmals nach gut sechsjähriger Verfahrensdauer in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht in der hier erörterten Art und Weise zur Frage der arglistigen Täuschung eingelassen hat. Dies wirft unabweisbar die Frage auf, ob ein Fall gesteigerten Vorbringens vorliegt.
(4) In den Überlegungen des Oberverwaltungsgerichts zur Frage einer möglichen Rücknahme der Ernennung wegen arglistiger Täuschung hat ferner zu Unrecht keine Rolle gespielt, dass der Kläger auch noch nach Bekanntwerden seiner IM-Tätigkeit gegenüber dem Dienstherrn unwahre Angaben gemacht hat. In seiner ergänzenden Anhörung vom 17. Februar 1993 behauptete der Kläger nämlich, Berichte über Personen seien von ihm nicht gegeben worden. Dies trifft mit Blick auf die erwähnten Berichtsinhalte offensichtlich nicht zu. Noch in der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 1999 behauptete der Kläger – wiederum wahrheitswidrig –, er habe lediglich Angaben über Personen gemacht, die aus seiner Sicht eventuell für das MfS geeignet gewesen seien.
(5) Der Hinweis des Oberverwaltungsgerichts auf die „vorhandenen Personalakten” ist nicht nachvollziehbar. In der vorliegenden Personalakte des Klägers finden sich vor seiner Ernennung keinerlei Hinweise auf eine IM-Tätigkeit. Möglicherweise meint das Oberverwaltungsgericht mit „Personalakten” die beim BStU vorliegenden Unterlagen betreffend den Kläger. Die Erwägung, dem Dienstherrn würde die IM-Tätigkeit aus diesen Unterlagen ohnehin bekannt werden und folglich eine entsprechende Täuschung keinen „besonderen” Sinn machen, spricht nicht gegen einen Vorsatz des Klägers. Andernfalls wäre bei einer „Fragebogenlüge” der Täuschungsvorsatz immer zweifelhaft, denn es könnte grundsätzlich davon auszugehen sein, dass dem Dienstherrn aufgrund der Regelanfrage beim BStU die IM-Tätigkeit in jedem Fall irgendwann einmal bekannt werden würde.
(6) Das Oberverwaltungsgericht setzt sich schließlich in Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsprechung, wenn es den Vorsatz des Klägers mit der Erwägung verneint, dieser selbst habe seine IM-Tätigkeit glaubhaft als unwesentlich bewertet. Damit überlässt das Gericht es im Ergebnis dem Kläger, anstelle des Dienstherrn selbst zu beurteilen, ob eine bei wahrheitsgemäßer Beantwortung anzugebende IM-Tätigkeit für seine Weiterbeschäftigung wesentlich ist. Das Oberverwaltungsgericht hat aber in seinem Beschluss vom 8. Juli 1993 – 2 S 124/93 – (SächsVBl 1994, S. 82 ≪84≫) zutreffend darauf hingewiesen, die Beurteilung der Frage, ob ein Beamter im Falle der Zusammenarbeit mit dem MfS ausnahmsweise noch als tragbar erscheine, sei allein Sache des Dienstherrn.
c) Die Hilfserwägung des Oberverwaltungsgerichts, dass es bei Annahme einer arglistigen Täuschung jedenfalls an der erforderlichen Kausalität der Täuschung für die Ernennung des Klägers fehle, ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.
aa) Das Oberverwaltungsgericht hat den von ihm in Bezug genommenen Aktenvermerk (über ein Gespräch beim Staatsminister des Innern) vom 13. Mai 1992 in einem wesentlichen Punkt unzutreffend in seinen Entscheidungsgründen wiedergegeben und seiner Argumentation zugrunde gelegt. Nach Maßgabe des in den beigezogenen Akten enthaltenen Vermerks sollten gerade nicht – wie das Oberverwaltungsgericht ausführt –alle beim LKA beschäftigten ehemaligen – hauptamtlichen – Angehörigen des MfS oder AfNS verbeamtet werden können. Denn ausweislich des Vermerks ist die Grundsatzentscheidung für eine Verbeamtung lediglich bezogen auf entsprechende Beschäftigte „beim POS” und „im Bereich USBV des Landeskriminalamtes” gefallen. Bei Beschäftigten im Bereich „USBV” handelt es sich, wie sich aus der beigezogenen Personalakte des Klägers ergibt, um Sprengstoffermittlungsbeamte und Entschärfer von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen. Nach dem Inhalt des erwähnten Aktenvermerks sollte also nur ein eng umrissener Personenkreis von der genannten Grundsatzentscheidung erfasst sein. Der Begriff „Grundsatzentscheidung” dürfte zudem so zu verstehen gewesen sein, dass im Einzelfall eine Verstrickung des Bediensteten dennoch seine Verbeamtung ausschließen konnte. Dieses Verständnis der ministeriellen Entscheidung wird durch den im Aktenvermerk enthaltenen – vom Oberverwaltungsgericht ebenfalls außer Acht gelassenen – Hinweis auf die nach wie vor für erforderlich erachtete Einzelfallprüfung nach den durch den BStU übersandten Auskünften nachhaltig gestützt. Zwar gehörte der Kläger zum Personenkreis der „im Bereich USBV des Landeskriminalamtes beschäftigten Bediensteten”; die Frage der Kausalität wäre aber wegen des Vorbehalts hinsichtlich der Erkenntnisse des BStU im Falle einer wahrheitsgemäßen Beantwortung der an den Kläger gerichteten Frage nach einer inoffiziellen Tätigkeit für das MfS zumindest offen gewesen.
bb) Bei der im Rahmen der Kausalitätsprüfung zu beachtenden Verwaltungspraxis kann nicht – wie das vorlegende Gericht meint – nur auf einen einzigen, hinsichtlich seiner Einzelheiten nicht näher geschilderten „Parallelfall” abgestellt werden. Gerade die von Verfassungs wegen geboteneEinzelfallprüfung (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Mai 1998 – 2 S 598/95 –, SächsVBl 1998, S. 267; Urteil vom 15. Januar 1998 – 2 S 591/95 –, SächsVBl 1998, S. 164 ≪166 f.≫) kann den Dienstherrn veranlasst haben, im „Parallelfall” den Bediensteten, der im Übrigen seine inoffizielle Tätigkeit für das MfS offen gelegt hatte, zu verbeamten.
cc) Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Ursachenzusammenhang zwischen Täuschung und Ernennung außer Acht gelassen. Das Bundesverwaltungsgericht vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine arglistige Täuschung schon dann für die Ernennung ursächlich war, wenn sich feststellen lässt, dass die Behörde bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von der Ernennung tatsächlich, insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Verwaltungspraxis, jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Abstand genommen und zunächst weitere Prüfungen und Erwägungen angestellt hätte (vgl. BVerwGE 31, 1; Beschluss vom 29. Juli 1998 – 2 B 63.98 –, DVBl 1999, S. 319 ≪320≫; Beschluss vom 9. Dezember 1998 – 2 B 100.98 –, Buchholz 232 § 12 BBG Nr. 20; Urteil vom 10. Juni 1999 – 2 C 20.98 –, ZBR 2000, S. 37 ≪38≫; vgl. auch Woydera/Summer, Sächsisches Beamtengesetz, Stand: Juli 2001, § 15 Anm. 3 c). Das Oberverwaltungsgericht hat nicht – wie hiernach erforderlich – geprüft, ob der Dienstherr nicht jedenfalls zu dem Zeitpunkt, zu dem die Ernennung des Klägers erfolgt ist, von der Berufung in das Beamtenverhältnis Abstand genommen hätte, etwa um den ergänzenden BStU-Bericht abzuwarten.
2. Auch die Darlegungen des Oberverwaltungsgerichts dazu, dass die Rücknahmeverfügung nicht in eine Entlassungsverfügung umgedeutet werden könne, greifen zu kurz. Mit Blick auf die vom Kläger in der ergänzenden Anhörung vom 17. Februar 1993 aufgestellte wahrheitswidrige Behauptung, als IM keine personenbezogenen Berichte gefertigt zu haben, stellt sich die Frage, ob es an einer Bewährung des Klägers in der Probezeit im Sinne des § 42 Nr. 2 SächsBG a.F. fehlt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Januar 2001 – 2 C 43.99 –, DÖD 2001, S. 225 ≪227≫). Insoweit hätte das Oberverwaltungsgericht eine Umdeutung der Rücknahmeverfügung in eine Entlassungsverfügung in Betracht ziehen müssen.
Unterschriften
Sommer, Broß, Mellinghoff
Fundstellen
Haufe-Index 707094 |
ZBR 2002, 396 |
NPA 2002, 0 |
SächsVBl. 2002, 164 |