Die Beschwerdeführer zu 1 – sie werden durch den Beschwerdeführer zu 3, ihren Nachlaßpfleger, vertreten – sind die unbekannten Erben, der Beschwerdeführer zu 2 ist einer der bekannten Erben eines 1974 in Leipzig verstorbenen Erblassers.
Dieser hinterließ bei seinem Tod eine Tochter und eine Enkelin als gesetzliche Erbinnen erster Ordnung; einzige gesetzliche Erbin zweiter Ordnung war seine in der Bundesrepublik Deutschland lebende Schwester. Die drei Frauen schlugen die Erbschaft aus; ein Aufgebotsverfahren zur Ermittlung weiterer Erben fernerer Ordnungen blieb erfolglos. Daraufhin wurde ein Erbschein zugunsten der Deutschen Demokratischen Republik erteilt und das streitgegenständliche Grundstück als Teil des Nachlasses in Volkseigentum überführt und als volkseigenes Grundstück im Grundbuch eingetragen.
1990 beantragte die Tochter des Erblassers die Rückübertragung des Grundstücks nach § 1 Abs. 2 VermG. Dem Antrag wurde mit der Begründung stattgegeben, daß das Grundstück infolge nicht kostendeckender Mieten im Zeitpunkt der Erbausschlagung überschuldet gewesen sei.
Nachdem 1994 der zugunsten der Deutschen Demokratischen Republik erteilte Erbschein als unrichtig eingezogen und Nachlaßpflegschaft angeordnet worden war, legte der Beschwerdeführer zu 3 als Nachlaßpfleger für die unbekannten Erben Widerspruch gegen den Rückübertragungsbescheid ein. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg. Nachdem zwischenzeitlich Erben dritter Ordnung ermittelt worden waren, wurde die Nachlaßpflegschaft teilweise aufgehoben. Die verbliebenen unbekannten Erben, die Beschwerdeführer zu 1, gesetzlich vertreten durch den Beschwerdeführer zu 3, erhoben gegen den Rückübertragungsbescheid in der Form des Widerspruchsbescheids Anfechtungsklage, die ebenfalls erfolglos blieb. Die dagegen eingelegte Revision der Beschwerdeführer zu 1 hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen (vgl. VIZ 1998, S. 33):
Rechtsfehlerhaft sei die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klage sei auch zugunsten der inzwischen bekanntgewordenen Erben erhoben worden. Die von dem Beschwerdeführer zu 3 eingereichte Klage sei – entsprechend der vom Nachlaßgericht auf die Vertretung der unbekannten Erben beschränkten Befugnis des Nachlaßpflegers – in zulässiger Weise allein im Namen der unbekannten Erben erhoben worden.
In der Sache sei der Revision darin beizupflichten, daß die Beschwerdeführer zu 1 und die inzwischen bekannten Erben aus zivilrechtlicher Sicht vor dem Fiskus der Deutschen Demokratischen Republik als Erben berufen gewesen seien. Das hier anwendbare Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs habe sich für das Prinzip des sogenannten “Anfallserwerbs” entschieden. Dementsprechend bestimme § 1953 Abs. 2 BGB, daß die Erbschaft demjenigen anfalle, welcher berufen wäre, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte, und daß der Anfall als mit dem Erbfall erfolgt gelte. Die Übernahme des Grundstücks in Volkseigentum habe folglich nicht mit der materiellen Rechtslage in Übereinstimmung gestanden.
Daraus lasse sich aber nicht folgern, daß dem Rückübertragungsbegehren der Erbin erster Ordnung nicht hätte entsprochen werden dürfen. Die von den Beschwerdeführern zu 1 gezogene Schlußfolgerung gehe fehl, weil sie dem Zweck des § 1 Abs. 2 VermG nicht gerecht werde und zu Unrecht zu dessen Voraussetzung eine rechtlich einwandfreie Überführung in Volkseigentum erhebe. Wie das Vermögensrecht allgemein als eine auf eigenen Wertungen beruhende Sonderrechtsordnung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise parallele wie kollidierende zivilrechtliche Ansprüche verdränge, so schließe auch § 1 Abs. 2 VermG auf erbrechtliche Grundlagen gestützte Ansprüche nachberufener Erben aus.
§ 1 Abs. 2 VermG betreffe Akte der Selbstschädigung zugunsten des Volkseigentums, die durch die damaligen Verhältnisse erzwungen worden seien und daher vom Vermögensgesetz als wiedergutzumachendes Unrecht bewertet würden. Der Tatbestand der Vorschrift sei in dem Sinne zweigliedrig, als sich der Akt der Selbstschädigung in der als wiedergutmachungswürdig erachteten Übernahme des Vermögensgegenstands in Volkseigentum vollendet haben müsse. Hätten Verzicht, Schenkung oder Erbausschlagung nicht zum Eigentumserwerb des Staates, sondern eines privaten Dritten geführt, fehle es zwar nicht an der ökonomischen Zwangslage, aber an der anstößigen Wirkung eines damit verbundenen “Abwanderns” des Vermögenswerts in staatliches Eigentum. Der erstausschlagende Erbe – er sei vorrangig wiedergutmachungsberechtigt, weil sich der Restitutionsanspruch wie eine Anfechtung der Erbausschlagung auswirke – sei auch dann in der in § 1 Abs. 2 VermG vorausgesetzten Weise geschädigt, wenn das überschuldete Grundstück in Volkseigentum übernommen worden sei, ohne daß zuvor alle dem Staat vorgehenden Erben die Erbschaft ausgeschlagen hätten, die Übernahme in Volkseigentum mithin nicht der damaligen erbrechtlichen Lage entsprochen habe. Auch in diesen Fällen habe der erstausschlagende Erbe das Grundstück an das Volkseigentum verloren und sei daher nach der gesetzlichen Wertung schutzbedürftig.
Ein anderes Verständnis des § 1 Abs. 2 VermG würde die Vorschrift praktisch jeden Anwendungsbereichs berauben. Daß wegen einer unvollständig gebliebenen Ausschlagungskette Volkseigentum nicht wirksam begründet worden sei, sei gerade die typische Situation gewesen, die der Gesetzgeber des Vermögensgesetzes vorgefunden habe. Insbesondere in den noch unter der Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, also vor dem 1. Januar 1976, eingetretenen Erbfällen habe allenfalls theoretisch Volkseigentum wirksam entstehen können, weil nahezu immer Erben entfernterer Ordnungen vorhanden gewesen seien. Wenn der Gesetzgeber in Kenntnis dessen, daß in all diesen Fällen nur eine Erbvermutung für den Fiskus gemäß § 1964 BGB bestanden habe, den Restitutionstatbestand des § 1 Abs. 2 VermG geschaffen habe, so mache dies deutlich, daß das Tatbestandsmerkmal der Übernahme in Volkseigentum auch und gerade die auf der Grundlage der gesetzlichen Erbvermutung erfolgte tatsächliche Inbesitznahme für das Volkseigentum meine.
§ 1 Abs. 2 VermG sei somit eine spezialgesetzliche Ausprägung des das gesamte Vermögensrecht beherrschenden Rechtsgedankens, daß ein wiedergutzumachendes Unrecht nicht erst dann anzunehmen sei, wenn der staatliche Zugriff auf das Vermögen nach der maßgebenden Rechtslage in jeder Beziehung wirksam erfolgt sei. Im Gegenteil sei es für zahlreiche vom Gesetzgeber als wiedergutmachungsbedürftig bewertete Sachverhalte staatlichen Vermögensunrechts typisch, daß Vermögenswerte nicht rechtswirksam entzogen worden seien. Schon für das alliierte Rückerstattungsrecht habe der Bundesgerichtshof den Standpunkt vertreten, daß Wiedergutmachungsansprüche ungeachtet einer etwaigen Nichtigkeit der vermögensentziehenden Maßnahme bereits bei einem tatsächlichen, während des Bestehens der nationalsozialistischen Herrschaft unangreifbaren Vermögensverlust entstanden seien. Allein diese Betrachtungsweise trage der Situation in Staatswesen Rechnung, die keine rechtsstaatlichen Sicherungen gegenüber bestimmten von Staats wegen gewollten oder geduldeten Vermögensentziehungen gekannt hätten. Aus diesem Grund habe das Bundesverwaltungsgericht die zum alliierten Rückerstattungsrecht entwickelte Rechtsprechung zum tatsächlich unangreifbaren Vermögensverlust für den Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes übernommen.
Ein Vorrang des Erbrechts vor dem Tatbestand des § 1 Abs. 2 VermG lasse sich nicht mit rechtssystematischen Erwägungen begründen. In diesem Zusammenhang werde geltend gemacht, die isolierte Restitution eines Grundstücks oder Gebäudes führe zu einer mit erbrechtlichen Grundsätzen unvereinbaren Aufspaltung des Nachlasses. Während der übergangene nachberufene Erbe Eigentümer des nicht von § 1 Abs. 2 VermG erfaßten Nachlasses bleibe, erhalte der Erstausschlagende das Grundstück oder Gebäude zurück, ohne in die Erbenstellung mit den daraus folgenden Rechten und Pflichten, etwa der Haftung für Nachlaßverbindlichkeiten, einzurücken. Dies sei indes keine Besonderheit der sogenannten unvollständigen Kettenerbausschlagung, trete vielmehr – ein begründetes Rückgabebegehren vorausgesetzt – auch dann ein, wenn sämtliche nacheinander berufenen Erben ausgeschlagen hätten, so daß der Nachlaß wirksam in Volkseigentum übergegangen sei.
Das dargestellte Regelungskonzept des Vermögensgesetzes sei verfassungsrechtlich unbedenklich. § 1 Abs. 2 VermG sei mit der Garantie des Eigentums und des Erbrechts in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur vereinbar, sondern trage dieser Gewährleistung in besonderer Weise Rechnung. Denn er setze mit der Einräumung vermögensrechtlicher Ansprüche zugunsten des erstausschlagenden Erben denjenigen wieder in seine frühere Rechtsstellung ein, der auch nach erbrechtlichen Grundsätzen in erster Linie von der durch die ökonomische Zwangslage bewirkten “kalten Enteignung” betroffen gewesen sei.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführer – der Beschwerdeführer zu 3 im Wege der Prozeßstandschaft – gegen die im Verwaltungs- und im Verwaltungsstreitverfahren ergangenen Entscheidungen. Sie rügen eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Zu Art. 14 Abs. 1 GG machen die Beschwerdeführer geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe § 1 Abs. 2 VermG falsch ausgelegt und sie damit enteignet. Das Erbrecht entscheide im Rahmen des § 1 Abs. 2 VermG darüber, ob ein vermögensrechtlicher Schädigungstatbestand vorliege. Durch die Erteilung des Erbscheins zugunsten des Staates sei zwar die Umschreibung in “Eigentum des Volkes” grundbuchrechtlich legitimiert gewesen; der Erbschein habe aber weder nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch noch nach dem Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik zur Änderung der materiellen Erbrechtslage geführt. Aufgrund der unvollständigen Kettenerbausschlagung sei der vermögensgesetzliche Schädigungsvorgang “Anfall der Erbschaft an den Staat” nicht eingetreten.
Aus der Formulierung des § 1 Abs. 2 VermG “in Volkseigentum übernommen” könne nicht geschlossen werden, daß eine faktische Übernahme ausreiche. Die wahren Erben hätten den Fiskus jederzeit aus seiner vermeintlichen Rechtsposition verdrängen können, vorausgesetzt, sie hätten von ihrer Rechtsposition Kenntnis erlangt. Eine irgendwie geartete “Rechtswirklichkeit”, nach welcher aufgrund fehlerhafter Beurteilung der Erbrechtslage als Volkseigentum behandeltes Vermögen “sakrosankt” gewesen sei, habe es in der Deutschen Demokratischen Republik nicht gegeben.
Das Bundesverwaltungsgericht gehe auch fehl in der Annahme, daß Zweck des § 1 Abs. 2 VermG Wiedergutmachung sei. Mit der Rückübereignung von Immobilien wegen ökonomischen Zwangs solle die verfehlte Wohnungs- und Mietenpolitik der Deutschen Demokratischen Republik korrigiert werden, die Eigentümer mit Wohnsitz im Osten wie im Westen gleichermaßen getroffen habe. § 1 Abs. 2 VermG habe verhindern sollen, daß der Staat auf Dauer von den Folgen der ökonomisch verfehlten Mietenpolitik profitiere. Ein entsprechendes korrekturbedürftiges Ergebnis – die Entstehung von Volkseigentum – sei aber nicht eingetreten, wenn der nachberufene Erbe Eigentümer des Mietshauses geworden sei. Dann sei das Privateigentum gerade bestehen geblieben. Umgekehrt führe die faktische Betrachtungsweise dazu, daß § 1 Abs. 2 VermG den nachberufenen Erben enteigne.
Ein Eingriff in die Erbenstellung des Privaten widerspreche im übrigen auch dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (Verfassungsgrundsätze) vom 17. Juni 1990 (GBl I S. 299). Dieses Gesetz habe lediglich eine rechtsstaatliche Überprüfung der bestehenden Eigentumsverhältnisse, nicht jedoch eine Entziehung des Eigentums gestattet.
Auch aus der Begründung zu § 1 Abs. 2 VermG ergebe sich, daß es bei § 1 Abs. 2 VermG auf materiell wirksam entstandenes Eigentum des Volkes ankomme. Dort werde ausgeführt, daß die Erbausschlagung zur Begründung von Volkseigentum geführt haben müsse. Seien hingegen durch die Ausschlagung bei unvollständiger Kettenerbausschlagung andere Erben zum Zuge gekommen, bleibe sie wirksam, wenn sie nicht nach allgemeinen Grundsätzen anfechtbar oder nichtig sei (vgl. BTDrucks 11/7831, S. 35).
2. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verbiete, wesentlich Gleiches ungleich zu behandeln. Er sei verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für die Differenzierung nicht finden lasse. Das angegriffene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts beruhe auf einer fehlerhaften Interpretation des § 1 Abs. 2 VermG.
3. Die Rüge einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör haben die Beschwerdeführer nicht näher begründet.
Die Verfassungsbeschwerden sind nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerden haben keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Rechte der Beschwerdeführer angezeigt; denn die Verfassungsbeschwerden haben keine Aussicht auf Erfolg.
1. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2 und 3 sind bereits unzulässig.
a) Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 2 ist, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Verwaltungs- und des Bundesverwaltungsgerichts richtet, unzulässig, weil der Beschwerdeführer durch diese Entscheidungen nicht selbst betroffen ist. Wie das Bundesverwaltungsgericht im angegriffenen Revisionsurteil ausgeführt hat, hat der Beschwerdeführer zu 3 lediglich im Namen der unbekannten Erben, der Beschwerdeführer zu 1, nicht also auch im Namen des inzwischen als Erbe bekanntgewordenen Beschwerdeführers zu 2 Klage erhoben. Dieser ist deshalb durch deren Abweisung nicht beschwert.
Im übrigen steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde die Nichterschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) entgegen, weil der Beschwerdeführer zu 2 nach der Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts gegen den Rückübertragungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids Klage nicht erhoben hat.
b) Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 3 ist unzulässig, weil er im Wege der Prozeßstandschaft Verfassungsbeschwerde nicht erheben kann (vgl. BVerfGE 31, 275 ≪280≫; 56, 296 ≪297≫). Eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß Prozeßstandschaften im Verfassungsbeschwerdeverfahren unzulässig sind (vgl. BVerfGE 77, 263 ≪269 f.≫), kommt hier nicht in Betracht, weil die Beschwerdeführer zu 1 als Widerspruchsführer, Kläger und Revisionskläger, vertreten durch den Beschwerdeführer zu 3 als gesetzlichen Vertreter, gegen die sie beschwerenden Entscheidungen Verfassungsbeschwerde erheben konnten und dies auch getan haben.
2. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu 1 ist zwar zulässig; lediglich die Rüge einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist mangels Begründung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG ebenfalls unzulässig. Die Verfassungsbeschwerde ist aber mit den übrigen Rügen unbegründet.
a) Die Beschwerdeführer machen insoweit in erster Linie eine Verletzung ihres durch Art. 14 GG gewährleisteten Eigentumsrechts geltend. Bei der Entscheidung über diese Rüge kann dahingestellt bleiben, ob ein Verstoß gegen Art. 14 GG schon deshalb ausgeschlossen ist, weil das Vermögensgesetz in seiner ursprünglichen Fassung bereits am 29. September 1990 in der Deutschen Demokratischen Republik, also vor deren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland, in Kraft getreten (vgl. dazu Kimme, in: ders., Offene Vermögensfragen, Vor §§ 1, 2 VermG Rn. 3 ≪Stand: Juni 1993≫) und das Eigentum der Beschwerdeführer deshalb mit dem vom Bundesverwaltungsgericht angenommenen Rückübertragungsanspruch der ausschlagenden Erben belastet in den Geltungsbereich des Grundgesetzes gelangt ist. Jedenfalls ist die Regelung des § 1 Abs. 2 VermG wegen Art. 143 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, und zwar auch dann nicht, wenn sie in der Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht zum Entzug noch vorhandener – auf Erbgang beruhender – Eigentumspositionen führt.
Art. 143 Abs. 3 GG sichert den verfassungsrechtlichen Bestand des Art. 41 des Einigungsvertrags (im folgenden: EV) und der Regelungen zu seiner Durchführung auch insoweit, als diese vorsehen, daß Eingriffe in das Eigentum im Beitrittsgebiet nicht mehr rückgängig gemacht werden. Es ist verfassungsgerichtlich geklärt, daß diese Bestandsgarantie nicht nur für Rechtssätze gilt, die Art. 41 Abs. 1 EV und den zu seiner Durchführung bestimmten Vorschriften unmittelbar entnommen werden können. Art. 143 Abs. 3 GG verleiht vielmehr auch solchen Rechtssätzen verfassungsrechtliche Bestandskraft, die erst im Wege der Gesetzesauslegung als Inhalt des jeweiligen Regelungswerks erkannt werden (vgl. BVerfGE 95, 48 ≪60≫). Dabei ist der Begriff des Eingriffs in Art. 143 Abs. 3 GG nicht so auszulegen, daß er nur solche Eingriffe umfaßt, die auch bei korrekter Anwendung der in der Deutschen Demokratischen Republik geltenden Rechtsnormen unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Auslegungsgrundsätze zur endgültigen Entziehung des Eigentums geführt hätten. Vielmehr sichert Art. 143 Abs. 3 GG – im Einklang mit Art. 79 Abs. 3 GG (vgl. BVerfGE 95, 48 ≪60 ff.≫) – den verfassungsrechtlichen Bestand auch solcher Rechtsnormen, die die Rückgängigmachung eines jedenfalls faktisch eingetretenen Eigentumsverlusts ausschließen und damit zum Verlust eventuell noch vorhandener formaler Rechtspositionen führen (vgl. BVerfG, Beschluß der 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 1998, S. 221 ≪222≫).
Das hat das Bundesverfassungsgericht gerade für Rückübertragungsfälle nach dem Vermögensgesetz entschieden, das zur Umsetzung der gemäß Art. 41 Abs. 1 EV zum Bestandteil des Einigungsvertrags gewordenen Gemeinsamen Erklärung der beiden deutschen Regierungen zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 und damit zur Durchführung des Art. 41 EV geschaffen worden ist (vgl. BVerfGE 94, 12 ≪46≫; BVerfG, Beschluß der 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 1998, a.a.O.). Auch § 1 Abs. 2 VermG in der hier zu beurteilenden Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht unterfällt danach dem Geltungsbereich des Art. 143 Abs. 3 GG. Die Vorschrift regelt die Rückübertragung von Grundstücken, die infolge niedriger Mieten und darauf beruhender unmittelbar bevorstehender oder eingetretener Überschuldung unter anderem durch Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden, und gehört damit zu den der Durchführung des Art. 41 EV dienenden Vorschriften (vgl. Eckwert Nr. 4 der Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni 1990 i.V.m. den Erläuterungen der Bundesregierung in BTDrucks 11/7831, S. 34 f.). Nach dem Verständnis des Bundesverwaltungsgerichts bestimmt sie für den Fall der sogenannten Kettenerbausschlagung, daß von mehreren Ausschlagenden grundsätzlich der erstausschlagende Erbe vorrangig rückübertragungsberechtigt ist (vgl. BVerwGE 95, 106). Aus der Regelung des § 1 Abs. 2 VermG folgt nach der angegriffenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber auch, daß nachrangige Erben, die vor dem Fiskus der Deutschen Demokratischen Republik erbberechtigt gewesen wären, jedoch, weil unbekannt, nicht berücksichtigt worden sind, Ansprüche auf Herausgabe des der Vorschrift des § 1 Abs. 2 VermG unterfallenden Vermögenswerts nicht mehr geltend machen können, wenn vorrangige Erben die Rückübertragung beantragt haben. Angesichts der besonderen “Konkurrenzlage” zwischen den mehreren Erben, die das Bundesverwaltungsgericht zugunsten desjenigen auflöst, der nach allgemeinen erbrechtlichen Grundsätzen in erster Linie von der in § 1 Abs. 2 VermG vorausgesetzten ökonomischen Zwangssituation betroffen war, kann auch insoweit ein Eingriff in einen durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Kernbereich der Eigentumsgarantie nicht angenommen werden.
b) Die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen wäre allerdings anders zu beurteilen, wenn das Bundesverwaltungsgericht – wie von den Beschwerdeführern geltend gemacht – bei Auslegung des § 1 Abs. 2 VermG gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hätte (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪96≫).
Ein solcher Verstoß liegt aber nur dann vor, wenn die angegriffene Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪13≫). Die Rechtslage muß in krasser Weise verkannt worden sein (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪14≫). Dies ist hier nicht der Fall.
Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Auffassung vom Vorrang des Restitutionsanspruchs des erstausschlagenden Erben eingehend und nachvollziehbar begründet. Die dieser Auffassung zugrunde liegende Wertung wird im Schrifttum von vielen Stimmen geteilt. Danach gebührt demjenigen von mehreren in Betracht kommenden Erben, der die Erbschaft als Erstberechtigter ausgeschlagen, mithin auch als erster in der in § 1 Abs. 2 VermG vorausgesetzten Zwangslage gestanden hat, das “bessere Recht” des Geschädigten (so Kuchinke, VIZ 1998, S. 9 ≪11≫). Denn es erschiene wenig interessengerecht, wenn ein nachrangig berufener Erbe, der erst nach der politischen Wende im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik überhaupt von seinem Erbe erfahren oder Interesse daran gezeigt hat, berechtigt wäre, das Eigentum herauszuverlangen, obwohl der vorrangig berufene Erbe, der eine stärkere Beziehung zum Erblasser und damit in der Regel wohl auch zu dem fraglichen Vermögenswert gehabt haben dürfte und das Erbe aus Gründen ausgeschlagen hat, die nach dem Willen des Gesetzgebers zu einem Wiedergutmachungsanspruch führen können, einen Rückübertragungsantrag gestellt hat (vgl. beispielsweise – neben Kuchinke, a.a.O. – Förster, OV spezial 1995, S. 279 ff.; Hartkopf, OV spezial 1996, S. 88 ≪89 f.≫; Otto/Steffens, DtZ 1996, S. 6 ff.; Rettler, OV spezial 1995, S. 354 ff.; Vogt/ Kobold, DtZ 1993, S. 226 ≪229≫; a.A. dagegen etwa Grün, VIZ 1996, S. 681 ≪685 ff.≫ und Kettel, DtZ 1994, S. 20 ff.).
Auch die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, daß Absatz 2 des § 1 VermG wie die übrigen Tatbestände dieser Vorschrift einen Wiedergutmachungstatbestand darstelle und nicht lediglich ordnungspolitische Funktion habe, wie die Beschwerdeführer (in Übereinstimmung mit Motsch, in: ders./Rodenbach/ Löffler/Schäfer/Zilch, Kommentar zum Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz, § 1 EntschG Rn. 62 ≪Grundwerk≫) meinen, entspricht einer in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Kuchinke, VIZ 1998, S. 9 ≪11 f.≫) und ist im Hinblick auf die Zwangslage, in der sich der erstausschlagende Erbe als erster befunden hat, zumindest gut vertretbar, mithin auf keinen Fall willkürlich.
Der Vorwurf der Willkür kann aber auch nicht darauf gestützt werden, daß das Bundesverwaltungsgericht vom eindeutigen Wortlaut des § 1 Abs. 2 VermG abgewichen sei. Der Wortlaut der Vorschrift (“in Volkseigentum übernommen”) steht der Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zwingend entgegen; er läßt vielmehr auch die Annahme zu, daß es auf die faktische Übernahme in Volkseigentum ankommen soll. Auch die Erläuterungen der Bundesregierung zu § 1 Abs. 2 VermG nötigen nicht zu einem anderen Verständnis. Zwar heißt es dort, daß eine Erbausschlagung wirksam bleibe, wenn durch sie andere Erben “zum Zuge gekommen” sind (vgl. BTDrucks 11/7831, S. 35). Ob damit ein rechtliches oder ein tatsächliches Zum-Zuge-Kommen gemeint ist, bleibt dabei aber offen.
Eine Verletzung des Willkürverbots läßt sich schließlich nicht damit begründen, daß die Schädigungen, die auf einer Erbausschlagung beruhen, nicht anders behandelt werden dürften als Schädigungen, die nach einer der übrigen Tatbestandsalternativen des § 1 Abs. 2 VermG eingetreten sind. Einmal kommt auch bei Enteignungen, Eigentumsverzichten und Schenkungen in Betracht, daß der Übergang in Volkseigentum nicht wirksam erfolgt ist und somit nur ein faktischer Übergang in Volkseigentum stattgefunden hat. Zum anderen führt auch der Umstand, daß in der Folge von Enteignungen, Eigentumsverzichten und Schenkungen an den Staat jedenfalls in der Regel Volkseigentum wirksam entstanden sein dürfte, während es bei Erbausschlagungen wohl häufiger nur zu einer tatsächlichen Begründung von Volkseigentum gekommen ist, nicht notwendig dazu, daß bei allen Tatbestandsvarianten zwingend auf die rechtlich wirksame Entstehung von Volkseigentum abgestellt werden müßte. Nicht jede, sondern nur die im jeweiligen Zusammenhang wesentliche Abweichung im tatsächlichen Bereich kann eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung erfordern (vgl. dazu etwa BVerfGE 84, 133 ≪158≫). Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, daß es für die Annahme eines Rückübertragungsanspruchs nach dem Vermögensgesetz gerade nicht wesentlich ist, ob es zu einer rechtlich wirksamen oder nur zu einer tatsächlichen Begründung von Volkseigentum gekommen ist, ist von daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.