Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Beschluss vom 13.06.2005; Aktenzeichen 2005 - 22 CE 04.1473) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird, ohne dass über den hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entschieden zu werden braucht, nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer beantragte bei der Stadt S. im November 2003, ihm die gewerberechtliche Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten mit festen Gewinnquoten zu erteilen. Nach einem Hinweis der Stadt, dass die Tätigkeiten einer gewerberechtlichen Ausübung wegen des in Bayern bestehenden staatlichen Wettmonopols nicht zugänglich seien, erhob der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung der Erlaubnisfreiheit, hilfsweise auf Verpflichtung zur Erteilung einer Erlaubnis für das Veranstalten und Vermitteln gewerblicher Sportwetten. Zudem stellte er nach § 123 VwGO einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Dies lehnte das Verwaltungsgericht wegen Fehlens eines Anordnungsanspruchs ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem angegriffenen Beschluss zurück. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung mangele es sowohl am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs als auch einen Anordnungsgrundes. Der Beschwerdeführer habe insbesondere auch keinen aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf Erlaubniserteilung oder vorläufige Duldung.
Mit seiner mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG. Er ist insbesondere der Auffassung, dass ihm angesichts einer unklaren Rechtslage und uneinheitlichen Rechtsprechung jedenfalls vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Möglichkeit zur Veranstaltung und Vermittlung gewerblicher Sportwetten eröffnet werden müsse.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist, ohne dass über den hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entschieden zu werden braucht, nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage, inwieweit das Verbot der Veranstaltung gewerblicher Sportwetten durch private Wettunternehmer und deren Vermittlung mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sind, grundsätzlich geklärt (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 – 1 BvR 1054/01 –). Danach ist das im Freistaat Bayern bestehende Sportwettmonopol zwar aufgrund seiner derzeitigen rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar und der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2007 verpflichtet, die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten unter Beachtung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben neu zu regeln. Bis zu einer Neuregelung bleibt die bisherige Rechtslage allerdings mit der Maßgabe anwendbar, dass der Freistaat Bayern einerseits unverzüglich damit beginnen muss, das bestehende Wettmonopol konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht auszurichten; andererseits darf das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden unabhängig davon, ob in der Übergangszeit eine Strafbarkeit nach § 284 StGB vorliegt, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden.
Da die Rechtslage in Bayern danach mit den genannten Maßgaben bis zu einer Neuregelung weiter anzuwenden ist, bleibt die Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 – 1 BvR 1054/01 –, Umdruck S. 73 f.). Dabei kann offen bleiben, ob und inwieweit der angegriffene Beschluss mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar ist. Denn auch bei Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verstoßes gegen dieses Grundrecht könnte dem der gerügten Grundrechtsbeschwer zugrunde liegenden Begehren des Beschwerdeführers, jedenfalls einstweilen gewerbliche Sportwetten veranstalten und vermitteln zu dürfen, nicht entsprochen werden, da dies nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts als verboten angesehen werden darf. Insoweit ist aufgrund entsprechender öffentlicher Verlautbarungen der zuständigen Stellen des Freistaats Bayern davon auszugehen, dass schon während der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung eine konsequente Ausrichtung der vom Freistaat Bayern veranstalteten Sportwetten am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Begrenzung der Wettsucht stattfinden wird (vgl. Pressemitteilung Nr. 112/06 des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 28. März 2006; Pressemitteilung Nr.066/2006 des Bayerischen Staatsministerium der Finanzen vom 28. März 2006; Aktuelle Mitteilung der Staatlichen Lotterieverwaltung vom 28. März 2006, www.lotto-bayern.de).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Da die Kammer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annimmt, wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (vgl. § 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Haas, Hömig, Bryde
Fundstellen