Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung der Gerichte an Verwaltungsvorschriften. Kürzung der Höchstgrenzen des § 33 a Abs. 1 EStG durch Anpassung an ausländische Lebensverhältnisse ist verfassungsgemäß
Leitsatz (amtlich)
1. Die Gerichte sind bei ihrer Kontrolltätigkeit gegenüber der Verwaltung grundsätzlich nicht an Verwaltungsvorschriften gebunden. Sie sind jedoch befugt, sich einer Gesetzesauslegung, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird, aus eigener Überzeugung anzuschließen. Es bleibt offen, ob und unter welchen Voraussetzungen der Bürger einen Anspruch darauf hat, daß eine Verwaltungsvorschrift auf ihn angewandt wird.
2. Die generalisierende Kürzung der in § 33 a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstgrenzen für die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an ausländische Empfänger ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit es um die Anpassung an die Lebensverhältnisse im Wohnsitzland des Empfängers geht.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1; EStG § 33a Abs. 1 Sätze 1, 4, § 33 Abs. 2
Verfahrensgang
BFH (Beschluss vom 24.02.1983; Aktenzeichen VI B 114/82) |
Hessisches FG (Urteil vom 17.05.1982; Aktenzeichen I 86/80) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Frage, ob der durch § 33a Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes festgelegte Höchstbetrag für den Abzug von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung generell insoweit verringert werden durfte, als Unterhalt für im Ausland lebende Personen erbracht wurde.
I.
1. Der Abzug von Unterhaltsleistungen bei der Einkommensteuer war für den Veranlagungszeitraum 1978 durch das Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Einkommensteuer, des Familienlastenausgleichs und der Sparförderung (Einkommensteuerreformgesetz – EStRG) vom 5. August 1974 (BGBl. I S. 1769) wie folgt geregelt:
§ 33a
(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig (§ 33 Abs. 2) Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung von Personen, für die im Veranlagungszeitraum weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz oder auf andere Leistungen für Kinder (§ 8 Abs. 1 Bundeskindergeldgesetz) hat, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, daß die Aufwendungen, höchstens jedoch ein Betrag von 3000 Deutsche Mark im Kalenderjahr für jede unterhaltene Person, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Voraussetzung ist, daß die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Hat die unterhaltene Person andere Einkünfte oder Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, so vermindert sich der Betrag von 3000 Deutsche Mark um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 3600 Deutsche Mark übersteigen.
Werden die Aufwendungen für eine unterhaltene Person von mehreren Steuerpflichtigen getragen, so wird bei jedem der Teil des sich hiernach ergebenden Betrags abgezogen, der seinem Anteil am Gesamtbetrag der Leistungen entspricht.
(1a)-(5)…
Zur Frage der Zwangsläufigkeit von Unterhaltsleistungen bestimmte das Gesetz:
§ 33
(1) …
(2) Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen…
(3) …
2. Die Regelungen des § 33a Abs. 1 Satz 1 und des § 33 Abs. 2 EStG werden von der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten auch auf Unterhaltsleistungen angewandt, die von unbeschränkt Steuerpflichtigen für im Ausland lebende Angehörige erbracht werden; dabei handelt es sich vor allem um Leistungen von Gastarbeitern an ihre im Herkunftsland verbliebenen Verwandten und um Leistungen von Deutschen an die Angehörigen ihrer ausländischen Ehegatten. In diesen Fällen ist es oft schwierig, die Beträge zu ermitteln, welche am Aufenthaltsort des Unterstützten im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Die Finanzverwaltungen versuchten sich durch Verwaltungsvorschriften zu helfen. nach einer nicht veröffentlichten Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt vom 11. Dezember 1978 (S 2285 A-8-St II 30) sollten im Hinblick auf die meist geringeren Lebenshaltungskosten in Ländern der Dritten Welt Unterhaltsleistungen, die in diese Länder flossen, für das Jahr 1978 lediglich bis zu einem Betrag von 1000 DM anerkannt werden. Für das Jahr 1979 sollten nach einem gemeinsamen Erlaß des Bundesministers der Finanzen und der Landesfinanzminister vom 8. November 1978 (IV B 6-S 2365-80/78 zum Lohnsteuerermäßigungsverfahren 1979) Unterhaltsaufwendungen der in Rede stehenden Art vorübergehend nur bis zur Höhe von 1200 DM abgezogen werden.
Durch Schreiben vom 26. Oktober 1979 (BStBl. I S. 622) gab der Bundesminister in Abstimmung mit den Ländern eine nach drei Ländergruppen gegliederte Aufstellung von Höchstbeträgen bekannt. Durch diese wurden die Finanzbehörden zur pauschalen Kürzung der in § 33a Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG vorgesehenen Beträge nach dem Verhältnis der Durchschnittslöhne in der verarbeitenden Industrie der Bundesrepublik Deutschland und des jeweiligen ausländischen Staates angewiesen. Maßgebend ist dabei der Stundenlohn des zweiten dem Jahr der Unterhaltsleistung vorangegangenen Jahres. Dieser ist nach den für die Vermögensteuer dieses Jahres festgesetzten Kursen umzurechnen. Aus Vereinfachungsgründen werden die in § 33a Abs. 1 EStG genannten Höchstbeträge in voller Höhe anerkannt, wenn der ausländische Stundenlohn mehr als 50 vom Hundert des inländischen Stundenlohns beträgt. Beläuft sich die Differenz auf weniger als 50, aber auf mehr als 20 vom Hundert, so werden sie auf zwei Drittel, beläuft er sich auf weniger als 20 vom Hundert, so werden sie auf ein Drittel der in § 33a Abs. 1 EStG genannten Höchstbeträge reduziert. Für Südkorea wurde in den Veranlagungszeiträumen 1979 und 1980 eine Kürzung auf ein Drittel vorgenommen, von da an eine Kürzung auf zwei Drittel.
Für die Zeit nach dem Ablauf des Veranlagungszeitraums 1978 ist durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Umsatzsteuergesetzes und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1979 – StÄndG 1979) vom 30. November 1978 (BGBl. I S. 1849) hinter § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG folgender Satz 4 eingefügt worden:
Ist die unterhaltene Person nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, so können die Aufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind, höchstens jedoch der Betrag, der sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergibt; ob der Steuerpflichtige sich den Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, ist nach inländischen Maßstäben zu beurteilen.
II.
Die Beschwerdeführer werden als Eheleute zusammenveranlagt. Beide bezogen 1978 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für 1978 machten sie Unterhaltsaufwendungen für den in Seoul lebenden Vater der Beschwerdeführerin in Höhe von 3522 DM als außergewöhnliche Belastung geltend. Nach ihren Angaben war der Vater zur fraglichen Zeit 56 Jahre alt, berufslos und ohne Einkünfte oder Vermögen.
1. Das Finanzamt erkannte die Unterhaltsleistungen lediglich in Höhe von 1000 DM an und verwies zur Begründung auf die Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt vom 11. Dezember 1978.
In seiner Einspruchsentscheidung berücksichtigte es die Unterhaltsleistungen in Höhe von 1200 DM und führte aus: Das Schreiben des Bundesfinanzministers hebe die Verfügung der Oberfinanzdirektion für die Veranlagungszeiträume vor 1979 nicht ausdrücklich auf. Die in dieser Verfügung zitierte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gehe davon aus, daß die in § 33a Abs. 1 EStG genannten Beträge auf Angehörige im Ausland nicht ohne weiteres angewandt werden könnten. Die Notwendigkeit und damit auch die Zwangsläufigkeit von Unterhaltsleistungen an solche Personen sei zu verneinen, soweit diese das Existenzminimum des jeweiligen Wohnsitzlandes überstiegen. Die in § 33a Abs. 1 EStG genannten Beträge stellten das den deutschen Verhältnissen entsprechende Existenzminimum dar. Bei Leistungen ins Ausland seien sie daher verhältnismäßig zu verringern. Das Finanzamt sei bereit, die Kürzung im vorliegenden Falle in Anlehnung an eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt vom 6. September 1978, die sich allerdings nur auf die Veranlagungszeiträume 1976 und 1977 beziehe, lediglich bis zu einem Betrag von 1200 DM vorzunehmen.
2. a) Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Klage. Sie trugen vor, die Voraussetzungen eines Steuerabzugs nach § 33a Abs. 1 EStG müßten anhand des Einzelfalles geprüft werden. Die vom Finanzamt angewandten Verwaltungsvorschriften seien rechtswidrig, weil sie die unbestimmten Rechtsbegriffe der Notwendigkeit und der Angemessenheit nicht lediglich auslegten, sondern selbst Regelungen träfen, die vom Wortlaut des Gesetzes abwichen. Zwar sei grundsätzlich gegen eine typisierende Einteilung der Wohnsitzstaaten und eine unterschiedliche Festlegung von Höchstbeträgen nichts einzuwenden. Das müsse dann aber so geschehen, daß der von Land zu Land verschiedenen Höhe des Existenzminimums tatsächlich Rechnung getragen werde.
Die Verfügung der Oberfinanzdirektion lasse die Absetzung von Unterhaltsleistungen demgegenüber einheitlich nur bis zur Höhe von 1000 DM zu. Das sei sachlich unrichtig und verstoße auch gegen § 33a Abs. 1 EStG. Welche Aufwendungen notwendig und angemessen seien, müsse im Einzelfall durch die Gegenüberstellung des jeweiligen Existenzminimums und der eigenen Einkünfte des Unterhaltsempfängers ermittelt werden. Die Oberfinanzdirektion beanspruche ein „Tatbestandsermessen”, das weder § 33a Abs. 1 EStG noch das Grundgesetz der Verwaltung zubilligten. Nur der Gesetzgeber dürfe von § 33a Abs. 1 EStG abweichende Höchstgrenzen festlegen.
Das Schreiben des Bundesministers werte zwar anhand objektiver Kriterien die verschiedenen Verhältnisse in einer Reihe von Ländern aus und die darauf beruhenden, nach Ländergruppen abgestuften Höchstbeträge hielten sich auch innerhalb der Grenzen, die der Gedanke der Verwaltungsvereinfachung rechtfertige. Indessen sei die angewandte Methode ungeeignet. Die Durchschnittslöhne spiegelten nicht das Existenzminimum in den einzelnen Ländern wider. Dieses müsse vielmehr aus den Lebenshaltungskosten abgeleitet werden, die sich völlig abweichend vom Lohnniveau gestalten könnten. In Südkorea belaufe sich der monatliche Durchschnittslohn bei einem Existenzminimum von 350 DM beispielsweise auf 400 DM. Diese Angaben beruhten zwar nicht auf statistischen Zahlen, entsprächen aber den von ihnen, den Beschwerdeführern, selbst gemachten Erfahrungen. In manchen Ländern, so auch in Südkorea, würden die Löhne nämlich staatlich festgesetzt, während sich die Lebenshaltungskosten ungehindert nach Markteinflüssen entwickelten. Die Arbeitslöhne und die Lebenshaltungskosten dürften auch nicht mit den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Werten verglichen werden. Werde für ein Land ein bestimmtes Existenzminimum ermittelt, so seien Unterhaltszahlungen in dieser Höhe stets notwendig und angemessen. Die vom Bundesminister vorgenommenen Kürzungen stellten deshalb wiederum die Ausübung unzulässigen „Tatbestandsermessens” dar. Der Erlaß dürfe daher nicht unmittelbar angewandt werden. Gegebenenfalls sei es erforderlich, das Existenzminimum für Bewohner Seouls durch die deutsche Botschaft feststellen zu lassen.
b) Das Finanzgericht wies die Klage ab. Es führte aus, daß schon für den Veranlagungszeitraum 1978 die Möglichkeit zur Kürzung der Höchstbeträge bestanden habe, obwohl sich das Schreiben des Bundesfinanzministers erst seit 1979 auf eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, nämlich auf den neu eingefügten § 33 a Abs. 1 Satz 4 EStG, stützen könne. Nach § 33a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 2 EStG erwüchsen Unterhaltsaufwendungen dem Steuerpflichtigen unter anderem nur dann zwangsläufig, wenn sie den Umständen nach notwendig seien und einen angemessenen Betrag nicht überstiegen. Deshalb sei der Bundesminister befugt gewesen, die Höchstbeträge unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Lebensbedarfs und Lebensstandards im jeweiligen Wohnsitzstaat im Verhältnis zu inländischen Unterhaltsanforderungen auf einen angemessenen Betrag zu beschränken. Das beruhe auf einer zutreffenden Auslegung des § 33a Abs. 1 EStG und entspreche insbesondere dem Gebot der steuerlichen Gleichbehandlung. Dementsprechend habe das Finanzamt den Freibetrag im vorliegenden Falle auf ein Drittel des gesetzlichen Höchstbetrages beschränken dürfen.
Das Verhältnis der Durchschnittsstundenlöhne erscheine dabei als durchaus sachgerechter Vergleichsmaßstab. Löhne besäßen Aussagekraft über den in einem Land herrschenden Lebensstandard. Demgegenüber seien die Lebenshaltungskosten vielfach deshalb als Vergleichsmaßstab ungeeignet, weil über sie kein verläßliches statistisches Material vorliege und weil ihre Heranziehung die fast unlösbare Frage aufwerfe, wie der ihrer Ermittlung zugrunde zu legende Warenkorb aussehen müsse. Aus den gleichen Gründen sei es auch nicht möglich, den Höchstbetrag nach dem in den einzelnen Ländern bestehenden Existenzminimum zu bemessen. Auch darüber gebe es keine verläßlichen Zahlen. Schließlich bestimme § 33a Abs. 1 EStG den Höchstbetrag für inländische Leistungen selbst nicht nach dem Existenzminimum, was sich schon aus seiner Begrenzung auf 3000 DM ergebe. Auch in Deutschland könne ein Steuerpflichtiger nicht den ganzen zu seiner Deckung aufgewendeten Betrag steuerlich abziehen. Das müsse aus Gründen der Gleichbehandlung dann auch für Unterhaltsleistungen ins Ausland gelten.
Inhaltlich sei das Ministerschreiben nicht zu beanstanden. Insbesondere sei die Einteilung nach Ländergruppen sachgerecht. Die Herabsetzung des Höchstbetrages erfolge nicht im Wege starrer Proportionalität, sondern sie wahre erhebliche Bandbreiten. Damit werde ausreichend berücksichtigt, daß in einzelnen Ländern möglicherweise ein ungünstigeres Verhältnis der Lebenshaltungskosten zum Lohnniveau als durchschnittlich bestehe. Zudem stelle die Ländergruppeneinteilung eine pauschalierende Schätzung des angemessenen Freibetrages dar. Wie bei jeder Schätzung müsse auch hier hingenommen werden, daß dieser eine gewisse Unsicherheit anhafte. Von den Gerichten könne das erst beanstandet werden, wenn das Ergebnis offensichtlich fehlerfrei sei. Eine solche Fehlerhaftigkeit sei aber nicht ersichtlich.
3. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beschwerdeführer wies der Bundesfinanzhof ohne weitere Ausführungen als unbegründet zurück.
III.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG sowie des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.
Nach ihrer Auffassung gewähren ihnen die genannten Verfassungsbestimmungen Schutz vor gesetzwidriger Besteuerung. Die der Steuerfestsetzung und dem angegriffenen Urteil zugrundeliegende Verfügung der Oberfinanzdirektion beruhe auf der Ausübung eines verfassungsrechtlich unzulässigen „Tatbestandsermessens”. Die Verfügung lege den Begriff der angemessenen Aufwendungen nicht klarstellend aus, sondern treffe eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Regelung. Die in § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG vorgesehene Grenze von 3000 DM je unterstützter Person lege bereits den vom Gesetzgeber selbst als angemessen betrachteten Förderungsbetrag fest, unterhalb dessen weitere Kürzungen nicht mehr erlaubt seien. Wenn eine Unterhaltsleistung nach den persönlichen Verhältnissen des Empfängers notwendig gewesen sei, sei ihre Angemessenheit nicht mehr zu prüfen. Die Verfügung der Oberfinanzdirektion entbehre somit der rechtlichen Grundlage.
Am Ergebnis dieser Überlegungen ändere sich auch dann nichts, wenn man mit dem Finanzgericht die Notwendigkeit bejahe, die Angemessenheit des Unterhaltsbetrages noch gesondert zu prüfen. Diese Prüfung müsse nämlich die individuellen Tatsachen einbeziehen. Es müsse also im wesentlichen festgestellt werden, wie hoch das Existenzminimum im Jahre 1978 für den Unterhaltsempfänger zu veranschlagen gewesen sei. Dazu hätte das Gericht, wie beantragt, die deutsche Botschaft in Seoul um Stellungnahme ersuchen müssen. Bei einfacher Währungsumrechnung wäre es dabei auf ein Existenzminimum von etwa 600 DM monatlich gekommen. Obwohl der Bundesfinanzhof die Notwendigkeit einer individuellen Prüfung betont habe (BFH, BStBl. II 1978, S. 338), habe das Finanzgericht darauf verzichtet und in einer Art Vorgriff auf die Gesetzeslage für 1979 und das dazu vom Bundesfinanzminister herausgegebene Schreiben entschieden.
Verfassungsrechtlich fragwürdig sei, ob das Einkommensteuergesetz 1978 mittels eines solchen Vorgriffs auf die Rechtslage von 1979 interpretiert werden dürfe. Darüber hinaus sei die Auslegung des Finanzgerichts aber auch inhaltlich weder sachgerecht noch verfassungsmäßig. Die Durchschnittslöhne seien zur Bestimmung der Lebensbedingungen in einem Land nicht geeignet. Diese würden in erster Linie von der jeweiligen Wirtschaftsordnung geprägt. Die in Südkorea herrschende frühkapitalistische Wirtschaftsordnung lasse die Marktgesetze unkontrolliert walten, was besonders in der Hauptstadt Seoul zu sehr hohen Lebenshaltungskosten geführt habe. Wegen der verhältnismäßig hohen Arbeitslosigkeit und des Fehlens von Gewerkschaften würden dennoch nur sehr niedrige, kaum das Existenzminimum deckende Löhne gezahlt. Das bestätige übrigens auch der Folgeerlaß des Bundesfinanzministers vom 22. Dezember 1980 (BStBl. I S. 791), durch den Südkorea in die Ländergruppe B eingeordnet worden sei. Da die Länderzuordnung auf zwei Jahre alten statistischen Daten beruhe, beweise diese Umgruppierung, daß schon 1978 höhere Lebenshaltungskosten bestanden hätten, als sie in dem für 1979 gültigen Schreiben angenommen worden seien.
IV.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben der Bundesminister der Finanzen namens der Bundesregierung, ferner der Hessische Ministerpräsident, das beklagte Finanzamt, der Deutsche Caritasverband und das Diakonische Werk Stellung genommen.
1. Der Bundesminister und der Ministerpräsident halten die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Die Auslegung des § 33a Abs. 1 EStG durch das Finanzgericht verletze weder rechtsstaatliche Grundsätze noch sei sie willkürlich. Das Gericht habe auch keine erst später in Kraft gesetzten Rechtsvorschriften angewandt. § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG stelle – wie sich auch aus der Amtlichen Begründung (BTDrucks. 8/2118, S. 63 f.) ergebe – lediglich klar, was nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bereits zuvor geltendes Recht gewesen sei. Es verstoße nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip, daß das Finanzgericht bei der Bemessung des Höchstbetrages von Überlegungen ausgegangen sei, wie sie auch dem Ministerschreiben vom 26. Oktober 1979 zugrunde lägen. Die Berechnungsmethode für die Bestimmung der länderspezifischen Höchstbeträge stelle eine verfassungsgemäße Auslegung des für 1978 gültigen § 33a Abs. 1 EStG dar.
Art. 3 Abs. 1 GG stehe der Berücksichtigung der Lebensverhältnisse im Heimatland des Unterhaltsempfängers nicht entgegen, sondern lege sie sogar nahe. Zur Bestimmung dessen, was notwendig und angemessen sei, könne angesichts der zum Teil bedeutenden Unterschiede im Lebensstandard nicht auf deutsche Verhältnisse abgestellt werden, da sonst Steuerpflichtige benachteiligt würden, die Angehörige im Inland unterstützten. Auch das typisierende Kürzungsverfahren nach dem Ministerschreiben sei vom Finanzgericht ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bestätigt worden. Schon der Gesetzgeber habe den Abzug von Unterhaltsaufwendungen auch für das Inland stark typisiert und für alle Steuerpflichtigen einheitlich nach oben begrenzt; das Bundesverfassungsgericht habe diese Begrenzung ab 1979 auch als verfassungsmäßig anerkannt (BVerfGE 66, 214 (223, 225)). Deshalb sei im vorliegenden Falle nicht auf die Lebensverhältnisse in einer bestimmten Stadt, sondern in ganz Südkorea abzustellen. Auch im Inland werde nicht nach Städten unterschieden, sondern der Höchstbetrag gelte trotz regional variierender Lebenshaltungskosten bundeseinheitlich.
Weiterhin sei die vom Finanzgericht angewandte Berechnungsmethode sachlich gerechtfertigt. Zutreffend stelle das Gericht die Schwierigkeiten fest, die einer Berechnung nach den Lebenshaltungskosten oder nach dem Existenzminimum entgegenstünden. Nur über das Lohnniveau lägen für die meisten Länder verläßliche statistische Daten vor. Andere Vergleichsmöglichkeiten wie Mindesteinkommen, Sozialhilfesätze, Pfändungsfreigrenzen, Steuerfreibeträge oder Einkommen je Einwohner seien bei der Vorbereitung des Schreibens vom 26. Oktober 1979 zwar untersucht worden, jedoch am Fehlen ausreichender Unterlagen, insbesondere internationaler Statistiken, gescheitert. Dem in einzelnen Ländern möglicherweise ungünstigeren Verhältnis zwischen Arbeitslöhnen und Lebenshaltungskosten werde insoweit Rechnung getragen, als die Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 EStG erst reduziert würden, wenn das ausländische Lohnniveau nicht mehr als die Hälfte des inländischen ausmache.
Schließlich habe das Finanzgericht Art. 3 Abs. 1 GG auch nicht dadurch verletzt, daß es die Ländergruppeneinteilung für 1979 mit herangezogen habe, obwohl sie erst ab 1979 wirksam sein sollte. Die ihr zugrundeliegenden Durchschnittslöhne des Jahres 1977 seien für das Streitjahr 1978 zeitnäher als für 1979. Um so weniger würden die Beschwerdeführer in ihren Rechten verletzt, zumal das Gericht seiner Berechnung auch noch den eigentlich erst ab dem Veranlagungszeitraum 1979 geltenden höheren Freibetrag von 3600 DM anstelle von 3000 DM zugrunde gelegt habe.
2. Der Deutsche Caritasverband hält den gekürzten Höchstbetrag von 1200 DM für zu niedrig und die ihm zugrundeliegenden Bestimmungen daher für verfassungswidrig. Das gelte schon bei einem Vergleich mit den durchschnittlichen deutschen Sozialhilfeleistungen, bei denen nicht nur der Regelsatz, sondern vor allem auch die sogenannten einmaligen Leistungen nach § 21 BSHG berücksichtigt werden müßten. Die Folgerung des Bundesministers der Finanzen von einem niedrigen Lohnniveau auf ein bestimmtes Existenzminimum stelle einen Fehlschluß dar. Die Hilfe zum Lebensunterhalt werde in der Bundesrepublik Deutschland keineswegs nach dem Lohnniveau, sondern nach dem Bedarfsdeckungsprinzip errechnet. Im vorliegenden Falle sei es deshalb unverzichtbar, die konkrete Situation in Südkorea zu ermitteln und dabei gegebenenfalls auch Auskünfte über die Maßstäbe sozialer Unterstützung in diesem Land einzuholen. Die Lohnsituation unterer Einkommensgruppen könne beispielsweise durchaus unter dem Existenzminimum liegen, und es sei nicht zumutbar, daß dann auch noch die steuerlich anerkennungsfähigen Unterhaltsleistungen darunter liegen müßten.
3. Das Diakonische Werk äußert ebenfalls gewisse Bedenken gegen die pauschalierende Ländereinteilung. Über einen in Südkorea tätigen Mitarbeiter habe man feststellen können, daß das Lohnniveau 1978 dort sehr niedrig, die Lebenshaltung dagegen sehr teuer gewesen sei. Daher müßten die tatsächlichen Verhältnisse nachgeprüft werden.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Das angegriffene finanzgerichtliche Urteil und der Beschluß des Bundesfinanzhofs verletzen weder die Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 19 Abs. 4 GG noch die aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).
1. a) Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG steht jedermann, der sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt fühlt, der Rechtsweg zu den Gerichten offen. Damit ist ihm eine volle Rechts- und Tatsacheninstanz gegen Akte der Verwaltung gewährleistet (vgl. BVerfGE 15, 275 (282); 18, 203 (212); 51, 268 (284); 61, 82 (111); 67, 43 (58)). Welche Rechte er geltend machen kann, bestimmt sich dabei – von den Fällen der Grundrechte und sonstiger verfassungsmäßiger Rechte abgesehen – nach den Regelungen des einfachen Rechts. Der Gesetzgeber befindet darüber, unter welchen Voraussetzungen dem Bürger ein Recht zustehen und welchen Inhalt es haben soll.
Im Rahmen dieser Entscheidung kann sich der Gesetzgeber auch unbestimmter Rechtsbegriffe bedienen (vgl. etwa BVerfGE 8, 274 (325); 13, 153 (161); 20, 150 (157); 21, 73 (79); 31, 255 (264); 37, 132 (142); 49, 89 (133 f.); 56, 1 (12); st. Rspr.). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, daß er insbesondere im Steuerrecht ohne die Verwendung solcher Begriffe nicht auskommt (vgl. etwa BVerfGE 13, 153 (161); 21, 73 (79); 26, 321 (325); 31, 255 (264); 48, 210 (222); st. Rspr.). Allerdings ist der Gesetzgeber bei der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht völlig frei. Er hat die Grundsätze der Normenklarheit und Justitiabilität zu beachten (vgl. BVerfGE 21, 73 (79); 52, 1 (41); 59, 104 (114); 63, 312 (323)). Vor allem aber darf er die Entscheidung über die Grenzen der Freiheit des Bürgers nicht einseitig in das Ermessen der Verwaltung legen (vgl. BVerfGE 8, 274 (325); 13, 153 (160); 56, 1 (12)).
Ferner darf der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Gesetze, vor allem bei der Ordnung von Massenerscheinungen, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden (vgl. BVerfGE 11, 245 (254); 17, 1 (23); 21, 12 (27); 63, 119 (128); 71, 146 (157); st. Rspr.). Er ist berechtigt, von dem Gesamtbild auszugehen, das sich aus den vorliegenden Erfahrungen ergibt (vgl. BVerfGE 11, 245 (254)).
b) Die Gerichte sind bei der Kontrolle des Verwaltungshandelns an das Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG). Sie dürfen ihren Entscheidungen also nur materielles Recht – Verfassungsrecht, förmliche Gesetze, Rechtsverordnungen, autonome Satzungen und auch Gewohnheitsrecht – zugrundelegen. Allgemeine Verwaltungsvorschriften und sonstige Anweisungen, durch die eine vorgesetzte Behörde verwaltungsintern auf ein einheitliches Verfahren oder eine bestimmte Ermessensausübung, aber auch auf eine bestimmte Gesetzesauslegung und -anwendung durch die ihr nachgeordneten Behörden hinwirkt, sind keine Gesetze im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG und des Art. 97 Abs. 1 GG (vgl. etwa BVerwGE 34, 278 (281); 55, 250 (255); BFH, BStBl. II 1976, S. 795 (796); 1978, S. 26 (29); 1979, S. 54 (55); 1982, S. 595 (596); 1984, S. 522 (525); 1986, S. 852 (853); st. Rspr.). Eine Regelung der Behördenzuständigkeit oder des Verwaltungsverfahrens, für die das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit eine gewisse Bindung der Gerichte angenommen hat (vgl. BVerfGE 40, 237 (248 ff.)), liegt hier ebensowenig vor wie der Sonderfall der atomrechtlichen Genehmigung (vgl. BVerwGE 72, 300 (316 f.)). Verwaltungsvorschriften mit materiell-rechtlichem Inhalt sind grundsätzlich Gegenstand, nicht jedoch Maßstab richterlicher Kontrolle.
2. Diese Grundsätze werden durch die angegriffenen Entscheidungen nicht verletzt.
a) Es verstößt nicht gegen das Grundgesetz, daß Steuerverwaltung und Gerichte im vorliegenden Falle keine vollständige Prüfung des Einzelfalles vorgenommen, sondern sich auf eine nach Ländergruppen typisierende Betrachtung beschränkt haben.
Bei den Unterhaltsleistungen ins Ausland handelt es sich um eine jener Massenerscheinungen, die ein typisierendes und pauschalierendes Vorgehen von Gesetzgeber und Verwaltung rechtfertigen. Dieses erweist sich auch deshalb als unumgänglich und daher zulässig, weil es angesichts der weiten Entfernungen und der höchst unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen Ländern schlechthin unmöglich wäre, wirklich an den Besonderheiten des Einzelfalles ausgerichtete Ermittlungen durchzuführen. Eine Aufklärung durch Einschaltung der deutschen Botschaften würde entgegen den Vorstellungen der Beschwerdeführer und der kirchlichen Wohlfahrtsverbände zu keiner hinreichenden Lösung dieses Problems führen. Es mag bereits zweifelhaft sein, ob nach einfachem Gesetzesrecht (vgl. § 90 Abs. 2 AO) die Verwaltung oder der Beschwerdeführer zur Beschaffung der erforderlichen Unterlagen verpflichtet wäre. Spätestens im finanzgerichtlichen Verfahren träte bei einer Mitwirkung der Botschaften, die ja lediglich Behörden sind, jedenfalls die Frage auf, ob, in welchem Umfang und aufgrund welcher Tatsachen das Gericht die ihm vorgelegten Auskünfte und Berechnungen zu überprüfen und gegebenenfalls durch andere zu ersetzen hätte.
Die Begriffe der Notwendigkeit und Angemessenheit, die durch § 33a Abs. 1 und § 33 Abs. 2 EStG der Steuerverwaltung als Grundlage ihres Handelns vorgegeben werden, sind zwar konkret genug, um die auf ihnen beruhende Vollzugspraxis nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß (vgl. BVerfGE 8, 274 (325)) hinreichend deutlich zu bestimmen. Sie bedürfen aber in der Verwaltungspraxis weiterer Konkretisierung. Wenn die Verwaltung dabei im Interesse der Einheitlichkeit und Praktikabilität Richtlinien erläßt, so ist das von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Die Erwartungen der Beschwerdeführer an die behördliche und gerichtliche Prüfungstätigkeit mögen damit nicht in vollem Umfang befriedigt werden. Der unvermeidliche Gegensatz zwischen ihrem Interesse an einer vollen Einzelfallprüfung und den Erfordernissen steuerlicher Gleichbehandlung braucht aber von Verfassungs wegen nicht einseitig zugunsten der Einzelfallprüfung aufgelöst zu werden, zumal schon § 33a Abs. 1 EStG selbst – unter anderem durch die Festlegung einheitlicher Höchstbeträge für alle denkbaren inländischen Fallgestaltungen – den Weg der Typisierung und Pauschalierung beschritten hat. Gerade in solchen Fällen begegnet es keinen Bedenken, wenn die Exekutive bei der Abfassung von Verwaltungsvorschriften ähnlich verfährt (vgl. dazu etwa Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Oktober 1979 (BVerwG 6 C 63. 78), Buchholz 238. 41, Nr. 3 zu § 5 SVG m.w.H.).
Das Steuerrecht weist überdies Besonderheiten auf, die dieses Ergebnis zusätzlich untermauern. Auf der einen Seite ist es sowohl im Interesse der Steuerpflichtigen als auch der staatlichen Finanzwirtschaft auf einen möglichst raschen Gesetzesvollzug angelegt; langjährige Prüfungen der steuerpflichtigen Tatbestände müssen schon aus praktischen Gründen die Ausnahme bleiben. Andererseits ist es eine berechtigte Überlegung, daß eine Beweiserhebung im Einzelfall möglichst nicht teurer werden sollte als der jeweils in Rede stehende Steuerbetrag (vgl. BFH, BStBl, II 1986, S. 200 (204)). Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht beispielsweise die weitreichenden Schätzungsbefugnisse der Steuerbehörden (vgl. insbesondere § 162 Abs. 1 AO) verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Nichts anderes kann in Fällen wie dem vorliegenden gelten, in denen die Verwaltung durch Bildung von Fallgruppen einen möglichst gleichmäßigen Gesetzesvollzug sicherzustellen versucht.
b) Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und Art. 19 Abs. 4 GG sind auch nicht dadurch verletzt, daß sich das Finanzgericht bei seiner Entscheidung auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 26. Oktober 1979 gestützt hat. Wie bereits ausgeführt, sind die Gerichte bei ihrer Kontrolltätigkeit grundsätzlich weder an allgemeine Verwaltungsvorschriften noch an sonstige Verwaltungsanweisungen gebunden (vgl. oben 1.b). Der vorliegende Fall gibt keinen Anlaß, darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen der einzelne Bürger – etwa im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) – ein Recht auf die Anwendung verwaltungsinterner Regelungen in seinem eigenen Fall hat. Ebenso kann offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn das Finanzgericht eine Bindung an das Ministerschreiben angenommen oder nur eine eingeschränkte Überprüfung des Schreibens vorgenommen hätte. Das Gericht hat sich bei der Auslegung und Anwendung von § 33a Abs. 1, § 33 Abs. 2 EStG der Gesetzesauslegung des Minister aus eigener Überzeugung angeschlossen. Es hat deutlich ausgesprochen, daß es den Inhalt des Schreibens für die zutreffende Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen hält: Daß sich das Gericht entgegen der Rüge der Beschwerdeführer nicht ohne weiteres als gebunden betrachtete, folgt insbesondere daraus, daß es das Ministerschreiben auf den Veranlagungszeitraum 1978 „vorerstreckt” hat. Gegen die Übernahme einer in einer Verwaltungsvorschrift vertretenen Gesetzesauslegung durch ein Gericht kann aber ebensowenig etwas eingewandt werden wie dagegen, daß dieses die Rechtsprechung eines anderen Gerichts oder eine im Schrifttum vertretene Rechtsansicht darstellt und sich ihr sodann anschließt.
II.
Auch inhaltlich verstößt die Gesetzesauslegung durch das Finanzgericht nicht gegen das Grundgesetz.
1. Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Schutzbereich dieses Grundrechts wird durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten nicht berührt (vgl. BVerfGE 4, 7 (17); 10, 89 (116); 10, 354 (371) u.a.m.). Nur wenn eine solche Pflicht den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würde, käme eine andere Entscheidung in Betracht (vgl. BVerfGE 4, 7 (17); 50, 57 (104 ff.); 63, 312 (327); 68, 287 (310 f.); 70, 219 (230)). Davon kann im vorliegenden Falle aber keine Rede sein.
2. Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Es gibt hinreichende sachliche Gründe für die Auslegung von § 33a Abs. 1, § 33 Abs. 2 EStG, die das Finanzgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
a) Das gilt zunächst für die Auffassung, daß Steuerpflichtigen, die Unterhalt an Angehörige im Ausland leisten, andere Höchstbeträge zugebilligt werden dürfen als solchen Steuerpflichtigen, die inländische Angehörige unterstützen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG bestehen für den Veranlagungszeitraum 1978 nicht. Da diese Höchstbeträge nicht ohne Bezug zu den Lebenshaltungskosten und insbesondere zum durchschnittlichen Existenzminimum in der Bundesrepublik Deutschland festgelegt werden dürfen (vgl. BVerfGE 66, 214 (223 ff.)), ist es eine vernünftige, mit dem Gleichheitssatz vereinbare Überlegung, sie für Leistungen an solche Personen, die in Ländern mit einem wesentlich niedrigeren Lebenshaltungsniveau wohnen, entsprechend zu kürzen, da sonst unter Umständen ausländischen Unterhaltsberechtigten die steuerbegünstigte Lebensführung auf überdurchschnittlichem Standard, ja selbst eine gewisse Vermögensbildung ermöglicht würde.
b) Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht dadurch verletzt, daß bei der Festlegung der Höchstbeträge für Ausländer nicht auf die konkreten Lebensumstände der unterstützten Personen – wie Alter, Pflegebedürftigkeit, kulturelle Bedürfnisse, Wohnsitz in einer Großstadt – Rücksicht genommen wird. Insoweit besteht kein Unterschied in der Behandlung inländischer und ausländischer Unterhaltsempfänger.
c) Schließlich bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Art und Weise, in der nach Ansicht des Bundesministers der Finanzen und des Finanzgerichts die Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 EStG an die andersgelagerten Lebensverhältnisse in ausländischen Staaten angepaßt werden müssen. Den Beschwerdeführern ist zuzugeben, daß insoweit die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten oder – noch genauer – das Existenzminimum den zuverlässigsten und gerechtesten Maßstab darstellen würden. Der Bundesminister und der Hessische Ministerpräsiden haben aber zutreffend darauf hingewiesen, daß es für die hier in Rede stehende Ländergruppe insoweit an verläßlichen, international anerkannten und zeitnah zu gewinnenden statistischen Daten fehlt und daß insbesondere die Festlegung eines wirklichkeitsnahen Warenkorbes für jedes in Betracht kommende Land auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen würde. Unter diesen Umständen begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sowohl der Bundesminister als auch das Finanzgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, BStBl. II 1982, S. 779 (781)) von einem Vergleich der Durchschnittslöhne für Industriearbeiter ausgegangen sind. Zwar werden diese gerade in Ländern der sogenannten Dritten Welt nur sehr bedingt Rückschlüsse auf Lebenshaltungskosten und Existenzminimum zulassen. Wenn aber nur über sie verläßliches statistisches Material vorliegt, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß beim Gesetzesvollzug darauf zurückgegriffen wird.
Dabei kann unentschieden bleiben, ob es unter den gegebenen Umständen verfassungsrechtlich geboten ist, der begrenzten Aussagekraft des verwendeten statistischen Materials durch Großzügigkeit bei der Anpassung der Höchstbeträge Rechnung zu tragen. Im vorliegenden Falle ist das jedenfalls geschehen. Die Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG werden erst dann um ein Drittel gekürzt, wenn der ausländische Stundenlohn weniger als die Hälfte des vergleichbaren deutschen Lohns beträgt, und um zwei Drittel werden sie erst gekürzt, wenn er sich auf weniger als ein Fünftel der deutschen Vergleichsgröße beläuft. Bei derartigen „Pufferzonen” bestehen gegen die Wahl des Stundenlohns als Bezugsgröße keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Fundstellen
Haufe-Index 1556438 |
BVerfGE, 214 |
NJW 1989, 666 |