Leitsatz (amtlich)
1. Art. 33 Abs. 4 GG gilt auch für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform.
2. Abweichungen vom Grundsatz des Funktionsvorbehalts bedürfen der Rechtfertigung durch einen spezifischen, dem Sinn der Ausnahmemöglichkeit entsprechenden Ausnahmegrund.
3. Die Übertragung von Aufgaben des Maßregelvollzuges auf formell privatisierte Träger kann mit Art. 33 Abs. 4 GG sowie mit dem Demokratieprinzip und den Grundrechten der Untergebrachten vereinbar sein.
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anordnung und Durchführung einer besonderen Sicherungsmaßnahme durch Bedienstete einer mit der Durchführung des Maßregelvollzugs beliehenen privatrechtlich organisierten Kapitalgesellschaft.
A.
I.
1. Nach dem hessischen Gesetz über den Vollzug von Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt (Maßregelvollzugsgesetz – im Folgenden: HessMVollzG) vom 3. Dezember 1981 (GVBl I S. 414, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Juni 2010, GVBl I S. 185) können Kapitalgesellschaften, die sich unmittelbar oder mittelbar in der Hand des Landeswohlfahrtsverbandes befinden, mit der Durchführung des Maßregelvollzugs vertraglich beliehen werden, wenn sie die notwendige Zuverlässigkeit und Fachkunde nachweisen (§ 2 Satz 3, 4 HessMVollzG). Der Beleihungsvertrag muss die jederzeitige Verfügbarkeit der zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung erforderlichen Ressourcen sicherstellen (§ 2 Satz 5 HessMVollzG). Die Leiter der Einrichtungen und ihre Stellvertreter sowie die weiteren Ärzte mit Leitungsfunktion – jeweils einschließlich der weiblichen Variante – bleiben im Fall der Beleihung Beschäftigte des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen; ihnen sind die Ermessensentscheidungen vorbehalten, die in Grundrechte der Untergebrachten eingreifen (§ 2 Satz 6 HessMVollzG).
Die Sätze 3 bis 6 wurden dem § 2 HessMVollzG durch Gesetz vom 5. Juli 2007 (GVBl I S. 402) eingefügt. In der Fassung dieses Gesetzes lautete § 2 HessMVollzG wie folgt:
§ 2 HessMVollzG |
Einrichtungen des Maßregelvollzugs |
1Die Maßregeln werden in Einrichtungen des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen oder in Einrichtungen anderer, durch Rechtsverordnung der Sozialministerin oder des Sozialministers im Einvernehmen mit der Ministerin oder dem Minister der Justiz bestimmter Träger vollzogen. 2Ein Vollzug in Einrichtungen außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes wird hierdurch nicht ausgeschlossen. 3Träger von Einrichtungen des Maßregelvollzuges können auch Kapitalgesellschaften sein, deren Anteile vollständig vom Landeswohlfahrtsverband Hessen oder einer Gesellschaft des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, an der der Landeswohlfahrtsverband Hessen ebenfalls sämtliche Anteile hält, gehalten werden, wenn diese die notwendige Zuverlässigkeit und Fachkunde nachweisen. 4Diese werden durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem für den Maßregelvollzug zuständigen Ministerium und dem Träger mit der Aufgabe des Maßregelvollzugs beliehen. 5Der Beleihungsvertrag muss insbesondere sicherstellen, dass in der Einrichtung jederzeit die zur ordnungsgemäßen Durchführung des Maßregelvollzugs erforderlichen personellen, sachlichen, baulichen und organisatorischen Voraussetzungen gegeben sind. 6Die Leiterinnen und Leiter der Einrichtungen sowie ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter und die weiteren Ärztinnen und Ärzte mit Leitungsfunktion bleiben dabei auch in Zukunft Beschäftigte des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen und treffen die Ermessensentscheidungen, die in Grundrechte der Untergebrachten eingreifen.
Weitere Maßgaben in Bezug auf die Befugnis zu Grundrechtseingriffen enthalten die allgemein für den Maßregelvollzug und damit auch für privatisierte Einrichtungen geltenden Regelungen des § 5 HessMVollzG. § 5 Abs. 2 HessMVollzG behält bestimmte besonders grundrechtsrelevante und teilweise zugleich besonders sicherheitsrelevante Entscheidungen – einwilligungsbedürftige ärztliche Behandlungen (§ 7 Abs. 2 HessMVollzG), Verlegungen in den offenen Vollzug und Vollzugslockerungen (§ 8 HessMVollzG), Urlaub (§ 9 Abs. 1 HessMVollzG), lockerungs- und urlaubsbezogene Weisungen und Widerrufe (§ 10 HessMVollzG) und besondere Sicherungsmaßnahmen (§ 36 HessMVollzG) – dem Leiter der jeweiligen Einrichtung vor. Abweichend davon sind nach § 5 Abs. 3 HessMVollzG bei Gefahr im Verzug zur vorläufigen Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, mit Ausnahme von Fesselungen anderer Art als Hand- oder Fußfesselung (§ 36 Abs. 3 Satz 2 HessMVollzG), auch andere Bedienstete der Einrichtung befugt.
§ 5 HessMVollzG |
Zuständigkeiten |
(1) Im Maßregelvollzug obliegen die Aufgaben der Vollzugsbehörde, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, der Einrichtung des Maßregelvollzuges.
(2) Entscheidungen nach § 7 Abs. 2, § 8, § 9 Abs. 1 und § 10 und Anordnungen nach § 36 sind dem Leiter der Einrichtung des Maßregelvollzuges vorbehalten.
(3) Bei Gefahr im Verzuge dürfen auch Bedienstete der Einrichtung des Maßregelvollzuges, denen die Befugnisse nach Abs. 2 nicht zustehen, besondere Sicherungsmaßnahmen vorläufig anordnen; eine Anordnung nach § 36 Abs. 3 Satz 2 darf nur ein Arzt treffen. Der Leiter der Einrichtung des Maßregelvollzuges ist von einer vorläufigen Anordnung nach Satz 1 unverzüglich zu unterrichten.
Die Träger der Einrichtungen des Maßregelvollzuges unterliegen nach § 3 HessMVollzG einer durch allgemeine Weisungen, im Falle der Nichteinhaltung gesetzlicher Vorgaben oder erteilter allgemeiner Weisungen auch durch Einzelweisungen, auszuübenden Fachaufsicht:
§ 3 HessMVollzG |
Aufsichtsbehörde |
(1) Der Sozialminister führt die Fachaufsicht in Angelegenheiten des Maßregelvollzuges. Er kann mit der Überwachung der Einrichtungen den Regierungspräsidenten beauftragen, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet.
(2) Die Fachaufsichtsbehörde kann den Trägern der Einrichtungen des Maßregelvollzuges allgemeine Weisungen erteilen. Im Einzelfall können Weisungen erteilt werden, wenn die Aufgaben des Maßregelvollzuges nicht im Einklang mit den Gesetzen wahrgenommen oder die erteilten allgemeinen Weisungen nicht befolgt werden.
2. a) Die heute unter dem Namen Vitos Klinik für Forensische Psychiatrie Haina – zuvor: Zentrum für Soziale Psychiatrie Haina – geführte Maßregelvollzugsklinik, in der der Beschwerdeführer untergebracht ist, war bis zum Jahr 2007 eine Einrichtung des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV), eines Kommunalverbandes in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, der hinsichtlich der von ihm wahrgenommenen Aufgaben im Bereich des Maßregelvollzuges unter der Fachaufsicht des zuständigen Fachministeriums steht (§ 23 des Gesetzes über die Mittelstufe der Verwaltung und den Landeswohlfahrtsverband Hessen vom 7. Mai 1953, GVBl S. 93, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. März 2005, GVBl I S. 229; im Folgenden: HessMittelstufengesetz; mit Wirkung vom 1. Januar 2012: § 17 Absatz 1 des Gesetzes über den Landeswohlfahrtsverband Hessen, vgl. Art. 2 Nr. 20 und Art. 10 des Gesetzes über die Regierungspräsidien und Regierungsbezirke des Landes Hessen und zur Änderung anderer Rechtsvorschriften vom 16. September 2011, GVBl I S. 420).
Nachdem mit der Einfügung der Sätze 3 bis 6 in § 2 HessMVollzG durch das Gesetz vom 5. Juli 2007 die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür geschaffen waren, wurden die früher in der Trägerschaft des Landeswohlfahrtsverbandes betriebenen psychiatrischen Einrichtungen in gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung (gGmbH) überführt. Deren Gesellschafter sind jeweils zu 5,1 % der Landeswohlfahrtsverband und zu 94,9 % eine heute als Vitos GmbH – bis 2009: LWV-Gesundheitsmanagement GmbH – firmierende Holding, die sich ihrerseits zu 100 % in der Hand des Landeswohlfahrtsverbandes befindet. Die forensischen Kliniken – auch die, in der der Beschwerdeführer untergebracht ist – wurden damit zu Betriebsstätten der jeweiligen gGmbH.
b) Das Land Hessen, vertreten durch das Hessische Sozialministerium (HSM), schloss mit den gGmbH als Trägern der einzelnen Maßregelvollzugseinrichtungen Beleihungsverträge (BV), mit denen es ihnen die Aufgabe übertrug, die als Maßregeln der Besserung und Sicherung angeordneten Unterbringungen gemäß § 61 Nr. 1 und 2 StGB im eigenen Namen für das Land Hessen zu vollziehen, und ihnen die dazu erforderlichen hoheitlichen Befugnisse, einschließlich der Befugnis zu den nach dem HessMVollzG zulässigen Grundrechtseingriffen, verlieh.
Die einschlägigen Bestimmungen des mit dem damaligen Zentrum für Soziale Psychiatrie Haina abgeschlossenen Beleihungsvertrages lauten, soweit hier von Belang, wie folgt:
§ 2 BV |
Aufgabenübertragung |
(1) Dem Träger wird mit Wirksamwerden des Formwechsels durch Eintragung der ZSP Haina gemeinnützige GmbH in das Handelsregister die hoheitliche Aufgabe übertragen, die Vollziehung der als Maßregeln der Besserung und Sicherung angeordneten Unterbringungen gemäß § 61 Nr. 1 und 2 StGB im eigenen Namen für das Land Hessen nach Maßgabe des Vollstreckungsplanes nach § 4 Maßregelvollzugsgesetz in einer fachlich selbstständigen Betriebsstätte durchzuführen. Die Aufgabenübertragung beruht auf § 2 Sätze 3 ff. des Hessischen Maßregelvollzugsgesetzes.
(2) Der Träger nimmt die Aufgaben der Vollzugsbehörde nach § 5 Abs. 1 Maßregelvollzugsgesetz sowie § 138 Abs. 3 i.V. mit §§ 109 bis 121 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) wahr. Der Träger stellt insbesondere sicher, dass die Abgabe von Stellungnahmen gegenüber Gerichten und Staatsanwaltschaften und die Stellung von Anträgen, etwa zur Umkehrung der Vollstreckungsreihenfolge oder zur Erledigungserklärung von Maßregeln, rechtzeitig erfolgt. Der Träger ist an die Entscheidungen der zuständigen Gerichte und die Anordnungen der Staatsanwaltschaft gebunden.
(3) Der Träger tritt im Rahmen der ihm mit diesem Vertrag übertragenen Aufgaben selbständig vor Gericht auf. …
(4) …
Beleihung mit den erforderlichen hoheitlichen Befugnissen
(1) Dem Träger werden hiermit die für die Durchführung der Aufgaben nach § 1 Hessisches Maßregelvollzugsgesetz erforderlichen hoheitlichen Befugnisse verliehen. Insbesondere wird dem Träger die Befugnis verliehen, Eingriffe in die Grundrechte der Patientinnen und der Patienten und anderen Personen vorzunehmen, zu denen das Hessische Maßregelvollzugsgesetz ermächtigt. Die Beleihung beruht auf § 2 Sätze 3 ff. Hessisches Maßregelvollzugsgesetz.
(2) Der Träger trägt die Gesamtverantwortung für die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Erfüllung der übertragenen Aufgabe. Unter dieser Gesamtverantwortung obliegen alle Maßnahmen der Durchführung des Maßregelvollzugs nach § 5 Abs. 2 und §§ 6 bis 37 Maßregelvollzugsgesetz sowie § 126a StPO der Verantwortung des Leiters der Einrichtung des Maßregelvollzuges.
(3) Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter, die oder der mit der Aufgabe des Maßregelvollzuges betraut ist, trägt für die Rechtmäßigkeit ihrer oder seiner Anordnung und Handlungen persönlich Verantwortung.
Die Vitos Haina gGmbH hat 407 Vollzugsplätze vorzuhalten, bei Bedarf aber auch eine größere Anzahl von Personen unterzubringen; im Fall einer Überbelegung um mehr als 10 % über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten hat das Sozialministerium nach Anhörung des Leiters der Einrichtung über die notwendigen Abhilfemaßnahmen zum nachhaltigen Abbau der Überbelegung zu entscheiden (§ 3 BV). Der allgemeineren gesetzlichen Verpflichtung, die erforderliche Ausstattung der Einrichtungen vertraglich sicherzustellen (§ 2 Satz 5 HessMVollzG), folgt der Beleihungsvertrag mit einer Klausel, die den Träger im Rahmen des vom Hessischen Sozialministerium festgesetzten Budgets entsprechend verpflichtet (§ 7 Abs. 1 BV), und der konkretisierenden Maßgabe, dass festgestellte Sicherheitsmängel auf Anforderung des Leiters der Einrichtung jeweils unverzüglich vom Träger zu beseitigen sind (§ 7 Abs. 2 BV).
§ 5 BV regelt das Weisungsrecht des Trägers und das des Leiters der Maßregelvollzugseinrichtung und grenzt den Verantwortungsbereich ab, in dem dieser keinen Weisungen des privaten Trägers unterliegt:
(1) Der Leiter der Einrichtung des Maßregelvollzuges erfüllt seine Aufgaben innerhalb des ihm gesetzlich und durch § 4 Abs. 2 dieses Vertrages zugewiesenen Verantwortungsbereiches eigenverantwortlich unter Beachtung der öffentlich-rechtlichen Bestimmungen und nach Maßgabe der dem Träger nach § 3 Abs. 2 Maßregelvollzugsgesetz erteilten Weisungen. Der Träger ist hinsichtlich dieses Verantwortungsbereiches gegenüber dem Leiter der Einrichtung des Maßregelvollzuges nicht zu eigenen Weisungen berechtigt.
(2) Der Leiter der Einrichtung des Maßregelvollzuges übt gegenüber den in der Einrichtung eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein fachliches Weisungsrecht aus.
(3) Der Träger übt sein Weisungsrecht insbesondere in Angelegenheiten der Betriebsorganisation, der Verwaltung und der betriebswirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen aus, soweit dadurch nicht in den gesetzlichen und nach diesem Vertrag festgelegten Verantwortungsbereich des Leiters der Einrichtung des Maßregelvollzuges eingegriffen wird. Bei unterschiedlicher Auslegung hinsichtlich der Zuständigkeiten ist unverzüglich die Gesellschafterversammlung anzurufen. Das Anrufungsrecht steht jedem Beteiligten zu.
§ 6 BV sieht vor, dass das zur Erfüllung der vollzugsbehördlichen Aufgaben eingesetzte Personal über die erforderliche Fachkunde und persönliche Eignung verfügen muss, und weist dem Leiter der Einrichtung Einwirkungsmöglichkeiten auf die Auswahl des in seinem Geschäftsbereich eingesetzten Personals zu:
Das zur Erfüllung der nach § 2 dieses Vertrages übertragenen Aufgaben eingesetzte Personal muss über die erforderliche Fachkunde und persönliche Eignung verfügen. Bei der Besetzung von Stellen im Geschäftsbereich des Leiters der Einrichtung des Maßregelvollzuges hat dieser ein Vorschlagsrecht. Eine Beschäftigung Dritter innerhalb der Einrichtung kann nur mit Zustimmung des Leiters der Einrichtung des Maßregelvollzuges erfolgen. Die Geschäftsführung des Trägers ist an dessen fachliche Beurteilung gebunden. Beabsichtigt die Geschäftsführung dem Vorschlag nicht zu folgen, ruft der Leiter der Einrichtung des Maßregelvollzuges unverzüglich die Gesellschafterversammlung an.
Weitere Vertragsinhalte betreffen Sicherungspflichten des Trägers,
§ 7 BV |
Sicherungspflichten |
(1) Der Träger stellt jederzeit sicher, dass in der Einrichtung die zur ordnungsgemäßen Durchführung des Maßregelvollzuges erforderlichen personellen, sachlichen, baulichen und organisatorischen Voraussetzungen im Rahmen des vom HSM festgesetzten Budgets gegeben sind.
(2) Festgestellte Sicherheitsmängel sind auf Anforderung des Leiters der Einrichtung des Maßregelvollzuges jeweils unverzüglich vom Träger zu beseitigen.
die Regelung von Angelegenheiten des Betriebs der forensischen Klinik,
§ 8 BV |
Betrieb der forensischen Klinik |
Angelegenheiten des Betriebs der forensischen Klinik, wie z.B. Budgetfragen, Qualitätsmanagement, Öffentlichkeitsarbeit etc. werden gesondert vereinbart und sind nicht Gegenstand dieses Vertrages.
Haftungsfragen (§ 10 BV) sowie die – dreißigjährige – Vertragsdauer und das Kündigungsrecht (§ 11 BV).
c) Die Personen, die nach § 2 Satz 6 HessMVollzG Bedienstete des Landeswohlfahrtsverbandes bleiben müssen und denen die grundrechtseingreifenden Ermessensentscheidungen vorbehalten sind, werden der Vitos Haina gGmbH durch Personalgestellungsvertrag überlassen.
Über die Neubesetzung der Stelle des Leiters der Einrichtung entscheidet nach § 2 Abs. 2 Satz 1 des Personalgestellungsvertrags der Landeswohlfahrtsverband auf Vorschlag der LWV – Gesundheitsmanagement GmbH (jetzt: Vitos GmbH) im Einvernehmen mit dem Hessischen Sozialministerium. Über die Neubesetzung der übrigen Positionen der vertraglich zu übernehmenden Ärzte sowie etwaiger Vakanzen bei den Ärztinnen und Ärzten mit Leitungsfunktionen entscheidet nach § 2 Abs. 2 Satz 2 des Personalgestellungsvertrags der Landeswohlfahrtsverband auf Vorschlag der GmbH entsprechend dem in § 6 BV vorgesehenen Verfahren, also auf der Grundlage eines Vorschlagsrechts des Leiters der Einrichtung, gebunden an dessen fachliche Beurteilung und mit der Maßgabe, dass der Leiter der Einrichtung die Gesellschafterversammlung anruft, wenn beabsichtigt ist, von seinem Vorschlagsrecht abzuweichen.
§ 2 Personalgestellungsvertrag |
(1) Die Ärztinnen und Ärzte bleiben Beschäftigte des LWV, erbringen jedoch ihre arbeitsvertraglichen und gesetzlich übertragenen Aufgaben und Pflichten auf der Grundlage des § 5 Abs. 3 TV-Ärzte, § 4 Abs. 3 TVöD-K oder einer individualvertraglichen entsprechenden Regelung in der forensischen Klinik Haina für die Gesellschaft.
(2) Der LWV entscheidet über die Neubesetzung der Stelle der Leiterin oder des Leiters der forensischen Klinik auf Vorschlag der LWV-Gesundheitsmanagement GmbH im Einvernehmen mit dem Hessischen Sozialministerium. Er entscheidet über die Neubesetzung der übrigen Positionen der in Anlage 1 genannten Ärztinnen und Ärzte sowie etwaiger Vakanzen bei den Ärztinnen und Ärzten mit Leitungsfunktionen auf Vorschlag der LWV-Gesundheitsmanagement GmbH entsprechend dem in § 6 des Beleihungsvertrages geregelten Verfahren.
Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Personalgestellungsvertrages überträgt der Landeswohlfahrtsverband seine arbeitgeberseitigen Weisungsrechte hinsichtlich der zur Verfügung gestellten Ärzte und Ärztinnen dem privaten Träger in dem in § 5 BV definierten Rahmen.
Gegenwärtig sind nach Auskunft der Hessischen Landesregierung in den sechs als Betriebsstätten der gemeinnützigen Gesellschaften in der Holding geführten Kliniken insgesamt zwanzig angestellte Ärzte und eine Psychologin des Landeswohlfahrtsverbandes tätig, davon sechs Ärzte sowie die Psychologin in der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina. Das übrige Personal dieser Klinik ist bei der Vitos Haina gGmbH angestellt.
3. Zuständigkeit und Verfahren für die Festsetzung der Mittel, über die die Maßregelvollzugseinrichtungen verfügen, waren zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen in § 31 HessMittelstufengesetz geregelt:
§ 31 HessMittelstufengesetz |
(1) Das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium setzt im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen nach Anhörung der Träger der Einrichtungen des Maßregelvollzugs die Budgets und die Pflegesätze für den Maßregelvollzug fest und erlässt die Verwaltungsvorschriften für das Abrechnungsverfahren.
(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der Träger der Einrichtungen des Maßregelvollzugs durch Rechtsverordnung
- die Grundlagen der Ermittlung der Budgets und der Pflegesätze der Maßregelvollzugseinrichtungen zu regeln und
Vorschriften über
- die Abrechnung,
- den Ausgleich von Mehr- und Mindererlösen,
- die Genehmigung der Budgets und der Pflegesätze
zu erlassen.
(3) Die Pflegesätze und die Regelungen über das Abrechnungsverfahren werden im Staatsanzeiger für das Land Hessen veröffentlicht.
Eine entsprechende Regelung enthält nunmehr § 19 des Gesetzes über den Landeswohlfahrtsverband Hessen.
Eine Rechtsverordnung nach Absatz 2 der genannten Vorschriften existiert bislang nicht.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Beschwerdeführer, bei dem es wiederholt zu aggressiven Ausbrüchen kam, wurde im April 2008 anlässlich eines solchen Vorfalls von Pflegekräften der heute unter dem Namen Vitos Klinik für Forensische Psychiatrie Haina betriebenen Maßregelvollzugsklinik, in der er untergebracht ist, gewaltsam in Einschluss genommen. Der diensthabende Arzt und über diesen der leitende diensthabende Arzt wurden nachträglich informiert.
2. Mit Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 Abs. 1 StVollzG) erstrebte der Beschwerdeführer die Feststellung, dass der Einschluss, da nicht durch Hoheitsträger angeordnet und vollzogen, rechtswidrig gewesen sei. § 2 HessMVollzG gestatte lediglich das Betreiben einer forensischen Klinik in privatrechtlicher Organisationsform. Eingriffe in die Rechte der Untergebrachten durch die privatrechtlich angestellten Mitarbeiter seien hingegen in dieser Vorschrift nicht geregelt. Soweit § 5 Abs. 3 HessMVollzG bei Gefahr im Verzug die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen durch Mitarbeiter, denen die Befugnisse der Klinikleitung nicht zustünden, erlaube, sei die aus der Zeit vor der Privatisierung stammende Vorschrift mit dem Grundgesetz nicht mehr vereinbar.
3. Das Landgericht wies mit angegriffenem Beschluss den Antrag als unbegründet zurück. Es lasse sich nicht mehr aufklären, ob der Einschluss im Unterbringungsraum des Beschwerdeführers oder in der Beruhigungszelle erfolgt sei. Dies könne offen bleiben, da es sich jeweils um besondere Sicherungsmaßnahmen gemäß § 36 Abs. 2 HessMVollzG, nämlich nach Ziffer 1 oder Ziffer 2, handele, und die Voraussetzungen für deren Rechtmäßigkeit identisch seien. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer besonderen Sicherungsmaßnahme gemäß § 36 Abs. 1 HessMVollzG hätten vorgelegen. Die Anordnungsbefugnis der pflegerischen Mitarbeiter beruhe auf § 5 Abs. 3 HessMVollzG. „Bedienstet” im Sinne des § 5 Abs. 3 HessMVollzG sei auch auf privatrechtlicher Grundlage beschäftigtes Personal, wenn die privatrechtlich organisierte Klinik durch einen wirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Wahrnehmung des Vollzuges von Maßregeln beliehen worden sei. Gründe für die Nichtigkeit des Vertrages und somit für die Unwirksamkeit der Beleihung seien nicht vorhanden. Insbesondere liege ein Nichtigkeitsgrund nach § 59 Abs. 2 Nr. 1 HessVwVfG nicht vor, denn weder ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG noch ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip lägen auf der Hand.
4. Mit der Rechtsbeschwerde rügte der Beschwerdeführer die Verletzung materiellen Rechts. Die angegriffene, von Angestellten einer privaten GmbH durchgeführte Maßnahme verstoße gegen Art. 33 Abs. 4 GG. Dass die leitenden Ärzte noch staatliche Bedienstete seien, ändere daran nichts. Das Verweisen auf einen leitenden Arzt, der nicht in jeder Situation erreichbar, geschweige denn bei jeder Gewaltanwendung anwesend sei, reiche nicht aus. Der Ausnahmevorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG dürfe kein Einfallstor zur Umgehung des staatlichen Gewaltmonopols darstellen. Der Maßregelvollzug gehöre zum Kernbereich der Eingriffsverwaltung, in dem eine Übertragung auf Private grundsätzlich nicht möglich sei. Selbst wenn hier Ausnahmen zulässig sein sollten, führe die vorliegende Organisation des Maßregelvollzuges zwangsläufig dazu, dass hoheitliche Gewalt nicht nur ausnahmsweise von Angestellten der privaten Kapitalgesellschaft angewendet werde, denn Vorfälle, die zu einer Gewaltanwendung ohne vorherige Rücksprachemöglichkeit mit der Klinikleitung führen müssten, seien in einer Klinik, in der sich nahezu nur nach § 63 StGB oder nach § 126a StPO Untergebrachte befänden, an der Tagesordnung. Art. 33 Abs. 4 GG meine im Übrigen nicht alle öffentlichen Bediensteten, sondern Beamte im Sinne des Beamtenrechts und schütze damit unter anderem vor Streik und vor der bei Privaten möglichen Insolvenz. Das in Art. 33 Abs. 4 GG zum Ausdruck kommende staatliche Gewaltmonopol betreffe nicht nur die Anordnungsebene, sondern auch die Ausübung von Gewalt. Es liege auch ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) vor. Mangels Einflusses der staatlichen Aufsichtsbehörden auf die Auswahl der Bediensteten der privaten Einrichtungen sei die personelle Legitimation defizitär. Die sachlich-inhaltliche Legitimation, die eine effektive begleitende Fachaufsicht vor Ort fordere, sei angesichts der Befugnis privater Angestellter, regelmäßig Gewaltmaßnahmen allein anzuordnen und durchzuführen, problematisch. Zudem sei § 5 Abs. 3 HessMVollzG zu unbestimmt, da nach dessen Wortlaut auch das Reinigungspersonal oder der Hausmeister vorläufige Sicherungsmaßnahmen anordnen dürften.
5. Das Oberlandesgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss vom 8. Dezember 2009 (NStZ-RR 2010, S. 93 ff.) die Rechtsbeschwerde als unbegründet.
Die tätig gewordenen Pflegekräfte seien zur Anordnung des Einschlusses befugt gewesen. Grundsätzlich sei die Anordnung von besonderen Sicherungsmaßnahmen gemäß § 5 Abs. 2 HessMVollzG zwar dem Leiter der Einrichtung vorbehalten. Bei Gefahr im Verzug könnten aber nach § 5 Abs. 3 HessMVollzG auch sonstige Bedienstete der Einrichtung des Maßregelvollzugs besondere Sicherungsmaßnahmen vorläufig anordnen. Die Vorschrift sei einschränkend dahin auszulegen, dass die Anordnungsbefugnis nur therapeutischen Mitarbeitern, nicht aber auch sonstigem Personal, etwa dem Reinigungspersonal oder dem Hausmeister, zukommen solle. Eine weitergehende Einschränkung dahingehend, dass „Bedienstete” nur die aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages Beschäftigten sein sollten, ergebe sich auch bei systematischer Auslegung nicht. Vielmehr spreche die in § 2 HessMVollzG geschaffene Möglichkeit einer Beleihung mit der zwangsläufigen und vom Gesetzgeber gewollten Folge, dass der Beliehene Personal auf privatrechtlicher Grundlage beschäftige, dafür, dass auch dieses in den Kreis der genannten Bediensteten einzubeziehen sei. Andernfalls hätte der Gesetzgeber bei der Einräumung der Beleihungsmöglichkeit ohne weiteres auch § 5 Abs. 3 HessMVollzG ändern können. Die Auslegung der für den Strafvollzug geltenden Parallelvorschrift des § 91 StVollzG, wonach „andere Bedienstete” stets weisungsbefugte Beamte seien, gebiete keine andere Deutung des § 5 Abs. 3 HessMVollzG. Die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafen seien im Maßregelvollzug grundsätzlich nicht entsprechend anwendbar, weil die Behandlung der Untergebrachten in erster Linie nach ärztlichen beziehungsweise therapeutischen Aspekten erfolgen solle.
Diese Auslegung des § 5 Abs. 3 HessMVollzG sei mit Art. 33 Abs. 4 GG vereinbar. Zwar unterfalle die Ausübung von Sicherheits- und Aufsichtsbefugnissen, die in Grundrechte der Untergebrachten eingreifen, dem Bereich der Ausübung hoheitlicher Befugnisse. Der Funktionsvorbehalt gelte jedoch nur „in der Regel”. Demgemäß seien Ausnahmen zulässig und liege eine Verletzung des Art. 33 Abs. 4 GG erst dann vor, wenn die ständige Ausübung hoheitlicher Befugnisse in größerem Umfang auf Nichtbeamte übertragen würde. Die Entscheidung, welche Aufgaben ausnahmsweise auch von Nichtbeamten wahrgenommen werden könnten, sei in erster Linie dem Gesetzgeber zu überlassen. Hier habe der Gesetzgeber mit der Möglichkeit der Beleihung unter anderem die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des Landeswohlfahrtsverbandes sicherstellen wollen. Dies seien sachliche Gründe. Die teilweise vertretene Auffassung, finanzielle Erwägungen könnten eine Ausnahme nicht begründen, sei angesichts der bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes zu beachtenden Rechtsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit wenig überzeugend. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen grundsätzlich dem Anstaltsleiter vorbehalten und nur bei Gefahr im Verzug auch den Pflegekräften gestattet sei. Auch wenn stets die Gefahr bestehe, dass eine untergebrachte Person außer Kontrolle gerate und die vor Ort tätige Pflegekraft aus Sicherheitsgründen eingreifen müsse, sei dies nicht die Haupttätigkeit des pflegerischen Personals, sondern eher die Ausnahme, so dass die Ausübung hoheitlicher Befugnisse im Hinblick auf das Gesamtbild jedenfalls nicht von solcher Bedeutung sei, dass von einer ins Gewicht fallenden Gefährdung der in Art. 33 Abs. 4 GG getroffenen Funktionsverteilung gesprochen werden könnte.
Auch das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) führe nicht zu einer anderen Auslegung. Die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben und die Ausübung staatlicher Befugnisse bedürften einer auf das Volk zurückführbaren Legitimation. Die dazu entwickelten Formen der institutionellen, funktionellen, sachlich-inhaltlichen und personellen Legitimation hätten Bedeutung nicht je für sich, sondern in ihrem Zusammenwirken. Notwendig sei ein bestimmtes Legitimationsniveau, das bei den verschiedenen Erscheinungsformen von Staatsgewalt unterschiedlich ausgestaltet sein könne.
Da der ärztliche Direktor, dessen Stellvertreter und die übrigen leitenden Ärzte Beschäftigte des Landeswohlfahrtsverbandes blieben und in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stünden (§ 2 HessMVollzG), sei für ihr Handeln eine personelle Legitimation gegeben. Hinsichtlich der Pflegekräfte liege dagegen eine ununterbrochene Legitimationskette nicht vor. Jedoch bestünden Aufsichts- und Weisungsmöglichkeiten, die die Sachherrschaft des Landes Hessen über den Maßregelvollzug durch die gGmbH sicherstellten. Hierdurch könne eine fehlende personelle Legitimation ausgeglichen werden. Die Fachaufsichtsbehörde sei nach § 3 Abs. 2 HessMVollzG befugt, den Trägern der Einrichtungen des Maßregelvollzugs allgemeine Weisungen und, wenn die Aufgaben des Maßregelvollzugs nicht im Einklang mit den Gesetzen wahrgenommen oder die erteilten allgemeinen Weisungen nicht befolgt würden, Weisungen im Einzelfall zu erteilen. Darüber hinaus seien der Leiter der Einrichtung sowie der Stellvertreter und die weiteren Ärzte mit Leitungsfunktion weiterhin Beschäftigte des Landeswohlfahrtsverbandes, stünden also in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land. Dadurch sei der Einfluss des Landes auf die Durchführung des Maßregelvollzuges gewährleistet, denn der Leiter der Einrichtung übe gegenüber den in der Einrichtung eingesetzten Mitarbeitern ein fachliches Weisungsrecht aus (§ 5 Abs. 2 BV). Alle Maßnahmen der Durchführung des Maßregelvollzugs oblägen seiner Verantwortung (§ 4 Abs. 2 BV), und dies unter der Gesamtverantwortung des Trägers für die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Erfüllung der übertragenen Aufgaben (§ 4 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 BV). Der Träger habe infolgedessen dafür Sorge zu tragen, dass das Personal der Einrichtungen den Weisungen Folge leiste. Im Falle einer gemäß § 5 Abs. 3 HessMVollzG durch das Pflegepersonal vorläufig angeordneten Sicherungsmaßnahme sei der Leiter der Einrichtung unverzüglich zu unterrichten, so dass – falls nicht bereits im vorhinein der Leiter der Einrichtung eine allgemeine Weisung erteilt habe – lediglich in einem überschaubaren Zeitraum keine unmittelbare Eingriffs- und Kontrollmöglichkeit durch eine in parlamentarischer Verantwortung stehende Aufsichtsperson bestehe.
III.
Mit der fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 33 Abs. 4, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 GG.
Der gegen ihn angeordnete und vollzogene Einschluss verstoße gegen Art. 33 Abs. 4 GG. Die Unterbringung gemäß § 63 StGB sei eine hoheitliche Aufgabe. Nach dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG sei die Ausübung hoheitlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Dem werde offensichtlich nicht entsprochen, wenn wie hier Angestellte einer privaten GmbH den Einschluss anordneten und durchführten. Mit dem Verweis auf den Status des Leiters der Einrichtung könne ebenso gut die Polizei privatisiert und mit nur einem leitenden Polizeibeamten pro Präsidium oder gar Bundesland ausgestattet werden. Der Ausnahmevorbehalt, der kein Einfallstor zur Umgehung des Gewaltmonopols des Staates werden dürfe, habe nach der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes dazu dienen sollen, den Verbeamtungszwang bei Mischfunktionen zwischen Leistungs- und Eingriffsverwaltung zu vermeiden, bei denen die Ausübung hoheitlicher Aufgaben nur eine untergeordnete, nicht das Gesamtbild der betreffenden Tätigkeit prägende Rolle spiele. Der Maßregelvollzug stelle jedoch, ebenso wie der Strafvollzug, keine solche Mischform dar, sondern gehöre zum Kernbereich der Eingriffsverwaltung. In diesem Kernbereich sei eine Übertragung auf Private grundsätzlich nicht möglich.
Bei der Ausübung hoheitlicher Gewalt durch Angestellte der privaten Kapitalgesellschaft handele es sich nicht um eine Ausnahmesituation. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass die Anordnung von Maßnahmen gegenüber außer Kontrolle geratenen Patienten nicht die Hauptaufgabe des pflegerischen Personals sei. Es könne nicht darauf ankommen, ob in einer Einrichtung nur einmal monatlich ein Patient außer Kontrolle gerate oder in einer anderen täglich mehrere, sonst müsse für jede Einrichtung immer neu überprüft werden, ob eine Ausnahme- oder eine Regelsituation vorliege und somit die Privatisierung verfassungskonform oder verfassungswidrig sei. Auch im Fall der Polizeiarbeit sei unbestritten, dass weit über 95 % aller Polizeieinsätze ohne Gewaltanwendung abliefen.
Das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 2 GG sei ebenfalls verletzt. Es fehle an der erforderlichen personellen Legitimation, da die staatlichen Aufsichtsbehörden keinen Einfluss auf die Auswahl der Bediensteten und keine unmittelbare Weisungsbefugnis ihnen gegenüber hätten. Die staatliche Aufsicht durch die Klinikleitung könne das Defizit in der personellen Legitimation nicht ausgleichen. Zur sachlich-inhaltlichen Legitimation sei eine effektive begleitende Fachaufsicht vor Ort erforderlich. Diese sei hier zweifelhaft, weil nach der Organisationsstruktur der Klinik privat Angestellte regelmäßig Gewaltmaßnahmen allein anordneten und durchführten.
§ 5 Abs. 3 HessMVollzG, der nach der Änderung des § 2 HessMVollzG auch Bedienstete des privaten Trägers zu Eingriffen ermächtige, sei aus den dargestellten Gründen und mangels ausreichend bestimmter Umschreibung des Kreises der anordnungsbefugten Bediensteten verfassungswidrig. Die Vorschrift und die auf ihrer Grundlage ergangenen Gerichtsentscheidungen verletzten daher das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG.
IV.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Hessische Landesregierung, die Bundesregierung, die Landtage von Rheinland-Pfalz und Thüringen sowie die Regierung des Landes Brandenburg und die Niedersächsische Landesregierung Stellung genommen.
1. Die Hessische Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
a) Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die angegriffenen Entscheidungen verletzten Art. 33 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 2 GG, fehle ihm die Beschwerdebefugnis. Bei Art. 33 Abs. 4 GG handele es sich um eine bloße Organisationsnorm ohne subjektivrechtlichen Gehalt. Auch auf die angebliche Verletzung des Demokratieprinzips könne der Beschwerdeführer sich nicht berufen. Im Hinblick auf das Begründungserfordernis nach § 23 Abs. 1, § 92 BVerfGG erscheine die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde fraglich, weil diese sich mit der besonderen, durch das wirtschaftliche Alleineigentum des Landeswohlfahrtsverbandes als rechtsfähiger Körperschaft des öffentlichen Rechts geprägten Ausgestaltung des Maßregelvollzuges in Hessen nicht einmal andeutungsweise auseinandersetze.
b) Jedenfalls könne die Verfassungsbeschwerde aus materiellrechtlichen Gründen nicht durchdringen. Zwar liege ein Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG vor. Die Gerichte hätten den Einschluss des Beschwerdeführers indes zu Recht gebilligt, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 1 HessMVollzG erfüllt gewesen seien und die Vorschrift den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge.
aa) Der in der Vorschrift verwendete Begriff des Bediensteten sei hinreichend bestimmt. Nach dem Zusammenhang der Bestimmung mit § 36 und § 5 Abs. 2 HessMVollzG liege es nahe, anzunehmen, dass die Notkompetenz jedenfalls solchen Personen eingeräumt sei, die üblicherweise in der Lage seien, den ärztlichen Leiter hinzuzuziehen, mit ihm also zusammenarbeiteten und in seinem Geschäftsbereich tätig seien, indem sie ärztliche, pflegerische oder therapeutische Aufgaben wahrnähmen. Diese Personen seien aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage, die Notkompetenz sachgerecht nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wahrzunehmen. Über diese Kompetenz verfügten mithin neben den Ärzten jedenfalls auch die bei der Einrichtung angestellten Pflegekräfte.
bb) Diese Auslegung des § 5 Abs. 3 HessMVollzG stehe nicht in Widerspruch zu Art. 33 Abs. 4 GG.
Es sei schon umstritten, ob Art. 33 Abs. 4 GG zu der Frage, in welchem Umfang hoheitliche Befugnisse Privaten übertragen werden dürfen, überhaupt eine Aussage treffe. Auch bestehe keine Einigkeit über die Bedeutung des Begriffs der hoheitsrechtlichen Befugnisse. Allerdings falle die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 36 Abs. 2 HessMVollzG fraglos auch dann unter diesen Begriff, wenn sie nur vorläufigen Charakter habe. Die Ausübung dieser Befugnis werde den Bediensteten durch § 5 Abs. 3 Satz 1 HessMVollzG indessen nicht als ständige Aufgabe übertragen. Zu vorläufigen Anordnungen komme es nur in gefahrbegründenden Einzelfällen, in denen der anordnungsbefugte Einrichtungsleiter ausnahmsweise nicht erreichbar sei.
Selbst wenn entgegen dem Vorstehenden von einer Übertragung als ständige Aufgabe auszugehen wäre, stünde Art. 33 Abs. 4 GG der Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs. 3 HessMVollzG nicht entgegen, weil der Funktionsvorbehalt zu Gunsten der Beamten nur „in der Regel” gelte. Ein verfassungsrechtlich unbedenklicher Ausnahmefall werde sich nicht schon durch den Vergleich der Zahl hoheitsrechtlich tätiger Beamter und Nicht-Beamter ermitteln lassen. Dem Gesetzgeber sei ein weiter Entscheidungsspielraum eröffnet. Nach der Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG habe ihm die Möglichkeit offen bleiben sollen, innerhalb der hoheitsrechtlichen Befugnisse einzelne hoheitliche Aufgabenfelder zu bilden, die nicht zwingend von Berufsbeamten wahrgenommen werden müssten. Daher sei vordringlich nach qualitativen Kriterien zu entscheiden und hierbei namentlich der Zweck des Funktionsvorbehalts in Anschlag zu bringen, um zu bestimmen, in welchen Konstellationen der Einsatz von Beamten unerlässlich und in welchen er aus sachlichen Gründen ausnahmsweise entbehrlich sei.
Ein Einsatz von Beamten werde umso eher zu fordern sein, je mehr es bei der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse – zumal dort, wo in Grundrechte eingegriffen werde – auf die Rechtmäßigkeit des Handelns ankomme. Daraus dürfe aber nicht geschlossen werden, dass eine Übertragung von Aufgaben auf Nicht-Beamte in solchen Fällen gänzlich ausgeschlossen wäre. Überhaupt komme es im Fall des Beschwerdeführers nicht darauf an, ob, in welchem Umfang und mit welchen Maßgaben „der” Maßregelvollzug in seiner Gesamtheit privatisierungsfähig sei. Diese pauschale Fragestellung erfasse die Besonderheiten des hessischen Privatisierungsmodells nicht. Dieses beschränke sich gerade nicht darauf, ein rechtskonformes Verhalten des beliehenen Vollzugsträgers lediglich mit dem Instrument staatlicher Aufsichts- und Weisungsbefugnisse sicherzustellen, sondern fordere für den Fall der Beleihung einer Kapitalgesellschaft, dass deren Anteile sich mittelbar oder unmittelbar, jedenfalls aber vollständig, in der Hand des Landeswohlfahrtsverbandes befinden. Die Beleihung setze damit als wesentlich voraus, dass dieser als Alleingesellschafter jederzeit auf die Geschäftsführung Einfluss nehmen könne und seinerseits als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht nur an Gesetz und Recht, einschließlich der Grundrechte, gebunden, sondern zudem der Fach- und Rechtsaufsicht der zuständigen Ministerien unterworfen sei.
Für die verfassungsrechtliche Beurteilung des Ausgangsfalles sei im Übrigen nicht entscheidend, ob die Vitos Haina gGmbH als Trägerin habe beliehen werden dürfen, sondern ob Pflegekräfte ohne Beamtenstatus in berechtigter Annahme von Gefahr im Verzug gegenüber einem Untergebrachten vorläufige Sicherungsmaßnahmen hätten anordnen dürfen. Eine Verpflichtung, das gesamte Pflegepersonal ausnahmslos im Beamtenverhältnis zu beschäftigen oder doch zumindest die hier wahrgenommene Notkompetenz ausschließlich Beamten zu übertragen, bestehe nach Art. 33 Abs. 4 GG nicht. In der Praxis des Maßregelvollzuges seien nicht einmal die Leiter der Einrichtungen durchweg Beamte. Da es für Art. 33 Abs. 4 GG nicht auf das Aufgabenfeld einer als Gesamtheit betrachteten Organisationseinheit, sondern auf den hoheitsrechtlichen Charakter der von einem individuellen Bediensteten wahrgenommenen Funktion ankomme, sei lediglich zu fragen, ob der Schwerpunkt der konkreten Tätigkeit auf der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse liege und ob es sich um Befugnisse handele, bei deren Wahrnehmung der Einsatz gerade von Beamten eine zusätzliche Richtigkeits- und Rechtmäßigkeitsgewähr verspreche.
Nach diesem Maßstab spreche nichts dagegen, die vorläufige Anordnung von Sicherungsmaßnahmen auch angestellten Pflegekräften anzuvertrauen. Da ihnen die Notkompetenz nur bei Gefahr im Verzug zukomme, werde ihre pflegerische und versorgende Tätigkeit durch sie nicht geprägt, erhalte also nur im Ausnahmefall hoheitlichen Charakter. Die für eine sachgerechte Wahrnehmung der Notkompetenz erforderlichen Kenntnisse seien zudem unabhängig von der rechtlichen Einordnung des zugrundeliegenden Dienstverhältnisses und lägen auch bei den angestellten Pflegern vor. § 5 Abs. 3 HessMVollzG verstoße deshalb nicht gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG; daran ändere es auch nichts, wenn der nachträglich unterrichtete leitende diensthabende Arzt kein Beamter gewesen sei.
cc) § 5 Abs. 3 HessMVollzG widerspreche auch nicht dem Demokratieprinzip. Notwendig sei für amtliches Handeln mit Entscheidungscharakter insgesamt ein bestimmtes Legitimationsniveau, wobei beispielsweise eine verminderte personelle durch eine stärker ausgeprägte sachlich-inhaltliche Legitimation ausgeglichen werden könne. § 5 Abs. 3 Satz 1 HessMVollzG vermittle den Bediensteten der Einrichtung die erforderliche personelle Legitimation. Es möge dahinstehen, ob die Beleihung des Trägers ausreiche, um auch dessen angestellten Mitarbeitern die notwendige personelle Legitimation zu vermitteln. Dafür spreche, dass die Beleihung einer juristischen Person andernfalls nachgerade ins Leere liefe, da sie stets mit der zusätzlichen Beleihung oder staatlichen Bestellung eines jeden Mitarbeiters verbunden werden müsste. Ein wesentlicher Vorteil der Einschaltung von Privatunternehmen würde damit weitgehend zunichte gemacht. Hier komme es indessen darauf nicht an, weil die personelle Legitimation der zu vorläufigen Sicherungsanordnungen befugten Ärzte ohne Leitungsfunktion, Therapeuten und Pflegekräfte jedenfalls dadurch vermittelt werde, dass einerseits der Landeswohlfahrtsverband über die Geschäftsführung und andererseits das Hessische Sozialministerium aufgrund vertraglicher Regelungen auf deren Auswahl Einfluss nehmen könnten. Die genannten Bediensteten seien nach § 5 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 2 Satz 2 BV dem Geschäftsbereich des Leiters der Einrichtung zuzurechnen. Bei der Besetzung solcher Stellen habe der Leiter ein Vorschlagsrecht; die Geschäftsführung der Trägergesellschaft sei an seine fachliche Einschätzung gebunden (§ 6 Satz 2 und 4 BV). Die Stelle des Einrichtungsleiters wiederum werde durch den Landeswohlfahrtsverband im Einvernehmen mit dem Hessischen Sozialministerium besetzt. Selbst wenn man annehmen wollte, die personelle Legitimation durch die Beleihung reiche nur bis zu der Trägergesellschaft, sei durch die dargestellten Zusammenhänge das legitimatorische Defizit ausgeglichen. Die Legitimationskette vom Land zu den Bediensteten habe der Gesetzgeber dadurch entscheidend verstärkt, dass der Maßregelvollzug nur Kapitalgesellschaften überlassen werden dürfe, die sich entweder unmittelbar oder mittelbar in der Hand des Landeswohlfahrtsverbandes befänden (§ 2 Satz 3 HessMVollzG). Dieser könne und müsse als letztlich alleiniger Gesellschafter der Trägergesellschaft deren Verhalten im Maßregelvollzug umfassend und bis in die Einzelheiten hinein steuern und sei zudem selbst der Fach- und Rechtsaufsicht des Innen- wie des Sozialministeriums unterworfen.
Die Bediensteten seien zudem sachlich-inhaltlich legitimiert. Das Handlungsprogramm für die zur vorläufigen Anordnung befugten Bediensteten sei durch § 5 Abs. 3 Satz 1 HessMVollzG in Verbindung mit § 36 HessMVollzG klar umrissen. Im Übrigen fehle es auch nicht an den zur Sicherstellung der materiellen Legitimation erforderlichen Kontroll-, Aufsichts- und Weisungsmöglichkeiten. Diese leiteten sich aus den umfassenden Steuerungsbefugnissen des Landeswohlfahrtsverbandes als des wirtschaftlichen Alleingesellschafters der Vitos Haina gGmbH und aus den Weisungsbefugnissen des Hessischen Sozialministeriums her. Weisungen im Einzelfall seien bisher nur selten erforderlich gewesen. In der Praxis richte das Hessische Sozialministerium fachaufsichtliche Weisungen direkt an den Leiter der Einrichtung. Hinsichtlich aller Therapie- und Sicherheitsmaßnahmen, also innerhalb des Bereiches, den der Leiter der Einrichtung verantworte, sei der Träger diesem gegenüber nicht zu eigenen Weisungen berechtigt (§ 5 Abs. 1 BV). Das fachliche Weisungsrecht gegenüber dem in der Leitung eingesetzten Personal übe der Leiter aus (§ 5 Abs. 2 BV).
Allerdings liege es in der Natur der Sache, dass bei Gefahr im Verzug konkrete Weisungen niemals rechtzeitig erteilt oder eingeholt werden könnten. Dies sei indes kein Spezifikum des Einsatzes Beliehener, sondern ein Wesensmerkmal des Handelns bei Gefahr im Verzug.
Neben den fachaufsichtlichen Maßnahmen setze das Hessische Sozialministerium als weiteres Steuerungsmittel und zugleich als Möglichkeit, Erkenntnisse über die Arbeit der Kliniken zu gewinnen, Struktur- und Budgetgespräche ein, die ihre rechtliche Grundlage in § 31 HessMittelstufengesetz hätten. Nach § 8 BV werde das Budget gesondert vereinbart. Es werde im Staatsanzeiger veröffentlicht. Im Rahmen dieser Budgetverhandlungen träfen der Träger und das Hessische Sozialministerium Vereinbarungen über die Personalausstattung und die Erstattung von Sachkosten sowie über die Sicherung des Behandlungsauftrags. Darüber hinaus kämen die Fachbeamten des Hessischen Sozialministeriums und gegebenenfalls des Hessischen Finanzministeriums in der Regel zweimal pro Jahr mit Vertretern der Holding-Gesellschaft Vitos GmbH sowie den ärztlichen Direktoren der einzelnen Einrichtungen und deren Stellvertretern zu sogenannten Grundsatzgesprächen zusammen. Erörtert würden dabei unter anderem Belegungsentwicklung und Kapazitätsplanung, Klinikstrukturen – etwa das Vorhalten von Aufnahme- und Entlassungsstationen in bestimmten Kliniken –, Festlegung von Therapieangeboten und deren Ausgestaltung – beispielsweise Konzentration auf das Wohngruppenprinzip, auf berufliche oder schulische Ausbildung oder auf bestimmte Therapiefelder wie Ergotherapie – und Kooperationen zwischen den Kliniken. Gesonderte schriftliche Vereinbarungen zu Qualitätsmanagement und Öffentlichkeitsarbeit (§ 8 BV) oder Qualitätsstandards für die Behandlung der Untergebrachten – etwa in Bezug auf Art und Intensität der Behandlungsmaßnahmen, Konkretisierungen bezüglich zulässiger Einschränkungen und Zwangsmaßnahmen, u.ä. – gebe es nicht. Hinsichtlich der Einschränkungen und Zwangsmaßnahmen gälten die gesetzlichen Regelungen. Art und Intensität der Behandlung richteten sich nach dem Einzelfall und würden individuell festgelegt. Gemäß § 6 HessMVollzG werde ein Behandlungs- und Eingliederungsplan erstellt.
Die Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie legten dem Hessischen Sozialministerium zudem jährlich Qualitätsberichte vor. Die Themen dieser Berichte würden vorab durch das Hessische Sozialministerium in Absprache mit der Holding-Gesellschaft und den Kliniken festgelegt. Auf diese Weise könne das Ministerium überprüfen, ob die Kliniken die Vereinbarungen etwa über ihre jeweilige Struktur einhalten. Anlassbezogen fordere das Ministerium überdies Einzelberichte an. Im Rahmen des Qualitätsmanagements bestehe ferner an jeder Klinik eine Arbeitsgruppe „Sicherheit”.
Über das Therapie- und Sicherheitskonzept der jeweiligen Klinik könnten sich auch die Mitglieder der bei allen forensischen Kliniken eingerichteten Forensikbeiräte durch die Mitarbeiter der Klinik und andere Fachleute informieren lassen.
Das gegebene Legitimationsniveau halte auch den besonderen Anforderungen des Maßregelvollzuges stand. Ohnehin sei die vollzugsbedingte Einschließung von der richterlichen Verhängung der Maßregel im Erkenntnisverfahren umfasst und darüber hinaus nicht legitimationsbedürftig. Die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Maßregelvollzug betonte Gefährdung der Grundrechte der Untergebrachten durch das besonders hohe Machtgefälle zwischen den Beteiligten habe für die Notkompetenz der Bediensteten und den der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Sachverhalt keine Bedeutung.
cc) Mit ihrer Stellungnahme hat die Hessische Landesregierung unter anderem den zur Vorlage beim Hessischen Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit erstellten Qualitäts- und Sicherheitsbericht 2009 der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina vom 30. Juni 2010 übersandt. Der Bericht enthält neben Teilberichten zu Einzelthemen wie Qualitätsmanagement – eine Zertifizierung der Gesamtklinik sei für das Jahr 2012 projektiert – und Sicherheit umfangreiche Kennzahlen, beispielsweise zu Behandlungsdauer und Anzahl der jährlich entlassenen Patienten, Lockerungen, Entweichungen, Ausbildungsstand der Mitarbeiter und intern angebotenen Fortbildungen. Derartige Berichte werden auch von den anderen Maßregelvollzugskliniken erstellt. Sie werden den Forensikbeiräten ausgehändigt und sind auf den Internetseiten der jeweiligen Einrichtung zugänglich.
2. Namens der Bundesregierung hat das Bundesministerium des Innern zu Fragen der Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG Stellung genommen. Die Ausübung von Sicherheits- und Aufsichtsbefugnissen im Maßregelvollzug sei zweifelsfrei hoheitsrechtlicher Natur. Von einem Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG sei indes erst dann auszugehen, wenn die ständige Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse in größerem Umfang auf Nichtbeamte übertragen werde. Nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts seien die Pflegekräfte der Klinik für Forensische Psychiatrie Haina nicht zur Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse, sondern lediglich zu vorläufigen Maßnahmen bei Gefahr im Verzug befugt; hierbei sei auch im Fall des Beschwerdeführers die Verfahrensherrschaft hoheitlich handelnder Entscheidungsträger des Landes Hessen durch eine auf das Land zurückführbare Legitimationskette von Aufsichtsbefugnissen aufgrund besonderer gesetzlicher und vertraglicher Regelungen sichergestellt gewesen. Die nähere Ausgestaltung der Entscheidungsprozesse und Vollzugsmaßnahmen müsse innerhalb der Grenzen des Art. 33 Abs. 4 GG dem Gesetzgeber überlassen bleiben. Dieser müsse beurteilen, ob für eine Aufgabenübertragung auf Private Gründe sprächen, die eine Abweichung von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG rechtfertigten. Dies betreffe nicht nur das „Ob” einer Beleihung; auch einzelne Modalitäten der Beleihung könnten derart wesentlich sein, dass sie der Entscheidung des Gesetzgebers bedürften. Es stehe außer Zweifel, dass grundrechtsrelevante Eingriffe im Maßregelvollzug grundsätzlich hoheitsrechtlicher Ausübung vorbehalten bleiben müssten. Dies müsse in jeder Lage des Verfahrens gelten, auch bei Gefahr im Verzug. Im Hinblick auf die Verantwortung des Staates für die effektive Durchführung des Maßregelvollzugs wäre es aber verfehlt, aus der Grundrechtsrelevanz zu treffender Maßnahmen zu folgern, dass diese Maßnahmen in sämtlichen Verfahrenslagen und auf allen in Betracht kommenden Entscheidungs- und Vollzugsebenen ausnahmslos ausschließlich von Berufsbeamten angeordnet und vollzogen werden dürften. Dies würde dem politischen Auftrag einer zweckentsprechenden Ausgestaltung des Maßregelvollzugs nicht gerecht. Die gesetzlichen und beleihungsvertraglichen Regelungen müssten jedoch sicherstellen, dass grundrechtsrelevante Maßnahmen hoheitlich handelnden Entscheidungsträgern in jeder Verfahrenslage zweifelsfrei zugerechnet und von diesen unverzüglich überprüft werden könnten, wenn sie bei Gefahr im Verzug von Nichtbeamten getroffen würden.
3. Der Landtag von Rheinland-Pfalz hat ausgeführt, dass in Rheinland-Pfalz eine Übertragung des Maßregelvollzugs auf private Träger bislang nicht stattgefunden habe. Gegenwärtig seien auch keine entsprechenden Überlegungen bekannt. Der Landtag habe sich Anfang der neunziger Jahre mit Fragen der Privatisierung des Maßregelvollzugs befasst. Ein damals eingeholtes juristisches Gutachten von Prof. Dr. Walter Rudolf – dieses Gutachten ist der Stellungnahme beigefügt – sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Übertragung des Maßregelvollzugs auf eine juristische Person des Privatrechts nur zulässig sei, wenn überwiegende sachliche Gründe benannt und deren zwingender Charakter dargelegt würden und sichergestellt sei, dass das Land in den Organen etwa einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht überstimmt werden könne. Die bisher diskutierten Begründungen wie Wirtschaftlichkeit und bessere Versorgung der Untergebrachten seien zu pauschal und daher im Ergebnis für unzureichend zu erachten.
4. Der Thüringer Landtag hat mitgeteilt, in Thüringen seien mit Gesetz vom 2. Februar 1994 die gesetzlichen Voraussetzungen für die Privatisierung des Maßregelvollzugs geschaffen worden. Die drei Landeskrankenhäuser seien im Jahr 2002 durch Veräußerung an Gesellschaften, deren Hauptgesellschafter zu 74,9 % jeweils eine Kapitalgesellschaft sei, privatisiert worden. Die nähere Ausgestaltung, insbesondere im Hinblick auf den Status und die Befugnisse der Bediensteten und die Aufsicht des Landes, sei in den Beleihungsverträgen geregelt. Diese lägen dem Landtag nicht vor, weil sie von der Landesregierung als vertraulich eingestuft worden seien.
5. Die Regierung des Landes Brandenburg hat die Organisation des privatisierten Maßregelvollzugs in Brandenburg dargestellt und insbesondere hervorgehoben, dass die Beleihungsvertragswerke so ausgestaltet seien, dass sie eine uneingeschränkte Fachaufsicht des Landes ermöglichten. So räumten sie der Aufsichtsbehörde unter anderem jederzeit wahrnehmbare Zugangs- und Kontrollrechte, Akteneinsichts- und Auskunftsrechte sowie ein direktes Weisungsrecht gegenüber dem Träger und dessen Personal ein. Einzelne Schwierigkeiten wegen unterschiedlicher Interessenlagen des Landes und der Träger hätten sich bislang in Budgetfragen und bei der Beseitigung baulicher Mängel ergeben. Rechtsstreitigkeiten wegen vom Personal getroffener Sicherungsmaßnahmen habe es nach Kenntnis der Landesregierung noch nicht gegeben.
6. Die Niedersächsische Landesregierung hat ausgeführt, Niedersachsen habe 2007 acht der insgesamt zehn Landeskrankenhäuser an private, freigemeinnützige beziehungsweise kommunale Träger veräußert und diese mit den Aufgaben des Maßregelvollzugs beliehen. Dies sei notwendig gewesen, um eine optimale Versorgung psychisch kranker Menschen trotz der sich verändernden Rahmenbedingungen sicherzustellen. Die niedersächsischen Landeskrankenhäuser seien aufgrund der angespannten Haushaltslage perspektivisch nicht mehr wettbewerbs- und zukunftsfähig gewesen. Zudem habe nur mit der gemeinsamen Überführung von Allgemeinpsychiatrie und Maßregelvollzug in eine neue Trägerschaft die mit Erfolg praktizierte organisatorische und fachliche Verbindung beider Bereiche fortgeführt werden können. Zugleich werde auf diese Weise über eine flächendeckend ortsnahe Behandlung die Wiedereingliederung der Untergebrachten in das soziale Umfeld gesichert. Die Landesregierung stellt im Weiteren Rechtsgrundlagen der erfolgten Privatisierung, das Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs dazu (Urteil vom 5. Dezember 2008 – St 2/07 –, Nds.StGHE 4, 232) und die daraufhin erfolgte Neuregelung dar und trägt vor, die aufsichtsrechtlichen Befugnisse der Vollzugsleitung, ihrer Stellvertreter und des Fachministeriums hätten sich seit der teilweisen Übertragung des Maßregelvollzugs auf beliehene Krankenhausträger als notwendig, aber auch als ausreichend erwiesen, um den Auftrag des Niedersächsischen Maßregelvollzugsgesetzes unter den geänderten rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen sachgerecht und ordnungsgemäß zu erfüllen. Der Verfassungsbeschwerde liege eine zu restriktive Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG zugrunde. Indizien für die Richtigkeit einer weiteren Auslegung seien das in der Literatur zur Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG aufzufindende breite Meinungsspektrum sowie die verbreitete Verwaltungspraxis einer funktionellen Privatisierung des Maßregelvollzugs in Deutschland, die, soweit ersichtlich, bislang verfassungsgerichtlich nicht beanstandet worden sei. Art. 33 Abs. 4 GG regle ausschließlich die Verteilung der Aufgaben innerhalb des öffentlichen Dienstes. Zu der Frage, welche Aufgaben überhaupt als staatliche Aufgaben zu organisieren seien, enthalte die Bestimmung schon nach ihrem Wortlaut keine Aussage. Selbst wenn der Funktionsvorbehalt auch eine institutionelle Garantie eines ausschließlich Beamten vorbehaltenen Kernbereichs an Aufgaben enthielte, sei fraglich, ob er den Bereich des Maßregelvollzugs vollständig erfasse. Im Maßregelvollzug stehe die Therapie der Untergebrachten im Vordergrund. Der Maßregelvollzug sei daher nicht dem Kernbereich der Eingriffsverwaltung zuzurechnen. Auch wenn man dies anders beurteilte, seien jedenfalls bereichsspezifische Ausnahmeregelungen zulässig. Eine rein quantitative Betrachtungsweise vermöge das Problem des Regel-Ausnahme-Verhältnisses nicht angemessen zu lösen. In Niedersachsen sei die Übertragung von Maßregelvollzugsaufgaben auf Beliehene durch sachliche Gründe – insbesondere durch die angestrebte Erhaltung der Verbindung von Allgemeinpsychiatrie und Maßregelvollzug – gerechtfertigt, und die tatsächliche Sachherrschaft des Landes bleibe damit gewahrt. Ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip sei in Niedersachsen ebenfalls nicht feststellbar, nachdem durch die neueste Novelle des Maßregelvollzugsgesetzes den Anforderungen des Staatsgerichtshofs an die Bestellung der Bediensteten der Trägergesellschaft genügt worden sei.
V.
In der mündlichen Verhandlung haben der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Bernhard Schroer, und die Hessische Landesregierung ihr Vorbringen erläutert und vertieft. Darüber hinaus haben sich geäußert für die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina deren ärztlicher Direktor, Dr. Rüdiger Müller-Isberner, sowie als sachverständige Auskunftspersonen der Chefarzt des Isar-Amper-Klinikums München-Ost, Dr. Herbert Steinböck, die Ärztliche Direktorin des LWL-Zentrums für Forensische Psychiatrie Lippstadt, Dr. Nahlah Saimeh – diese zugleich von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) benannt –, sowie, gleichfalls für die DGPPN, Prof. Dr. Jürgen Müller, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Georg-August-Universität Göttingen, zugleich Chefarzt der Asklepios Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, Göttingen.
1. Der Beschwerdeführer hat ergänzend ausgeführt, die Regelung, nach der im Normalfall die im öffentlichen Dienst beschäftigte Klinikleitung Grundrechtseinschränkungen anordnen müsse und nur ausnahmsweise bei Gefahr im Verzug Andere hierzu befugt seien, sei – erst recht bei Kliniken mit mehreren Standorten – lebensfern, weil entsprechende Eingriffserfordernisse im Vollzug an der Tagesordnung seien. Weiter hat er darauf hingewiesen, dass die Holding, zu der die einzelnen Träger der Maßregelvollzugseinrichtungen gehören, im Gegensatz zu diesen nicht als gGmbH, sondern als GmbH organisiert und somit auf Gewinnerzielung ausgerichtet sei.
2. Für die Hessische Landesregierung haben sich Staatsminister Michael Boddenberg sowie Ministerialdirigent a.D. Dr. Herbert Günther, Ministerialrätin Dr. Elke Bohl und Ministerialdirigent Jürgen Osmers geäußert und über die schriftlichen Stellungnahmen hinaus vorgetragen:
Der wachsenden Zahl der im Maßregelvollzug Untergebrachten, die sich in den sogenannten „alten” Ländern der Bundesrepublik zwischen 1991 und Ende 2009 auf über zehntausend Personen mehr als verdoppelt habe, sei nur mit strukturellen Änderungen des Maßregelvollzugs beizukommen gewesen. Dessen Heilungs- und Behandlungsauftrag habe zugleich nach institutionellen Sicherungen verlangt, um die therapeutischen Fortschritte der Allgemeinen Psychiatrie auch den Untergebrachten zukommen zu lassen. Die Kliniken für forensische Psychiatrie seien in Hessen seit jeher im Verbund mit anderen psychiatrischen Angeboten geführt worden. An diesem erfolgreichen, in der Fachwelt anerkannten und in der modernen Psychiatrie für notwendig gehaltenen Verbundkonzept, das dem Maßregelvollzug und seinen Patienten zugute komme, habe festgehalten werden sollen. Dafür sei es notwendig gewesen, die Führung der forensischen und allgemein-psychiatrischen Kliniken in einheitlicher Rechtsform zu ermöglichen. Einsparungen im Landeshaushalt seien nicht das Ziel der Reform gewesen. Der Maßregelvollzug habe sich in der neuen Struktur bewährt. Das belegten Kennziffern. Im Bundesdurchschnitt sei die Unterbringungsdauer eines Patienten 50 % länger, die Freiheit im Vollzug, gemessen an den Vollzugslockerungen, 30 % geringer und gleichzeitig die Zahl der Zwischenfälle, die eine Gefährdung der Allgemeinheit darstellten, mehr als dreimal so hoch wie in Hessen.
Der Hessische Vollzug sei teurer als alle anderen und deswegen billiger, weil die hohen Investitionen eine geringere Verweildauer und geringere Rückfallraten ermöglichten. Diese erhöhte Effizienz werde auch durch Größenvorteile innerhalb des Vitos Konzerns ermöglicht. Der Qualitätskontrolle des Vollzuges dienten auch die Forensikbeiräte.
Dass im Maßregelvollzug keine Beamten mehr eingesetzt würden, sei keine Folge der Privatisierung. In Haina sei der letzte beamtete ärztliche Leiter schon seit 1986 nicht mehr im Dienst und der letzte beamtete pflegerische Leiter 1990 in den Ruhestand getreten.
Die ausreichende demokratische Legitimation des hoheitlichen Handelns in den privatisierten Kliniken sei durch die vorgesehenen Aufsichts- und Weisungsrechte sowie durch die gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten gewährleistet. Die gesetzlichen und vertraglichen Vorkehrungen stellten sicher, dass die gleichen Einwirkungsmöglichkeiten bestünden wie zuvor. Die Änderungen des § 2 HessMVollzG seien gerade darauf ausgerichtet gewesen, dass sich insoweit nichts ändere.
Eingriffe auf der Grundlage des § 5 Abs. 3 HessMVollzG seien in Haina nicht an der Tagesordnung, sondern kämen nach Auskunft des Leiters der Klinik nur in etwa fünf Prozent der Fälle vor. Gehe man von einem weiten Verständnis des Art. 2 Abs. 1 GG aus, nach dem auch Anweisungen der Art, dass Speisen nicht auf dem Gang, sondern in der Cafeteria einzunehmen sind, sich als grundrechtseingreifend darstellten, handele es sich um leichtere und in den meisten Erscheinungsformen durch allgemeine Weisungen abgedeckte Eingriffe.
3. Der Ärztliche Direktor der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina, Dr. Rüdiger Müller-Isberner, hat zum bestehenden Verbund zwischen Maßregelvollzug und Allgemeiner Psychiatrie in Haina vorgetragen, dass die Maßregelvollzugspatienten vor ihrer dortigen Unterbringung durchschnittlich bereits neunmal in allgemeinpsychiatrischer Behandlung gewesen seien, und dass die meisten Patienten nach ihrer Entlassung im allgemeinpsychiatrischen System weiter betreut werden müssten. Der Verbund bedeute vor diesem Hintergrund, dass die Patienten bei Unterbringung im Maßregelvollzug regelmäßig dem System bekannt seien und das System ihnen. Zudem ermögliche er personellen Austausch, der für die Weiterbildung förderlich sei. Könnten Ärzte und Pflegekräfte im Maßregelvollzug nicht als Angestellte tätig sein, würde dies zu erheblichen Rekrutierungsproblemen führen. Gesteigerte wirtschaftliche Effizienz komme zudem im Hinblick auf die Behandlungsqualität und die davon abhängige Verweildauer im Vollzug direkt den Patienten zugute. Hessen habe bundesweit den besten Personalschlüssel im Vollzug. Die personelle Ausstattung mit Ärzten beispielsweise sei so, dass ein bei auftretenden Problemen nachts angerufener Arzt die betreffende Person kenne und die richtige Entscheidung treffen könne. Für den direkten Umgang mit den Patienten habe sich durch die neue Organisationsstruktur in der Praxis nichts geändert. Die Bezahlung der Beschäftigten der gGmbH erfolge nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Streik sei schon vorgekommen, allerdings vor der Privatisierung. Es sei keinerlei Problem gewesen, mit der Gewerkschaft eine entsprechende Dienstvereinbarung zu treffen. Er könne sich an keine wesentliche Beeinträchtigung erinnern. Der eine oder andere begleitete Ausgang möge ausgefallen sein. Den Notdienstvereinbarungen könne sich die Gewerkschaft aber nicht entziehen.
4. a) Der Chefarzt der Asklepios Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, Göttingen, Prof. Dr. Jürgen Müller, hat Angaben zum niedersächsischen Privatisierungsmodell und dessen praktischen Auswirkungen gemacht. Es gebe bei einem privaten Träger sicher ein Spannungsfeld, was die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Versorgung bei geringen Gewinnaussichten angehe. Die Organisationsänderung biete für eine gewisse Patientenunzufriedenheit einen neuen Fokus; die grundsätzliche Behandlung sei jedoch, so glaube er, nicht schlechter geworden. Der Vollzug sei recht transparent. Es gebe Besuche der Fachaufsicht und regelmäßige Besuche von Besuchskommissionen sowie die Anhörungen der Strafvollstreckungskammern. Die Patienten könnten außerdem jederzeit selbst oder über Rechtsanwälte Briefe schreiben und nutzten auch das Telefon.
b) Dr. Nahlah Saimeh, Ärztliche Direktorin des LWL-Zentrums für Forensische Psychiatrie Lippstadt, hat die Organisation des Maßregelvollzuges in Nordrhein-Westfalen erläutert. In der von ihr geleiteten, vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe getragenen Klinik sei die letzte beamtete ärztliche Leiterin von 1984 bis 1992 tätig gewesen. Gegenwärtig gebe es weder im ärztlichen noch im pflegerischen Bereich Beamte. Einschlüsse in Intensivbehandlungsräumen kämen in unterschiedlichen Abteilungen unterschiedlich häufig vor, etwa bei schizophrenen Patienten mit akuten Erregungszuständen durchaus regelmäßig. Außerdem habe man in Nordrhein-Westfalen den nicht therapeutisch, sondern durch Kostendruck bedingten Nachteinschluss der Maßregelvollzugspatienten von abends 21 bis morgens 7 Uhr. Kontrolltätigkeiten wie Postkontrolle, Paketkontrolle, je nachdem auch Telefonkontrolle, Zimmerdurchsuchungen, Vorenthaltung oder Wegnahme von gefährlichen Gegenständen – wobei Erlaubtes und Unerlaubtes einvernehmlich mit dem Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug verschriftet und in der Hausordnung festgelegt werde –, würden vom Personal auf entsprechende ärztliche Anordnung durchgeführt. Zwangsweise Medikation sei die absolute Ausnahme. Fixierungen seien insgesamt ebenfalls selten, zögen sich aber in Einzelfällen – im letzten Jahr in drei Fällen – über längere Zeit hin, in einem Fall sogar über Monate. Absonderungen seien dem Träger zur Genehmigung vorzulegen, wenn sie die Dauer von einer Woche überschreiten. Neben vielen unberechtigten gebe es auch berechtigte Beschwerden – ungefähr sechzehn im Jahr –, denen zu einem Teil die Klinik selbst gern abhelfen wolle, aber nicht könne (zu kleine Zimmer, Doppelbelegung, Überbelegung).
c) Dr. Herbert Steinböck, Chefarzt des Isar-Amper-Klinikums München-Ost, hat erläutert, dass die von ihm geleitete Klinik, zu Beginn seiner Leitungstätigkeit Mitte der neunziger Jahre noch als Bezirkskrankenhaus geführt, nunmehr als gGmbH in öffentlicher Trägerschaft steht. Die Verhältnisse im Maßregelvollzug hätten sich, was den Respekt vor den Rechten der Patienten angeht, seit Ende der neunziger Jahre als Folge einer politischen Skandalisierung des Maßregelvollzuges sehr verbessert. Das habe auch mit verbesserter Personalausstattung zu tun. Die spätere Privatisierung sei eine Reaktion auf die infolgedessen gestiegenen Kosten. Der Alltag habe sich als Folge der Privatisierung nicht in einer für ihn spürbaren Weise geändert, mit der Ausnahme, dass man bei einer zeitweiligen, zwischenzeitlich nicht mehr gegebenen Minderbelegung deutlicher, als dies früher der Fall gewesen sei, mit der Frage befasst gewesen sei, ob eine Station geschlossen werden müsse. Sein Vorgänger sei noch Medizinaldirektor gewesen, er selbst dagegen nicht verbeamtet, und unter den derzeit 350 Mitarbeitern der Klinik seien noch drei Beamte, dies aber nicht mit Rücksicht auf einen hoheitlichen Charakter ihrer Tätigkeit. Mit Streiks seien in jüngerer Zeit zweimal, zuletzt 2010, Erfahrungen gemacht worden. Diese seien unproblematisch verlaufen, weil es jeweils möglich gewesen sei, einvernehmlich Notfallpläne, im Wesentlichen bezüglich der Sicherheit, zu erstellen. Bei einem längerfristigen, etwa wochenlangen Streik würde sich die Situation möglicherweise deutlich verschärfen, weil sich der längerfristige Ausfall von therapeutischem Personal dann auch auf der Sicherheitsebene bemerkbar machen würde.
B.
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
1. Dies gilt auch insoweit, als der Beschwerdeführer sich auf Verstöße gegen Art. 33 Abs. 4 GG und das Demokratieprinzip beruft.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob und gegebenenfalls inwieweit Art. 33 Abs. 4 GG für sich genommen einen subjektiv-rechtlichen Gehalt aufweist (verneinend BVerfGE 6, 376 ≪385≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 1988 – 2 BvR 1324/87 –, juris, Rn. 9; offenlassend BVerfGE 35, 79 ≪147≫). Denn der Beschwerdeführer ist durch die angegriffenen, seinen Einschluss als rechtmäßig bestätigenden Entscheidungen jedenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG berührt (s. unter II.1.) und kann in diesem Zusammenhang geltend machen, der Eingriff sei wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 4 GG nicht rechtfertigungsfähig. Diese Rüge steht dem Beschwerdeführer unabhängig davon offen, ob das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG gegen jeden mit einer Norm des objektiven Rechts nicht vereinbaren Eingriff schützt (vgl. zu dieser Frage Dreier, in: ders., GG, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1 Rn. 44, m.w.N.). Denn Art. 33 Abs. 4 GG dient zwar nicht dem Schutz individueller Beamten- oder Verbeamtungsinteressen (vgl. Masing, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 33 Rn. 61; Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 33 Abs. 4 Rn. 29), wohl aber – unter anderem – dem Schutz des von hoheitlicher Aufgabenwahrnehmung in seinen Grundrechten betroffenen Bürgers (vgl. BVerfGE 119, 247 ≪261≫; Nds.StGHE 4, 232 ≪256≫; Badura, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 55 ≪April 2010≫; Dollinger/Umbach, in: Umbach/Clemens, GG, Bd. 1, 2002, Art. 33 Rn. 75; Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 284; Bansch, Die Beleihung als verfassungsrechtliches Problem, 1973, S. 68; Leisner, in: ders., Beamtentum, 1995, S. 163 ≪166≫; Ossenbühl, VVDStRL 29 ≪1971≫, S. 137 ≪162≫; Badura, ZBR 1996, S. 321 ≪325≫; Jachmann/Strauß, ZBR 1999, S. 289 ≪296≫).
Auch soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Demokratieprinzips beanstandet, tut er dies im Zusammenhang mit der Rüge eines Grundrechtseingriffs, den er unter anderem wegen Verstoßes gegen Art. 20 Abs. 2 GG für nicht gerechtfertigt hält, und überschreitet damit nicht die Grenzen des mit einer Verfassungsbeschwerde Rügefähigen.
2. Es ist unschädlich, dass der Beschwerdeführer nicht einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), sondern eine Verletzung seines – im vorliegenden Fall nicht berührten (s. unter II.1.) – Grundrechts auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG rügt. Eine fehlende oder unrichtige Artikelzuordnung des Grundrechtsverstoßes, der erkennbar gerügt werden soll, führt nicht zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde (vgl. BVerfGE 92, 158 ≪175≫; 115, 166 ≪180≫; BVerfGK 2, 275 ≪277≫).
3. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht auch nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer sich mit der Organisation des hessischen Maßregelvollzugs und insbesondere damit, dass die privatisierten Vollzugseinrichtungen sich, teils unmittelbar und teils mittelbar, nach wie vor in öffentlicher Hand befinden, nicht auseinandersetzt. Das Verfassungsbeschwerdevorbringen fußt auf der Annahme, dass es den handelnden Bediensteten der Klinik an der Berechtigung zu dem beanstandeten Grundrechtseingriff fehlte, weil die erfolgte Privatisierung auch in einer solchen Ausgestaltung verfassungswidrig ist. Mit dem Vortrag, dass der Einschluss unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht durch angestellte Bedienstete des privaten Trägers erfolgen durfte, ist – jedenfalls angesichts des Umstandes, dass Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, aus der Gegenteiliges hervorginge, nicht vorliegt (zu Auseinandersetzungsobliegenheiten, die anderenfalls bestünden, vgl. BVerfGE 101, 331 ≪346≫) – die Möglichkeit eines Grundrechtsverstoßes ausreichend dargetan.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen haben ohne Verfassungsverstoß angenommen, dass der grundrechtseingreifende Einschluss des Beschwerdeführers (1.) auf einer auch im Hinblick auf die Organisation der Maßregelvollzugsklinik und den Status der handelnden Bediensteten verfassungskonformen Eingriffsgrundlage erfolgte (2.).
1. Der Einschluss des Beschwerdeführers und dessen fachgerichtliche Bestätigung als rechtmäßig betreffen den Beschwerdeführer in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).
Der Schutzbereich des Grundrechts der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) ist demgegenüber nicht berührt. Mit dem Einschluss in einem enger begrenzten Teil der Unterbringungseinrichtung ändert sich, verschärfend, die Art und Weise des Vollzugs der einmal verhängten Freiheitsentziehung; eine erneute Freiheitsentziehung, die den besonderen Anforderungen des Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG zu genügen hätte, liegt darin nicht (vgl. BVerfGK 2, 318 ≪323≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juli 1993 – 2 BvR 213/93 –, NJW 1994, S. 1339).
2. Die Rechtfertigung des Eingriffs scheitert nicht am Fehlen einer verfassungskonformen Eingriffsgrundlage. § 5 Abs. 3 HessMVollzG, der die Bediensteten (auch) privatisierter Maßregelvollzugseinrichtungen ermächtigt, bei Gefahr im Verzug vorläufige besondere Sicherungsmaßnahmen gegen einen Untergebrachten anzuordnen, ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die Vorgaben des Art. 33 Abs. 4 GG gelten auch für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform (a)) und sind im vorliegenden Fall nicht deshalb unanwendbar, weil die Eingriffsermächtigung des § 5 Abs. 3 HessMVollzG keine ständig wahrzunehmende hoheitliche Aufgabe beträfe (b)). Sie sind jedoch im vorliegenden Fall nicht verletzt, weil eine zulässige Ausnahme vom Funktionsvorbehalt vorliegt (c)).
a) Art. 33 Abs. 4 GG regelt nicht nur die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben durch öffentliche Träger, sondern beansprucht Geltung auch für den Fall der Übertragung solcher Aufgaben auf Private.
Schon dem Wortlaut der Bestimmung ist nichts dafür zu entnehmen, dass sie im letzteren Fall unanwendbar sein soll. Eine insoweit einschränkende Auslegung wäre auch unvereinbar mit ihrem Sinn und Zweck. Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG soll gewährleisten, dass die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe regelmäßig den von Art. 33 Abs. 5 GG für das Berufsbeamtentum institutionell garantierten besonderen Sicherungen qualifizierter, loyaler und gesetzestreuer Aufgabenerfüllung unterliegt (vgl. BVerfGE 9, 268 ≪284≫; 119, 247 ≪260 f.≫; zur Schutzfunktion im Verhältnis zu den Grundrechtsbetroffenen s. bereits unter B.I.1.). Zu diesem Zweck wird mit Art. 33 Abs. 4 GG dem Berufsbeamtentum ein Mindesteinsatzbereich institutionell gesichert (vgl. Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 33 Abs. 4 Rn. 29; Battis, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 33 Rn. 45; Masing, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 33 Rn. 60, 65; Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 4./5. Aufl. 2001, Art. 33 Rn. 39; Ossenbühl, in: VVdStRL 29 ≪1971≫, S. 137 ≪161≫). Diese Regelungsintentionen würden verfehlt, wenn hoheitliche Aufgabenwahrnehmung dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 4 GG dadurch entzogen werden könnte, dass sie privaten Trägern überantwortet wird.
Demgemäß entspricht es der vorherrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass Art. 33 Abs. 4 GG unabhängig von der öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Organisation des Aufgabenträgers anzuwenden ist (vgl. BVerwGE 57, 55 ≪60≫; Nds.StGHE 4, 232 ≪248 ff., für die Parallelvorschrift des Art. 60 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung≫; Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 33 Abs. 4 Rn. 38; Masing, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 33 Rn. 62; Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 4./5. Aufl. 2001, Art. 33 Rn. 42; Klüver, Zur Beleihung des Sicherheitsgewerbes mit Aufgaben der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, 2006, S. 134; Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, 2004, S. 59; Seidel, Privater Sachverstand und staatliche Garantenstellung im Verwaltungsrecht, 2000, S. 56 f.; Nitz, Private und öffentliche Sicherheit, 2000, S. 397 f.; Burgi, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, § 75 Rn. 21, m.w.N.; a.A. Bansch, Die Beleihung als verfassungsrechtliches Problem, 1973, S. 66 ff.; Scholz, NJW 1997, S. 14 ≪15≫; Scherer, in: Festschrift für Frotscher, 2007, S. 617 ≪625 ff.≫; Kruis, ZRP 2000, S. 1 ≪4≫; Manssen, ZBR 1999, S. 253 ≪257≫).
b) Dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG ist nur die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse unterworfen und auch diese nur, soweit es um ihre Übertragung als ständige Aufgabe geht.
Die Vereinbarkeit des § 5 Abs. 3 HessMVollzG mit Art. 33 Abs. 4 GG folgt nicht bereits aus diesen Beschränkungen, denn die Vorschrift verleiht hoheitsrechtliche Befugnisse und weist deren Ausübung den Bediensteten, auf die sie sich bezieht, als ständige Aufgabe zu.
Um die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse handelt es sich jedenfalls, wenn Befugnisse zum Grundrechtseingriff im engeren Sinne (vgl. Dreier, in: ders., GG, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Vorb. Rn. 124, m.w.N.) ausgeübt werden, die öffentliche Gewalt also durch Befehl oder Zwang unmittelbar beschränkend auf grundrechtlich geschützte Freiheiten einwirkt. Wie weit der Begriff der hoheitsrechtlichen Befugnisse über diesen engen Bedeutungsgehalt hinausreicht (vgl. etwa Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 33 Rn. 41; Battis, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 33 Rn. 55 ff.; Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 33 Abs. 4 Rn. 31 ff.; Masing, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 33 Rn. 64 f.; Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 4./5. Aufl. 2001, Art. 33 Rn. 49; Weisel, Das Verhältnis von Privatisierung und Beleihung, 2003, S. 105 ff. ≪107 f.≫), muss hier nicht geklärt werden. § 5 Abs. 3 HessMVollzG ermächtigt zu Grundrechtseingriffen im engeren Sinne und damit zur Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse.
Die Ausübung der Befugnis aus § 5 Abs. 3 HessMVollzG ist den ermächtigten Bediensteten auch als ständige Aufgabe übertragen. Insoweit kommt es nicht darauf an, wie häufig die Eingriffsbefugnis in der Praxis genutzt wird (vgl. Nds.StGHE 4, 232 ≪255≫). Die Beschränkung des Funktionsvorbehalts auf als ständige Aufgabe auszuübende Befugnisse zielte entstehungsgeschichtlich auf die Nichteinbeziehung absehbar künftig wegfallender Hoheitsaufgaben wie derjenigen der Ernährungs- und Wirtschaftsämter (vgl. Masing, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 33 Rn. 69; Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 33 Abs. 4 Rn. 28, 37, jew. m.w.N.). Für die Frage, ob die Ausübung einer Befugnis als „ständige Aufgabe” übertragen ist, kommt es danach, dem Wortsinn entsprechend, auf die Dauerhaftigkeit der Aufgabenübertragung, nicht auf die Frequenz der Befugnisausübung an. Ob die Ausübung der übertragenen hoheitsrechtlichen Befugnis in der Praxis häufig oder selten vorkommt und ob sie das Gesamtbild der Tätigkeit des Ausübungsbefugten prägt oder nicht, kann demgegenüber für die Frage eine Rolle spielen, ob die in Art. 33 Abs. 4 GG offengelassene Möglichkeit einer Ausnahme von der Regel des Funktionsvorbehalts eingreift.
c) Die in § 5 Abs. 3 HessMVollzG vorgesehene Befugnis zur vorläufigen Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen erweist sich als – auch im Gesamtzusammenhang der Rechtsgrundlagen des privatisierten hessischen Maßregelvollzugs – zulässige Ausnahme von der Funktionsvorbehaltsregel des Art. 33 Abs. 4 GG.
aa) Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe „in der Regel” Berufsbeamten zu übertragen. Diese Einschränkung ermöglicht Ausnahmen.
(1) Das damit vorgegebene Regel-Ausnahme-Verhältnis hat zunächst eine quantitative Dimension. Von der Ausnahmemöglichkeit darf kein Gebrauch gemacht werden, der dazu führt, dass der vorgesehene Regelfall faktisch zum zahlenmäßigen Ausnahmefall wird. Eine gegenteilige Auslegung ginge am Zweck des Art. 33 Abs. 4 GG (s.o. II.2.a)) vorbei, dem Berufsbeamtentum einen Mindesteinsatzbereich institutionell zu sichern. Die Bestimmungskraft der Regelvorgabe in ihrer rein quantitativen Dimension ist allerdings begrenzt, denn für den erforderlichen zahlenmäßigen Vergleich lässt sich ein Bezugsrahmen unterhalb der Ebene der staatlichen Einheit (Bund oder Land), deren Aufgabenwahrnehmung in den Blick genommen wird, kaum willkürfrei identifizieren (vgl. zu diesem Problem, offenlassend, SH OLG, Beschluss vom 19. Oktober 2005 – 2 W 120/05 –, juris, Rn. 21; OVG NW, Urteil vom 4. November 1970 – III A 434/68 –, ZBR 1971, S. 207 ≪210≫).
(2) Die „Regel”-Vorgabe erschöpft sich denn auch nicht in ihrer quantitativen Bedeutung. Vielmehr beinhaltet sie ausweislich der Entstehungsgeschichte des Art. 33 Abs. 4 GG und nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift darüber hinaus eine qualitative Anforderung an die zugelassenen Ausnahmen. In den Diskussionen des Parlamentarischen Rates wurden als Beispiele, für die die Ausnahmemöglichkeit Spielraum eröffnen sollte, vor allem Bereiche genannt, die, sofern überhaupt als hoheitlich eingeordnet, jedenfalls als nicht primär hoheitlich geprägt erachtet wurden, wie wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand, einschließlich staatlicher und kommunaler Einrichtungen der Daseinsvorsorge, und das Gebiet der Fürsorge; auch der weithin übliche Einsatz von Ehrenbeamten anstelle von Berufsbeamten sollte möglich bleiben (vgl. die Wiedergaben bei Masing, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 33 Rn. 13, 14; Remmert, Private Dienstleistungen in staatlichen Verwaltungsverfahren, 2003, S. 405 ff. ≪407 ff.≫). Die Möglichkeit von Ausnahmen ist demnach nicht zu einem innerhalb gewisser quantitativer Grenzen beliebigen Gebrauch eingeräumt worden, sondern für Fälle, in denen der Sicherungszweck des Funktionsvorbehalts die Wahrnehmung der betreffenden hoheitlichen Aufgaben durch Berufsbeamte ausweislich bewährter Erfahrung nicht erfordert oder im Hinblick auf funktionelle Besonderheiten nicht in gleicher Weise wie im Regelfall angezeigt erscheinen lässt.
Abweichungen vom Grundsatz des Funktionsvorbehalts bedürfen demgemäß nach herrschender und richtiger Auffassung der Rechtfertigung durch einen besonderen sachlichen Grund (vgl. nur SH OLG, Beschluss vom 19. Oktober 2005 – 2 W 120/05 –, juris, Rn. 22; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 33 Rn. 42; Masing, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 33 Rn. 70; Dollinger/Umbach, in: Umbach/Clemens, GG, Bd. 1, 2002, Art. 33 Rn. 83; Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 4./5. Aufl. 2001, Art. 33 Rn. 50; Lecheler, in: BK-GG, Stand Oktober 2000, Art. 33 Rn. 56; Barisch, Die Privatisierung im deutschen Strafvollzug, 2010, S. 134). Als rechtfertigender Grund kommt nur ein spezifischer, dem Sinn der Ausnahmemöglichkeit entsprechender – auf Erfahrungen mit gewachsenen Strukturen oder im Hinblick auf den Zweck des Funktionsvorbehalts relevante Besonderheiten der jeweiligen Tätigkeit Bezug nehmender – Ausnahmegrund in Betracht (vgl. etwa zur Zulässigkeit einer Ausnahme bei einer Aufgabe, die gerade aus verfassungsrechtlichen Gründen möglichst in einer gewissen Staatsferne wahrgenommen werden sollte, BVerfGE 83, 130 ≪150≫; für die nicht schwerpunktmäßig hoheitlichen Aufgaben des Lehrers BVerfGE 119, 247 ≪267≫; allgemeiner für im Gesamtbild nicht durch hoheitliches Handeln geprägte Mischfunktionen Masing, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 33 Rn. 70; Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 33 Abs. 4 Rn. 31 ff.; Mösinger, BayVBl 2007, S. 417 ≪424≫). Gründe, die sich in gleicher Weise wie für die ins Auge gefasste Ausnahme auch für beliebige andere hoheitsrechtliche Tätigkeiten anführen ließen, der Sache nach also nicht nur Ausnahmen betreffen, scheiden damit als mögliche Rechtfertigungsgründe für den Einsatz von Nichtbeamten in grundsätzlich von Art. 33 Abs. 4 GG erfassten Funktionen von vornherein aus.
Ausnahmen vom Funktionsvorbehalt können danach nicht allein mit dem rein fiskalischen Gesichtspunkt begründet werden, dass eine Aufgabenwahrnehmung durch Nichtbeamte – sei es auch nur durch Ersparnisse, die der Aufgabenwahrnehmung anderweitig zugutekommen – den öffentlichen Haushalt entlasten würde (vgl. Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 4./5. Aufl. 2001, Art. 33 Rn. 50; Rüppel, Privatisierung des Strafvollzugs, 2010, S. 79; Barisch, Die Privatisierung im deutschen Strafvollzug, 2010, S. 134; Pilz, Die Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens, 2008, S. 77; Müller-Dietz, Neue Kriminalpolitik 2006, S. 11 ≪11≫; Roth/Karpenstein, ZVI 2004, S. 442 ≪447≫; Arloth, ZfStrVO 2002, S. 3 ≪5≫; Gusy, Zulässigkeit und Grenzen des Einsatzes privater Sicherheitsdienste im Strafvollzug, in: Stober ≪Hrsg.≫, Privatisierung im Strafvollzug?, 2001, S. 5 ≪24≫). Die pauschale Erwägung, dass die Wahrnehmung von Aufgaben durch Berufsbeamte Kosten verursacht, die in anderen Organisationsformen – insbesondere etwa im Privatisierungsfall wegen dann sich bietender Möglichkeiten der Aufgabenerledigung zu Niedriglöhnen – vermeidbar wären, liefe als Ausnahmegrund, weil nicht spezifisch, der mit Art. 33 Abs. 4 GG zum Ausdruck gebrachten grundsätzlichen Wertung zugunsten des Einsatzes von Berufsbeamten zuwider.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte ganz außer Betracht zu bleiben hätten (vgl. SH OLG, Beschluss vom 19. Oktober 2005 – 2 W 120/05 –, juris, Rn. 26; Schimpfhauser, Das Gewaltmonopol des Staates als Grenze der Privatisierung von Staatsaufgaben, 2009, S. 97; Klüver, Zur Beleihung des Sicherheitsgewerbes mit Aufgaben der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, 2006, S. 150 f.; Bonk, JZ 2000, S. 435 ≪439≫). Vielmehr kann berücksichtigt werden, ob eine auf ihre Ausnahmefähigkeit hin zu beurteilende Tätigkeit Besonderheiten aufweist, deretwegen Kosten und Sicherungsnutzen des Einsatzes von Berufsbeamten hier in einem anderen – deutlich ungünstigeren – als dem nach Art. 33 Abs. 4 GG im Regelfall vorauszusetzenden Verhältnis stehen (vgl. BVerwGE 57, 55 ≪59 f.≫: „wertende Abgrenzung”). Gerade eine solche abwägende Berücksichtigung besonderer Gründe für die Untunlichkeit eines Verbeamtungszwanges sollte ausweislich der im Parlamentarischen Rat angeführten Beispielsfälle mit der Zulassung von Ausnahmen ermöglicht werden.
In diesem Sinne schließt das Erfordernis eines sachlichen Grundes ein, dass Ausnahmen vom Funktionsvorbehalt durch den Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit begrenzt sind (vgl. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 33 Rn. 42; Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 33 Abs. 4 Rn. 37; Roth, Privatisierungsmöglichkeiten im geschlossenen Strafvollzug, 2006, S. 36; Seidel, Privater Sachverstand und staatliche Garantenstellung im Verwaltungsrecht, 2000, S. 71; Jachmann/Strauß, ZBR 1999, S. 289 ≪297≫; Sterzel, in: DBH-Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik e.V. ≪Hrsg.≫, Privatisierung und Hoheitlichkeit in Bewährungshilfe und Strafvollzug, 2008, S. 52 ≪61≫; w.N. bei Remmert, Private Dienstleistungen in staatlichen Verwaltungsverfahren, 2003, S. 365). Je intensiver eine bestimmte Tätigkeit Grundrechte berührt, desto weniger sind Einbußen an institutioneller Absicherung qualifizierter und gesetzestreuer Aufgabenwahrnehmung hinnehmbar.
Soweit die Zulässigkeit von Ausnahmen danach auch von der Einschätzung tatsächlicher Verhältnisse und ihrer künftigen Entwicklung abhängt, kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu (vgl. BVerwGE 57, 55 ≪59 f.≫; Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, 2004, S. 61).
bb) Nach diesen Maßstäben kann im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG nicht festgestellt werden.
(1) Die Unbedenklichkeit des Einsatzes nicht beamteter Pflegekräfte mit der Befugnis zur vorläufigen Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen (§ 5 Abs. 3 HessMVollzG) folgt allerdings nicht schon daraus, dass solche Eingriffe in ihrer Bedeutung gegenüber den leistenden und unterstützenden Anteilen der pflegerischen Tätigkeit derart zurückträten, dass diese insgesamt nicht mehr hoheitlich geprägt erschiene.
Der Vollzug strafrechtlich verhängter Freiheitsentziehungen gehört zum Kernbereich hoheitlicher Tätigkeit. Der Maßregelvollzug steht darin, auch was die Intensität der möglichen Grundrechtseingriffe angeht, dem Strafvollzug in nichts nach (vgl. SH OLG, Beschluss vom 19. Oktober 2005 – 2 W 120/05 –, juris, Rn. 32). Wer in einem solchen Rahmen anderen mit Anordnungs- und Zwangsbefugnissen gegenübertritt, dessen Tätigkeit bleibt auch insoweit hoheitlich geprägt, als sich – gerade im Schatten dieser Befugnisse – förmliche Anordnungen und deren Durchsetzung im Wege des unmittelbaren Zwangs in der Mehrzahl der Fälle erübrigen.
Damit ist aber die Rechtfertigungsfähigkeit einer Ausnahme vom Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG für den Maßregelvollzug noch nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. Nds. StGH, Urteil vom 5. Dezember 2008 – StGH 2/07 –, Nds.StGHE 4, 232 ≪247 ff.; zur Parallelvorschrift der niedersächsischen Verfassung≫; Kammeier, in: Festschrift für Tondorf 2004, S. 61 ≪70 ff.≫; Baur, in: Kammeier, Maßregelvollzug, 2. Aufl. 2002, Rn. C 15, S. 72; ebenso tendenziell SH OLG, Beschluss vom 19. Oktober 2005 – 2 W 120/05 –, juris, Rn. 21 ff.; a.A. OLG Sachs.-Anh., Beschluss vom 21. Juni 2010 – 1 Ws 851/09 –, juris, Rn. 42; Volckart/Grünebaum, Maßregelvollzug, 7. Aufl. 2009, Rn. 508 ff.; Grünebaum, R&P 2006, S. 55 ≪55 ff.≫; Willenbruch/Bischoff, NJW 2006, S. 1776 ≪1777 f.≫).
(2) Die formelle Privatisierung des hessischen Maßregelvollzuges dergestalt, dass ein Einsatz von Beamten in den Maßregelvollzugseinrichtungen für die aus Bediensteten des Landeswohlfahrtsverbandes bestehende Leitungsebene nicht vorgeschrieben und unterhalb dieser Ebene selbst als Möglichkeit nicht mehr vorgesehen ist, ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Die hessische Landesregierung hat ausgeführt, dass die gewählte Privatisierungslösung der Erhaltung des organisatorischen Verbundes der Maßregelvollzugseinrichtungen und der sonstigen heute unter dem Dach der jeweiligen gGmbH zusammengefassten psychiatrischen Einrichtungen dient, und dass die Erhaltung dieses Verbundes durch Synergieeffekte sowie verbesserte Personalgewinnungs-, Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten gerade der Qualität des Maßregelvollzuges zugute kommt (s.o. A.V.2.). Der Ärztliche Direktor der Klinik, in der der Beschwerdeführer untergebracht ist, hat dies bestätigt und zusätzlich auf Verbundvorteile verwiesen, die sich daraus ergeben, dass Maßregelvollzugspatienten häufig bereits vor ihrer Unterbringung im Maßregelvollzug mehrfach in psychiatrischer Behandlung waren und nach ihrer Entlassung weiterhin psychiatrische Betreuung benötigen (s.o. A.V.3.).
Die gleichzeitige Einschätzung, dass diese Vorzüge der Einbeziehung des Maßregelvollzuges in den privatisierten Verbund nicht mit spürbaren Nachteilen im Hinblick auf die – besonders im Kernbereich hoheitlicher Staatsaufgaben unabdingbare – Sicherung qualifizierter und gesetzestreuer Aufgabenwahrnehmung erkauft worden sind, ist angesichts vorhandener Erfahrungen mit der Inanspruchnahme der Ausnahmemöglichkeit des Art. 33 Abs. 4 GG im Maßregelvollzug und angesichts der institutionellen Ausgestaltung der erfolgten Privatisierung vom Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers und der für die Festlegung der vertraglichen Rahmenbedingungen verantwortlichen Regierung gedeckt.
(aa) Der Sachverhalt ist zunächst auf dem Hintergrund zu würdigen, dass die Verwendung von Beamten im hessischen Maßregelvollzug bereits lange vor der Privatisierungsentscheidung und den zugrundeliegenden Rechtsänderungen selbst auf der Leitungsebene, ganz zu schweigen von den Pflegekräften, nicht mehr üblich war (s.o. A.V.2.). Diese Entwicklung entspricht einem von den in der mündlichen Verhandlung angehörten sachverständigen Auskunftspersonen bestätigten bundesweiten Trend (vgl. auch Volckart/Grünebaum, Maßregelvollzug, 7. Aufl. 2009, Rn. 533; Grünebaum, R&P 2006, S. 55 ≪57≫), der – so die übereinstimmende Auffassung nicht nur der hessischen Landesregierung, sondern auch der in der mündlichen Verhandlung gehörten Leiter von zwischenzeitlich privatisierten Maßregelvollzugseinrichtungen – nicht zu qualitativen Verschlechterungen in Bezug auf die Wahrnehmung der gesetzlichen Vollzugsaufgaben geführt hat (s.o. A.V.2., 3., 4.; für nicht speziell Hessen und nicht unmittelbar die Vollzugsqualität betreffende Befragungsergebnisse vgl. Strohm, in: Dessecker ≪Hrsg.≫, Privatisierung in der Strafrechtspflege, 2008, S. 175 ≪180 ff.≫).
Solche Einschätzungen einzelner Organe und Personen sind, insbesondere wenn es um die Bewertung der Folgen von Privatisierungsentscheidungen geht, angesichts der Komplexität der zu bewertenden Zustände und ihrer Veränderungen im Zeitverlauf und angesichts möglicher Standpunktabhängigkeiten der Beurteilung mit Vorsicht zu würdigen. Insofern ist fraglich, ob sie für sich genommen geeignet sein können, die durch Art. 33 Abs. 4 GG begründete Vermutung zu widerlegen, dass insbesondere im Kernbereich hoheitlicher Befugnisse die Grundrechte der von ihrer Ausübung Betroffenen am besten geschützt sind, wenn diese Befugnisse Berufsbeamten vorbehalten bleiben. Im vorliegenden Fall werden sie jedoch sowohl durch die einleuchtend dargestellten Vorzüge der Verbundlösung als auch durch die Betrachtung der institutionellen Rahmenbedingungen des privatisierten hessischen Maßregelvollzugs gestützt. Die Einschätzung, dass dessen konkrete Ausgestaltung in ausreichender Weise einen gesetzesgebundenen, im Rahmen der Gesetze demokratisch verantworteter Steuerung unterliegenden und damit auch die Grundrechte der Untergebrachten wahrenden Vollzug sicherstellen, erscheint vorbehaltlich notwendiger Beobachtung der weiteren Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse gerechtfertigt.
(bb) Insoweit ist zunächst von Bedeutung, dass die erfolgte Privatisierung der hessischen Maßregelvollzugseinrichtungen nur als eine rein formelle vorgesehen ist. Das Gesetz gewährleistet, dass die der Rechtsform nach privaten Träger der Maßregelvollzugskliniken unmittelbar oder mittelbar vollständig in der Hand eines öffentlichen Trägers, des Landeswohlwohlfahrtsverbandes, bleiben (§ 2 Satz 3 HessMVollzG). Die Träger sind damit von erwerbswirtschaftlichen Motiven und Zwängen freigestellt. Eine Auslieferung der Vollzugsaufgabe an Kräfte und Interessen des privatwirtschaftlichen Wettbewerbs, die, beispielsweise in Bezug auf Verweildauer der Untergebrachten und Senkung von Behandlungs- und Betreuungskosten, den gesetzlichen Vollzugszielen und der Wahrung der Rechte der Untergebrachten systemisch zuwiderlaufen können, findet danach von vornherein nicht statt (für die Bedeutung dieses Gesichtspunkts vgl. Kammeier, in: Festschrift für Tondorf 2004, S. 61 ≪89 ff.≫; für Unvereinbarkeit materiell privatisierten strafrechtlichen Freiheitsentzugs mit der Menschenwürde der Inhaftierten ganz unabhängig von der Frage damit verbundener systemischer Fehlanreize vgl. Supreme Court von Israel, Urteil vom 19. November 2009 in der Sache Academic Center of Law & Business v. Minister of Finance – HCJ 2605/05 –). Der Umstand, dass die Holding, in der die als Träger der einzelnen Maßregelvollzugseinrichtungen fungierenden gemeinnützigen Gesellschaften zusammengefasst sind, ihrerseits nicht als gemeinnützige GmbH organisiert ist, ändert daran nichts.
(cc) Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass die Verpflichtung der öffentlichen Hand, die aufgabengemäße Ausstattung der Maßregelvollzugseinrichtungen zu gewährleisten, durch die Organisationsprivatisierung in keiner Weise berührt wird. Gemäß § 2 Satz 5 HessMVollzG muss der Beleihungsvertrag sicherstellen, dass in den Maßregelvollzugseinrichtungen jederzeit die zur ordnungsgemäßen Durchführung des Maßregelvollzugs erforderlichen personellen, sachlichen, baulichen und organisatorischen Voraussetzungen gegeben sind. Der Beleihungsvertrag nimmt dies, bezogen auf den Rahmen des vom zuständigen Ministerium im erforderlichen Umfang bereitzustellenden Budgets, auf (§ 7 Abs. 1 BV), trifft Vorkehrungen gegen eine dauerhafte Verschlechterung der Vollzugsbedingungen durch erhebliche Überbelegung (§ 3 Abs. 4 BV) und legt fest, dass das eingesetzte Personal über die erforderliche Fachkunde und persönliche Eignung verfügen muss (§ 6 Satz 1 BV). Die Ressourcen, von denen die Möglichkeit eines rechts- und insbesondere grundrechtskonformen Vollzuges wesentlich abhängt, sind damit den privatisierten Trägern der Maßregelvollzugseinrichtungen in gleicher Weise gewährleistet, wie das bei einem Betrieb der Einrichtung in unmittelbar öffentlicher Regie der Fall wäre.
Für den bei Einsatz von Nichtbeamten im Maßregelvollzug nicht auszuschließenden Fall eines Streiks kann und muss die gebotene Vermeidung unverhältnismäßiger Gemeinwohlschädigungen oder unverhältnismäßiger Beeinträchtigungen Dritter durch Notdienste sichergestellt werden (vgl. BVerfGE 38, 281 ≪307≫; BGHZ 70, 277 ≪280 ff.≫; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Juni 2007 – 11 Sa 208/07 –, ArbuR 2007, S. 319 ≪320≫; LAG Sachsen, Urteil vom 2. November 2007 – 7 SaGa 19/07 –, NZA 2008, S. 59 ≪67 ff.≫; Hergenröder, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2010, Art. 9 GG, Rn. 258 ff.; Bauer, in: Dreier, GG, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 9 Rn. 99; Kissel, Arbeitskampfrecht 2002, § 43 Rn. 3, 120 f.; Reinfelder, in: Däubler, Arbeitskampfrecht, 3. Aufl. 2011, § 15 Rn. 36).
(dd) Dass die den Maßregelvollzug betreffenden grundrechtsbezogenen und sonstigen Rechtspflichten der privaten Einrichtungsträger und der in den Einrichtungen tätigen Personen nicht nur auf dem Papier stehen, ist durch weitreichende aufgabenbezogene Steuerungsbefugnisse des materiellen öffentlichen Aufgabenträgers – des Landeswohlfahrtsverbandes – und des aufsichtführenden Ministeriums sowie durch die besondere Rechtsstellung des Leiters der Einrichtung (s. im Einzelnen unter 3.b)bb)(1) und (2)) in einer den Verhältnissen bei formell öffentlich-rechtlicher Organisation gleichwertigen Weise gesichert. Die Gleichwertigkeit dieser Sicherung ist nicht durch Beschränkungen der Möglichkeit parlamentarischer Kontrolle in Frage gestellt; der Gesetzgeber kann seiner Pflicht, die Auswirkungen der von ihm beschlossenen Organisationsänderung zu beobachten und auf etwaige Missstände mit einer Veränderung der Rahmenbedingungen zu reagieren, uneingeschränkt nachkommen (näher unter 3.b)bb)(3)).
3. Damit ist auch den Anforderungen des Demokratieprinzips genügt. § 5 Abs. 3 HessMVollzG verstößt, indem er angestellte Pflegekräfte zur Anordnung vorläufiger Sicherungsmaßnahmen befugt, nicht gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die demokratische Legitimation hoheitlichen Handelns.
a) aa) Alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter bedarf nach dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) der demokratischen Legitimation. Es muss sich auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden (BVerfGE 77, 1 ≪40≫; 83, 60 ≪72≫; 93, 37 ≪66≫; 107, 59 ≪87≫). Der notwendige Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird vor allem durch die Wahl des Parlaments, durch die von ihm beschlossenen Gesetze als Maßstab der vollziehenden Gewalt, durch den parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung sowie durch die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung hergestellt (vgl. BVerfGE 83, 60 ≪72≫; stRspr).
Für den Fall der Beleihung Privater erfordert dies unter anderem, dass die Möglichkeiten parlamentarischer Kontrolle der Aufgabenwahrnehmung unbeeinträchtigt bleiben (vgl. BremStGH, Urteil vom 15. Januar 2002 – St 1/01-, NVwZ 2003, S. 81 ≪83, 85≫; Lange, DÖV 2001, S. 898 ≪903≫). Der parlamentarischen Kontrolle kommt hier besondere Bedeutung zu, weil die Beleihung Privater nicht zu einer Flucht aus der staatlichen Verantwortung für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben führen darf. Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass hinsichtlich einer bestimmten hoheitlichen Aufgabe dieser Verantwortung auf der Grundlage einer Beleihung unter den von ihm gesetzten Rahmenbedingungen ausreichend Rechnung getragen ist, muss sich in der Realität bewahrheiten. Die staatliche Gewährleistungsverantwortung für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung schließt daher, auch für das Parlament, eine entsprechende Beobachtungspflicht ein (vgl. Schmidt-Aßmann, Das Allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2004, S. 172 ff.; Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, 2004, S. 158 f.; Kahl, Die Staatsaufsicht: Entstehung, Wandel und Neubestimmung unter besonderer Berücksichtigung der Aufsicht über die Gemeinden, 2000, S. 308, 355; Spannowsky, ZGR 1996, S. 400 ≪417≫; Bauer, VVDStRL 54 ≪1995≫, S. 243 ≪280≫; Schuppert, in: Gusy, Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 72 ≪83≫; Britz, VerwArch 91 ≪2000≫, S. 418 ff. ≪435≫, m.w.N.). Der demokratische Legitimationszusammenhang bleibt nur gewahrt, wenn das Parlament an der Wahrnehmung dieser Beobachtungspflicht nicht gehindert ist.
bb) In personeller Hinsicht ist eine hoheitliche Entscheidung legitimiert, wenn sich die Bestellung desjenigen, der sie trifft, durch eine ununterbrochene Legitimationskette auf das Staatsvolk zurückführen lässt. Die sachlich-inhaltliche Legitimation wird durch Gesetzesbindung und Bindung an Aufträge und Weisungen der Regierung vermittelt (vgl. BVerfGE 93, 37 ≪67 f.≫; 107, 59 ≪87 f.≫). Personelle und sachlich-inhaltliche Legitimation stehen in einem wechselbezüglichen Verhältnis derart, dass eine verminderte Legitimation über den einen Strang durch verstärkte Legitimation über den anderen ausgeglichen werden kann, sofern insgesamt ein bestimmtes Legitimationsniveau erreicht wird (vgl. BVerfGE 83, 60 ≪72≫; 93, 37 ≪66 f.≫; 107, 59 ≪87 f.≫; SH OLG, Beschluss vom 19. Oktober 2005 – 2 W 120/05 –, R&P 2006, S. 37, juris, Rn. 28). Das Legitimationsniveau muss umso höher sein, je intensiver die in Betracht kommenden Entscheidungen die Grundrechte berühren (vgl. BVerfGE 93, 37 ≪73≫).
b) Das danach erforderliche Legitimationsniveau ist für die im hessischen Maßregelvollzug zu treffenden grundrechtseingreifenden Entscheidungen, einschließlich der Anordnungen nach § 5 Abs. 3 HessMVollzG, ausreichend gewährleistet.
aa) Der Leiter oder die Leiterin der jeweiligen Einrichtung, deren Stellvertreter und die weiteren Ärzte mit Leitungsfunktion sind als Beschäftigte des Landeswohlfahrtsverbandes durch die Bestellungsentscheidung einer öffentlichen Körperschaft personell legitimiert (§ 2 Satz 6 HessMVollzG). Was die personelle Legitimation des Leiters der Einrichtung angeht, kommt hinzu, dass der Landeswohlfahrtsverband über die Neubesetzung der betreffenden Stellen nur im Einvernehmen mit dem Hessischen Sozialministerium entscheiden kann (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Personalgestellungsvertrag).
Die übrigen in der Einrichtung Beschäftigten werden allerdings – soweit es sich nicht um mit Zustimmung des Leiters tätige Dritte handelt (§ 6 Satz 3 BV) – als Bedienstete des privaten Trägers formell von diesem angestellt. Dessen Personalentscheidung vermittelt nicht schon deshalb personelle Legitimation, weil er mit den Aufgaben des Maßregelvollzugs beliehen ist und insoweit unter staatlicher Aufsicht steht (vgl. Nds.StGHE 4, 232 ≪262≫). Die Anstellung aller Bediensteten des privaten Trägers, denen grundrechtsrelevante Vollzugsentscheidungen oder eine Mitwirkung daran obliegen oder zugewiesen werden können, steht aber materiell dadurch in einem personellen Legitimationszusammenhang, dass dem seinerseits personell legitimierten Leiter nach dem Beleihungsvertrag für die Besetzung von Stellen in seinem Geschäftsbereich ein Vorschlagsrecht zusteht (§ 6 Satz 2 BV). Dieses Vorschlagsrecht ist zwar nicht absolut geschützt; beabsichtigt die Geschäftsführung eine Abweichung von dem Vorschlag, so ist die Gesellschafterversammlung des jeweiligen – teils mittelbar, teils unmittelbar öffentlich beherrschten – Einrichtungsträgers anzurufen (§ 6 Satz 5 BV). Die Geschäftsführung ist aber an die fachliche Beurteilung des Leiters der Einrichtung uneingeschränkt gebunden, so dass diesem jedenfalls ein fachliches Vetorecht zusteht (§ 6 Satz 4 BV). Dritte – also andere Personen als das vom Landeswohlfahrtsverband gestellte Leitungspersonal und die Bediensteten des privaten Trägers – dürfen innerhalb der Einrichtung nur mit Zustimmung des Leiters beschäftigt werden (§ 6 Satz 3 BV).
bb) Sachlich-inhaltlich ist die Aufgabenwahrnehmung durch die privatisierten Einrichtungsträger und die dort tätigen Personen durch deren Bindung an das Gesetz in Verbindung mit umfassenden Weisungsbefugnissen der verantwortlichen öffentlichen Träger – bei gleichzeitigem Ausschluss von Weisungen der Geschäftsführung des privaten Trägers im Zuständigkeitsbereich des Leiters der jeweiligen Maßregelvollzugseinrichtung – legitimiert.
(1) § 3 HessMVollzG unterstellt alle Angelegenheiten des Maßregelvollzuges einer Fachaufsicht des Sozialministeriums, die die – auf die zuständigen Regierungspräsidenten delegierbare – Aufgabe der Überwachung der Einrichtungen einschließt (Abs. 1); die Fachaufsichtsbehörde kann den Trägern der Einrichtungen allgemeine Weisungen sowie, wenn die Aufgaben des Maßregelvollzuges nicht im Einklang mit den Gesetzen wahrgenommen oder die erteilten allgemeinen Weisungen nicht befolgt werden, Einzelweisungen erteilen (Abs. 2). Der Landeswohlfahrtsverband untersteht in seiner Eigenschaft als materieller Träger der formell privatisierten Maßregelvollzugskliniken zudem der Fachaufsicht des zuständigen Ministeriums (s.o. A.I.2.a)) und verfügt seinerseits über die weitreichenden Einwirkungsmöglichkeiten, die das Gesellschaftsrecht dem beherrschenden öffentlichen Träger privatrechtlicher Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Rahmen des jeweiligen Gesellschaftszwecks einräumt (vgl. nur Weisel, Das Verhältnis von Privatisierung und Beleihung 2003, S. 225 ff.; Schön, ZGR, 1996, S. 429 ≪435 ff., 444 f.≫, m.w.N., sowie für die im vorliegenden Fall gesellschaftsvertraglich vorgesehenen umfassenden Weisungsrechte der Gesellschafterversammlung § 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der Vitos GmbH und § 11 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der Vitos Haina gGmbH).
Innerhalb der Gesamtverantwortung des aufsichtsunterworfenen Einrichtungsträgers obliegen alle in der jeweiligen Einrichtung zu treffenden Maßnahmen zur Durchführung des Maßregelvollzugs dem Leiter der Einrichtung (§ 4 Abs. 2 Satz 2 BV). In diesem Verantwortungsbereich untersteht der Leiter den Bestimmungen des öffentlichen Rechts und den dem Träger der Maßregelvollzugseinrichtung gemäß § 3 Abs. 3 HessMVollzG erteilten fachaufsichtlichen Weisungen, nicht aber Weisungen des privaten Trägers selbst (§ 5 Abs. 1 BV). Der Leiter wiederum ist gegenüber den in der Einrichtung eingesetzten Mitarbeitern fachlich weisungsberechtigt (§ 5 Abs. 2 BV).
Damit stehen alle unmittelbar grundrechtseingreifenden vollzuglichen Entscheidungen, abgeschirmt gegen potentiell nicht primär fachlich motivierte Einwirkungen, in dem erforderlichen ununterbrochenen, bis zu den einzelnen handelnden Personen reichenden (vgl. Nds.StGHE 4, 232 ≪264 f.≫) Weisungszusammenhang.
(2) Die Fachaufsicht nach § 3 HessMVollzG ist nicht deshalb unzureichend, weil das Gesetz die für jede wirksame Aufsicht erforderlichen Informationsgewinnungs- und Durchsetzungsmittel (vgl. BVerfGE 17, 232 ≪252≫; Trute, DVBl 1996, S. 950 ≪957≫, m.w.N.) nicht ausdrücklich regelt.
Dabei kann hier offen bleiben, ob im Fall der Beleihung Privater die notwendigen aufsichtlichen Befugnisse generell ganz unabhängig von näherer gesetzlicher Regelung bereits aus der – stets einer gesetzlichen Grundlage bedürftigen – Beleihung folgen (vgl. BremStGH, Urteil vom 15. Januar 2002 – St 1/01 –, NVwZ 2003, S. 81 ≪84 f.≫; für in Abwesenheit anderweitiger gesetzlicher Regelung ohne weiteres mit der Beleihung eintretende Fachaufsicht Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 283; ders., in: Festschrift für Schmidt, 2006, S. 293 ≪299≫; Schröder, Die Rechte und Pflichten des verantwortlichen Luftfahrzeugführers nach dem Luftsicherheitsgesetz, 2008, S. 65; für die Notwendigkeit näherer gesetzlicher Aufsichtsregelung dagegen Nds.StGHE 4, 232 ≪265≫; Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 218 ≪220, 223 f.≫; Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, 2002, S. 320; Weisel, Das Verhältnis von Privatisierung und Beleihung, 2003, S. 148, 179, 235; Klüver, Zur Beleihung des Sicherheitsgewerbes mit Aufgaben der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, 2006, S. 115; Wiegand, Die Beleihung mit Normsetzungskompetenzen, 2008, S. 159; Burgi, in: Festschrift für Maurer, 2001, S. 581 ≪592≫; ders., Verwaltungsorganisationsrecht, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, S. 254 ff. ≪323≫; F. Kirchhof, in: Festschrift für Rengeling, 2008, S. 127 ≪137 f.≫; differenzierend zu den Regelungserfordernissen BVerwG, Urteil vom 26. August 2010 – 3 C 35/09 –, juris, Rn. 25). Jedenfalls kann, soweit der Beliehene durch ausdrückliche gesetzliche Regelung einer Aufsicht des verantwortlichen öffentlichen Trägers unterworfen ist und die Aufsichtsmittel nicht näher spezifiziert sind, eine solche gesetzliche Regelung verfassungskonform nur dahin ausgelegt werden, dass die Aufsichtsbefugnis alle zur effektiven Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung erforderlichen Informationsbeschaffungs- und Durchsetzungsbefugnisse einschließt. Einer verfassungskonformen Auslegung in diesem Sinne steht im vorliegenden Fall nichts im Wege. Die in § 3 Abs. 2 HessMVollzG vorgesehene Spezifizierung dahingehend, dass die Fachaufsicht mittels allgemeiner Weisungen und (nur) bei Nichtbefolgung solcher Weisungen oder gesetzlicher Vorgaben durch Einzelweisungen wahrzunehmen ist, begrenzt in einer mit der staatlichen Gewährleistungsverantwortung noch vereinbaren, die Einwirkungsbefugnis bei Rechtsverstößen ungeschmälert belassenden Weise die aufsichtliche Befugnis zur Erteilung von Einzelweisungen; für eine darüber hinausgehende beschränkende Regelungsabsicht ist nichts ersichtlich.
(3) Die Aufgabenwahrnehmung der zuständigen Aufsichtsbehörden, die zu effektiver Aufsicht über die beliehenen Privaten nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sind (vgl. BremStGH, Urteil vom 15. Januar 2002 – St 1/01 –, NVwZ 2003, S. 81 ≪84≫; Rüppel, Privatisierung des Strafvollzugs, 2010, S. 55 f., 123 ff.; Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, 2004, S. 155; Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, 2002, S. 314; Schuppert, DÖV 1998, S. 831 ≪832 f.≫; Pitschas, DÖV 1998, S. 907 ≪908≫; Spannowsky, ZGR 1996, S. 400 ≪413 ff.≫; ders., DVBl 1992, S. 1072 ≪1073 ff.≫; Püttner, DVBl 1975, S. 353 ≪354≫), steht ihrerseits in dem notwendigen demokratischen Legitimationszusammenhang (s.o. unter a)). Dieser ist weder durch eine Geheimhaltung vertraglicher Ausgestaltungen der Aufgabenwahrnehmung (vgl. dazu Trute, DVBl 1996, S. 950 ≪957≫; Schorkopf, NVwZ 2003, S. 1471 ≪1472 ff.≫) noch durch sonstige Beschränkungen der parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten unterbrochen oder beeinträchtigt.
cc) In der Zusammenschau von personeller und sachlich-inhaltlicher Legitimation ergibt sich danach ein hinreichendes Legitimationsniveau.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die nur mit gewissen Einschränkungen personell legitimierten Bediensteten des privaten Trägers nach § 2 Satz 6 HessMVollzG, der die grundrechtseingreifenden Ermessensentscheidungen grundsätzlich den Leitungspersonen vorbehält, grundrechtseingreifende Tätigkeiten nur insoweit ausführen dürfen, als diese durch allgemeine oder fallbezogene Weisungen der Leitungspersonen so programmiert sind, dass keine Ermessensspielräume verbleiben oder im Einzelfall verbleibende Ermessensspielräume durch Angehörige der Leitungsebene ausgefüllt werden.
Soweit daneben § 5 Abs. 3 HessMVollzG Bedienstete des privaten Trägers zu vorläufigen Sicherungsmaßnahmen ermächtigt, bei denen es sich der Formulierung nach („dürfen”) um Ermessensentscheidungen handelt, besteht angesichts der durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägten engen Voraussetzungen für die Zulässigkeit besonderer Sicherungsmaßnahmen (§ 36 Abs. 1 HessMVollzG) allenfalls ein schmaler Ermessensbereich – regelmäßig werden solche Maßnahmen nur zulässig sein, wo sie zugleich geboten sind –, und die Ausfüllung des notwendigen Beurteilungsspielraums unterliegt durch die Pflicht zu unverzüglicher Unterrichtung des Leiters der Einrichtung (§ 5 Abs. 3 Satz 2 HessMVollzG) einer auch präventiv wirksamen Rückkoppelung an dessen Weisungsgewalt.
c) Auch außerhalb des Bereichs unmittelbar grundrechtseingreifender Vollzugsentscheidungen ist ein Defizit an demokratischer Legitimation der Aufgabenwahrnehmung nicht festzustellen. Ein hohes Legitimationsniveau ist hier, wegen ihrer Bedeutung für die Möglichkeit grundrechtskonformer Aufgabenwahrnehmung, besonders für Entscheidungen über die erforderliche Ausstattung der Vollzugseinrichtungen mit den für die Aufgabenerfüllung notwendigen Mitteln zu verlangen. Die insoweit wesentlichen Entscheidungen über Budgets und Pflegesätze waren und sind nach Anhörung der Träger der Einrichtungen durch das zuständige Fachministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium, also in uneingeschränkter demokratischer Verantwortlichkeit, zu treffen (§ 31 Abs. 1 HessMittelstufengesetz; nunmehr § 19 Abs. 1 Gesetz über den Landeswohlfahrtsverband Hessen). Hinsichtlich untergeordneter Entscheidungen zur einrichtungsinternen Ressourcenverwendung, in Bezug auf die systemische Fehlanreize nicht zu erkennen sind, reichen die vorhandenen Aufsichtsbefugnisse und gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten aus.
4. Nach alledem ist § 5 Abs. 3 HessMVollzG auch unter dem Gesichtspunkt ausreichenden Schutzes vor ungerechtfertigten Grundrechtseingriffen nicht zu beanstanden.
5. Die Verfassungsbeschwerde kann demnach keinen Erfolg haben. Über seine die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Eingriffsgrundlage betreffenden Rügen hinaus hat der Beschwerdeführer Grundrechtsverstöße durch die angegriffenen Entscheidungen – etwa im Hinblick auf die geprüften Rechtsgrundlagen für die erfolgte Anwendung unmittelbaren Zwangs (vgl. § 63 Abs. 3 Nr. 1a HessSOG i.V.m. § 2 Sätze 3 bis 6 HessMVollzG), das Vorliegen der gesetzlichen Eingriffsvoraussetzungen oder die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung des Einrichtungsleiters nach § 5 Abs. 3 Satz 2 HessMVollzG – nicht geltend gemacht. Unabhängig von der Frage, inwieweit entsprechende Rügen ohnehin aus Subsidiaritätsgründen unzulässig gewesen wären, fällt auch nicht ins Auge, dass die angegriffenen Entscheidungen im Ergebnis anders hätten ausfallen müssen, als sie ausgefallen sind. Ungerügte Gesichtspunkte von Amts wegen aufzugreifen (vgl. BVerfGE 70, 138 ≪162≫; 124, 235 ≪241 f.≫), besteht daher keine Veranlassung.
Unterschriften
Voßkuhle, Di Fabio, Der Richter Mellinghoff ist aus dem Amt ausgeschieden und deshalb an der Unterschrift gehindert. Voßkuhle, Lübbe-Wolff, Gerhardt, Landau, Huber, Hermanns
Fundstellen
Haufe-Index 2883638 |
BVerfGE 2012, 76 |