Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des § 93 Abs. 1 Nr. 1 LAG
Leitsatz (amtlich)
Die Ausdehnung der Hypothekengewinnabgabe auf Eheleute unter Abweichung von dem Grundsatz der Identität zwischen Schuldner und Grundstückseigentümer (§ 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG) verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 GG.
Normenkette
GG Art. 6; LAG § 91
Tatbestand
A.
1. Nach § 91 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz, im folgenden: LAG) vom 14. August 1952 (BGBl. I S. 446) wird die Hypothekengewinnabgabe erhoben auf Schuldnergewinne aus der Umstellung 10: 1 von Reichsmark-Verbindlichkeiten, die am 20. Juni 1948 durch Grundpfandrechte an einem im Geltungsbereich des Grundgesetzes belegenen Grundstück des Schuldners gesichert waren.
Abweichend von dem in dieser Bestimmung enthaltenen „Grundsatz der Identität” des persönlichen Schuldners mit dem Eigentümer des Sicherungsobjekts bestimmt § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG:
„Grundstücken des Schuldners stehen bei der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 gleich
1. Grundstücke im Eigentum einer Person, bei der nach § 11 des Vermögensteuergesetzes die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung mit dem Schuldner zur Vermögensteuer für das Kalenderjahr 1949 vorgelegen haben,”.
2. Die Berufungsführerin des Ausgangsverfahrens war am 20. Juni 1948 Mitglied einer Erbengemeinschaft, die Eigentümerin eines Grundstücks in … war. Auf diesem Grundstück lastete wegen einer persönlichen Schuld des Ehemanns der Berufungsführerin eine Grundschuld. Daher wurde die Berufungsführerin zusammen mit ihrem Ehemann nach § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG in Verbindung mit der 19. AbgabenDV-LA zur Hypothekengewinnabgabe herangezogen. Nach insoweit erfolglosem Einspruch ist das Berufungsverfahren beim Finanzgericht … anhängig.
3. Das Finanzgericht hat durch Beschluß vom 3. August 1961 – RML I 181/59 – das Verfahren ausgesetzt und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber beantragt, ob § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG mit Art. 6 GG vereinbar sei. Die Bestimmung verstoße gegen Art. 6 GG, weil sie Eheleute benachteilige.
4. Der Bundesminister der Finanzen hält § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG für vereinbar mit Art. 6 GG. Bei der Hypothekengewinnabgabe handele es sich um eine Objektsteuer. Die Regelung beruhe – wie auch andere Bestimmungen des Lastenausgleichsgesetzes – auf wirtschaftlicher Betrachtungsweise. Es fehle ferner bei Nichtverheirateten an einem vergleichbaren Tatbestand; denn diesen sei es nicht so leicht wie Verheirateten möglich, das Grundstück eines anderen zur Sicherung eines Kredits zu belasten. Die Interessenlage und demgemäß auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Beziehungen seien in den beiden Fällen grundlegend verschieden. Die Regelung des § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG berücksichtige gerade diese Besonderheit der Ehe als Gemeinschaft der Eheleute, die sich in den von dieser Bestimmung erfaßten Fällen dadurch gezeigt habe, daß der eine Ehegatte sein Grundstück dem anderen freiwillig zur Sicherung eines Kredits zur Verfügung gestellt habe. Damit entspreche die Bestimmung den von ihr betroffenen Lebensverhältnissen. Endlich enthalte das Lastenausgleichsgesetz auch verschiedene ehefreundliche Bestimmungen, so den § 97 Abs. 1 Nr. 8, der ebenfalls von der Ehe als einer wirtschaftlichen Gemeinschaft ausgehe.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlage ist zulässig. Die Verfassungsmäßigkeit des § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG ist für das vorlegende Gericht entscheidungserheblich. Jedoch bedarf es einer Einschränkung: § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG erfaßt durch seine Bezugnahme auf § 11 des Vermögensteuergesetzes nicht nur Eheleute. Nur um solche handelt es sich aber im Ausgangsverfahren. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist hierauf zu beschränken (vgl. Beschluß vom 11. Oktober 1962 – 1 BvL 22/57).
C.
§ 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG ist, soweit er Eheleute betrifft, mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar und daher nichtig.
1. Die zur Nachprüfung gestellte Norm ist an Art. 6 Abs. 1 GG zu messen. Die Hypothekengewinnabgabe weist zwar durch ihre Anknüpfung an dingliche Belastungen und vor allem durch die Begründung einer öffentlichen Last auf dem Grundstück (§ 111 Abs. 1 LAG) gewisse Merkmale einer Objektsteuer auf. Entscheidend ist aber, daß gerade die zu prüfende Bestimmung, indem sie Ehegatten in ihrer Eigenschaft als Verheiratete trifft, dieses subjektive Moment als maßgeblich für die Erweiterung der Abgabepflicht einführt. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Besonderheit, die allein in Frage steht, ist an Art. 6 Abs. 1 GG zu messen (BVerfGE 13, 290 [297, 303]). Denn Art. 6 Abs. 1 GG verbietet grundsätzlich bei staatlichen Eingriffen wie der Besteuerung eine an die Ehe anknüpfende Benachteiligung. Entscheidend ist also allein die Tatsache dieser Benachteiligung; mit welchen Mitteln der Eingriff erfolgt, ist gleichgültig (BVerfGE 13, 290 [299] mit weiteren Nachweisen; 13, 318 [330]; 14, 34 [39]).
2. Art. 6 Abs. 1 GG wäre allerdings nicht verletzt, wenn die für die gesetzliche Einführung des „Prinzips der Identität” (§ 91 Abs. 1 Nr. 1 LAG) maßgebenden Verhältnisse auch bei den Eheleuten gegeben wären (BVerfGE 11, 50 [58]; 14, 34 [39]).
Maßgebend für das Erfordernis der Identität des Eigentümers des belasteten Grundstücks und des persönlichen Schuldners war der Gedanke, daß die Hypothekengewinnabgabe nur dann erhoben werden soll, wenn der Gewinn des persönlichen Schuldners aus der Umstellung nicht nur in der Verminderung seiner persönlichen Schuld, sondern auch in der – oft als „Werterhaltung” bezeichneten – entsprechenden Entlastung seines für jene Schuld verhafteten Grundstücks bestanden hat. Es kommt also darauf an, ob diese „Werterhaltung” des Grundstücks dem persönlichen Schuldner neben seinem Schuldnergewinn auch dann zufließt, wenn der Grundstückseigentümer mit ihm verheiratet ist. Nur dann ist die gesetzliche Fiktion der „Identität” bei Eheleuten gerechtfertigt. Dabei ist von den Fällen dauernden getrennten Lebens abzusehen, weil diese nach § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG in Verbindung mit § 11 des Vermögensteuergesetzes nicht erfaßt werden.
Der Bundesminister der Finanzen trägt hierzu vor, die wirtschaftliche Gemeinschaft unter Eheleuten führe dazu, daß dem einen die „Werterhaltung” des Grundstücks, das dem anderen gehört, praktisch ebenfalls zugute komme; deshalb vereinige sich auch hier die wirtschaftliche Auswirkung des Schuldnergewinns mit der „Werterhaltung” des Grundstücks wie in einer Person.
Es ist nicht zu verkennen, daß die Hergabe des Grundstücks eines Ehegatten zur Sicherung der persönlichen Schuld des anderen regelmäßig auf der ehelichen Beziehung beruht, nämlich auf der besonderen persönlichen Bereitschaft des Grundstückseigentümers, mit Einsatz seiner Mittel dem Ehegatten wirtschaftlich behilflich zu sein und dadurch auch in der Regel die gemeinsame wirtschaftliche Grundlage der Ehe zu verbessern. Es wird sogar oft so sein, daß der persönliche Schuldner einen Kredit nicht oder nicht unter den gleichen Bedingungen bekommen würde, wenn nicht der Ehegatte sein Grundstück für die dingliche Sicherung hergäbe. Die Praxis der Kreditinstitute, in der Regel sogar die persönliche Haftung beider Ehegatten zu verlangen, bestätigt das. In gewissem Umfange mag also der Ehegatte, der der Grundstückseigentümer ist, die Kreditaufnahme des anderen Ehegatten auch als seine eigene Angelegenheit betrachten. Er mag damit sogar u. U. der aus der ehelichen Lebensgemeinschaft fließenden sittlichen Verpflichtung zur Hilfe gegenüber dem anderen Ehegatten entsprechen.
Das gesetzliche Güterrecht begründet aber weder eine Gemeinschaft des Eigentums noch der Verwaltung, noch der Benutzung. Sowohl das frühere, seit 1900 geltende, wie das heutige gesetzliche Güterrecht und das gesetzliche Erbrecht halten die Vermögen der Ehegatten getrennt (BVerfGE 12, 180 [197]; 13, 290 [308]). Daraus ergibt sich, daß Eheleute bezüglich der Substanz der Vermögensmassen so zu behandeln sind, wie wenn sie unverheiratet wären. Diese Rechtsgestaltung ist maßgeblich auch für die Garantie des Art. 6 Abs. 1 GG. Ob sie ausschlösse, das eheliche Güterrecht grundsätzlich anders zu regeln, kann offenbleiben; solange diese Grundsätze das eheliche Güterrecht beherrschen, widerspricht es der Garantie des Art. 6 Abs. 1 GG, wenn ein einzelnes Gesetz zuungunsten der Eheleute entgegengesetzte Regelungen trifft. Denn die Institution der Ehe ist nicht abstrakt, sondern in der Ausgestaltung gewährleistet, die unseren heute herrschenden Anschauungen entspricht, wie sie in der konsequent beibehaltenen gesetzlichen Regelung maßgeblichen Ausdruck gefunden haben. Entsprechendes gilt für die Abwehrrechte des Bürgers aus Art. 6 Abs. 1 GG. Die für die gesetzliche Behandlung der Vermögen von Eheleuten maßgebenden Gesichtspunkte sind demnach für Unverheiratete und Verheiratete nicht wesentlich verschieden.
3. Demgegenüber kann nicht geltend gemacht werden daß das Lastenausgleichsgesetz generell auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise statt auf eine rechtliche abstelle. Das Bundesverfassungsgericht hat die allgemeine wirtschaftliche Betrachtungsweise im Abgabenrecht nicht grundsätzlich mißbilligt (BVerfGE 13, 318 [328 f.]). Dieser Gesichtspunkt könnte aber von vornherein gegenüber der Verfassungsnorm des Art. 6 Abs. 1 GG nur in Betracht kommen, wenn der Lastenausgleich kraft seiner Natur und deshalb auch durchgängig in besonderem Maße eine wirtschaftliche Betrachtung erforderte; dann könnte allenfalls angenommen werden, daß die Norm des Art. 6 Abs. 1 GG diese besondere Materie nicht in gleicher Weise erfassen wolle wie andere Materien. Das ist jedoch nicht der Fall. Der soziale Charakter, der die Leistungen aus dem Lastenausgleich beherrscht, hat nichts zu tun mit dem Problem, ob bei der Aufbringung der Mittel für den Lastenausgleich statt der für die ehelichen Vermögensverhältnisse geltenden Rechtsgrundsätze eine andere, wirtschaftliche Betrachtung zugrunde gelegt werden darf. Dementsprechend hat auch das Lastenausgleichsgesetz in § 91 Abs. 2 durch die Bezugnahme auf § 11 des Steueranpassungsgesetzes nur in dem relativ begrenzten Rahmen von Sicherungsübereignungen, Treuhandverhältnissen usw. eine wirtschaftliche Betrachtungsweise vorgeschrieben.
4. Die Benachteiligung entfällt auch nicht deshalb, weil sie etwa durch Vorteile in anderen Bestimmungen des Lastenausgleichsgesetzes kompensiert würde. Eine gesetzliche Benachteiligung ist zwar hinzunehmen, wenn die allgemeine Tendenz des Gesetzes auf Gleichbehandlung ausgeht und Eheleute teilweise begünstigt, teilweise benachteiligt, die gesetzliche Regelung im ganzen also „eheneutral” ist (BVerfGE 11, 50 [59]; 12, 151 [167]; 12, 180 [191]). Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß die gesetzlichen Vorteile denen zugute kommen, die zu den von der Benachteiligung konkret Betroffenen gehören; hingegen dürfen nicht Begünstigungen von Personen als „Kompensation” herangezogen werden, die von der Benachteiligung nicht berührt sind (BVerfGE 12, 151 [168]). § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG ist danach für eine Kompensation nicht geeignet. Auch diese begünstigende Bestimmung knüpft zwar an die Ehe an; sie hat aber schon an sich für die Hypothekengewinnabgabe nur geringe Bedeutung, denn es kommt selten vor, daß Verbindlichkeiten zwischen Eheleuten überhaupt dinglich gesichert werden. Vor allem aber kommt sie regelmäßig nicht denjenigen Eheleuten zugute, die von der Benachteiligung des § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG betroffen werden; denn dazu müßte einer von zwei noch selteneren Ausnahmefällen vorliegen: es müßte eine dingliche Sicherung am Grundstück desjenigen Ehegatten bestehen, der zugleich selbst der Gläubiger ist; oder es müßten in einer Ehe mehrere Schuldverhältnisse vorliegen, das eine zwischen einem der Ehegatten und einem Dritten mit der Folge der Belastung nach § 91 Abs. 3 Nr. 1, das andere zwischen den beiden Ehegatten mit der Folge der Begünstigung nach § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG. Das aber wären seltene, zum Teil konstruierte Ausnahmefälle. § 97 Abs. 1 Nr. 8 LAG ist deshalb keine verfassungsrechtlich relevante Kompensation.
5. Die Benachteiligung wird auch nicht durch andere Gründe gerechtfertigt.
a) Die Unterhaltsgemeinschaft der Ehegatten kann die Bestimmung des § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG nicht rechtfertigen. Die Unterhaltspflicht hat nur für die Gestaltung der Probleme Bedeutung, für die der notwendige oder standesgemäße Lebensbedarf und die zu seiner Befriedigung vorhandenen Mittel wesentlich sind. Die Hypothekengewinnabgabe auf Grund der Bestimmung des § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG kann aber nicht auf den wechselseitigen Unterhaltsansprüchen der Eheleute aufbauen, sondern stellt zwangsweise eine Art teilweiser steuerlicher Gütergemeinschaft her oder setzt sie voraus, obwohl sie nicht gegeben ist (BVerfGE 12, 180 [196 f.]; 13, 290 [308]).
b) Der Bundesminister der Finanzen vertritt die Auffassung, die Identitätsfiktion des § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG knüpfe im Grunde nur an eine eigene Identifikation an, die speziell die von dieser Bestimmung betroffenen Ehegatten bei den konkreten Kreditgeschäften, die von jener Bestimmung erfaßt werden, früher freiwillig selbst vorgenommen hätten; sie nehme diese Eheleute gewissermaßen nur bei ihrem früheren Wort. Das mag allenfalls dann gelten, wenn der Eigentümer-Ehegatte auch die persönliche Schuld mitübernommen hatte. Gerade für diesen Fall aber hängt die Pflicht zur Zahlung der Hypothekengewinnabgabe nicht von § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG ab, sondern ergibt sich schon aus § 91 Abs. 1. In den übrigen Fällen, für die also § 91 Abs. 3 Nr. 1 allein in Betracht kommt, war teilweise die Freiwilligkeit der Hergabe des Grundstücks zur Sicherung des Kredits des anderen Ehegatten nur formal, in Wirklichkeit aber durch eine wirtschaftliche oder sittliche Zwangslage bestimmt, und ist es jedenfalls nicht zur vollen Identifikation des Eigentümers-Ehegatten mit der persönlichen Verbindlichkeit des anderen gekommen. Deshalb besteht nicht die Möglichkeit, § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG auf diese Weise zu rechtfertigen.
c) Bei der Regelung handelt es sich auch nicht um eine unbeachtliche Nebenfolge (BVerfGE 11, 50 [60]). Der Bundesminister der Finanzen weist zwar darauf hin, daß die praktische Bedeutung des § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG gering sein dürfte, da in der Regel die Banken, die hauptsächlich als Kreditgeber in Frage kommen, von beiden Eheleuten die persönliche Schuldübernahme verlangen. Wo das geschehen war, sei die Hypothekengewinnabgabe bereits auf Grund der Bestimmung des § 91 Abs. 1 Nr. 1 LAG zu zahlen. Man kann annehmen, daß in der Mehrzahl der Fälle Eheleute hiernach sowieso Hypothekengewinnabgabe bezahlen müssen.
Der Hinweis ist aber nicht geeignet, die Benachteiligung zu rechtfertigen; denn wenn es im konkreten Fall auf die Bestimmung des § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG ankommt, dann wirkt sie nicht nur rechtlich überhaupt erst abgabebegründend, sondern in der Regel auch wirtschaftlich einschneidend.
6. Bestehen keine besonderen Umstände, die die Benachteiligung von Eheleuten durch § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG rechtfertigen könnten, so verstößt diese Bestimmung gegen Art. 6 Abs. 1 GG, soweit sie Grundstücken des Schuldners Grundstücke gleichstellt, die im Eigentum seines Ehegatten stehen.
7. Die Anknüpfung der Hypothekengewinnabgabe an das „Prinzip der Identität” ist, wie der Bundesminister der Finanzen vorgetragen hat, nach Prüfung anderer Regelungsmöglichkeiten gewählt worden. Man hat sich schließlich mit der dadurch begrenzten Abgabepflicht begnügt, weil andere, ausgedehntere Regelungen aus den verschiedensten Gründen nicht angebracht erschienen. § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG ist im Rahmen des Lastenausgleichsgesetzes überhaupt und für die Hypothekengewinnabgabe im besonderen zu unbedeutend, als daß von seinem Fortbestehen die prinzipielle Wahl des Identitätsprinzips abhängen kann (BVerfGE 8, 28 [37]; 8, 274 [301]; Beschluß vom 11. Oktober 1962 – 1 BvL 14/61). § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG kann deshalb in dem hier erörterten Umfang für nichtig erklärt werden.
8. Nicht zu entscheiden ist die Frage, ob bei Vereinbarung eines besonderen ehelichen Güterstandes eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung geboten wäre, wenn überhaupt § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG auf einen solchen Fall anwendbar sein sollte.
Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens konnte auch nicht entschieden werden, ob die Heranziehung zur Hypothekengewinnabgabe in voller Höhe etwa auch deshalb bedenklich war, weil die Berufungsführerin nur als Mitglied einer Erbengemeinschaft Grundstückseigentümerin war. Auf diese Frage könnte es für das vorlegende Gericht nur ankommen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Bestimmung des § 91 Abs. 3 Nr. 1 LAG für vereinbar mit der Verfassung erklärt hätte; in diesem Falle aber hätte das Finanzgericht über jene verfassungsrechtliche Frage selbst zu entscheiden, weil die Heranziehung insoweit nur auf einer Rechtsverordnung beruht (BVerfGE 1, 184 [198]). Deshalb hat das Finanzgericht mit Recht diese Frage nicht zur Entscheidung vorgelegt.
Fundstellen
Haufe-Index 1049560 |
BStBl I 1963, 488 |