Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahlvorschlag, Widerruf von Unterschriften auf einem – vor Einreichung. Widerruf, – von Unterschriften auf einem Wahlvorschlag vor Einreichung. Mängelbeseitigung, keine – bei ungültigem Wahlvorschlag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unterschriften auf einem Wahlvorschlag für eine Wahl zum Personalrat können bis zur Einreichung des Wahlvorschlages gegenüber dem Wahlvorstand wirksam widerrufen werden (im Anschluß an BVerwGE 37, 162)

2. Der Mangel eines Wahlvorschlages, der darin besteht, daß der Wahlvorschlag als Folge des vorherigen Widerrufs von Unterschriften bei Einreichung nicht mehr die erforderliche Zahl von Unterschriften aufweist, ist nicht heilbar. Der Wahlvorstand darf den Wahlvorschlag daher nicht zur Beseitigung dieses Mangels zurückgeben.

 

Normenkette

BPersVG § 25; BPersVWO § 10 Abs. 4-5; BGB § 130

 

Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Beschluss vom 18.11.1982; Aktenzeichen 18 C 82 A. 1359)

VG Ansbach (Entscheidung vom 10.05.1982; Aktenzeichen 7 P 82 A. 455)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. November 1982 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller ficht die im März 1982 durchgeführte Wahl der Bezirksjugendvertretung bei der Oberpostdirektion Nürnberg, der Beteiligten zu 1), an, weil ein Wahlvorschlag mit dem Kennwort „Postverbandsjugend und Christliche Gewerkschaftsjugend” vom Wahlvorstand nicht zugelassen worden ist. Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen zu der genannten Wahl, welche von mindestens 99 Wahlberechtigten unterschrieben sein mußten, endete nach dem Wahlausschreiben am 22. Januar 1982. An diesem Tage übergab der Listenvertreter dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes um 11.35 Uhr einen Wahlvorschlag mit dem Kennwort „Postverbandsjugend und Christliche Gewerkschaftsjugend” mit 113 Unterschriften. Der Vorsitzende des Wahlvorstandes strich 16 der Unterschriften mit der Begründung, sie seien in schriftlichen Erklärungen der Unterzeichner, die dem Wahlvorstand bereits vor Einreichung des Wahlvorschlages zugegangen seien, widerrufen worden. Den Wahlvorschlag, der jetzt nicht mehr die erforderliche Zahl von Unterschriften trug, gab er dem Listenvertreter mit dem Bemerken zurück, er möge die fehlenden Unterschriften binnen einer Frist von 3 Arbeitstagen nachbringen. Nachdem er die Rechtslage geprüft hatte, widerrief der Vorsitzende des Wahlvorstandes die erteilte Auskunft in einen am gleichen Tage um 16.00 Uhr mit dem Listenvertreter geführten Ferngespräch und teilte ihm mit, der am Vormittag eingereichte Wahlvorschlag sei unheilbar ungültig, es könne nur ein neuer Wahlvorschlag eingereicht werden.

Am 22. Januar 1982 um 16.15 Uhr trat der Wahlvorstand zu einer Sitzung zusammen, die um 17.45 Uhr endete und in der der Beschluß gefaßt wurde, der Wahlvorschlag „Postverbandsjugend und Christliche Gewerkschaftsjugend” sei ungültig, eine Nachbesserungsfrist könne nicht gewährt werden. Diesen Beschluß stellte der Vorsitzende des Wahlvorstandes dem Listenvertreter in der Weise zu, daß er das Schreiben in der auf dem Wahlvorschlag als Adresse angegebenen Wohnung der dort anwesenden und zur Entgegennahme bereiten Mutter des Listenvertreters übergab.

Auf einen Antrag des Landesvorsitzenden des Deutschen Postverbandes befaßte sich der Wahlvorstand am 25. Januar 1982 erneut mit dem Wahlvorschlag „Postverbandsjugend und Christliche Gewerkschaftsjugend”, ohne zu einem anderen Entschluß zu gelangen.

Am 27. Januar 1982 reichte der Listenvertreter den Wahlvorschlag „Postverbandsjugend und Christliche Gewerkschaftsjugend”, der nunmehr mit 105 Unterschriften versehen war, erneut ein. Der Wahlvorstand wies den Wahlvorschlag als verspätet zurück.

Der Antragsteller hat daraufhin im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren beantragt,

die Wahl zur Bezirksjugendvertretung bei der Oberpostdirektion Nürnberg für ungültig zu erklären.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt; die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers blieb erfolglos, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Die Verfahrensweise des Wahlvorstandes sei nicht zu beanstanden. Der dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes am 22. Januar 1982 übergebene Wahlvorschlag sei ungültig gewesen, weil er nicht mehr von der erforderlichen Zahl von Wahlberechtigten unterschrieben gewesen sei, nachdem 16 Unterzeichner ihre Unterschrift wirksam widerrufen hatten. Der ergänzte Wahlvorschlag, der dem Wahlvorstand am 27. Januar 1982 übergeben worden sei, habe nicht berücksichtigt werden dürfen, weil zu diesem Zeitpunkt Wahlvorschläge nicht mehr hätten eingereicht werden können, nachdem die im Wahlausschreiben gesetzte Einreichungsfrist abgelaufen war.

Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren sei auch nicht darin zu erblicken, daß der Vorsitzende des Wahlvorstandes dem Listenvertreter bei der Einreichung des Wahlvorschlags am 22. Januar 1982 erklärt habe, die fehlenden Unterschriften könnten binnen 3 Arbeitstagen nachgebracht werden. Diese Erklärung sei zwar unrichtig gewesen, der Listenvertreter habe sie aber auch nicht als verbindlich ansehen dürfen, weil der Vorsitzende des Wahlvorstandes nicht von sich aus für dieses Gremium handeln dürfe, sondern nur auf der Grundlage von Beschlüssen, die der Wahlvorstand gefaßt habe. Daß der Wahlvorstand über die Gewährung einer Nachbesserungsfrist aber nicht entschieden haben konnte, sei für den Listenvertreter ebenso offenkundig gewesen wie der Umstand, daß der Vorsitzende des Wahlvorstandes keine Entscheidungen für den Wahlvorstand habe treffen können. Sollte der Listenvertreter gleichwohl angenommen haben, die Auskunft des Vorsitzenden des Wahlvorstandes sei verbindlich, dann beruhe das auf Unkenntnis der Grundvorschriften des Wahlverfahrens, die er sich selbst zuzuschreiben habe. Im übrigen habe der Vorsitzende des Wahlvorstandes den ihm unterlaufenen Fehler dadurch behoben, daß er den Listenvertreter um 16.00 Uhr angerufen und ihn über die Rechtslage unterrichtet habe. Dies stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Das Telefongespräch habe auch so rechtzeitig stattgefunden, daß der Listenvertreter die fehlenden Unterschriften noch am gleichen Tage hätte einholen und den vervollständigten Wahlvorschlag erneut hätte einreichen können. Daran sei er auch nicht deswegen gehindert gewesen, weil die telefonische Auskunft des Vorsitzenden des Wahlvorstandes in ihm die Vorstellung habe erwecken können, er dürfe nur einen gänzlich neuen Wahlvorschlag vorlegen, der die als gültig erachteten 97 Unterschriften nicht mehr enthalte. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Auskunft des Vorsitzenden des Wahlvorstandes von ihm nur so aufgefaßt werden können, daß ein mit der erforderlichen Zahl von Unterschriften versehener Vorschlag erneut vorzulegen sei.

Der Wahlvorstand habe auch rechtzeitig über die Gültigkeit des am 22. Januar 1982 eingereichten Wahlvorschlages „Postverbandsjugend und Christliche Gewerkschaftsjugend” entschieden. Das Gespräch des Listenvertreters mit dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes sei an diesem Tage gegen 12.00 Uhr beendet worden. Anschließend habe der Vorsitzende des Wahlvorstandes die Mittagspause verbringen dürfen, ohne sofort Maßnahmen in die Wege zu leiten. Sodann habe er, dem um diese Zeit bereits Zweifel an der Richtigkeit der dem Listenführer zuvor mündlich gegebenen Auskunft gekommen waren, sich mit Recht zunächst Gewißheit über die Rechtslage verschafft, um seine Auskunft unverzüglich richtigstellen zu können. Daß sich dies bis etwa 15.00 Uhr hinzog, sei ihm nicht vorzuwerfen. Im Anschluß daran habe er den Wahlvorstand einberufen. Dabei sei es zwar zu Verzögerungen gekommen; diese könnten dem Wahlvorstand aber nicht als schuldhaftes Zögern angelastet werden. Ein schuldhaftes Zögern sei auch nicht darin zu erkennen, daß der Vorsitzende des Wahlvorstandes sich zunächst darum bemüht habe, den Listenvertreter telefonisch von seiner geänderten Rechtsauffassung zu unterrichten. Schließlich habe es der Wahlvorstand auch nicht zu vertreten, daß der Listenvertreter von dem am 22. Januar 1982 gefaßten Beschluß nicht so schnell Kenntnis erlangt habe, wie das möglich gewesen wäre, wenn er sich zur Entgegennahme von Erklärungen des Wahlvorstandes bereitgehalten hätte. Die Form, in der ihm der Vorsitzende des Wahlvorstandes diesen Beschluß zur Kenntnis gebracht habe, sei unter Berücksichtigung der Umstände nicht zu beanstanden. Nach Lage der Dinge sei es dem Listenvertreter allerdings nur schwer möglich gewesen, den Wahlvorschlag nach der Beschlußfassung des Wahlvorstandes noch am 22. Januar 1982 zu vervollständigen. Dies sei jedoch die Folge dessen gewesen, daß der Wahlvorschlag erst am letzten Tag der Einreichungsfrist gegen Mittag eingereicht worden sei, und deswegen von der hinter dem Wahlvorschlag stehenden Gruppe zu vertreten.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der er beanstandet, daß das Beschwerdegericht § 10 Abs. 5 der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz nicht sinngemäß auf den vorliegenden Fall angewendet hat. Er meint, der im Personalvertretungsrecht besonders ausgeprägte Grundsatz der Chancengleichheit gebiete es, in dem Fall, daß Unterschriften unter einem Wahlvorschlag bereits vor dessen Einreichung zurückgezogen würden, ebenso zu verfahren, wie es § 10 Abs. 5 der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz für den Fall der Zurückziehung von Unterschriften nach Einreichung des Wahlvorschlages vorschreibe.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. November 1982 sowie den Beschluß des Verwaltungsgerichts Ansbach – Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten – vom 10. Mai 1982 zu ändern und die in der Zeit vom 9. bis 11. März 1982 durchgeführte Wahl zur Bezirksjugendvertretung bei der Oberpostdirektion Nürnberg für ungültig zu erklären.

Die Beteiligten zu 1) und 2) treten der Rechtsbeschwerde mit der Auffassung entgegen, die Formenstrenge des personalvertretungsrechtlichen Wahlverfahrens schließe die analoge Anwendung des § 10 Abs. 5 der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz auf den vorliegenden Fall aus.

Der Beteiligte zu 3) hat sich zur Rechtsbeschwerde nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Antragsteller ficht die im März 1982 durchgeführte Wahl zur Bezirksjugendvertretung bei der Oberpostdirektion Nürnberg, der Beteiligten zu 1), ohne durchgreifenden rechtlichen Grund an; der Wahlvorstand hat bei der Vorbereitung und Durchführung dieser Wahl nicht gegen Vorschriften im Sinne des § 25 BPersVG verstoßen.

Den Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung bildet § 10 der Wahlordnung zum BundespersonalvertretungsgesetzBPersVWO – vom 23. September 1974 (BGBl. I S. 2337). Diese Vorschrift unterscheidet zwischen ungültigen Wahlvorschlägen, d.h. solchen, die an einem nicht rechtswirksam behebbaren Fehler leiden (§ 10 Abs. 2 BPersVWO), und unvollständigen oder nach ihrer Einreichung – als Folge des Vorgehens des Wahlvorstandes gemäß § 10 Abs. 4 BPersVWO – unvollständig gewordenen Wahlvorschlägen, welche nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 Satz 1 BPersVWO noch vervollständigt werden können. Ungültig ist nach der – nicht abschließenden (vgl. Beschluß vom 13. März 1973 – BVerwG 7 P 1.72 – [ZBR 1973, 182 = PersV 1973, 143])– Aufzählung in § 10 Abs. 2 BPersVWO u.a. ein Wahlvorschlag, der bei der Einreichung, also im Zeitpunkt seines Eingangs bei dem Wahlvorstand (§ 10 Abs. 1 BPersVWO), nicht die nach § 19 Abs. 46 BPersVG, § 8 Abs. 2 BPersVWO erforderliche Anzahl von Unterschriften aufweist. Ob das der Fall ist, beurteilt sich nicht allein danach, ob für den Wahlvorschlag eine nach den genannten Vorschriften genügende Zahl von Unterschriften ordnungsgemäß (vgl. dazu BVerwGE 56, 208) geleistet worden ist. Der Wahlvorstand hat vielmehr auch zu prüfen, ob die Unterschriften noch mit dem Willen der einzelnen Unterzeichner auf dem Wahlvorschlag enthalten sind. Denn wie das Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 37, 162 (165 f.) dargelegt hat, kann der Unterzeichner eines Wahlvorschlages seine Unterschrift bis zur Einreichung des Wahlvorschlages gegenüber dem Wahlvorstand mit der Folge widerrufen, daß dies zu berücksichtigen ist und zur Ungültigkeit des Wahlvorschlages führen kann. Das läßt sich allerdings weder unmittelbar noch sinngemäß aus § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB ableiten, wonach eine Willenserklärung dann nicht wirksam wird, wenn dem Empfänger schon vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht. Denn die sich in dem Wahlvorschlag ausdrückende Willenserklärung der Unterzeichner, bestimmte Wahlbewerber zur Wahl vorzuschlagen, richtet sich weder an den Listenvertreter noch an den Wahlvorstand, sondern an die Gesamtheit der wahlberechtigten Bediensteten (BVerwGE 37, a.a.O.). Wird diesen der Wahlvorschlag nicht bekannt, weil er vom Wahlvorstand gemäß § 10 Abs. 2 BPersVWO zurückgegeben worden ist, können die Wirkungen des § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht eintreten. Daß Unterschriften, welche vor Einreichung des Wahlvorschlages gegenüber dem Wahlvorstand widerrufen wenden, gleichwohl schon bei der Prüfung des Wahlvorschlages durch den Wahlvorstand unter dem Blickwinkel der zweiten Alternative des § 10 Abs. 2 BPersVWO unberücksichtigt bleiben müssen, beruht auf der wahlrechtlichen Besonderheit, daß die Unterschrift auf einem Wahlvorschlag im Hinblick auf § 19 Abs. 46 BPersVG, § 8 Abs. 2 BPersVWO bereits rechtliche Wirkung äußert, bevor die Erklärung, die der Unterzeichner mit ihrer Abgabe in seinen Willen genommen hat, die Empfänger erreicht, für die sie bestimmt ist, d.h. die wahlberechtigten Bediensteten. Schon vor ihrem Zugang bei den Empfängern ist sie nämlich mitentscheidend dafür, ob der Wahlvorschlag gültig ist, ob er die mit ihm beabsichtigte Erklärungswirkung also überhaupt äußern kann. Diese rechtliche Vorauswirkung seiner Erklärung muß der Unterzeichner ebenso verhindern können, wie er die Erklärung selbst widerrufen kann, wenn er seinen Erklärungswillen aufgegeben hat. Bis zur Einreichung des Wahlvorschlages besteht auch kein übergeordneter rechtlicher Grund, ihn insoweit in seiner freien Willensentscheidung einzuschränken. Das ändert sich erst mit der Einreichung des Wahlvorschlages, mit der die Erklärung der Unterzeichner wahlrechtliche Außenwirkung erlangt. Von diesem Zeitpunkt an ist der Klarheit und Verläßlichkeit des Wahlverfahrens und des Wahlvorganges der Vorrang vor der Willensänderung einzelner einzuräumen. Diese Grundsätze schließen eine Änderung oder Rücknahme des Wahlvorschlages aus, gebieten allerdings zugleich die Bereinigung der eingereichten Wahlvorschläge von Unstimmigkeiten und ihre Ergänzung im Falle der Unvollständigkeit. Das findet seinen rechtlichen Ausdruck in § 10 Abs. 2 Satz 2 BPersVWO.

Weist ein Wahlvorschlag im Zeitpunkt seiner Einreichung beim Wahlvorstand als Folge des zu berücksichtigenden Widerrufs von Unterschriften nicht mehr die nach § 19 Abs. 46 BPersVG, § 8 Abs. 2 BPersVWO erforderliche Anzahl von Unterschriften auf, so ist er nicht nur mängelbehaftet, sondern ungültig. § 10 Abs. 2 Satz 1 BPersVWO verpflichtet den Wahlvorstand, einen solchen Wahlvorschlag dem Listenvertreter zurückzugeben. Dieser ist zwar nicht gehindert, noch Unterschriften einzuholen, um so das Quorum zu erreichen, und den Wahlvorschlag sodann innerhalb der Einreichungsfrist erneut einzureichen. Der Wahlvorstand kann ihm hingegen nicht gestatten, den ursprünglichen Wahlvorschlag „nachzubessern”, indem er weitere Unterschriften nachreicht. Insbesondere verbietet sich in einem solchen Fall die entsprechende Anwendung des § 10 Abs. 5 Satz 1 BPersVWO. Das ergibt folgende Überlegung:

Genügt ein Wahlvorschlag nicht den nach den Wahlvorschriften zu stellenden Anforderungen und wird er deswegen vom Wahlvorstand als ungültig zurückgegeben, so ist er zwar insoweit verbraucht, als der ihm anhaftende Mangel nicht mehr geheilt werden kann. Denn ein ungültiger Wahlvorschlag stellt sich rechtlich nicht als eine mangelhafte Willenserklärung dar, sondern als rechtlich unbeachtlich, als eine Nichterklärung. Das schließt es allerdings nicht aus, seine den Anforderungen der Wahlvorschriften genügenden Teile in einen neuen Wahlvorschlag einzubringen, da diese ihren Erklärungswert durch das Fehlgehen des ersten Wahlvorschlages nicht verloren haben. Dies muß allerdings innerhalb der Einreichungsfrist geschehen. Nach Ablauf dieser Frist darf der Wahlvorstand einen solchen Wahlvorschlag nicht mehr annehmen, weil er anderenfalls die Frist umginge, indem er einen Wahlvorschlag zur Wahl stellte, der die Gültigkeitserfordernisse in dem Zeitpunkt, von dem ab keine Wahlvorschläge mehr gemacht werden dürfen, nicht erfüllte.

Aus § 10 Abs. 5 BPersVWO läßt sich für diese Fallgestaltung weder unmittelbar noch sinngemäß anderes herleiten. Nach dieser Vorschrift ist es zwar zulässig, Wahlvorschläge, welche bestimmte Mängel aufweisen, binnen drei Arbeitstagen, nachdem der Wahlvorstand sie zurückgegeben hat, mangelfrei wieder einzureichen. Diese Möglichkeit ist jedoch auf Wahlvorschläge beschränkt, an deren Gültigkeit im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Einreichung kein Zweifel bestand und bestehen konnte. Das trifft nur auf solche Vorschläge zu, die allen an eine derartige Willenserklärung zu stellenden inhaltlichen Anforderungen genügen, aber formale Unvollständigkeiten aufweisen, welche ihre rechtliche Geltung nicht in Frage stellen und daher behoben werden können, ohne daß dies eine zusätzliche Willensentschließung eines daran Beteiligten erfordert (§ 10 Abs. 5 Nr. 1, 2 BPersVWO); das gleiche gilt für Wahlvorschläge, welche erst nachträglich dadurch unvollständig werden, daß sie infolge von Streichungen gemäß § 10 Abs. 4 BPersVWO nicht mehr die erforderliche Anzahl von Unterschriften aufweisen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 BPersVWO). Die Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz gestattet also nur, daß die unzulängliche äußere Form eines inhaltlich eindeutigen und vollständigen Wahlvorschlages ohne Änderung seines Erklärungsinhalts ergänzt oder berichtigt wird, und erlaubt, daß ein formal und inhaltlich vollständiger und damit zunächst gültiger Wahlvorschlag, welcher seine Gültigkeit nachträglich durch die Streichung von Unterschriften einbüßt, hinsichtlich dieses im Zeitpunkt der Einreichung nicht bestehenden Mangels „nachgebessert” wird. Der in § 10 Abs. 5 BPersVWO zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke, einen ursprünglich gültigen Wahlvorschlag nicht an formalen oder – für den Listenvertreter unerkennbar – nachträglich aufgetretenen inhaltlichen Mängeln scheitern zu lassen, ohne vorher Gelegenheit zur Korrektur zu geben, läßt sich auf Wahlvorschläge, welche bereits bei der Einreichung inhaltlich unzureichend und damit ungültig waren, nicht übertragen. Der vom 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluß vom 5. Februar 1971 – BVerwG 7 P 9.70 – (Buchholz 238.3 § 22 PersVG Nr. 8; in BVerwGE 37, 162 insoweit nicht abgedruckt) beiläufig geäußerten gegenteiligen Ansicht, der der Hessische Verwaltungsgerichtshof im Beschluß vom 24. November 1982 – BPV TK 15/82 – beigetreten ist, folgt der erkennende Senat nicht.

Der angefochtene Beschluß leidet nach alledem nicht an dem von der Rechtsbeschwerde gerügten Rechtsfehler. Es ist auch nicht ersichtlich, daß er auf einem anderen Rechtsmangel beruht.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Dr. Seibert

 

Fundstellen

BVerwGE, 63

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