Verfahrensgang
Hessischer VGH (Entscheidung vom 12.09.2001; Aktenzeichen 10 UE 4822/96.A) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. September 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung in der Hauptsache bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. Seine Verfahrensrüge führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 6 VwGO). Das Berufungsgericht hat unter Verstoß gegen § 81 AsylVfG die Klage als zurückgenommen behandelt und deshalb verfahrensfehlerhaft nicht zur Sache entschieden; darin liegt zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).
Das Berufungsgericht hat übersehen, dass die Aufforderung an den Kläger, das Verfahren zu betreiben, nicht den Anforderungen des § 81 AsylVfG entsprach, und ist deshalb zu Unrecht von einer fiktiven Klagerücknahme ausgegangen. Die Betreibensaufforderung war fehlerhaft, weil sie den Kläger entgegen § 81 Satz 3 AsylVfG nicht zutreffend und unmissverständlich auf die Frist hingewiesen hat, nach deren Ablauf die Klage als zurückgenommen gilt. Die Monatsfrist des § 81 AsylVfG, die als gesetzliche Frist weder verkürzt noch verlängert werden kann, beginnt nach § 57 Abs. 1 VwGO mit der – durch förmliche Zustellung zu bewirkenden – Übergabe der Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens und endet grundsätzlich mit Ablauf desjenigen Tages des folgenden Monats, welcher durch seine Zahl dem Tage entspricht, innerhalb dessen die Zustellung erfolgt ist (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO und §§ 187 Abs. 1 sowie 188 Abs. 2 BGB). Da die Betreibensaufforderung dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11. Juli 2001 zugestellt wurde, endete die Monatsfrist – da der 11. August 2001 ein Sonnabend war – am darauf folgenden Montag, dem 13. August 2001 (§ 222 Abs. 2 ZPO). Die Betreibensaufforderung des Berufungsgerichts vom 9. Juli 2001, mit der dem Kläger aufgegeben wurde, bestimmte Mitwirkungshandlungen „bis zum 10. August 2001” vorzunehmen, erweckte dagegen – ungeachtet des Hinweises auf die Monatsfrist im weiteren Verlauf des Schreibens – den Eindruck, dass Frist des § 81 AsylVfG bereits an diesem Tag abläuft. Ein derartiger rechtlicher Mangel der Betreibensaufforderung hindert den Eintritt der in § 81 AsylVfG geregelten Rechtsfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 1985 – BVerwG 9 C 48.84 – BVerwGE 71, 213, 217 f. zu der Vorgängervorschrift des § 33 AsylVfG a.F.).
Die von der Beschwerde gleichzeitig geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) steht der Zurückverweisung nach § 133 Abs. 6 VwGO nicht entgegen. Denn den von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen, die sich auf die Rechtswidrigkeit der Betreibensaufforderung aus anderen Gründen beziehen, kann in einem Revisionsverfahren schon wegen des oben dargestellten Mangels der Betreibensaufforderung keine entscheidungserhebliche Bedeutung mehr zukommen.
Unterschriften
Eckertz-Höfer, Richter, Beck
Fundstellen