Entscheidungsstichwort (Thema)
Festlegung von Beginn und Ende der Arbeitszeit – Rufbereitschaft
Leitsatz (amtlich)
Durch die Anordnung von Rufbereitschaft werden für die betroffenen Beschäftigten nicht Beginn und Ende der Arbeitszeit im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG festgelegt.
Normenkette
BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4
Verfahrensgang
VG Hannover (Beschluss vom 19.11.1984; Aktenzeichen PB VG 1/83) |
Tenor
Die Sprungrechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 19. November 1984 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 4.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Wehrbereichsverwaltung II wies mit Erlaß vom 13. August 1982 die Standortverwaltung D. und andere Standortverwaltungen ihres Bereichs an, für die Dauer der Gefechtsübung „Starke Wehr” des I. Korps vom 10. bis zum 21. September 1982 Rufbereitschaften einzurichten, damit während der Gefechtsübung eventuell zurückbleibende Straßenverschmutzungen sofort beseitigt werden könnten. Daraufhin ordnete der Leiter der Standortverwaltung D. – der Beteiligte – ohne Beteiligung des Personalrats durch Verfügung vom 1. September 1982 für drei Unimog-Fahrer, die Arbeiter G., B. und P., Rufbereitschaft an. Die Arbeiter G. und B. sollten sich an zwei Tagen jeweils von 16.30 Uhr bis 7.30 Uhr, der Arbeiter P. an einem Tag (einem Freitag) von 15.00 Uhr bis 21.00 Uhr in Rufbereitschaft befinden. Während der Rufbereitschaft hatten sich die Fahrer für den Bedarfsfall jederzeit abrufbereit zur sofortigen Arbeitsaufnahme zu Hause oder an einem sonstigen, dem Arbeitgeber anzuzeigenden Ort aufzuhalten. Bei der Standortverwaltung D. waren damals sechs bis sieben Unimog-Fahrer beschäftigt, die zur landwirtschaftlichen Gruppe gehörten. Die Anordnung stützte sich auf Nr. 8 Abs. 1 Buchst. b der Sonderregelung 2 a zu § 18 MTB II und enthielt weiter Hinweise zur Lohnabrechnung.
Der Antragsteller machte daraufhin geltend, ihm stehe bei der Anordnung der Rufbereitschaft ein Mitbestimmungsrecht zu. Bei gleichgelagerten Fällen in den Jahren 1977 und 1981 sei er beteiligt worden. Ein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG sei deshalb gegeben, weil Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit nicht nur durch einen Anfangs- und Endtermin, sondern auch durch den Eintritt eines Ereignisses (Bedingung) geregelt werden könnten. Das Mitbestimmungsrecht bestehe auch dann, wenn es nicht um die Interessen ganzer Gruppen, sondern einzelner Beschäftigter gehe. In dem von ihm eingeleiteten personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren hat er beantragt,
festzustellen, daß bei der Festlegung der Rufbereitschaft der Arbeiter G., B. und P. durch die Verfügung des Beteiligten vom 1. September 1982 sein Mitbestimmungsrecht verletzt worden sei.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Anordnung der Rufbereitschaft unterliege weder nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 noch nach § 75 Abs. 4 BPersVG der Mitbestimmung des Antragstellers. Die Rufbereitschaft bedeute eine befristete Beschränkung der Bewegungsfreiheit der Beschäftigten während ihrer Freizeit, aber keine Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeitverordnung, weshalb in der Anordnung der Rufbereitschaft auch keine Arbeitszeitregelung liege. Ein erweitertes Verständnis des Begriffes der Arbeitszeit in dem Sinne, daß jede Begrenzung der Freizeitgestaltung darunter falle, sei durch § 75 Abs. 4 BPersVG ausgeschlossen. Die in dieser Vorschrift enthaltene Beschränkung der Mitbestimmung müsse auch gelten, wenn es erforderlich sei, einen Teil der Arbeitszeit am Tage nach Erfordernissen, die die Dienststelle nicht voraussehen könne, unregelmäßig und kurzfristig festzusetzen. Werde während einer Korpsgefechtsübung die unverzügliche Beseitigung einer Straßenverschmutzung notwendig, so sei es dem Dienststellenleiter unmöglich, die Zustimmung des Personalrats einzuholen. Der unvorhersehbare, wenn auch mögliche Eintritt der Straßenverschmutzung bedinge eine kurzfristige unregelmäßige Abänderung der täglichen Arbeitszeit für die Dauer der Beseitigung der Straßenverschmutzung. Damit die Dienststelle die Aufgaben erfüllen könne, die von dem möglichen, aber nicht voraussehbaren Eintritt dieses Ereignisses abhingen, sei eine Planung, ein Dienstplan, erforderlich, bei dem sich die Mitwirkung des Personalrats gemäß § 75 Abs. 4 BPersVG auf die Grundsätze beschränke, die aus der Erfahrung zu gewinnen seien. Demnach schließe die Regelung des § 75 Abs. 4 BPersVG auch aus, unter Beginn und Ende der Arbeitszeit in § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG etwas anderes als einen Anfangs- oder Endtermin zu verstehen. Hänge die Festsetzung des Beginns und des Endes der Arbeitszeit von dem jeweiligen Eintritt eines Ungewissen Ereignisses ab, so sei § 75 Abs. 4 BPersVG einschlägig; die Anordnung der Rufbereitschaft durch den Beteiligten unterliege daher schon deswegen nicht der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG.
Abgesehen davon sei § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG auch deshalb nicht anwendbar, weil die Vorschrift nicht einzelfallbezogen sei. Die Anordnung der Rufbereitschaft habe nicht einer funktional abgrenzbaren Gruppe von Beschäftigen gegolten, sondern jeweils nur einem Unimog-Fahrer für einen Tag, höchstens für zwei Tage in einer Woche. Insgesamt habe sich die Anordnung der Rufbereitschaft nur an drei Unimog-Fahrer aus der sechs bis sieben Unimog-Fahrer umfassenden Gruppe beim Beteiligten gerichtet. Es habe sich daher nicht um eine generelle Arbeitszeitregelung im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG gehandelt. Da die Rufbereitschaft keine Gruppe betroffen habe, habe ihre Anordnung auch nicht der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 4 BPersVG unterlegen. Die Anordnung habe keine Grundsätze enthalten, sondern nur noch Regelungen, die sich aus tariflichen Vorschriften ergäben.
Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller mit Zustimmung des Beteiligten die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrechtsbeschwerde eingelegt, mit der er sinngemäß beantragt,
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 19. November 1984 aufzuheben und festzustellen, daß bei der Festlegung der Rufbereitschaft anläßlich der Korpsgefechtsübung „Starke Wehr” das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt worden sei.
Er macht geltend, er beanspruche die Mitbestimmung nicht bei dem kurzfristigen Einsatz von Beschäftigten; es gehe ihm vielmehr um die Mitbestimmung bei der Einrichtung der Rufbereitschaft, der Auswahl der Arbeitnehmer, der Einteilung von Beginn und Ende der Rufbereitschaft, also um die Mitbestimmung bei der Aufstellung der Pläne. Es sei voraussehbar gewesen, daß und in welchem Zeitraum eine Rufbereitschaft erforderlich sein werde; insofern sei die Annahme des Verwaltungsgerichts verfehlt, der Einsatz eines Unimog-Fahrers sei von dem Ungewissen, für die Dienststelle nicht vorhersehbaren Eintritt einer Straßenverschmutzung abhängig. Nicht erst die tatsächliche Aufnahme der Arbeit, sondern bereits die Rufbereitschaft sei als Arbeitszeit anzusehen. Ihre Anordnung treffe auch eine Gruppe von Beschäftigten, nämlich drei Unimog-Fahrer und damit eine Mehrzahl von Personen. Die Anordnung habe keine individuelle, sondern eine kollektive Regelung dargestellt, was sich auch daraus ergebe, daß alle betroffenen Arbeitnehmer während des betreffenden Zeitraums in „Alarmbereitschaft” hätten stehen müssen, um sich gegenseitig zu vertreten.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die – zulässige – Sprungrechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Feststellungsantrag des Antragstellers im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, daß bei einer Maßnahme der Dienststelle zur Festlegung des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats nicht nur nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, sondern daneben auch nach § 75 Abs. 4 BPersVG bestehen kann. Dies widerspricht jedoch dem systematischen Zusammenhang der beiden Vorschriften. Wie sich aus der Bezugnahme des § 75 Abs. 4 BPersVG auf § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG ergibt, handelt es sich bei dieser Vorschrift nicht um einen eigenen Mitbestimmungstatbestand. § 75 Abs. 4 BPersVG enthält vielmehr eine Beschränkung des nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG bestehenden Mitbestimmungsrechts des Personalrats auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne, wenn für Gruppen der Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit nach von der Dienststelle nicht voraussehbaren Erfordernissen unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden muß (vgl. BVerwGE 30, 39 = Buchholz 238.3 § 67 PersVG Nr. 6 = PersV 1968, 264; Beschluß vom 21. Juli 1982 – BVerwG 6 P 24.79 –). Infolgedessen bedarf es der Prüfung der Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 BPersVG nur dann, wenn durch die Maßnahme der Dienststelle überhaupt gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Beschäftigten festgelegt werden sollen. Das hat aber das Verwaltungsgericht mit Recht verneint, weil die Anordnung von Rufbereitschaft nicht unter § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG fällt.
Dabei kann hier offenbleiben, ob nicht in der für Arbeiter im Bereich des Bundesministers der Verteidigung geltenden Nr. 8 Abs. 1 Buchst. b der Sonderregelung 2 a zum Tarifvertrag MTB II, auf die sich der Beteiligte bei der Anordnung der Rufbereitschaft gestützt hat, eine tarifliche Regelung zu sehen ist, die gemäß § 75 Abs. 3 BPersVG ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats von vornherein ausschließt. Denn die Anordnung der Rufbereitschaft unterliegt jedenfalls deshalb nicht der Mitbestimmung des Antragstellers, weil die Zeit einer Rufbereitschaft keine Arbeitszeit ist und damit die Anordnung von Rufbereitschaft nicht „Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage” betrifft, wie es § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG voraussetzt. Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt (Urteile vom 25. Oktober 1979 – BVerwG 2 C 7.78 – und vom 12. Dezember 1979 – BVerwG 6 C 96.78 –; vgl. auch OVG Münster, PersV 1985, 371). Es ist zwar richtig, daß die Rufbereitschaft mit einer Einschränkung der Möglichkeit verbunden ist, die Freizeit nach Belieben zu gestalten. Dadurch wird sie jedoch nicht zu Arbeitszeit. Das Bundesverwaltungsgericht hat es sogar abgelehnt, die weit stärker in die dienstfreie Zeit eingreifende dienstliche Inanspruchnahme in der Form des „Bereitschaftsschlafes” als Bereitschaftsdienst und damit als Arbeitszeit anzusehen (Urteil vom 29. März 1974 – BVerwG 6 C 21.71 –).
Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings in dem Beschluß vom 21. Dezember 1982 – 1 ABR 14/81 – (BAGE 41, 200 = AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 – Arbeitszeit –) die Auffassung vertreten, es sei gerechtfertigt und geboten, Rufbereitschaftszeiten den Zeiten der Arbeitszeit im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG „gleichzustellen”, unabhängig davon, wie solche Zeiten arbeitszeit- oder vergütungsrechtlich zu bewerten seien, weil der Arbeitnehmer auch durch Rufbereitschaft – ähnlich wie durch die Lage der Arbeitszeit – in der Gestaltung seiner Freizeit beschränkt sei. Diese Ausführungen, die sich nicht mit der früheren – entgegengesetzten – Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auseinandersetzen, sind jedoch für die Entscheidung nicht tragend gewesen; das Schwergewicht des Beschlusses lag auf der Feststellung, daß sich ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ergibt, wonach der Betriebsrat bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen hat. Das Bundespersonalvertretungsgesetz enthält einen entsprechenden Mitbestimmungstatbestand jedoch nicht.
Der Senat sieht keinen Grund, für den Anwendungsbereich des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG Rufbereitschaft als Arbeitszeit zu behandeln. Davon, daß Rufbereitschaft keine Arbeitszeit ist, geht ersichtlich auch das Bundesarbeitsgericht aus, da es andernfalls nicht erforderlich gewesen wäre, beide Begriffe einander „gleichzustellen”. Wenn das Bundesarbeitsgericht es für geboten hält, jedenfalls für den Bereich der Mitbestimmung Rufbereitschaft als Arbeitszeit zu behandeln, so geht es von der Annahme aus, daß es einen allgemeinen arbeitsrechtlichen und einen davon abweichenden betriebsverfassungsrechtlichen Begriff der Arbeitszeit geben könne. Ob dem für den Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes zuzustimmen ist, mag dahinstehen; für den Bereich des Personalvertretungsrechts gilt diese Annahme jedenfalls nicht. Das Personalvertretungsrecht ist Bestandteil des öffentlichen Dienstrechts. Mit dem Begriff „Arbeitszeit” knüpft es an den dienstrechtlichen Begriff an, wie er sich in den §§ 72 und 72 a BBG, der dazu erlassenen Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten sowie den entsprechenden tarifvertraglichen Regelungen findet. Bei der Arbeitszeit, über deren Beginn und Ende der Personalrat mitzubestimmen hat, handelt es sich um diese und keine davon abweichende, spezifisch „personalvertretungsrechtliche” Arbeitszeit. Demgemäß ist die die Rufbereitschaft regelnde Vorschrift des § 75 BBG nicht in den die „Arbeitszeit” betreffenden Unterabschnitt 1 g, sondern in den mit „Wohnung” überschriebenen Unterabschnitt 1 h des Abschnitts III des Bundesbeamtengesetzes eingeordnet.
Die Anordnung der Rufbereitschaft fällt auch nicht deshalb unter § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, weil darin zugleich eine – vom Eintritt einer zu beseitigenden Straßenverschmutzung abhängige, also bedingte – Regelung des Beginns der Arbeitszeit zu sehen wäre. Der gegenteiligen Rechtsauffassung des Antragstellers liegt offenbar die Vorstellung zugrunde, in der Anordnung der Rufbereitschaft liege zugleich auch die bedingte Anordnung der Arbeitsaufnahme. Die Straßenverschmutzung war jedoch in diesem Sinne keine Bedingung, da sie nicht automatisch die Pflicht zur Arbeitsaufnahme und dadurch den Beginn der Arbeitszeit nach sich ziehen sollte. Das Auftreten von Straßenverschmutzungen sollte vielmehr für den Leiter der Standortverwaltung zunächst nur Anlaß sein, zu prüfen, ob ihre sofortige Beseitigung nach Maßgabe des § 32 Abs. 1 StVO erforderlich war. Nur bei Bejahung dieser Frage war sodann darüber zu entscheiden, ob zur Beseitigung der Straßenverschmutzung konkret die zur Rufbereitschaft eingeteilten Fahrer oder nicht vielmehr andere verfügbar Dienstkräfte herangezogen werden sollten. Der Beginn der Arbeitszeit hing also nicht schon von der Anordnung der Rufbereitschaft, sondern erst von einer besonderen Weisung der Dienststelle, dem „fernmündlichen Abruf zum Einsatzort”, ab. Die Rufbereitschaft sollte lediglich sicherstellen, daß die Anordnung den Beschäftigten tatsächlich erreicht. Die Rufbereitschaft hinderte die Dienststelle daher auch nicht, nach ihrem Ermessen auch andere, nicht zur Rufbereitschaft eingeteilte Dienstkräfte heranzuziehen.
Daß kein rechtserheblicher Zusammenhang zwischen Rufbereitschaft und Arbeitszeit besteht, wie ihn die zuvor angeführte Auffassung annimmt, wird auch deutlich, wenn man sich die verschiedenen Möglichkeiten vor Augen hält: Wird der Beschäftigte während der Rufbereitschaft nicht herbeigerufen (sei es, weil kein „Einsatzfall” eingetreten ist, sei es, weil die Beseitigung der Verschmutzung auch ohne seine Hilfe möglich ist), so liegt das Fehlen eines Zusammenhanges auf der Hand. Tritt das Erfordernis, eine Straßenverschmutzung zu beseitigen, noch während der regulären Dienstzeit, jedoch so spät auf, daß die erforderliche Arbeit vor Ende der üblichen Dienstzeit nicht mehr erledigt werden kann, so hat die Anordnung der Rufbereitschaft auf das bis zur Erledigung der Arbeit hinausgeschobene Ende der Arbeitszeit ebenfalls keinen Einfluß. Wird während der Zeit der Rufbereitschaft eine bestimmte Arbeit zugewiesen, so ist auch dann die Arbeitsaufnahme und damit der Beginn der Arbeitszeit nicht die Folge der Rufbereitschaft, sondern die Folge des Umstandes, daß der Beschäftigte dienstrechtlich verpflichtet ist, einer besonderen Arbeitsanweisung Folge zu leisten und außerhalb der regulären Dienstzeit Mehrarbeit zu erbringen und Überstunden zu leisten. Die Anordnung von Rufbereitschaft begründet derartige Verpflichtungen nicht, sondern setzt sie voraus. Ob und in welchem zeitlichen Umfang der Beschäftigte verpflichtet ist, sich „auf Abruf” zur Arbeitsaufnahme einzufinden und ggf. Mehrarbeit oder Überstunden zu leisten, richtet sich nach den einschlägigen beamtenrechtlichen bzw. tariflichen Vorschriften. Nur dann, wenn das Bedürfnis nach Mehrarbeit und Überstunden so nachhaltig auftritt, daß sich die Dienststelle vorausschauend darüber klar werden muß, nach welchen zeitlichen und persönlichen Kriterien sie ihre Beschäftigten zur Bewältigung dieser Aufgaben heranziehen muß, also die Aufstellung eines entsprechenden generellen Dienstplanes erforderlich ist, ist der Personalrat gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 4 BPersVG zur Mitbestimmung befugt.
Der Antragsteller hat das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht im übrigen auch deshalb nicht, weil die umstrittene Anordnung des Beteiligten lediglich eine Einzelfallregelung war, die sich ausschließlich an drei namentlich bezeichnete Beschäftigte der Dienststelle richtete. Von einer Arbeitszeitregelung im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG kann nur gesprochen werden, wenn sie generell, d.h. „umfassend und allgemein” ist (vgl. Beschlüsse vom 23. Dezember 1982 – BVerwG 6 P 36.79 – und vom 20. Juli 1984 – BVerwG 6 P 16.83 –; vgl. auch OVG Münster, RiA 1982, 177), also alle Beschäftigten der Dienststelle oder eine Gruppe von ihnen erfaßt (vgl. Beschluß vom 4. April 1985 – BVerwG 6 P 37.82 –). In der Literatur wird zwar vereinzelt die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG bestehe auch dann, wenn nur an einem Tag die Arbeitszeit anders geregelt werden solle als sonst üblich und wenn die Festlegung nur für einen einzelnen Beschäftigten Bedeutung habe (Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl. 1978, § 75 Rdnrn. 166, 234 und 235; ähnlich Altvater/Bacher/Sabottig/Schneider/Thiel, BPersVG, 2. Aufl. 1985, § 75 Rdnr. 40). Diese Auffassung verkennt jedoch den kollektiven Schutzauftrag des Personalrats. Ihre Anerkennung würde praktisch zu einer Beteiligung des Personalrats bei der Ausübung des Direktions- und Weisungsrechts im Einzelfall durch den Dienststellenleiter führen. Die Beschränkung der Mitbestimmung auf generelle Regelungen führt auch nicht zu einer Umgehung der Mitbestimmung, wie der Antragsteller befürchtet. Denn die Beteiligung des Personalrats kann bei diesem Mitbestimmungstatbestand nur für eine in die Zukunft gerichtete Planung in Betracht kommen.
Die Rechtsbeschwerde konnte demnach keinen Erfolg haben.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert
Fundstellen
Haufe-Index 1210613 |
DVBl. 1987, 1161 |