Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldhaft ungenehmigtes Fernbleiben vom Dienst. Bindungswirkung einer disziplinargerichtlichen Entscheidung. kein Fall einer nachträglichen Anhörung gem. § 33 a StPO. Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge eines Beamten mit Personalratsaufgaben. Erforderlichkeit der Arbeitszeitversäumnis im Sinne des § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG. kein Verstoß gegen Personalvertretungsrecht. Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge
Leitsatz (redaktionell)
Beschlüsse und Urteile der Disziplinarsenate und der Wehrdienstsenate des Bundesverwaltungsgerichts – ebenso wie die Entscheidungen des ehemaligen Bundesdisziplinarhofs und des Bundesdisziplinargerichts – ergehen in einem Verfahren, in dem kraft Gesetzes im Interesse der Betroffenen die Öffentlichkeit in der Regel ausgeschlossen ist. In den Verfahren wird regelmäßig auch der Inhalt der nichtöffentlichen Personalakten erörtert und bei den Entscheidungen berücksichtigt. Zum Schutz berechtigter Interessen der betroffenen Personen und Dienststellen bedürfen die Entscheidungen daher vertraulicher Behandlung.
Eine Veröffentlichung der Entscheidungen wird im allgemeinen nur auszugsweise in Betracht kommen. Falls Sie eine Veröffentlichung beabsichtigen, empfiehlt es sich, über die Fassung ein Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Disziplinarsenats herbeizuführen.
Normenkette
BBG § 54 Sätze 1, 3, § 55 S. 2, § 73 Abs. 1 S. 1, § 77 Abs. 1 S. 1; BBesG § 9; BPersVG §§ 8, 29 Abs. 1, § 46 Abs. 2; BDO § 25 S. 1, §§ 31, 121, 130 Abs. 2; StPO § 33a
Verfahrensgang
BDIG (Beschluss vom 15.07.1998; Aktenzeichen VII BK 4/98) |
Tenor
Die Beschwerde des … gegen den Beschluß des Bundesdisziplinargerichts, Kammer VII – … –, vom 15. Juli 1998 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
1. Der Präsident der Behörde hatte gegen den Beamten mit Disziplinarverfügung vom 6. Januar … eine Geldbuße in Höhe von 400 DM verhängt. Dem Beamten war vorgeworfen worden, dadurch fahrlässig gegen seine Dienstpflichten verstoßen zu haben, daß er in zehn Fällen Reisekostenabrechnungen eingereicht habe, in denen unzutreffende Angaben über Beginn und/oder Ende von Tätigkeiten als Mitglied des Hauptpersonalrats enthalten gewesen seien. In fünf Fällen sei es zur Überzahlung von Reisekosten gekommen. Durch die ungerechtfertigte Ausdehnung der Reisen sei der Beamte an sechs Tagen dem Dienst zeitweise unerlaubt ferngeblieben. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beamten wies das Bundesministerium mit Bescheid vom 26. Februar … zurück. Hiergegen beantragte der Beamte die Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts. Er äußerte sich in dem Verfahren mehrfach. Das Bundesdisziplinargericht übersandte dem Beamten und dessen Verteidiger – nicht vor dem 25. September … – ein Schreiben des Bundesdisziplinaranwalts vom 17. September … mit dem Zusatz, es bestehe Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen. Vor Ablauf dieser Frist hielt das Bundesdisziplinargericht mit Beschluß vom 2. Oktober … – … – die angefochtene Disziplinarverfügung in der Fassung des Beschwerdebescheids mit der Maßgabe aufrecht, daß die Geldbuße auf 300 DM reduziert wurde.
2. Nach vorheriger Anhörung des Beamten stellte der Präsident der Behörde mit Bescheid vom 11. Februar … den Verlust der Dienstbezüge des Beamten für insgesamt zwölf Stunden fest. Es sei rechtskräftig festgestellt worden, daß er
- am 26. Juni … eine Stunde,
- am 28. Juni … vier Stunden,
- am 31. Juli … eine Stunde,
- am 31. August … eine Stunde,
- am 9. Oktober … eine Stunde und
- am 11. Oktober … vier Stunden
dem Dienst zumindest fahrlässig ungenehmigt ferngeblieben sei.
Gegen diesen Bescheid beantragte der Beamte mit Schreiben vom 24. Februar … die Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts. Er machte im wesentlichen geltend, der Beschluß des Bundesdisziplinargerichts vom 2. Oktober … sei ergangen, bevor die Frist zur Stellungnahme verstrichen gewesen sei. Damit sei dem Gericht ein gravierender Verfahrensfehler unterlaufen, der in dem damals anhängigen Verfahren nicht habe berichtigt werden können. In seiner nicht mehr abgegebenen Stellungnahme hätte er Tatsachen und Beweise vorgetragen, die entscheidungsrelevant gewesen wären.
Mit Beschluß vom 15. Juli 1998 hat das Bundesdisziplinargericht den Verlustfeststellungsbescheid vom 11. Februar … aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, an welchen Tagen und in welcher Zeit der Beamte seinem Dienst ohne rechtfertigenden Grund schuldhaft ferngeblieben sei, sei in dem rechtskräftigen Beschluß vom 2. Oktober … festgestellt worden. Die in dem Feststellungsbescheid aufgeführten Fehlzeiten deckten sich mit den Zeiten des schuldhaften Fernbleibens vom Dienst im Beschluß vom 2. Oktober …. Die Kammer habe sich diesen rechtskräftigen Feststellungen angeschlossen und habe sie ihrer Entscheidung im Verlustfeststellungsverfahren zugrunde gelegt.
3. Hiergegen hat der Beamte fristgerecht Beschwerde eingelegt. Zur Begründung macht er im wesentlichen geltend, das Bundesdisziplinargericht habe mit Beschluß vom 2. Oktober … entschieden, ohne zuvor rechtliches Gehör gewährt zu haben. Zudem werde mit Mitteln des Disziplinarrechts versucht, ihn in seiner Personalratstätigkeit zu behindern. Die Vorinstanz habe übersehen, daß die Frage der Erforderlichkeit und Notwendigkeit von Dienstreisen der Personalratsmitglieder im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren vor dem Verwaltungsgericht zu klären sei. Mitglieder des Personalrats übten ihre Tätigkeit gemäß § 46 Abs. 1 BPersVG als Ehrenamt aus. Daraus folge, daß sie in dieser Eigenschaft nicht als Beamte tätig seien, sondern „außerhalb des Dienstes”. Ein Beamter könne nur wegen eines Dienstvergehens disziplinar verfolgt werden. Im übrigen sei er davon ausgegangen, daß seine Dienstreisen als Hauptpersonalratsmitglied nicht beanstandet würden und der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet werde. In diesem Zusammenhang werde geltend gemacht, daß Reisekostengelder für Hauptpersonalratsmitglieder gezahlt worden seien, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht hätten gezahlt werden dürfen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die gemäß § 121 Abs. 5 BDO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 121 Abs. 1 BDO kann ein Beamter, auch wenn der Sachverhalt seine Tätigkeit als Mitglied eines Personalrats betrifft, die Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts über einen Bescheid nach § 9 BBesG beantragen (vgl. Beschluß vom 10. August 1992 – BVerwG 1 DB 7.91 – ≪BVerwG DokBer B 1992, 287≫; Beschluß vom 1. Dezember 1993 – BVerwG 1 DB 36.92 –; Beschluß vom 9. September 1994 – BVerwG 1 DB 4.93 – ≪BVerwG DokBer B 1994, 306 – 308≫).
Das Rechtsschutzbedürfnis des Beamten wird durch den im Verfahren nach § 31 BDO ergangenen Beschluß des Bundesdisziplinargerichts vom 2. Oktober … nicht ausgeschlossen. Die Rechtskraftregelung in § 31 Abs. 4 Satz 2 BDO läßt die Befugnis des Beamten unberührt, im Beschwerdeverfahren nach § 121 Abs. 5 BDO die den Verlust der Dienstbezüge bestätigende Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts anzugreifen. Insofern hat der Beamte als von dem Bezügeverlust unmittelbar Betroffener ein berechtigtes Interesse an einer richterlichen Prüfung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 BBesG erfüllt sind (vgl. Beschluß vom 10. August 1992 a.a.O. m.w.N.).
2. Die Beschwerde des Beamten ist nicht begründet. Das Bundesdisziplinargericht hat den Bescheid vom 11. Februar … über die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge des Beamten für die dort genannten Zeiten zu Recht aufrechterhalten.
Nach § 9 Satz 1 BBesG verliert ein Beamter, der ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst fernbleibt, für die Zeit des Fernbleibens – dies gilt nach Satz 2 auch für Teile eines Tages im Umfang von mindestens einer Dienststunde (Beschluß vom 29. Juli 1985 – BVerwG 1 DB 36.85 – ≪BVerwGE 83, 40 = BVerwG DokBer B 1985, 323≫) – seine Dienstbezüge. Der Verlust der Dienstbezüge ist nach § 9 Satz 3 BBesG festzustellen. Die Feststellung ist rückwirkend möglich (stRspr, vgl. Beschluß vom 22. Juli 1998 – BVerwG 1 DB 11.98 –), so daß der Feststellungsbescheid vom 11. Februar … den Verlust der Dienstbezüge auch für stundenweise Abwesenheiten in dem Zeitraum von Juni bis einschließlich Oktober … erfassen konnte.
Für den Senat steht fest, daß der Beamte
- am 26. Juni … eine Stunde,
- am 28. Juni … vier Stunden,
- am 31. Juli … eine Stunde,
- am 31. August … eine Stunde,
- am 9. Oktober … eine Stunde und
- am 11. Oktober … vier Stunden
schuldhaft ohne Genehmigung seinem Dienst ferngeblieben ist.
a) Dies ergibt sich zunächst aus der Würdigung seines Verhaltens als Dienstvergehen durch die rechtskräftige Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts vom 2. Oktober …. Nach § 130 Abs. 2 BDO sind die aufgrund dieses Gesetzes ergehenden Entscheidungen der Disziplinarvorgesetzten und Disziplinargerichte für die Beurteilung der vor einem Gericht geltend gemachten Rechte aus dem Beamtenverhältnis bindend. Diese Bindung bezieht sich jedenfalls auf den Tenor und die disziplinarrechtliche Würdigung des Sachverhalts (vgl. Beschluß vom 28. Mai 1984 – BVerwG 2 B 33.84 – ≪Buchholz 337.6 § 39 LBG Nds. Nr. 3 = RiA 1984, 215 – 216 = DVBl 1984, 959 = ZBR 1984, 307 = DÖD 1985, 34≫; Beschluß vom 10. August 1992 a.a.O.; Beschluß vom 2. Juli 1998 – BVerwG 2 B 130.97 – ≪Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 9≫, jeweils m.w.N.). Bindend ist damit auch die Feststellung, daß der Sachverhalt den Tatbestand eines Dienstvergehens erfüllt (vgl. Beschluß vom 10. August 1992 a.a.O.).
Im Tenor des Beschlusses des Bundesdisziplinargerichts vom 2. Oktober … wird die Disziplinarverfügung des Präsidenten der Behörde vom 6. Januar … in der Form der Beschwerdeentscheidung des Bundesministeriums vom 26. Februar … aufrechterhalten. In den Gründen dieses Beschlusses wird festgestellt, daß das dem Beamten vorgeworfene Fehlverhalten den Tatbestand eines Dienstvergehens gemäß § 54 Sätze 1 und 3, § 55 Satz 2, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG erfüllt.
Hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Abwesenheitszeiten wird in dem Beschluß des Bundesdisziplinargerichts vom 2. Oktober … u.a. ausgeführt, daß der Beamte am 26. Juni … die Fahrt zur Hauptpersonalratssitzung eine Stunde zu früh angetreten und damit in der Zeit vom Dienstantritt bis zur gedachten Abfahrtszeit um 9.00 Uhr ca. eine Stunde ungenehmigt keinen Dienst leistete,
ab Mittag des 28. Juni … für etwa einen halben Tag nach der Rückreise von einer Sitzung des Hauptpersonalrats es unerlaubt unterließ, seine Personalratstätigkeit am Dienstort vorzunehmen,
am 31. Juli … vor der Fahrt zu einer Personalrätekonferenz von ca. 8.00 Uhr bis 9.00 Uhr ungenehmigt keinen Dienst leistete, obwohl er grundsätzlich verpflichtet war, seine Personalratstätigkeit an seinem Dienstort zu erbringen,
am 31. August … vor der Fahrt zu einer Sitzung der Hauptpersonalrats-Arbeitsgruppe Personal, wie bei der unter a) dargestellten Reise ausgeführt, dem Dienst für ca. eine Stunde unerlaubt fernblieb,
am 9. Oktober … die Fahrt zur Hauptpersonalratssitzung eine Stunde zu früh angetreten und damit in der Zeit vom Dienstantritt bis zur gedachten Abfahrtszeit gegen 9.00 Uhr ca. eine Stunde ungenehmigt keinen Dienst leistete,
ab Mittag des 11. Oktober … für etwa einen halben Tag nach der Rückreise von einer Sitzung des Hauptpersonalrats es unerlaubt unterließ, Dienst zu leisten.
b) Die Bindungswirkung des rechtskräftigen Beschlusses vom 2. Oktober … ist auch nicht durch einen Beschluß über einen Antrag nach § 25 Satz 1 BDO i.V.m. § 33 a Satz 1 StPO aufgehoben worden. Eine Durchbrechung der formellen Rechtskraft ist nur für den Fall vorgesehen, daß das Disziplinargericht in einem unanfechtbaren Beschluß zum Nachteil eines Beteiligten Tatsachen oder Beweismittel verwertet hat, zu denen er noch nicht gehört worden ist. In einem solchen Fall hat das Gericht, sofern der Nachteil noch besteht, die Anhörung von Amts wegen oder auf einen Antrag nachzuholen und auf Antrag zu entscheiden (§ 33 a StPO, vgl. dazu Beschluß vom 31. Oktober 1994 – BVerwG 1 D 31.91 – ≪BVerwG DokBer B 1995, 292 – 294≫; Behnke, Bundesdisziplinarordnung, 2. Aufl. 1970, § 89 Rn. 8). Ein solcher Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs ist von dem Beamten oder seinem Verfahrensbevollmächtigten weder ausdrücklich noch sinngemäß gestellt worden. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß der Beamte im Rahmen des vorliegenden Verlustfeststellungsverfahrens ausdrücklich oder sinngemäß neben der Entscheidung des Bundesdisziplinargerichts nach § 121 BDO zugleich eine Nachholung der unterlassenen Anhörung beantragt hat. Vielmehr spricht gerade die Antragsbegründung des Verfahrensbevollmächtigten, der gravierende Verfahrensmangel habe in dem damals anhängigen Verfahren nicht berichtigt werden können, dagegen, daß überhaupt ein Antrag nach § 33 a Satz 1 StPO gestellt werden sollte. Denn trotz Unanfechtbarkeit des Beschlusses gemäß § 31 Abs. 4 Satz 2 BDO hätte bereits damals, unabhängig von einem Verfahren nach § 121 BDO, ein Antrag nach § 33 a Satz 1 StPO gestellt werden können. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das Bundesdisziplinargericht nicht von Amts wegen eine Nachholung der Anhörung vorgenommen hat. Zwar ist der Beschluß des Bundesdisziplinargerichts am 2. Oktober … vor Ablauf einer Frist zur Stellungnahme ergangen. Diese Frist war jedoch im Hinblick auf ein Schreiben des Bundesdisziplinaranwalts vom 17. September … eröffnet worden, welches weder Tatsachen noch Beweisergebnisse enthielt, zu denen der Beamte noch nicht gehört worden war. Eine Verwertung von Beweisergebnissen kam nicht in Betracht, da keine Beweisaufnahme durchgeführt worden war. Die in dem Schreiben des Bundesdisziplinaranwalts erwähnten Tatsachen waren bereits Gegenstand der Disziplinarverfügung vom 6. Januar …, der Beschwerdeentscheidung des Bundesministeriums vom 26. Februar … sowie dessen Schreiben vom 11. April …, zu denen der Beamte mit seiner Antragsschrift vom 21. März … sowie mit weiteren Schreiben in dem damaligen Verfahren Stellung genommen hatte. Das Bundesdisziplinargericht hatte deshalb dem Beamten und seinem Verteidiger auch keine Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen einräumen wollen. Das mit entgegengesetztem Inhalt abgesandte Schreiben des Gerichts beruhte auf einem Kanzleiversehen.
c) Der Beamte ist dem Dienst an den bezeichneten Tagen auch ohne Genehmigung schuldhaft ferngeblieben. Der Umstand, daß die Feststellungen des Bundesdisziplinargerichts in seinem Beschluß vom 2. Oktober … zur Art des Verschuldens nicht an der Bindungswirkung der Entscheidung teilnehmen, ist ohne Bedeutung; denn für die Rechtsfolge des § 9 BBesG reicht Fahrlässigkeit, unabhängig von ihrem Grad, aus (stRspr, z.B. Beschluß vom 10. August 1992 a.a.O.).
d) Bezüglich der Ausführungen des Bundesdisziplinargerichts zum zeitlichen Umfang des Fernbleibens vom Dienst an den jeweiligen Tagen folgt der Senat diesen, nicht der Bindungswirkung nach § 130 Abs. 2 BDO unterliegenden tatsächlichen Feststellungen in vollem Umfang (vgl. dazu Beschluß vom 10. August 1992 a.a.O.; Claussen/Janzen, Bundesdisziplinarordnung, 8. Aufl. 1996, § 130 Rn. 5). Die zur Wahrnehmung von Personalratssitzungen erteilte Dienstbefreiung erstreckt sich auch auf die in Verbindung mit der Personalratstätigkeit notwendigen Reisen, so daß das Personalratsmitglied insoweit keine gesonderte Genehmigung einholen muß (vgl. Beschluß vom 1. Dezember 1993 a.a.O.). Das reisebedingte Fernbleiben des Personalratsmitglieds vom Dienst wird mit der Erteilung der Dienstbefreiung jedoch nur im Umfang der Erforderlichkeit gerechtfertigt. Der hierbei zu berücksichtigende Maßstab ergibt sich aus § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG, der über seinen Wortlaut hinaus eine Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch auf Dienstbefreiung formuliert und im Rahmen des § 9 BBesG als „anderer rechtlicher Grund” für einen Wegfall der Dienstleistungspflicht inzident zu prüfen ist (Beschluß vom 21. November 1989 – BVerwG 1 DB 8.89 – ≪BVerwGE 86, 211 = BVerwG DokBer B 1990, 51–55 = DVBl 1990, 261 = DÖV 1990, 254 = NVwZ 1990, 372 = RiA 1990, 35≫; Beschluß vom 9. September 1994 a.a.O. m.w.N.).
Für die Beurteilung, ob Arbeits- oder Dienstzeitversäumnis zur ordnungsgemäßen Durchführung der Personalratsaufgaben erforderlich ist, kommt es maßgeblich darauf an, ob das betreffende Personalratsmitglied nach pflichtgemäßem Ermessen und nach vernünftiger Würdigung aller objektiven Umstände die Arbeitszeitversäumnis für notwendig halten durfte, um den Personalratsaufgaben gerecht zu werden (Dietz/Richardi, Bundespersonalvertretungsgesetz, 2. Aufl. 1978, § 46 Rn. 20; Altvater/Bacher/Hörter/Peiseler/Sabottig/Schneider/Vohs, Bundespersonalvertretungsgesetz, 4. Aufl. 1996, § 46 Rn. 7). Abzuwägen ist außerdem, ob die Arbeitszeitversäumnis unter Berücksichtigung der Dienstpflichten einerseits und der Personalratsaufgaben andererseits dem Dienstherrn und dem Beamten zuzumuten ist (vgl. Dietz/Richardi, a.a.O., § 46 Rn. 17).
Nach diesen Maßstäben begegnen die in dem Bescheid vom 11. Februar … festgestellten Zeiträume des Verlustes der Dienstbezüge keinen rechtlichen Bedenken. Auch die vorgenommenen rechtlichen Wertungen sind nicht zu beanstanden. Für den Beamten bestand keine Notwendigkeit, seine Reisen zum Sitzungsort so anzutreten, daß er gegen Mittag bzw. Nachmittag des Tages vor der Sitzung bereits anwesend war. Vielmehr mußte er seine Anreise so einrichten, daß er erst zum formellen Sitzungsbeginn um 10.00 Uhr bzw. zur Vorbesprechung am 10. Oktober … um 9.00 Uhr am Sitzungsort erschien (vgl. dazu Beschluß vom 9. September 1994 a.a.O.). Auch die von der Vorinstanz zugrunde gelegten Fahrzeiten von jeweils etwa sieben Stunden sind nicht zu beanstanden. In der nach Abzug dieser Fahrzeiten verbleibenden Dienstzeit leistete der Beamte am 26. Juni …, am 31. Juli …, am 31. August … und am 9. Oktober … jeweils zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr unerlaubt keinen Dienst. Am 28. Juni … und 11. Oktober … hätte der Beamte nach Auffassung seiner Dienststelle zu Recht seinen Dienst spätestens ab Mittag aufnehmen müssen. Die Sitzungen endeten am Vortag jeweils um 15.00 Uhr, so daß der Beamte die Rückreise im Anschluß an die Sitzungen antreten und am anderen Tag hätte Dienst leisten können. Dienstbefreiung nach § 46 Abs. 2 Satz 2 BPersVG wäre ihm nur dann zu gewähren gewesen, wenn er durch die Personalratstätigkeit selbst über die regelmäßige Dienstzeit hinaus beansprucht worden wäre. Dies war hier nicht der Fall. Für die im Zusammenhang mit der Personalratstätigkeit erforderliche, über die regelmäßige Dienstzeit hinausgehende Wegezeit besteht kein Anspruch auf Dienstbefreiung (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1982 – BVerwG 2 C 1.80 – Buchholz 238.3 A § 50 BPersVG Nr. 1 = ZBR 1983, 191; BAG, Urteil vom 22. Mai 1987 – 6 AZR 526/83 – PersV 1988, 455).
e) Die Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge ist auch im übrigen mit Personalvertretungsrecht vereinbar. Dies gilt einmal im Hinblick auf die Ansicht des Beamten, die Annahme einer innerdienstlichen Pflichtverletzung sei mit der Ehrenamtlichkeit seiner Personalratstätigkeit nicht in Einklang zu bringen. Dieser Einwand ist unzutreffend. Personalratstätigkeit gehört nicht zum privaten Lebensbereich eines Beamten, sondern ist funktional auf die Dienststelle und den Dienstbetrieb bezogen und über § 29 Abs. 1 BPersVG eng mit dem Hauptamt verbunden. Pflichtwidriges Verhalten eines beamteten Personalratsmitglieds ist daher dem innerdienstlichen Pflichtenkreis zuzuordnen (Urteil vom 23. Februar 1994 – BVerwG 1 D 65.91 – m.w.N. ≪BVerwGE 103, 70–80 = BVerwG DokBer B 1994, 175–182 = ZBR 1994, 280 = DVBl 1994, 1077 = PersR 1994, 515 = PersV 1995, 14–21 = ÖD 1994, 163–167 = NVwZ 1996, 74 = JuS 1996, 932≫). Der Beamte ist durch die Verfügung vom 11. Februar … auch nicht in der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz behindert oder wegen seiner Tätigkeit benachteiligt worden (vgl. § 8 BPersVG). Durch diese Vorschrift wird nur eine ordnungsgemäße Betätigung des Personalrats geschützt (vgl. Urteil vom 23. Februar 1994 a.a.O. m.w.N.). Daran fehlt es hier. Der Beamte ist in den in der Verfügung vom 11. Februar … festgestellten Zeiträumen dem Dienst unerlaubt ferngeblieben. Insoweit liegt kein Verstoß gegen § 8 BPersVG vor. Über diese personalvertretungsrechtliche Frage zu entscheiden ist der Disziplinarsenat befugt (vgl. Urteil vom 23. Februar 1994 a.a.O.; OVG Berlin, Beschluß vom 23. September 1994 – OVG PV Bund 3.93 – PersR 1995, 340 ≪341≫).
3. Soweit der Beamte mit seiner Beschwerde einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz geltend macht, ist dies im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zur Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge unbeachtlich, da sich dieses Beschwerdevorbringen allein auf die Erstattung von Reisekosten bezieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 114 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BDO.
Unterschriften
Bermel, Mayer, Müller
Fundstellen