Verfahrensgang
VG Leipzig (Urteil vom 21.11.2002; Aktenzeichen 3 K 636/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 21. November 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 225 € festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid der Beklagten, durch den diese die Teilfläche eines Grundstücks an den Beigeladenen zurückübertragen hat.
Die Eltern des Beigeladenen waren früher Eigentümer eines landwirtschaftlichen Grundstücks, zu dem die unvermessene und ungetrennte Hofstelle (Wohnhaus, Stall und Scheune) L.… Straße 133 gehörte. Die Eltern des Beigeladenen flohen 1954 aus der DDR nach Westdeutschland. Der daraufhin bestellte staatliche Verwalter veräußerte 1969 das Grundstück an das Eigentum des Volkes. Der Rechtsträger, der Rat der Stadt D.…, verkaufte den Klägern durch Vertrag vom 31. August 1989 das Eigenheim L.… Straße 133. Der Rat des Kreises D.… verlieh ihnen ferner ein Nutzungsrecht an dem unvermessenen Flurstück 5195 mit einer Größe von ca. 500 m(2). Der Rat der Stadt D.… veräußerte den Klägern durch Kaufvertrag vom 20. August 1990 das inzwischen vermessene Flurstück (jetzt Nr. 21/22) mit einer Größe von 715 m(2). Die Kläger errichteten im Jahre 1991 auf dem Grundstück eine Garage. Die Beklagte übertrug durch Bescheid vom 20. September 1999 eine 215 m(2) große Teilfläche auf den Beigeladenen zurück, die in einer Lageskizze als Anlage zu dem Bescheid dargestellt ist. In der zurückübertragenen Teilfläche steht die von den Klägern errichtete Garage. Der Beklagte nahm an, die Rückübertragung der Teilfläche sei nicht nach § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG ausgeschlossen, weil die Kläger nur ein 500 m(2) großes Teilstück des Grundstücks redlich erworben hätten.
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage der Kläger hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Es hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
II.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Kläger ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Für klärungsbedürftig halten die Kläger die Frage,
ob eine der Form nach zwar bestimmte Teilfläche, die rechtlich jedoch noch kein bestehendes Flurstück ist, zurückübertragen werden kann.
Es bedarf nicht erst eines Revisionsverfahrens, um diese Frage zu klären, weil das Bundesverwaltungsgericht sie bereits entschieden hat. Ist aus einem Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne nur eine Teilfläche zurückzuübertragen, genügt es, wenn diese Teilfläche im Restitutionsbescheid hinreichend bestimmt beschrieben wird. Damit steht in einer der Bestandskraft fähigen Weise fest, welche Fläche auf den Berechtigten übergehen soll. Aus keiner Vorschrift des Vermögensgesetzes kann hergeleitet werden, bereits bei Erlass des Restitutionsbescheides müsse darüber hinaus die Teilfläche aus dem Grundstück herausgemessen oder gar als neues selbstständiges Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne hergestellt sein. Dies ist vielmehr erst zum Vollzug des (bestandskräftig gewordenen) Restitutionsbescheids erforderlich (Beschluss vom 13. August 1998 – BVerwG 7 B 249.98 – Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 25). Erst nach Eintritt der Bestandskraft des Restitutionsbescheids müssen die Voraussetzungen für die dann erforderlich werdende Umschreibung des Grundbuchs geschaffen werden. Im Übrigen wäre auch nicht erkennbar, auf welcher Rechtsgrundlage der Verfügungsberechtigte es zu dulden hätte, dass vor Bestandskraft eines Restitutionsbescheids sein Grundstück liegenschaftsrechtlich oder grundbuchrechtlich geteilt wird.
b) Die Kläger werfen zum anderen die Frage auf,
ob ein mit wirksamer Baugenehmigung einer Verwaltungsbehörde mit einem Gebäude bebautes Grundstück zurückübertragen werden kann, wenn der Restitutionsbelastete das Gebäude nur über ein Notwegerecht erreichen kann.
Diese Frage würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich stellen und ist deshalb nicht klärungsfähig. Die Kläger unterstellen mit ihrer Frage, dass sie nach Rückübertragung der streitigen Fläche, auf der sie die Garage errichtet haben, Eigentümer dieser Garage bleiben und die Garage nur dann weiterhin nutzen können, wenn ihnen ein Notwegerecht über die zurückzuübertragende Teilfläche eingeräumt wird. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, geht mit dem Eigentum an der zurückzuübertragenden Teilfläche auch das Eigentum an der Garage auf den Beigeladenen über. Die Frage eines Notwegs zu Gunsten der Kläger stellt sich mithin nicht.
c) Die Kläger halten ferner die Frage für grundsätzlich bedeutsam,
ob eine Teilrückgabe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG von der Natur der Sache her unmöglich ist, wenn im Vertrauen auf den Bestand des Grundeigentums auf der zurückzugebenden Fläche unter Billigung einer staatlichen Behörde ein Gebäude errichtet wurde.
Die Frage beantwortet sich unmittelbar aus den einschlägigen Bestimmungen des Vermögensgesetzes und rechtfertigt deshalb nicht die Zulassung der Revision. Hat der Verfügungsberechtigte auf dem zurückzuübertragenden Grundstück ein Gebäude errichtet, schließt dies die Rückübertragung nicht von der Natur der Sache her aus. Werterhöhende Maßnahmen, wie sie eine Bebauung des Grundstücks darstellen kann, begründen nach § 7 Abs. 2 VermG nur einen Anspruch auf Wertausgleich, wenn der Verfügungsberechtigte die Werterhöhung bis zum 2. Oktober 1990 herbeigeführt hat. Hat der Verfügungsberechtigte die Verwendungen auf das Grundstück erst nach Anmeldung des Rückübertragungsanspruchs vorgenommen, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Wertersatz (§ 7 Abs. 6, § 3 Abs. 3 VermG). Daraus folgt, dass derartige Verwendungen erst recht nicht die Rückübertragung des Grundstücks hindern. Die Kläger haben die Garage auf dem Grundstück erst errichtet, nachdem der Beigeladene die Rückübertragung des gesamten Grundstücks beantragt hatte und sie deshalb auf das Behaltendürfen des Grundstücks nicht mehr uneingeschränkt vertrauen konnten.
Dass die zuständige Bauaufsichtsbehörde den Klägern für die Errichtung der Garage eine Baugenehmigung erteilt hatte, ist unerheblich. Die Baugenehmigung stellt nur fest, dass die Errichtung und Nutzung der Garage mit den Bestimmungen des öffentlichen Baurechts übereinstimmt. Solange die Baugenehmigung besteht und die Garage in Übereinstimmung mit ihr errichtet und genutzt wird, schützt sie gegen ein bauaufsichtliches Einschreiten. Nur in diesem Umfang gewährt sie Vertrauensschutz.
d) Die Kläger möchten schließlich die Frage geklärt wissen,
ob bei der Rückübertragung einer Teilfläche die Verpflichtung besteht, die Form der Teilfläche so zu wählen, dass der Restitutionsbelastete einen möglichst hohen Nutzwert seiner Restfläche, einschließlich der dazu gehörenden Gebäude, behält.
Soweit die Frage sich über den Einzelfall hinausweisend beantworten lässt, ergibt sich die Antwort bereits aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Ist – wie hier – ein Nutzungsrecht für eine nicht näher bestimmte Teilfläche von 500 m(2) aus einem insgesamt größeren Flurstück verliehen worden, so ist die Rückgabe des Grundstücks bei redlichem Erwerb insoweit ausgeschlossen, als dieses zur zweckentsprechenden ortsüblichen Nutzung des Eigenheims benötigt wird (Beschluss vom 22. September 1997 – BVerwG 7 B 157.97 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 47). Zur ortsüblichen Nutzung benötigt wird grundsätzlich auch die Fläche, auf der in räumlicher Nähe zum Eigenheim eine Garage errichtet ist (Beschluss vom 11. Dezember 1998 – BVerwG 7 B 231.98 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 62). Das Verwaltungsgericht hat hier der Sache nach angenommen, die den Klägern verbleibende Teilfläche ermögliche eine zweckentsprechende ortsübliche Nutzung ihres Eigenheims; auf einen Zuschnitt dieser Teilfläche, die auch den Standort der Garage und die notwendige Zufahrt dorthin umfasse, hätten sie keinen Anspruch, weil sie an dieser Garage keine schutzwürdige Position innehätten. Das Verwaltungsgericht orientiert sich damit an den Besonderheiten des Einzelfalles. Ein Bedarf an zusätzlicher Klärung ergibt sich daraus nicht.
2. Das angefochtene Urteil weicht nicht im Verständnis von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juli 1999 – BVerwG 7 C 31.98 – (Buchholz 428 § 4 Abs. 1 VermG Nr. 2) ab; dasselbe gilt für das Urteil vom 11. Januar 2001 – BVerwG 7 C 11.00 – (Buchholz 428 § 4 Abs. 1 VermG Nr. 5). Die Kläger legen nicht dar, dass das Verwaltungsgericht einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der einem entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz in einem der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht. Die Kläger machen nur geltend, das Verwaltungsgericht hätte bei zutreffender Anwendung der Grundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht in den genannten Urteilen aufgestellt hat, zu einem anderen Ergebnis kommen müssen. Die (angeblich) fehlerhafte Anwendung als solcher nicht in Frage gestellter abstrakter Rechtssätze auf den Einzelfall stellt indes keine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar. Im Übrigen können die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht für die Auffassung der Kläger in Anspruch genommen werden, § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG verlange allgemein, das Restitutionsinteresse des Alteigentümers müsse nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit mit dem Bestandsschutzinteresse des Verfügungsberechtigten abgewogen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Sailer, Herbert, Neumann
Fundstellen