Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.06.2006; Aktenzeichen 2 A 11376/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der beklagten Stiftungsaufsicht, festzustellen, dass sie eine kirchliche Stiftung ist.
Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses sowie weiterer sozialer Einrichtungen in Trier. Sie ist in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden. Seinerzeit gehörte Trier zum Departement Saar, das Bestandteil des französischen Staates war. Die Klägerin entstand seinerzeit aus einer Zusammenfassung mehrerer Hospitäler, Waisenhäuser und anderer Wohlfahrtseinrichtungen. Deren Träger waren zum Teil unstreitig kirchliche Stiftungen gewesen, während von anderen Trägern der zusammengefassten Einrichtungen zwischen den Beteiligten streitig ist, ob sie früher kirchliche Stiftungen waren.
Die Klägerin beantragte im Jahre 1998 bei der beklagten Stiftungsaufsicht, gemäß § 49 des Stiftungsgesetzes Rheinland-Pfalz (StiftG) vom 22. April 1966 (GVBl S. 95) festzustellen, dass sie eine kirchliche Stiftung im Sinne des § 41 StiftG sei. Der Beklagte lehnte den Antrag ab und stellte fest, dass es sich bei der Klägerin um eine (öffentliche) Stiftung des öffentlichen Rechts im Sinne des § 2 Abs. 3 bis 5 StiftG Rheinland-Pfalz handele.
Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet festzustellen, dass die Klägerin eine kirchliche Stiftung ist. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Auf die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts hat das Bundesverwaltungsgericht das Berufungsurteil wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
In dem fortgesetzten Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Es hat nunmehr auf der Grundlage von § 13 Abs. 2 des Landesstiftungsgesetzes (LStiftG) vom 19. Juli 2004 (GVBl S. 385) angenommen, die Klägerin sei keine kirchliche Stiftung. Die Vorgängereinrichtungen der Klägerin seien durch Konsularbeschluss vom 9. Juni 1802 verstaatlicht worden. Von der Verstaatlichung seien nach Art. 20 dieses Konsularbeschlusses lediglich die (kirchlichen) Einrichtungen ausgenommen worden, die sich ausschließlich der Krankenpflege und dem Unterricht widmeten. Hierzu hätten die später in der Klägerin vereinigten Wohlfahrtseinrichtungen nicht gehört. Sie hätten neben der Krankenpflege insbesondere auch der Armenpflege gedient. Soweit in den Waisenhäusern überhaupt unterrichtet worden sei, sei nicht der Unterricht, sondern die Unterbringung der Waisen Hauptzweck dieser Einrichtungen gewesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Art. 20 des Konsularbeschlusses vom 9. Juni 1802 in Trier vom Wortlaut abweichend großzügiger angewandt worden sei. Die somit verstaatlichten Vorgängereinrichtungen der Klägerin seien aufgrund der kaiserlichen Dekrete vom 9. Oktober 1804 und vom 24. Mai 1805 sowie des Reskripts des Innenministers vom 3. Mai 1806 vereinigt worden. Dadurch seien die ehemals selbständigen katholischen Stiftungen zu einer einheitlichen Stiftung zusammengefasst worden. Die Stiftungsakte, die sich auf bereits verstaatlichte Einrichtungen bezogen hätten, hätten schon in ihrem Wortlaut keine kirchlichen Zweckbindungen enthalten. Eine kirchliche Prägung lasse sich nicht aus der Zusammensetzung der Hospitienkommission herleiten. Sie habe aus insgesamt neun Personen bestanden, von denen lediglich der Bischof von Trier sowie der Kaplan von St. Matthias Geistliche gewesen seien. Dass der kirchliche Charakter der Vorgängereinrichtungen der Klägerin wieder aufgelebt sei, lasse sich nicht aus Geldzahlungen Napoleons und der Rückgabe von Gütern an die einzelnen Hospitäler ableiten. An dem nichtkirchlichen Charakter der Klägerin habe sich nach Beendigung der französischen Herrschaft in Trier nichts geändert. Insbesondere sei kein staatlicher Akt im Sinne der § 3 Abs. 6, § 12 Abs. 1 LStiftG ergangen, der die Klägerin als kirchliche Stiftung anerkannt habe.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
1. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf den behaupteten Verfahrensfehlern im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
a) Das Oberverwaltungsgericht hat weder seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen aus § 86 Abs. 1 VwGO noch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO dadurch verletzt, dass es angenommen hat, die Vorgängereinrichtungen der Klägerin hätten neben der Krankenpflege insbesondere auch der Armenpflege gedient und seien deshalb nicht nach Art. 20 des Konsularbeschlusses vom 9. Juni 1802 von der Verstaatlichung nach diesem Konsularbeschluss ausgenommen worden.
Das Oberverwaltungsgericht hat in dem fortgesetzten Berufungsverfahren den Vortrag der Klägerin zur Kenntnis genommen, die später in ihr vereinigten Wohlfahrtseinrichtungen seien nach Art. 20 des erwähnten Konsularbeschlusses von der Verstaatlichung ausgenommen worden. Es hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme des Landeshauptarchivs eingeholt. Das Landeshauptarchiv hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. Mai 2006 zum einen dargelegt, Art. 20 des Konsularbeschlusses vom 9. Juni 1802 habe von der Verstaatlichung nur die Einrichtungen ausgenommen, die sich ausschließlich der Krankenpflege und dem Unterricht widmeten. Es hat zum anderen bezogen auf die hier betroffenen Einrichtungen dargelegt, dass sie sich jeweils nicht ausschließlich der Krankenpflege und dem Unterricht gewidmet hätten. Die Klägerin hatte Gelegenheit, sich zu dieser ergänzenden Stellungnahme des Landesarchivs zu äußern. Sie hat von dieser Gelegenheit in ihrem Schriftsatz vom 12. Juni 2006 Gebrauch gemacht. Anders als nunmehr in ihrer Beschwerdeschrift hat sie sich dabei jedoch nicht mit den tatsächlichen Aussagen der ergänzenden Stellungnahme zu den einzelnen Einrichtungen auseinandergesetzt. Das Landeshauptarchiv hatte sich in Kenntnis des bisherigen Sachvortrags der Beteiligten und der vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen geäußert. Das Oberverwaltungsgericht durfte den Sachverhalt insoweit als geklärt ansehen. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts musste sich ihm nicht aufdrängen.
b) Das Oberverwaltungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt, soweit es angenommen hat, von der Verstaatlichung nach dem Konsularbeschluss vom 9. Juni 1802 seien nur diejenigen Einrichtungen ausgenommen worden, die sich ausschließlich der Krankenpflege und dem Unterricht gewidmet hätten. Die Klägerin hat zwar im Laufe des Verfahrens Indizien dafür vorgetragen, dass die kirchlichen Stiftungen, die in ihr aufgegangen sind, ausnahmslos von der Verstaatlichung unberührt geblieben seien, also auch dann, wenn sie sich über die Krankenpflege und den Unterricht hinaus weiteren Zwecken, insbesondere der Armenpflege, gewidmet hätten. Sie macht aber zu Unrecht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe diese von ihr vorgetragenen Umstände entweder nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Das Gericht ist nicht verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jedem rechtlichen und tatsächlichen Argument ausdrücklich zu befassen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nur festgestellt werden, wenn sich ausnahmsweise deutlich ergibt, dass das Gericht bestimmtes Vorbringen nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hat.
Derartige Umstände liegen hier nicht vor.
aa) Die Klägerin vermisst eine ausdrückliche Auseinandersetzung des Oberverwaltungsgerichts mit einer Instruktion des Präfekten des Rhein-Mosel-Departements vom 8. Oktober 1803. In ihr sei ausgeführt, dass die Verwaltungen der Hospitäler sich auch weiterhin strikt an die Stiftungszwecke zu halten hätten.
Die Klägerin hatte diese Instruktion in ihrem Schriftsatz vom 6. Februar 2002 auszugsweise wiedergegeben. Das Oberverwaltungsgericht ist nicht ausdrücklich auf sie eingegangen. Daraus kann nicht geschlossen werden, es habe den Vortrag der Klägerin entweder nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen. Der Instruktion ließ sich nicht zwingend etwas für den Standpunkt der Klägerin entnehmen, sämtliche Hospitäler seien von einer Verstaatlichung ausgenommen worden. Sie ist erst nach dem Zeitpunkt ergangen, für den das Oberverwaltungsgericht eine Verstaatlichung der Einrichtungen angenommen hat, die später zu der Klägerin vereinigt worden sind. So wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 6. Februar 2002 die Instruktion vom 8. Oktober 1803 wiedergegeben hat, bezog sie sich nicht auf konkrete Einrichtungen. Auch das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass jedenfalls die Hospitäler nicht verstaatlicht worden seien, die sich ausschließlich der Krankenpflege gewidmet hätten.
bb) Die Klägerin vermisst im Weiteren ein ausdrückliches Eingehen des Oberverwaltungsgerichts auf zwei Dekrete Napoleons: Das Dekret vom 13. Juni 1806 habe die Verwaltungen der Hospitäler angewiesen, die unverändert bestehenden Stiftungsverpflichtungen für Religionsdienste zu erfüllen. Das Dekret vom 13. Juli 1806 habe klargestellt, dass die Vereinigung der einzelnen Stiftungen die Rechte der Stifter zur Mitwirkung an ihrer Verwaltung nicht verändert habe.
Zwar ist das Oberverwaltungsgericht auf diese Dekrete nicht ausdrücklich eingegangen. Das lässt aber keinen Rückschluss darauf zu, das Oberverwaltungsgericht habe den auf sie bezogenen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen. Die Klägerin hatte diese beiden Dekrete in ihrem Schriftsatz vom 18. Juni 2001 erwähnt, den sie bereits in erster Instanz eingereicht hatte. Auf das Dekret vom 13. Juni 1806 ist sie später nicht mehr, auf das Dekret vom 13. Juli 1806 nur am Rande zurückgekommen, nämlich in ihrem Schriftsatz vom 14. Dezember 2005. Zur Würdigung der Rechtslage im französischen Teil des Rheinlands und der tatsächlichen Anwendung der Rechtsvorschriften in Trier waren in der Folgezeit von den Beteiligten Gutachten vorgelegt worden. Das Oberverwaltungsgericht hatte sich in dem ersten Berufungsurteil mit den Vorgängen der napoleonischen Zeit umfassend auseinandergesetzt. Das Oberverwaltungsgericht musste angesichts inzwischen gewonnener weiterer Erkenntnisse nicht auf alle früher vorgetragenen Argumente ausdrücklich zurückkommen, zumal es sich bei beiden Dekreten nach ihrem Inhalt nicht um Regelungen handelte, die zwingend dafür sprachen, dass die hier in Rede stehenden Einrichtungen von der Verstaatlichung ausgenommen worden waren.
cc) Das Oberverwaltungsgericht hat sich in dem angefochtenen Berufungsurteil mit dem weiteren Vortrag der Klägerin auseinandergesetzt, die Hospitäler seien für die erlittenen Verluste durch Gesetz vom 7. September 1807 entschädigt worden und den Vorsitz in der Hospitienkommission habe nach einem napoleonischen Reskript von 1806 der Bürgermeister von Trier gemeinsam mit dem Bischof geführt. Das Oberverwaltungsgericht hat daraus aber nicht die Schlüsse gezogen, die die Klägerin für gerechtfertigt hält. Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt indes nicht dagegen, dass ein zur Kenntnis genommener und in Erwägung gezogener Umstand anders gewertet wird, als der Beteiligte es für zutreffend hält.
c) Das Oberverwaltungsgericht hat seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nicht dadurch verletzt, dass es den Beweisantrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung abgelehnt und kein weiteres Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache eingeholt hat, dass weder in der französischen Besatzungszeit noch anschließend Güter der Stiftungen, die in den vereinigten Hospitien aufgegangen seien, verstaatlicht worden seien oder der Stiftungszweck verändert worden sei. Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin insoweit geltend, das Oberverwaltungsgericht hätte sich nicht allein auf den Konsularbeschluss vom 9. Juni 1802 stützen dürfen. Es hätte vielmehr feststellen müssen, ob die Güter der Stiftungen in der Folgezeit in Ausführung des Konsularbeschlusses durch den Staat als eigene Güter in Anspruch genommen worden seien.
Ausweislich seiner Entscheidungsgründe ist das Oberverwaltungsgericht hingegen aufgrund der ihm vorliegenden Gutachten und gutachtlichen Stellungnahmen davon ausgegangen, dass die hier in Rede stehenden Einrichtungen unmittelbar durch den Konsularbeschluss vom 9. Juni 1802 verstaatlicht worden und damit als kirchliche Einrichtungen aufgehoben waren. Von dieser Würdigung der historischen Vorgänge ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht folgerichtig nicht nach Vollzugsakten gesucht, sondern umgekehrt danach gefragt, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Konsularbeschluss in Trier abweichend praktiziert worden ist. Derartige Anhaltspunkte hat es nicht feststellen können.
d) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht bei dieser Würdigung des Sachverhalts nicht die Denkgesetze verletzt.
Das Oberverwaltungsgericht hat ein Schreiben des Generalkommissars für die rheinischen Departements vom 30. Juli 1802 an den Präfekten des Saardepartements dahin gewürdigt, es bestätige, dass es sich bei Art. 20 des Konsularbeschlusses vom 9. Juni 1802 um eine Ausnahmevorschrift gehandelt habe, die auch in Trier eng ausgelegt worden sei. Das Oberverwaltungsgericht hat dem Schreiben die klarstellende Anweisung des vorgesetzten Generalkommissars an den nachgeordneten Präfekten entnommen, es sei von der Aufhebung (Verstaatlichung) sämtlicher Einrichtungen auszugehen, die nicht ausschließlich im öffentlichen Unterrichtswesen und der Krankenpflege tätig gewesen seien.
Das Oberverwaltungsgericht hat damit keine Schlussfolgerung gezogen, die mit den Denkgesetzen nicht zu vereinbaren ist. Zwar können im Zusammenhang mit der Würdigung des Sachverhalts die Denkgesetze verletzt sein, wenn ein Gericht aus der bloßen Existenz einer normativen Regelung eine nicht bestehende Indizwirkung für die Verneinung einer tatsächlichen Gegebenheit herleitet (Beschluss vom 22. August 2001 – BVerwG 7 B 48.01 –). Darum geht es hier indes nicht.
Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Konsularbeschluss vom 9. Juni 1802 eine Aufhebung sämtlicher Einrichtungen bewirkt hat, die nicht ausschließlich im öffentlichen Unterrichtswesen und in der Krankenpflege tätig gewesen seien. Wenn eine vorgesetzte Stelle nachgeordnete Stellen in diesem Sinne klarstellend anweist, kann dies ein taugliches Indiz dafür sein, dass die sich aus dem Konsularbeschluss vom 9. Juni 1802 ergebende Rechtslage auch tatsächlich beachtet worden ist.
Das Oberverwaltungsgericht hatte in diesem Zusammenhang keinen Anlass, ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob die Anweisung des Generalkommissars verbindlich gewesen sei. Die Klägerin führt lediglich an, es sei beispielsweise denkbar, dass der Generalkommissar zu einer derartigen Anweisung überhaupt nicht berechtigt gewesen sei, dass die Anweisung später von ihm oder durch eine andere Stelle korrigiert worden sei oder dass die in Trier handelnden Personen sich auf der Grundlage einer abweichenden Rechtsauffassung an diese Anweisung einfach nicht gehalten hätten. Die Klägerin zeigt damit bloße Möglichkeiten auf, ohne konkrete Anhaltspunkte für deren Vorliegen zu benennen. Zu einer Beweiserhebung ins Blaue hinein war das Oberverwaltungsgericht nicht verpflichtet.
e) Das Oberverwaltungsgericht durfte das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme des Landeshauptarchivs verwerten, ohne zu den darin behandelten Fragen ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Die Ablehnung des hierauf zielenden Beweisantrags war nicht verfahrensfehlerhaft.
Dem Tatsachengericht steht bei der Bestimmung von Art und Zahl einzuholender Sachverständigengutachten nach § 98 VwGO in Verbindung mit den §§ 404, 412 ZPO Ermessen zu. Dieses Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung eines weiteren Gutachtens absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Das ist dann der Fall, wenn das bereits vorliegende Gutachten nicht verwertbar ist, weil es erkennbare Mängel aufweist, namentlich von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht oder unlösbare Widersprüche enthält, oder wenn Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter bestehen.
Derartige Gründe lagen hier nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht durfte namentlich von der Unparteilichkeit und Sachkunde des Landeshauptarchivs ausgehen. Das Landeshauptarchiv ist eine zur Erforschung der Landesgeschichte und zur Auswertung des Archivguts gesetzlich berufene sachverständige Stelle (§ 6 Abs. 4 Landesarchivgesetz, § 5 Abs. 2 Landesarchiv-Benutzungsverordnung). Gutachten sachkundiger Behörden können auch dann verwertet werden, wenn die sachkundige Behörde demselben Rechtsträger (hier dem Land) angehört wie die beklagte Behörde. Ein gerichtliches Gutachten ist auch in diesen Fällen entbehrlich, wenn das Gutachten der Behörde keinen der bezeichneten Mängel aufweist.
f) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör dadurch verstoßen, dass es die Geschäftsinstruktion der Königlich-preußischen Regierung vom 22. Februar 1825 für die Verwaltung der Hospitien der Stadt Trier als Bekräftigung des nichtkirchlichen Charakters der Klägerin angesehen hat.
Nach dieser Geschäftsinstruktion setzte sich die Verwaltungskommission aus fünf Bürgern Triers unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters zusammen. Eine Mitgliedschaft kirchlicher Amtsträger sah die Instruktion nicht vor. Die Klägerin meint, das Oberverwaltungsgericht hätte sich in diesem Zusammenhang näher mit ihrem Vortrag befassen müssen, dass in der Zeit zwischen 1816 und 1890 als Folge ständiger Auseinandersetzungen zwischen dem preußischen Staat und der katholischen Kirche die Bischöfe nicht in der Lage gewesen seien, eine Überprüfung der Geschäftsinstruktion herbeizuführen und ihr Recht auf Mitwirkung in der Verwaltungskommission der Vereinigten Hospitien durchzusetzen.
Das Oberverwaltungsgericht ist – wie erwähnt – von einer Verstaatlichung der Einrichtungen ausgegangen, die in der Klägerin aufgegangen sind. Es hat angenommen, an dem nichtkirchlichen Charakter der Klägerin habe sich nach Beendigung der französischen Herrschaft in Trier nichts geändert. In diesem Zusammenhang erörtert es die erwähnte Geschäftsinstruktion der Königlich-preußischen Regierung vom 22. Februar 1825. Sie sieht eine Zusammensetzung der Verwaltungskommission vor, die – unstreitig – einem nichtkirchlichen Charakter der Klägerin entspricht. Dabei war vom Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts aus unerheblich und deshalb nicht weiter erörterungsbedürftig, ob die Bischöfe von Trier einen abweichenden Standpunkt vertreten haben sollten, diesen aber nicht haben durchsetzen können.
g) Das Oberverwaltungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nicht dadurch verletzt, dass es aus dem preußischen Gesetz zur Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz von 1871 ebenfalls eine Bestätigung des nichtkirchlichen Charakters der Klägerin hergeleitet hat.
Durch dieses Gesetz war die Hospitienkommission aufgehoben worden. Die Verwaltung der Klägerin war auf die Stadt Trier übergegangen. Diese führte die bisherige Hospitienkommission als städtische Deputation weiter. Die Klägerin vermisst in diesem Zusammenhang ein ausdrückliches Eingehen des Oberverwaltungsgerichts auf ihren Vortrag in ihrem Schriftsatz vom 12. Juni 2003. Dort habe sie dargelegt, die vereinigten Hospitien hätten in den Anwendungsbereich des preußischen Gesetzes zur Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz nicht einbezogen werden dürfen.
Das Oberverwaltungsgericht hatte sich in dem nachfolgenden ersten Berufungsurteil mit der Frage eingehend auseinandergesetzt, ob das genannte Gesetz eine Ausnahme für die hier in Rede stehenden Vereinigten Hospitien begründet habe. Es hat sich in dem nunmehr angefochtenen Berufungsurteil die Ausführungen in dem früheren Berufungsurteil zu eigen gemacht. Nachdem die Klägerin auf ihren früheren Vortrag nicht wieder ausdrücklich zurückgekommen ist, durfte das Oberverwaltungsgericht es bei den knappen Bemerkungen in dem jetzt angefochtenen Urteil belassen und sich im Anschluss an das vorausgegangene Berufungsurteil darauf beschränken, nur noch die wesentlichen Gesichtspunkte hervorzuheben.
h) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht dadurch verletzt, dass es auf ihren Vortrag in dem Schriftsatz vom 6. Februar 2002 nicht mehr ausdrücklich eingegangen ist, der Hospitaldienst sei durch die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Karl Borromäus versehen worden. Mit diesem Vortrag hatte sich das Oberverwaltungsgericht in seinem ersten Berufungsurteil auseinandergesetzt. Da die Klägerin auch insoweit auf ihren früheren Vortrag nicht ausdrücklich zurückgekommen ist, konnte es das Oberverwaltungsgericht bei der allgemeinen Bezugnahme auf sein früheres Berufungsurteil belassen.
i) Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Würdigung des Sachverhalts nicht die Denkgesetze durch seine Annahme verletzt, die Klägerin sei im Jahre 1804/1806 gestiftet worden.
Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, die später in der Klägerin vereinigten Wohlfahrtseinrichtungen seien durch den Konsularbeschluss vom 9. Juni 1802 verstaatlicht worden und die verstaatlichten Einrichtungen seien durch kaiserliche Dekrete vom 9. Oktober 1804 und vom 24. Mai 1805 sowie durch das Reskript des Innenministers vom 3. Mai 1806 vereinigt worden. Damit ist aber nicht denkgesetzlich ausgeschlossen, dass durch diese Vereinigung nichtstaatlicher Einrichtungen eine (nichtkirchliche) Stiftung des öffentlichen Rechts geschaffen worden ist.
2. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Verständnis von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die Klägerin hält die Fragen für rechtsgrundsätzlich bedeutsam,
ob der Stifterwille für die Stiftung auch dann dauernd konstitutiv bleibt, wenn der Stiftungsakt eine staatliche Vereinigung staatlicher Wohlfahrtseinrichtungen sei und
ob der Staat rechtlich gehindert sei, einer durch Vereinigung verstaatlichter kirchlicher Stiftungen entstandenen Stiftung durch Anerkennung des kirchlichen Charakters den Status einer kirchlichen Stiftung zurückzugeben oder auch zu verleihen.
Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Soweit sie sich in dem angestrebten Revisionsverfahren überhaupt entscheidungserheblich stellen und nach Bundesrecht zu beantworten wären, liegt die Antwort auf der Hand und muss nicht erst in einem Revisionsverfahren gesucht werden.
Im Ausgangspunkt liegt auf der Hand, dass auch bei einer Stiftung des öffentlichen Rechts der Stifterwille so lange verbindlich bleibt, als er nicht in rechtlich relevanter Weise geändert wird. Die weitere Frage stellt sich nicht. Das Oberverwaltungsgericht ist nämlich bei zutreffendem Verständnis der Entscheidungsgründe davon ausgegangen, dass der Staat nicht schon grundsätzlich gehindert ist, eine nichtkirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts durch Änderung des Stiftungszwecks in eine kirchliche Stiftung umzuwandeln. Es hat die Grundlage hierfür in den § 3 Abs. 6, § 12 Abs. 1 LStiftG gesehen (Seite 9 unten, 10 oben des Entscheidungsabdrucks), das Vorliegen ihrer Voraussetzungen aber verneint. Dies wirft Fragen nur des irrevisiblen Landesrechts auf.
Aus Bundesrecht, nämlich aus § 87 BGB ergibt sich zwar ebenfalls, dass der Stiftungszweck geändert werden kann. Diese Vorschrift könnte nach Art. 163 EGBGB auf die Klägerin anwendbar sein, wenn durch die Vereinigung ihrer Vorgängereinrichtungen eine nichtkirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts entstanden ist. Jedoch liegt eine Änderung des Stiftungszweckes nach dieser Vorschrift ersichtlich nicht vor, wie die Klägerin selbst nicht verkennt.
Aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung lässt sich für die Beantwortung der Frage nichts herleiten. Diese Vorschrift gewährleistet das Eigentum und die anderen Rechte der Religionsgesellschaften und religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögen. Die Vorschrift gibt nichts für die Frage her, ob und unter welchen Voraussetzungen der Staat vorhandene staatliche Einrichtungen und staatliches Sondervermögen in Form von Stiftungen kirchlichen Zwecken widmen darf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Sailer, Krauß, Neumann
Fundstellen