Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 13 A 6195/96.A) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 1999 wird verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Dabei kann offen bleiben, ob den Klägern gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könnte. Die Beschwerde ist nämlich jedenfalls deshalb unzulässig, weil die Beschwerdebegründung ohne erkennbare Gliederung und in nur teilweise nachvollziehbarer Gedankenführung Kritik an der Berufungsentscheidung übt, ohne einen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gebotenen Weise darzulegen. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts, aus derart unstrukturierten Ausführungen einzelne Punkte herauszusuchen, die eine Zulassungsrüge enthalten können. Abgesehen hiervon ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen auch keine ordnungsgemäßen Revisionszulassungsgründe.
Soweit die Beschwerde geltend macht, das Berufungsgericht habe die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten zu Unrecht zugelassen (Beschwerdebegründung S. 3 ff.), ist damit ein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO schon deshalb nicht aufgezeigt, weil die Berufungszulassung als unanfechtbare Vorentscheidung nach § 173 VwGO, § 548 ZPO einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich – und so auch hier – entzogen ist (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 21. Februar 2000 – BVerwG 9 B 57.00 – sowie Beschluss vom 23. April 1998 – BVerwG 4 B 40.98 – Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 87).
Soweit die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen, weil sie nicht fristgerecht begründet worden sei (Beschwerdebegründung S. 7 und Schriftsatz vom 13. Juni 2000), ist dieses Vorbringen ebenfalls nicht geeignet, einen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO darzutun. Denn die durch das 6. VwGOÄndG vom 1. November 1996 (BGBl I S. 1626) eingeführte Berufungsbegründungspflicht nach § 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO galt für das vorliegende Verfahren noch nicht, da die mündliche Verhandlung, auf die das verwaltungsgerichtliche Urteil ergangen ist, vor dem 1. Januar 1997 geschlossen worden ist (Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 6. VwGOÄndG; vgl. den Beschluss vom 18. Mai 1999 – BVerwG 9 B 209.99 – ≪juris≫ m.w.N.).
Auch soweit die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht habe das Gebot des effektiven Rechtsschutzes verletzt, indem es trotz Bestehens einer Gruppenverfolgung der Kosovo-Albaner den Fall nahezu fünf Jahre habe liegen lassen (Beschwerdebegründung S. 8), ist ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann, nicht schlüssig aufgezeigt. Insbesondere setzt sich die Beschwerde in diesem Zusammenhang weder mit den materiellrechtlichen Anforderungen der geltend gemachten Ansprüche noch mit § 77 Abs. 1 AsylVfG auseinander, nach dem für das Gericht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder – bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung – im Zeitpunkt, in dem die Entscheidung gefällt wird, maßgeblich ist. Der Umstand, dass für die Kläger während des Laufs des Gerichtsverfahrens möglicherweise zwischenzeitlich eine günstigere Sachlage bestanden hat, findet nach Maßgabe dieser Bestimmung keine Berücksichtigung. Auch nach materiellem Recht kommt es auf die zum Zeitpunkt einer Rückkehr bestehende Verfolgungssituation an. Im Übrigen ist über die Berufung gut drei (und nicht fünf) Jahre nach Eingang des Zulassungsantrags des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten entschieden worden.
Auch die Rügen der Verletzung des rechtlichen Gehörs der Kläger (Art. 103 Abs. 1 GG, Beschwerdebegründung S. 8 und 9) sind nicht ordnungsgemäß dargetan. Die Beschwerde zeigt weder auf, dass das Berufungsgericht konkretes entscheidungserhebliches Vorbringen der Kläger nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat, noch macht sie geltend, dass das Berufungsgericht seine Entscheidung auf Erkenntnisse gestützt hat, zu denen sich die Kläger nicht haben äußern können. Auch soweit die Beschwerde dabei geltend macht, das Berufungsgericht habe „sämtliche neue Erkenntnisse außer Acht” gelassen, wird ein Verfahrensmangel nicht ausreichend bezeichnet.
Mit dem weiteren Vorbringen, das Berufungsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 83, 216 ff.) zu den fließenden Strukturen gruppengerichteter Verfolgung nicht berücksichtigt (Beschwerdebegründung S. 8), ist eine etwa beabsichtigte Divergenzrüge im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO schon deshalb nicht ordnungsgemäß erhoben, weil kein Rechtssatz aus der berufungsgerichtlichen Entscheidung benannt wird, der zu dem Zitat aus der verfassungsgerichtlichen Entscheidung in Widerspruch steht.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Hund, Beck
Fundstellen