Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitgeber i.S.v. § 9 BPersVG. Weiterbeschäftigung, Unzumutbarkeit der – bei behördlichem Einstellungsstopp. Einstellungsstopp, Anforderungen an behördlichen –, wenn er die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung rechtfertigen soll

 

Leitsatz (amtlich)

1. Arbeitgeber im Sinne von § 9 Abs. 4 BPersVG und dementsprechend Antragsteller im Beschlußverfahren ist der Vertragspartner desjenigen, der die Weiterbeschäftigung verlangt, im allgemeinen also die Anstellungskörperschaft.

2. Ein von einer übergeordneten Behörde verfügter Einstellungsstopp begründet die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung, wenn er in Vollzug wenigstens globaler Anweisungen des Haushaltsgesetzgebers zur Personaleinsparung ergeht (Fortentwicklung der Rechtsprechung des Senats – vgl. Beschlüsse vom 30. Oktober 1987 – BVerwG 6 P 25.85BVerwGE 78, 223 = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 5 – und vom 13. März 1989 – BVerwG 6 P 22.85 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 9).

3. Läßt ein solcher behördlicher Einstellungsstopp Ausnahmen zu, so müssen diese so eindeutig gefaßt sein, daß sich auch nur der Verdacht einer Benachteiligungsabsicht von vornherein, d.h. anhand objektiver Kriterien, ausschließen läßt. • (Wie Beschluß vom 2. November 1994 – BVerwG 6 P 39.93 –).

 

Normenkette

BPersVG § 9 Abs. 2, 4

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OVG (Beschluss vom 19.01.1993; Aktenzeichen 11 L 4/92)

VG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 06.08.1992; Aktenzeichen PB 1792)

 

Tenor

Der Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 19. Januar 1993 wird aufgehoben.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – Fachkammer für Personalvertretungssachen – Bund – vom 6. August 1992 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Es geht um die Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1 im Bereich des Marinearsenals – Arsenalbetrieb Kiel – gemäß § 9 BPersVG.

Die Beteiligte zu 1 wurde im Arsenalbetrieb Kiel bis Ende Januar 1992 zur Industriemechanikerin der Fachrichtung „Feinwerktechnik” ausgebildet. Sie war während ihrer Ausbildungszeit Mitglied der örtlichen Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie der Bezirksjugendvertretung beim Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung und Mitglied der Hauptjugendvertretung beim Bundesminister der Verteidigung. Seit der Neuwahl im Mai 1992 ist sie nur noch Mitglied der örtlichen Jugendvertretung.

Durch Verfügung vom 11. März 1991 ging das dem Leiter des Marinearsenals übergeordnete Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung auf die Einsparungen im Personalbereich ein, die im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung bei ihm vorgesehen waren. Darin hieß es unter anderem:

„4. Neueinstellungen von Arbeitnehmern sind grundsätzlich nicht mehr möglich; dies gilt auch für die Übernahme des Fachhandwerkernachwuchses.”

Mit Schreiben vom 11. Oktober 1991 teilte der Dienststellenleiter der Beteiligten zu 1 mit, ihre Übernahme in ein befristetes Arbeitsverhältnis sei nicht möglich. Mit Schreiben vom 17. Januar 1992 verlangte die Beteiligte zu 1 ihre Weiterbeschäftigung nach § 9 Abs. 2 BPersVG.

Am 28. Januar 1992 hat die Antragstellerin das Verwaltungsgericht angerufen und zunächst die Feststellung beantragt, daß ein Beschäftigungsverhältnis mit dieser Beteiligten nicht begründet werde. Sie hat geltend gemacht, der generelle Abbau der Streitkräfte auch im zivilen Bereich führe zu entsprechenden Stellenminderungen. Daher habe das Bundeswehrbeschaffungsamt (BWB) einen Einstellungsstopp verfügt, so daß die Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1 nicht zumutbar sei. Vor dem Verwaltungsgericht hat die Antragstellerin dann beantragt, das mit der Beteiligten zu 1 begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag durch Beschluß vom 6. August 1992 abgelehnt.

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht im wesentlichen mit folgender Begründung für zulässig und begründet gehalten:

Der im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens vorgenommene Übergang vom Antrag auf Feststellung der Nichtbegründung eines Arbeitsverhältnisses zu dem Antrag auf Auflösung eines Arbeitsverhältnisses entspreche dem Umstand, daß das Verfahren zwar vor Ende der Ausbildung eingeleitet worden sei, die Ausbildung aber beendet gewesen sei, bevor eine rechtskräftige Entscheidung vorgelegen habe.

Der Antrag sei begründet, da Tatsachen vorlägen, aufgrund derer der Antragstellerin unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden könne. Unter Befolgung der Auslegung des § 9 BPersVG in dem Urteil des Senats vom 26. Juni 1981 – BVerwG 6 P 71.78 – (BVerwGE 62, 364) könne einem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden dann nicht zugemutet werden, wenn nachweislich feststehe, daß eine Übernahme in keinem Falle erfolgt wäre, also die (frühere) Mitgliedschaft des Auszubildenden in einer Personalvertretung für dessen Nichtübernahme völlig unerheblich gewesen sei. Stehe zweifelsfrei fest, daß der Arbeitgeber den Auszubildenden auch dann nicht übernommen hätte, wenn dieser nicht Mitglied einer Personalvertretung gewesen wäre, so sei ihm dessen Weiterbeschäftigung nicht nur deshalb zuzumuten, weil der Auszubildende Mitglied einer Personal Vertretung gewesen sei oder sei. Jede andere Auslegung würde den Schutz des § 9 BPersVG überspannen und gleichzeitig dem Begünstigungsverbot des § 8 BPersVG zuwiderlaufen.

Danach sei dem Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses stattzugeben gewesen. Bei der Dienststelle seien zwar zum Ende des Ausbildungsverhältnisses Stellen in der Fachrichtung der Beteiligten zu 1 frei gewesen; es stehe jedoch fest, daß diese freibleiben sollten, die Antragstellerin die Beteiligte also auf keinen Fall übernommen hätte, auch wenn es sich bei ihr nicht um das Mitglied einer Personalvertretung gehandelt hätte. Das ergebe sich aus dem generellen Einstellungsstopp gemäß der erwähnten Verfügung des BWB vom 11. März 1991 und auch daraus, daß die beiden anderen Auszubildenden in der Fachrichtung der Beteiligten zu 1 nicht übernommen worden seien. Die Beteiligten hätten auch nichts dafür vorgetragen, was Anlaß zu der Besorgnis geben könne, die Beteiligte zu 1 habe sich als Mitglied der Personalvertretung mißliebig gemacht und solle letztlich nur oder auch aus diesem Grund nicht übernommen werden. Daß sie jetzt mit sinnvoller Arbeit beschäftigt sei, reiche für die Zumutbarkeit ihrer Weiterbeschäftigung nicht aus. Bei dem beabsichtigten Abbau der Bundeswehr und auch ihres zivilen Bereichs gebe es naturgemäß eine Übergangszeit. Die am Ende wegfallenden Stellen könnten nicht schlagartig gestrichen werden, so daß zum Erhalt der erforderlichen Flexibilität mit Überstunden oder auch mit befristeten Arbeitsverhältnissen gearbeitet werden müsse. Nur so könne die sozial verträgliche Anpassung der Beschäftigtenzahl an die nur allmählich abnehmende Arbeit erfolgen. Dem Auflösungsanspruch könne nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß zum Zeitpunkt des Ausbildungsendes der Beteiligten zu 1 eine Außenstelle des Marinearsenals in Warnemünde mit 24 Dienstposten für Lohnempfänger neu eingerichtet worden sei. Dort habe kein Bedarf für die Fachrichtung der Beteiligten zu 1 bestanden; außerdem habe eine Weiterbeschäftigung nur in dem örtlichen Bereich der Dienststelle einschließlich des Umzugsgebiets zu erfolgen, in dem die Ausbildung stattgefunden habe.

Die Auffassung, wonach einem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung nicht nur deshalb zuzumuten sei, weil der Auszubildende Mitglied einer Personalvertretung sei oder gewesen sei, stehe allerdings im Gegensatz zum Beschluß des Senats vom 13. März 1989 – BVerwG 6 P 22.85 – (Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 6 = ZBR 1989, 309). Danach führe ein allgemeiner Einstellungsstopp, der von dem die Funktion des Arbeitgebers wahrnehmenden Verwaltungsorgan beschlossen worden sei, nicht zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG.

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht wegen Abweichung von dem erwähnten Beschluß vom 13. März 1989 zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1. Sie macht im wesentlichen geltend:

Ihre Weiterbeschäftigung sei für den Antragsteller zumutbar. Rechtliche Hindernisse oder persönliche Gründe ständen nicht entgegen; eine freie Stelle sei vorhanden. Allein der verwaltungsintern verfügte Einstellungsstopp ab 13. März 1991 mache die Weiterbeschäftigung nicht unzumutbar. Die gegenteilige Auffassung führe dazu, daß die Dienststelle oder ihre vorgesetzte Behörde durch verwaltungsinterne Verfügungen geltendes Recht außer Kraft setzen und den Weiterbeschäftigungsschutz unterlaufen könne. Der Weiterbeschäftigungsanspruch bestehe unabhängig vom Nachweis einer Benachteiligungsabsicht des Dienststellenleiters. Maßgebend seien nicht Beweislastfragen, sondern einzig und allein die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung. Unabhängig davon könne der verwaltungsinterne Einstellungsstopp hier schon deshalb nicht zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung führen, weil nach Nr. 4 der Verfügung vom 11. März 1991 Neueinstellungen und die Weiterbeschäftigung von Auszubildenden nur „grundsätzlich” nicht möglich seien. Ausnahmen seien also möglich.

Die Beteiligten zu 1, 2 und 3 beantragen,

den Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Januar 1993 aufzuheben und die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 6. August 1992 zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 5, der Bezirkspersonalrat beim Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, macht geltend, die vom BWB geschaffene Einstellungssperre beweise nicht, daß eine Beschäftigung nicht möglich gewesen sei.

Die Antragstellerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Sie macht geltend, anders als in dem Fall, der dem Beschluß des Senats vom 13. März 1989 – BVerwG 6 P 22.85 – zugrunde gelegen habe, fehle es hier bereits an einer freien Haushaltsstelle, aus der die Beteiligte zu 1 hätte bezahlt werden können. Dienstposten und Haushaltsstellen würden hier getrennt bewirtschaftet; einen Organisations- und Stellenplan gebe es nicht. Statt dessen existiere ein Organisations- und Dienstplan. Auch wenn in der Fachrichtung der Beteiligten zu 1 ein Dienstposten frei sei, bedeute dies nicht, daß dafür auch eine freie Haushaltsstelle zur Verfügung stehe, aus der der Dienstposten bezahlt werden könne. Deshalb würden freiwerdende Dienstposten auch nicht sofort gestrichen. Aufgrund des Mitarbeiterüberhangs in der Fachrichtung der Beteiligten zu 1 sei keine Zuweisung einer entsprechenden Haushaltsstelle zu beantragen gewesen. Soweit in der Verfügung vom 11. März 1991 angegeben sei, Neueinstellungen seien „grundsätzlich” nicht mehr möglich, müsse berücksichtigt werden, daß ein Ausnahmefall nur dann vorliege, wenn die Neueinstellung aus zwingenden dienstlichen Gründen erforderlich sei, um die Funktionsfähigkeit der Dienststelle zu erhalten. Das sei hier nicht der Fall.

Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren. Er hält die Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1 wegen des Einstellungsstopps für unzumutbar.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die der Bundesrepublik Deutschland als Arbeitgeberin und Antragstellerin zuzurechnende Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

1. Antragsteller in einem Verfahren, in dem gemäß § 9 Abs. 4 BPersVG die Auflösung des nach den Absätzen 2 oder 3 begründeten Arbeitsverhältnisses begehrt wird, ist nach dem Wortlaut der Regelung der Arbeitgeber. Das ist, da es um die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses geht, derjenige, der bei einem Vertragsschluß Vertragspartner des Arbeitnehmers wäre, hier also die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist bei Einleitung des Verfahrens ordnungsgemäß vertreten worden. Insbesondere ist nicht anzunehmen, daß der Dienststellenleiter eigene Rechte oder solche der Dienststelle geltend machen wollte. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, daß er sich zunächst selbst als Antragsteller bezeichnet hat und als solcher auch am Verfahren beteiligt worden ist. Dies geschah, wie in der Anhörung vor dem Senat klargestellt worden ist, lediglich in Unkenntnis der wahren Rechtslage. Der Dienststellenleiter hat ausschließlich als derjenige gehandelt, der gemäß Nrn. 3. Abs. 1 und 5. Abs. 1 des Runderlasses des Bundesministers der Verteidigung – S II 2 – 15-01-01 – vom 28. November 1978 (VMBl 1979, 2) im ersten Rechtszug zur Prozeßführung befugt war, mithin für denjenigen, den es anging. Darauf weist zum einen hin, daß er dem Verwaltungsgericht einen unter Vorbehalt stehenden Arbeitsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Beteiligten zu 1 vorgelegt hat, bei dessen Abschluß er in Vertretung der Antragstellerin – als Arbeitgeberin – sowie in Untervertretung des Bundesministers der Verteidigung gehandelt hat. Dafür spricht zum anderen aber auch, daß das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung in der Beschwerdeinstanz bei der Anhörung durch den Senat die Verfahrensführung übernommen und sich dabei auf den Erlaß vom 28. November 1978 berufen hat.

2. Die Beschwerdeentscheidung beruht auf einer unrichtigen Anwendung des § 9 Abs. 4 BPersVG.

Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts kann der Antrag, das von Gesetzes wegen zustande gekommene unbefristete Arbeitsverhältnis aufzulösen, keinen Erfolg haben, weil die Voraussetzungen nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht erfüllt sind. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses war der Antragstellerin die Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1 zumutbar. Auch der Einstellungsstopp, den das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung am 11. März 1991 verfügt hatte, ließ sie nicht unzumutbar werden.

Nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG ist das bereits nach den Absätzen 2 oder 3 begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. Im Urteil des Senats vom 26. Juni 1981 – BVerwG 6 P 71.78 – BVerwGE 62, 364 = Buchholz 238.3 A § 9 BPersVG Nr. 1 ist zum Schutzzweck der Regelung ausgeführt worden, der Anspruch auf Weiterbeschäftigung gewährleiste in erster Linie die ungestörte und unabhängige Ausübung des personalvertretungsrechtlichen Amtes. Die Darlegungs- und Beweislast sei nach der Regelung so verteilt, daß der Arbeitgeber sich im Streitfalle über die Gründe seiner ablehnenden Entscheidung zu erklären und sie im einzelnen darzulegen habe, um jeden Verdacht, die Tätigkeit der Auszubildenden in einem Personalvertretungsorgan könne seine Entscheidung beeinflußt haben, auszuräumen. Lasse sich das nicht einwandfrei aufklären, dann trage der Arbeitgeber den Nachteil der tatsächlichen Unklarheit (materielle Beweislast). Darin liege zwar eine gesetzliche Bevorzugung des geschützten Personenkreises, die jedoch schon deshalb sachlich gerechtfertigt sei, weil andernfalls ein zuverlässiger Schutz gegenüber Benachteiligungen wegen der personalvertretungsrechtlichen Tätigkeit nicht möglich wäre.

Wie der Senat schon früher klargestellt hat, dürfen diese Ausführungen zum Schutzzweck und zur Beweislast nicht mit dem materiellen Auflösungsgrund gleichgesetzt werden (Beschluß vom 24. April 1991 – BVerwG 6 PB 18.90 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 9). Zur Rechtfertigung der Auflösung reicht es eben nicht aus, wenn nachgewiesen werden kann, daß der Arbeitgeber die Betroffenen nicht wegen ihrer früheren Tätigkeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung benachteiligt hat (Beschluß vom 13. März 1989 – BVerwG 6 P 22.85 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 6). Diese nicht immer zuverlässig zu beantwortende Frage soll gerade nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 9 Abs. 4 BPersVG sein. Daran, daß ausschließlich sachliche Gründe – welcher Art auch immer – den Arbeitgeber zur Nichtübernahme bewogen haben, knüpft das Gesetz nicht schon die Möglichkeit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Die Voraussetzungen einer Auflösung des kraft Gesetzes zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses sind enger. Der Gesetzeswortlaut stellt in qualifizierter Weise darauf ab, ob dem Arbeitgeber „unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann”. Er muß also den Nachweis führen, daß und aus welchen gewichtigen Gründen ihm die Weiterbeschäftigung ausnahmsweise („unter Berücksichtigung aller Umstände”) unzumutbar ist. Das ist sie nach der ständigen Rechtsprechung des Senats etwa dann, wenn ihr gesetzliche oder tarifliche Einstellungshindernisse entgegenstehen, wenn ein besetzbarer, der Ausbildung entsprechender und auf Dauer angelegter Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht oder aber wenn in der Person der jeweiligen (früheren) Jugendvertreter Gründe gegeben sind, die es ausschließen, dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnsises abzuverlangen (Beschlüsse vom 10. März 1982 – BVerwG 6 P 36.80 – und vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84 – Buchholz 238.3 A § 9 BPersVG Nrn. 1 und 2; Beschluß vom 13. März 1989 – BVerwG 6 P 22.85 – a.a.O.; Urteil vom 31. Mai 1990BVerwG 6 P 16.88 – Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 8).

Darüber, ob im öffentlichen Dienst ein geeigneter und besetzbarer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, hat primär der Haushaltsgesetzgeber zu entscheiden. Daher hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung einen verwaltungsinternen Einstellungsstopp, der im Haushaltsplan (Stellenplan) keinen unmittelbaren Niederschlag gefunden hat, als Grund für die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nicht ausreichen lassen (Beschluß vom 13. März 1989 – BVerwG 6 P 22.85 – a.a.O.). Zwar ist es richtig, daß die Verwaltung durch den Haushalts- und Stellenplan zu entsprechenden Einstellungen lediglich ermächtigt ist; sie ist nicht verpflichtet, ihn voll auszuschöpfen. Diese Ermächtigung wird zwar einerseits ganz allgemein durch die Verpflichtung zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung begrenzt. Sie wird andererseits aber auch durch die speziellen gesetzlichen Verpflichtungen aus § 9 Abs. 2 und 3 BPersVG ergänzt; die durch den Sparsamkeitsgrundsatz angeleitete Ermessensfreiheit bei der Stellenbewirtschaftung erfährt insoweit eine verbindliche Einschränkung zur anderen Seite. Allein die verwaltungsseitige Entscheidung, von der Ermächtigung aus sachgerechten Gründen keinen Gebrauch zu machen, vermag daher die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nicht zu Fall zu bringen. Insbesondere verbietet es sich, das Merkmal der Unzumutbarkeit derart weit auszulegen, daß von der genannten Einschränkung des Ermessensspielraums bei der Stellenbewirtschaftung praktisch nichts mehr verbleibt. Auch die Grundsätze des § 104 Satz 3 BPersVG, auf die sich der Oberbundesanwalt beruft, können dies nicht rechtfertigen. Sie gelten nur für Beteiligungsangelegenheiten, nicht aber für den Gesetzesvollzug im Rahmen des § 9 Abs. 4 BPersVG.

Anders verhält es sich bei einem verwaltungsseitigen Einstellungsstopp hingegen, wenn sich dieser auf eine Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers zurückführen läßt. Dabei muß es sich nicht um den Vollzug einer konkreten Regelung im Haushaltsgesetz handeln, welche die in Betracht zu ziehenden unbesetzten Stellen im einzelnen erfaßt, wie dies bei kw- oder ku-Vermerken der Fall ist. Auch wenn sich der Haushaltsgesetzgeber auf globale Vorgaben zur Personaleinsparung in bestimmten Ressortbereichen beschränkt und die Entwicklung organisatorisch angemessener und insbesondere auch sozialverträglicher Kriterien der Verwaltung im Rahmen einer Trennung von Stellen- und Dienstpostenbewirtschaftung überläßt, kann und muß dies die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung berühren. Eine Unzumutbarkeit ist in diesen Fällen gegeben, wenn in Vollzug derartiger Anweisungen des Haushaltsgesetzgebers ein genereller Einstellungsstopp für die nachgeordneten Behörden verfügt wird, diese Verfügung aber auch den schon genannten vorbeugenden Zielsetzungen des § 9 Abs. 2 und 3 BPersVG hinreichend Rechnung trägt. Wenn also der Einstellungsstopp Ausnahmen zuläßt, müssen diese daher so eindeutig und klar gefaßt sein, daß sich auch nur der Verdacht einer Benachteiligungsabsicht von vornherein, d.h. anhand objektiver Kriterien, ausschließen läßt. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn es sich um wirkliche Ausnahmefälle handelt, die sachlich mit übergeordneten Gesichtspunkten begründet und in ihrem Wirkungsbereich eindeutig definiert worden sind, etwa durch verbindliche Pläne für die mit dem Personalabbau zu schaffenden Strukturen oder aber durch Eingrenzungen nach regionalen Gesichtspunkten und/oder nach Berufssparten.

Hier beruft sich die Antragstellerin auf entsprechende Einsparungsauflagen. Im Zuständigkeitsbereich der Wehr technischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen sollen nach den vorliegenden Planungen bis zum Jahr 2000 die Dienstposten von 1.345 um 265 auf 1.080 zurückgeführt werden. Dringende und übergeordnete Gesichtspunkte hierfür sind vorhanden. Der Einstellungsstopp, den das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung am 11. März 1991 für seinen Zuständigkeitsbereich verfügt hat, genügte jedoch den genannten weiteren Anforderungen nicht, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der bis zum hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nachfolgenden Erlasse des Bundesministers der Verteidigung. Daß im Organisations- und Dienstplan frei gewordene Dienstposten hätten gestrichen werden können, kann nicht berücksichtigt werden, weil dies bei Ausbildungsende noch nicht in verbindlicher Weise geschehen war. Nach der Verfügung des Bundesamtes waren Neueinstellungen auch nur „grundsätzlich” nicht mehr möglich. Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, das die Bewirtschaftungskompetenz für Dienstposten wieder an sich gezogen hat, konnte selbst nach dem Erlaß des Bundesministers der Verteidigung – Steuerungsgruppe Umfang des Zivilpersonals in der Bundeswehr – vom 27. August 1991 mit Zustimmung der zuständigen Organisatoren noch Ausnahmen zulassen; diese wiederum waren abhängig entweder vom Zeitpunkt, zu dem der Wegfall des Dienstpostens geplant war, oder aber von der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Dienststelle. An einer näheren Konkretisierung dieser Voraussetzungen fehlte es bei den Ausnahmen ebenso wie – dies vor allem – an der hinreichend eindeutigen Eingrenzung anhand objektiv feststehender Kriterien. Damit blieben die möglichen Ausnahmen in nicht unerheblichem Maße noch für Wertungen offen. Sie schlössen also auch eine Berücksichtigung sonstiger personalwirtschaftlicher Erwägungen im Einzelfall nicht zuverlässig genug aus. Insgesamt erreichten sie daher noch nicht das Maß an Bestimmtheit, das von einem verwaltungsseitigen Einstellungsstopp zu fordern ist, wenn er'den vorbeugenden Zielsetzungen des § 9 Abs. 2 und 3 BPersVG Rechnung tragen soll.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Ernst, Seibert, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1200549

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