Verfahrensgang
VG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 11.11.2004; Aktenzeichen 4 K 1545/99) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. November 2004 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 163 840 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, noch weicht sie von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Sie beruht auch nicht auf einem Verfahrensmangel gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
1. Die Beschwerde hält für eine klärungsbedürftige Frage von grundsätzlicher Bedeutung,
ab wann sich aufgrund der verwaltungsinternen und streng vertraulichen Hinweise der zeitweiligen Arbeitsgruppe des Präsidiums des Ministerrates zur Durchführung der Verordnung vom 11. Dezember 1968 – Verkauf von Einfamilienhäuser sowie Wochenend- und Gartengrundstücken – eine entsprechende Verwaltungspraxis zur VerwVO 1968 herausgebildet hat, Grundstücke nur an Grundstücksnutzer zu veräußern und ab wann eine derartige Verwaltungspraxis im Bewusstsein der Bevölkerung der DDR verankert war.
Diese Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Bei beiden Fragen handelt es sich nicht um Rechts-, sondern um Tatsachenfragen, deren Klärung in einem Revisionsverfahren nicht möglich ist. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus festgestellt, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks durch die Kläger eine gängige Verwaltungspraxis dahingehend bestanden habe, Grundstücke an die Grundstücksnutzer zu veräußern. Für die Annahme eines Verstoßes gegen die Verwaltungspraxis gemäß § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG reicht es, wie das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, aus, dass objektiv dagegen verstoßen wurde (vgl. Urteil vom 19. Juli 2000 – BVerwG 8 C 20.99 – Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 5).
Die von der Beschwerde zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30. April 2003 – BVerwG 8 C 10.02 – Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 19) steht dem nicht entgegen. Im dortigen Fall war das Grundstück vom staatlichen Verwalter verkauft worden, unmittelbar nachdem der private Verwalter und Nutzer des Grundstücks die DDR verlassen hatte. Diese Situation ist nicht vergleichbar mit der hier vorliegenden, dass die Kläger ein Grundstück erworben haben, das von einem Pächter genutzt wurde und weiterhin genutzt wird.
Nicht entscheidungserheblich ist auch die Frage, ab wann eine Verwaltungspraxis im Bewusstsein der Bevölkerung verankert war, denn das Verwaltungsgericht hat aus den Altakten und dem Urteil des Kreisgerichts Fürstenwalde geschlossen, dass die Kläger als Erwerber den Verstoß gegen die Verwaltungspraxis gekannt haben. Das genügt für die Annahme des Regelbeispiels des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG (stRspr, vgl. Urteil vom 17. Januar 2002 – BVerwG 7 C 15.01 – Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 16 m.w.N.). Auch insoweit ist aus der von der Beschwerde zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27. Januar 1994 – BVerwG 7 C 4.93 – Buchholz 112 § 4 VermG Nr. 7) nichts anderes herleitbar. Denn diese Entscheidung befasst sich nur damit, unter welchen Voraussetzungen ein “Kennenmüssen” intern gebliebener Verwaltungsabläufe angenommen werden kann. Hier hat das Verwaltungsgericht aber nicht darauf abgestellt, ob die Kläger die Verwaltungspraxis hätten kennen müssen, sondern die positive Kenntnis der Kläger von dem Verstoß gegen die Verwaltungspraxis bejaht.
2. Die angefochtene Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Weder hat das Verwaltungsgericht den von der Beschwerde dem angefochtenen Urteil unterstellte Rechtssatz aufgestellt, dass die von den vertraulichen “Hinweisen” für den Erwerb von Grundstücken vorausgesetzte Nutzung nur eine Wohnnutzung sein könne, noch enthält das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 1998 – BVerwG 7 C 42.97 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 63, den ihm von der Beschwerde unterstellten Rechtssatz, dass “im Bewusstsein der Bevölkerung nur verankert war, dass das Eigentum an mehr als einem Wohngrundstück grundsätzlich unerwünscht war”. Für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kam es zudem nicht darauf an, was im Bewusstsein der Bevölkerung verankert war, denn es hat – wie bereits dargelegt – die positive Kenntnis der Kläger von dem Verstoß gegen die Verwaltungspraxis bejaht.
Auch von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts BVerwG 8 C 10.02 vom 30. April 2003 (a.a.O.) weicht das angefochtene Urteil nicht ab. Entgegen der Auffassung der Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass es für das Verbot der Grundstückskonzentration ausschließlich auf die tatsächliche und nicht auf die mögliche Nutzung ankomme. Vielmehr hat es in dem konkreten Fall aus der tatsächlichen Bebauung des dort streitgegenständlichen Grundstücks geschlossen, dass es mit dem Hausgrundstück der Ehefrau des dortigen Klägers nicht vergleichbar sei. Ein Ausschluss der Berücksichtigung einer tatsächlich noch nicht ausgeübten, aber möglichen Nutzung durch Bebauung des Grundstücks ist darin nicht zu sehen, wie sich aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. August 2001 (BVerwG 7 B 12.01 – juris) ergibt, in dem es ausdrücklich auf die Bebaubarkeit des dort streitgegenständlichen Grundstücks für die Annahme einer unzulässigen Konzentration abgestellt und die tatsächliche und beabsichtigte Nutzung als Gartengrundstück unberücksichtigt gelassen hat.
3. Schließlich beruht das angefochtene Urteil auch nicht auf einem Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht des § 86 Abs. 1 VwGO wird von der Beschwerde nicht ausreichend dargelegt. Eine erfolgreiche Aufklärungsrüge setzt voraus, dass von der Beschwerde dargetan wird, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können.
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung haben die auch in der ersten Instanz anwaltlich vertretenen Kläger keine Beweisanträge gestellt. Ein schriftsätzlich vorgebrachtes Beweisangebot reicht insoweit nicht aus. Eine Verpflichtung, von Amts wegen Beweis zu erheben zu der Frage, in welchem Umfang die Kläger das streitgegenständliche Grundstück zum Zeitpunkt des Erwerbs genutzt haben, musste sich dem Verwaltungsgericht nicht aufdrängen, weil unstreitig war, dass ein wesentlicher Teil dieses Grundstücks verpachtet war und dass die Pächter seit 1963 Teile des Grundstücks auch nutzten.
Auch zur Frage der Bebaubarkeit des Grundstücks, zu der die Beschwerde weder Beweismittel benennt, noch konkrete Tatsachen bezeichnet, aus denen sich etwas anderes als vom Verwaltungsgericht angenommen ergeben sollte, musste das Verwaltungsgericht nicht von Amts wegen Beweis erheben. Da bereits nach dem erstinstanzlichen Vortrag der Kläger (vgl. die mit Schriftsatz vom 11. April 2000 und vom 26. April 2000 vorgelegten Lagepläne ≪Bl. 55 und 58≫), das von den Pächtern genutzte Grundstück mit einem Bungalow, Schuppen und Garage bebaut war, hatte das Verwaltungsgericht keine Veranlassung, zur Bebaubarkeit des Grundstücks weitere Ermittlungen von Amts wegen anzustellen.
Das Urteil beruht auch nicht auf einem Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Überzeugungsgrundsatz beinhaltet nur, dass die vom Verwaltungsgericht getroffene Tatsachenfeststellung und die von ihm gegebene Begründung für seine Überzeugung nach den Grundsätzen der Logik und sonstigen Denk- und Erfahrungssätze ausreichen müssten, um diese Überzeugung zu rechtfertigen. An diese Vorgaben hat sich das Verwaltungsgericht gehalten und sich auf seine “freie, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene Überzeugung” gestützt. Es hat auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen und den Sachvortrag der Beteiligten berücksichtigt. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die Denkgesetze sind nicht ersichtlich. Vor einem Verstoß gegen die Denkgesetze kann nur gesprochen werden, wenn das Gericht einen Schluss gezogen hat, der schlechterdings nicht gezogen werden kann, nicht dagegen schon dann, wenn eine Schlussfolgerung nicht zwingend oder nicht überzeugend oder gar unwahrscheinlich sein sollte (vgl. Beschlüsse vom 28. Juni 1973 – BVerwG VI CB 63.73 – Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 62 und vom 2. September 1977 – BVerwG VII B 15.76 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 35). Von einer derartigen Schlussfolgerung durch das Verwaltungsgericht kann im vorliegenden Fall nicht deshalb gesprochen werden, weil das Verwaltungsgericht angenommen hat, dass die Formulierungen im Kaufvertrag die Tatsache, dass es sich um zwei Grundstücke mit unterschiedlichen Nutzungen handelte, verschleiert werden sollte und dass die Kläger dies wussten.
Letztlich kann dies aber dahinstehen, denn das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung zur Unredlichkeit der Kläger beim Erwerb des streitgegenständlichen Grundstücks alternativ darauf gestützt, dass ihnen außerhalb der Regelbeispiele des § 4 Abs. 3 Buchst. a–c VermG kein schutzwürdiges Vertrauen im Sinne des § 4 Abs. 2 VermG zukomme, weil sie von Anfang an gewusst hätten, dass der Erwerb des streitgegenständlichen Grundstück durch sie nicht auf Dauer angelegt sein sollte. Diese alternative Begründung wird von der Beschwerde nicht mit begründeten Rügen angegriffen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 47, 52 GKG.
Unterschriften
Gödel, Dr. von Heimburg, Postier
Fundstellen