Entscheidungsstichwort (Thema)

Versetzung eines Lehrers einer Schulform an eine Schule einer anderen Schulform, Mitbestimmung zweier Personalräte. Mitbestimmung zweier Personalräte bei Versetzung eines Lehrers von einer Schulform an eine Schule einer anderen Schulform in Nordrhein-Westfalen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Versetzung eines Lehrers von einer Gesamtschule an eine Realschule in Nordrhein-Westfalen hat der Regierungspräsident als Dienststellenleiter beider Schulen sowohl den bei seiner Dienststelle gebildeten Bezirkspersonalrat für Lehrer an Gesamtschulen als auch den Bezirkspersonalrat für Lehrer an Realschulen zu beteiligen.

 

Normenkette

LPVG NW § 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 91 Abs. 1, § 94; BPersVG § 76 Abs. 1 Nr. 4, § 77 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Beschluss vom 22.06.1987; Aktenzeichen CL 21/86)

VG Arnsberg (Entscheidung vom 19.02.1986; Aktenzeichen PVL 15/85)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen – vom 22. Juni 1987 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Zwischen dem Bezirkspersonalrat für Lehrer an Realschulen beim Regierungspräsidenten in A., Antragsteller, und dem Regierungspräsidenten A., Beteiligter zu 1), ist streitig, ob im Lande Nordrhein-Westfalen die Versetzung eines an einer Gesamtschule tätigen Realschullehrers an eine in demselben Regierungsbezirk gelegene Realschule ohne gleichzeitige Beförderung der Mitbestimmung der Personalvertretung für Lehrer an Realschulen unterliegt.

Zu Beginn des Schuljahres 1985/1986 versetzte der Beteiligte zu 1) die Realschulrektorin M. auf Vorschlag der Stadt B. mit Zustimmung des Bezirkspersonalrats für Lehrer an Gesamtschulen beim Regierungspräsidenten A., des Beteiligten zu 2), von der Städtischen Gesamtschule I zur Franz-Dinnendahl-Realschule und übertrug ihr an dieser Schule die Rektorenstelle. Der Beteiligte zu 1) hielt es nicht für erforderlich, auch die Zustimmung des Antragstellers einzuholen, weil er der Auffassung war, daß die Lehrerin nur vom Beteiligten zu 2), nicht aber vom Antragsteller habe vertreten werden können.

Der Antragsteller hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt

festzustellen, daß die Versetzung der stellvertretenden Schulleiterin und Organisationsleiterin der Städtischen Gesamtschule I in B., Frau Realschulrektorin M., an die Franz-Dinnendahl-Schule in B. gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW seiner Mitbestimmung unterlegen hat.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, daß die Personalmaßnahme der Versetzung eines Lehrers im allgemeinen allein der Mitbestimmung des Personalrats der abgebenden Schule unterliege und Gründe für eine ausnahmsweise gebotene Beteiligung des für die aufnehmende Schule zuständigen Personalrats nicht vorlägen. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht dem Feststellungsantrag unter Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses stattgegeben, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

Der Beteiligte zu 1) habe den Antragsteller bei der Versetzung der Lehrerin gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW beteiligen müssen. Die für die Beantwortung der Frage, welche Personalvertretung bei der Versetzung von einer Dienststelle zu einer anderen mitbestimmen dürfe, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, wonach nur die bei der abgebenden Dienststelle gebildete Personalvertretung zu beteiligen sei, es sei denn, die aufnehmende Dienststelle habe einen bestimmenden Einfluß auf die Versetzung ausgeübt, fänden hier keine Anwendung. Denn diese Grundsätze beruhten darauf, daß die Beteiligung der Personalvertretung an die Maßnahme des Leiters einer Dienststelle anknüpfe und daß die Versetzung in der Regel von dem Leiter der abgebenden Dienststelle angeordnet werde, so daß grundsätzlich nur die dieser Dienststelle zugeordnete Personalvertretung zu beteiligen sei. Wenn allerdings der Leiter der aufnehmenden Dienststelle die Versetzung maßgeblich beeinflusse, komme die Einflußnahme einer beteiligungspflichtigen Maßnahme gleich mit der Folge, daß ausnahmsweise auch die Personalvertretung der aufnehmenden Dienststelle mitbestimmen dürfe. Diese Grundsätze könnten jedoch nur bei einer Versetzung unter gleichzeitigem Wechsel der Dienststelle Anwendung finden. Der vorliegende Fall sei aber dadurch gekennzeichnet, daß ein im Landesdienst stehender Lehrer innerhalb derselben Dienststelle, die allein entscheidungsbefugt sei, unter gleichzeitigem Wechsel der Schulform auf einen Beförderungsdienstposten versetzt worden sei, ohne noch befördert werden zu müssen. Die Aufspaltung des Beteiligten zu 1) in den abgebenden und den aufnehmenden Teil der Dienststelle sei jedoch nicht möglich.

Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ergebe sich dagegen aus folgenden Überlegungen: Das Personalvertretungsrecht baue auf dem Grundsatz der Partnerschaft zwischen Dienststelle und dem bei ihr gebildeten Personalrat auf. Aus dieser Partnerschaft ergebe sich der Grundsatz, daß in allen Angelegenheiten, die die Dienststelle beträfen, dieser Personalrat zu beteiligen sei. Während die personalvertretungsrechtliche Legitimation des Dienststellenleiters durch § 8 Abs. 1 Satz 1 LPVG NW begründet werde, ergebe sich die Legitimation der jeweiligen Personalvertretung aus dem Mandat, das ihr mit ihrer Wahl übertragen worden sei. Der jeweilige Personalrat repräsentiere mithin die Beschäftigten, die zu der Dienststelle gehörten, bei der er gebildet worden sei. Die Versetzung der Lehrerin betreffe aber nicht nur die Lehrer an Gesamtschulen im Bereich des Regierungspräsidenten A., sondern auch die Lehrer an Realschulen im Bereich des Regierungspräsidenten A., weil der Lehrerin ein dort eingerichtetes Amt im funktionellen Sinne übertragen worden sei. Hierdurch sei auch eine Angelegenheit der Schulform „Realschule” geregelt worden, so daß der Antragsteller ebenfalls zu beteiligen gewesen sei. Nur auf diese Weise würden die Interessen der an der Realschule Beschäftigten gewahrt werden.

Gegen diesen Beschluß richtet sich, nachdem der Beteiligte zu 2) seine Rechtsbeschwerde zurückgenommen hat und das Rechtsbeschwerdeverfahren insoweit eingestellt worden ist, die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1), mit der er sinngemäß beantragt,

unter Änderung des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen – vom 22. Juni 1987 die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Arnsberg – Kammer für Landespersonalvertretungssachen – vom 19. Februar 1986 zurückzuweisen.

Er macht geltend, auch der hier zur Entscheidung gestellte Konflikt sei entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu lösen, nach denen bei Versetzungen grundsätzlich nur die bei der abgebenden Dienststelle gebildete Personalvertretung, die bei der aufnehmenden Dienststelle gebildete Personalvertretung aber nur dann ebenfalls zu beteiligen sei, wenn diese Dienststelle einen bestimmenden Einfluß auf die Versetzung ausgeübt habe, denn die Versetzung von einem Schultyp zu einem anderen sei der Versetzung zu einer anderen Dienststelle vergleichbar. Der Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung über die Personalvertretung für Lehrer in den §§ 87 ff. LPVG NW lasse eine andere Deutung und Interessenbewertung nicht zu. Die Mitbestimmung des Beteiligten zu 2) habe den personalvertretungsrechtlich geschützten Interessen genügt. Die Initiative zu der Versetzung sei von der Lehrerin selbst ausgegangen. Die aufnehmende Schule habe keinen bestimmenden Einfluß auf die Versetzung ausgeübt. Soweit das Beschwerdegericht das Beteiligungsrecht des Antragstellers aus dem Grundsatz der Partnerschaft zwischen Dienststelle und dem bei ihr gebildeten Personalrat herleite, könne ihm nicht gefolgt werden, weil dieser allgemeine Grundsatz nicht die Frage kläre, welcher der – verschiedenen – beim Beteiligten zu 1) gebildeten Personalräte zu beteiligen sei. Der vom Beschwerdegericht angeführte Grundsatz der Repräsentation gebe ebenfalls für die Entscheidung des Falles nichts her, stütze vielmehr die Auffassung, daß dem Antragsteller kein Beteiligungsrecht zukomme. Denn die versetzte Lehrerin sei nur für den Beteiligten zu 2), nicht aber für den Antragsteller wahlberechtigt gewesen. Das Argument, die Versetzung berühre auch Interessen der Beschäftigten der Schulform „Realschule”, werde auf Kriterien gestützt, die weder den Gesichtspunkt der Partnerschaft noch den der Repräsentation beträfen. Vielmehr deute gerade dieses Argument auf die Parallele zu den auch hier anwendbaren, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen hin, nach denen die Beteiligung des Personalrats bei Versetzung von einer Dienststelle zu einer anderen auch nach Auffassung des Beschwerdegerichts zu entscheiden sei.

Der Antragsteller beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und führt weiter aus, daß die Interessenlage der Beschäftigten im aufnehmenden Schulzweig gerade hier die Beteiligung des Antragstellers gebiete, weil der Beteiligte zu 1) sozusagen in einem „In-Sich-Geschäft” die „Versetzung” von einem abgebenden Schulzweig (Quasi-Dienststelle) zu einem aufnehmenden Schulzweig verfüge.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht ist in rechtlich vertretbarer Weise davon ausgegangen, daß der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis an der von ihm begehrten Feststellung hat, obwohl die Versetzung, der er nicht zugestimmt hat, bereits zu Beginn des Schuljahres 1985/1986 vorgenommen worden ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß sich an diesem Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Feststellung seit dem Erlaß des angefochtenen Beschlusses etwas geändert hat.

Mit Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, daß der von dem Beteiligten zu 1) verfügte Wechsel der Frau M. von der Gesamtschule I an die Franz-Dinnendahl-Schule in B. gemäß § 94 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 1974 (GV. NW. S. 1514) in der Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 1984 (GV. NW. 1985, S. 29) – LPVG NW – als Versetzung galt und deshalb gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 dieses Gesetzes der Mitbestimmung unterlag. Aufgrund der von dem Beschwerdegericht dargestellten Besonderheiten, nämlich der Zuständigkeit getrennter Personalräte für die Gesamtschulen und die Realschulen im Zuständigkeitsbereich der für die Lehrer an diesen Schulen gemeinsamen Dienststelle des beteiligten Regierungspräsidenten, ist auch der in dem angefochtenen Beschluß näher begründeten Auffassung zu folgen, beide Personalräte seien an der Versetzung zu beteiligen gewesen.

Die gegen das Beteiligungsrecht auch des Antragstellers mit der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch. Es trifft zwar zu, daß bei einer Versetzung immer der Personalrat der abgebenden Dienststelle zu beteiligen ist, während nach dem für Nordrhein-Westfalen geltenden Recht eine Beteiligung des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Soweit der beschließende Senat in seinem Beschluß vom 6. November 1987 – BVerwG 6 P 2.85 – (BVerwGE 78, 257 = Buchholz 251.7 § 72 NW PersVG Nr. 15 = ZBR 1988, 173 = DÖV 1988, 602 = PersV 1988, 496) entschieden hat, daß bei der Versetzung eines Beamten zu einer anderen Dienststelle im Sinne des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW und des § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG der Personalrat der aufnehmenden Dienststelle stets dann mitzubestimmen hat, wenn an der Personalmaßnahme Dienststellen unterschiedlicher Dienstherren beteiligt sind, so daß für die Versetzung das schriftlich zu erklärende Einverständnis des aufnehmenden Dienstherrn erforderlich ist, kann hieraus zwar für den vorliegenden Fall der Versetzung eines Lehrers innerhalb des Dienststellenbereichs des Regierungspräsidenten unmittelbar nichts entnommen werden. Der Senat hat jedoch zur Begründung seiner Entscheidung u.a. darauf hingewiesen, daß die Interessen der Beschäftigten der aufnehmenden Dienststelle nicht bereits durch die Beteiligung des Personalrats der abgebenden Dienststelle hinreichend gewahrt seien. Maßgebend für die Beteiligung des Personalrats bei einer Versetzung seien in den Fällen, in denen – wie auch hier – der versetzte Beamte der Personalmaßnahme zustimme, die Interessen der Beschäftigten der betroffenen Dienststellen. Deren Interessen könnten aber durch das Ausscheiden bzw. den Eintritt des versetzten Beamten in durchaus unterschiedlicher Weise berührt sein. Während für den Personalrat der abgebenden Stelle die Frage im Vordergrund stehen werde, ob durch das Ausscheiden des Beamten für die übrigen Beschäftigten – unzumutbare – Mehrbelastungen aufträten und das Betriebsklima der Dienststelle beeinrächtigt werde, werde der Personalrat der aufnehmenden Dienststelle insbesondere prüfen, ob die Versetzung des Beamten die Voraussetzungen eines der in § 77 Abs. 2 BPersVG normierten Zustimmungsverweigerungsgründe erfülle. Die Interessen der Beschäftigten der aufnehmenden Dienststelle könnten von dem Personalrat der abgebenden Dienststelle schon deshalb nicht wahrgenommen werden, weil dieser lediglich die Beschäftigten der Dienststelle repäsentiere, bei der er gebildet sei.

Diese Erwägungen lassen sich für den hier vorliegenden Sonderfall mit dem Ergebnis nutzbar machen, daß im Hinblick auf die Bildung unterschiedlicher Personalräte für die einzelnen Schularten im Bereich der Dienststelle des Regierungspräsidenten die Interessen der verschiedenen Schularten wie die Interessen unterschiedlicher Dienststellen behandelt werden müssen. Das hat zur Folge, daß der Regierungspräsident wegen der ihm obliegenden partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit allen Personalvertretungen seines Bereichs im Falle einer Versetzung der vorliegenden Art die Zustimmung sowohl des Personalrats einzuholen hat, der für die bisherige Schule zuständig ist, als auch des Personalrats, der die Interessen der aufnehmenden Schule wahrzunehmen hat. Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, werden die Interessen der Beschäftigten beider Schulformen durch die Versetzung berührt, weil einerseits ein Dienstposten im Gesamtschulbereich vakant wird und andererseits ein im Bereich der Schulform „Realschule” eingerichtetes Amt besetzt werden soll. Da gemäß § 91 Abs. 1 LPVG NW keine der beiden Schulen für die beschäftigten Lehrer Dienststelle ist, sondern der Regierungspräsident zur (gemeinsamen) Dienststelle bestimmt worden ist, besteht kein Grund, nur einem der beiden für diese Schulen zuständigen Personalräte bei der Mitbestimmung zu einer Versetzung den Vorzug zu geben. Auf den vom Beteiligten zu 1) mit seinen Schriftsätzen vom 28. Dezember 1987 und 3. Mai 1988 geltend gemachten Gesichtspunkt, daß der Antragsteller keine Gründe vorgetragen hat, die einen bestimmenden Einfluß der „aufnehmenden” Dienststelle erkennen lassen, womit hier die Realschule gemeint ist, kommt es deshalb ebensowenig entscheidend an wie auf die von Post (PersV 1988, 513) gegen den erwähnten Beschluß des Senats vom 6. November 1987 – BVerwG 6 P 2.85 – vorgetragenen Bedenken gegen eine Behandlung einer Versetzung ähnlich wie eine Neueinstellung.

Die Rechtsbeschwerde war nach alledem zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Eckstein, Ernst, Dr. Seibert, Albers, Dr. Vogelgesang

 

Fundstellen

ZBR 1991, 274

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