Entscheidungsstichwort (Thema)
Flurbereinigungsverfahren. Abtrennung von Verfahrensgebieten
Normenkette
FlurbG § 8 Abs. 2-3, § 26a Abs. 5 S. 1
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Flurbereinigungsgerichts für Rheinland-Pfalz und das Saarland vom 1. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht hinreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Rz. 3
a) Soweit die Kläger sinngemäß geklärt wissen wollen, ob die Art und Weise der Teilung des Flurbereinigungsgebietes mit dem Flurbereinigungsgesetz in Einklang steht, werfen sie keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Vielmehr geht es ihnen um eine inhaltliche Überprüfung der vorinstanzlichen Entscheidung in der Art einer zugelassenen oder zulassungsfreien Berufung oder Revision.
Rz. 4
Sollten die Kläger es für grundsätzlich klärungsbedürftig halten, ob § 26a FlurbG zu entnehmen ist, dass einer nachträglichen Abtrennung von Verfahrensgebieten nach § 8 Abs. 2 FlurbG der Vorrang kleinerer Verfahren entgegensteht, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Die Frage lässt sich anhand des Flurbereinigungsgesetzes ohne Weiteres verneinend beantworten. § 8 Abs. 2 FlurbG wendet sich an die Flurbereinigungsbehörde; die Vorschrift ist bei erheblichen Änderungen des Flurbereinigungsgebietes anzuwenden, wenn - wie hier - ein Flurbereinigungsverfahren mit der Abgrenzung des Flurbereinigungsgebietes und einzelner Abschnitte bestandskräftig angeordnet ist und selbstständige Flurbereinigungsverfahren für einzelne Abschnitte durchgeführt werden sollen, um den Zweck der Flurbereinigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG möglichst vollkommen zu erreichen. Demgegenüber richtet sich § 26a FlurbG an die Teilnehmergemeinschaften und ermöglicht es ihnen, sich zu einem Verband zusammenzuschließen; die Adressaten dieser Vorschrift sind demzufolge die Teilnehmergemeinschaften, nicht aber die Flurbereinigungsbehörde. Den Teilnehmergemeinschaften wird zwar die Möglichkeit eröffnet, sich zu einem Verband zusammenzuschließen, sie können dazu jedoch nicht gezwungen werden (vgl. auch Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 26a Rn. 7). Die Flurbereinigungsbehörde kann lediglich eine Teilnehmergemeinschaft zwingen, einem bereits bestehenden Verband beizutreten (§ 26a Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 FlurbG).
Rz. 5
b) Die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich auch nicht aus der von der Beschwerde behaupteten abweichenden Rechtsprechung des VGH München im Urteil vom 27. Februar 2003 - 13 A 01.2055 - (RdL 2004, 67). Zwar kann bei einer uneinheitlichen Rechtsprechung verschiedener Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Betracht kommen. Jedoch besteht der behauptete Widerspruch der Entscheidungen nicht. Beide Gerichte gehen übereinstimmend davon aus, dass in Fällen der vorliegenden Art Tei- lungs- und Änderungsbeschlüsse nicht auf § 8 Abs. 3 FlurbG gestützt werden können, sondern nur auf § 8 Abs. 2 FlurbG. Entgegen der Auffassung der Beschwerde hat der VGH München in dem von ihm entschiedenen Fall die Ermessenserwägungen auch nicht deshalb als unzureichend kritisiert, weil sie sich auf die falsche Ermächtigungsgrundlage bezogen haben. Wesentlich für den VGH München war vielmehr, dass die Flurbereinigungsbehörde § 5 Abs. 1 und 2 FlurbG nicht beachtet und verkannt hat, dass eine Würdigung der neuen Gebietsabgrenzung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG nicht vorgenommen wurde. Nur insoweit hat der VGH München den Ausgangspunkt der Ermessensentscheidung für verfehlt gehalten. Eine Aussage, die in Widerspruch stünde zu der Annahme des angegriffenen Urteils, dass sich aus § 8 Abs. 2 und 3 FlurbG keine unterschiedlichen Ermessenserwägungen ergäben, lässt sich dem Urteil des VGH München nicht entnehmen.
Rz. 6
2. Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Ein Verfahrensfehler in Gestalt einer Überraschungsentscheidung ist dem Flurbereinigungsgericht entgegen dem Vorbringen der Beschwerde nicht dadurch unterlaufen, dass es vor seiner Entscheidung nicht darauf hingewiesen hat, dass es die Ermessenserwägungen der Flurbereinigungsbehörde für ausreichend erachtet. Hierdurch hat es dem Rechtsstreit keine Wendung gegeben, mit der die Kläger nicht zu rechnen brauchten. Das Schreiben des Berichterstatters vom 16. Juni 2015, mit dem dieser darauf hingewiesen hat, dass es im Widerspruch zur Entscheidung des VGH München stehe, den angefochtenen Teilungs- und Änderungsbeschluss auf § 8 Abs. 3 FlurbG zu stützen, diente ersichtlich lediglich dem Zweck, den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich mit der vom VGH München vertretenen Rechtsauffassung zu § 8 Abs. 3 FlurbG auseinanderzusetzen. Der VGH München hat es in seiner Entscheidung aber nicht für ausgeschlossen gehalten, dass ein auf § 8 Abs. 3 FlurbG gestützter Teilungs- und Änderungsbeschluss den Anforderungen des § 8 Abs. 2 FlurbG entsprechen kann. Er hat lediglich insoweit einen Ermessensmangel gesehen, als die Flurbereinigungsbehörde ein förmliches Verfahren mit einer Aufklärung der Teilnehmer (§ 5 Abs. 1 FlurbG) und einer Anhörung der Träger öffentlicher Belange (§ 5 Abs. 2 FlurbG) sowie eine substantielle Würdigung der neuen Gebietsabgrenzungen im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG nicht durchgeführt hat.
Rz. 7
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Fundstellen