Verfahrensgang
Thüringer OVG (Aktenzeichen 2 KO 233/00) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 45 754 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Voraussetzungen für die mit ihr begehrte Zulassung der Revision wegen Abweichung (§ 127 Nr. 1 BRRG) oder wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind nicht gegeben.
1. Das angefochtene Urteil weicht nicht von den in der Beschwerdebegründung bezeichneten Gerichtsentscheidungen im Sinne des § 127 Nr. 1 BRRG ab. Nach dieser Vorschrift ist die Revision außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, wenn die Berufungsentscheidung von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist. Dabei verwendet § 127 Nr. 1 BRRG den Begriff der Abweichung in demselben Sinn wie § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Eine die Revision eröffnende Divergenz liegt somit nur dann vor, wenn das Berufungsgericht in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift auf gleich gelagerte Sachverhalte anderer Auffassung ist als ein anderes Oberverwaltungsgericht (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 30. Mai 1967 – BVerwG 2 B 32.67 – BVerwGE 27, 155 ≪156≫ und vom 11. August 1998 – BVerwG 2 B 74.98 – Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 58 S. 2, jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn beide von der Beschwerde in Bezug genommene Entscheidungen beruhen nicht auf der Anwendung derselben Rechtsvorschrift auf gleich gelagerte Sachverhalte.
Das Berufungsgericht hat über die Rechtmäßigkeit der Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen mangelnder Bewährung nach der Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 2 Buchst. a Satz 2 zum Einigungsvertrag in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG befunden. Es hat dabei auf unrichtige Erklärungen des Klägers gegenüber seinem Dienstherrn über seine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR, also auf einen Sachverhalt abgestellt, der sichwährend der Probezeit des Klägers ereignet hat. Dem vom Kläger in Bezug genommenen, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 29. November 1995 – 2 M 99/95 – (ZBR 1996, 271) lag die Entlassung eines Probebeamten wegen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR zugrunde. Die Entscheidung stützte sich auf einen Sachverhalt, der sichvor Beginn des Beamtenverhältnisses ereignet hat. Die ergangene Entlassungsverfügung wurde dementsprechend nach Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 Ziff. 2 zum Einigungsvertrag nicht mit mangelnder Bewährung in der Probezeit begründet, sondern mit der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Beamten aufgrund seines Verhaltens vor Begründung des Beamtenverhältnisses. In dem außerdem in Bezug genommenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 16. Januar 1997 – 2 A 103/96 – (DtZ 1997, 267) ging es nicht um die Entlassung eines Beamten, sondern um die Rücknahme einer Ernennung zum Beamten auf Probe wegen arglistiger Täuschung, so dass auch diese Entscheidung nicht als Bezugsentscheidung im Sinn des § 127 Nr. 1 BRRG in Betracht kommt.
2. Unbegründet ist auch die auf § 86 VwGO gestützte Rüge, das Berufungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend erforscht.
Das Oberverwaltungsgericht ist in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass der Kläger bereits vor Begründung des Beamtenverhältnisses und erneut während der Probezeit bewusst unzutreffend erklärt habe, nicht mit dem Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR zusammengearbeitet zu haben. Diese Zusammenarbeit hat das Oberverwaltungsgericht nach den ihm vorliegenden Schriftstücken des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik als gegeben angesehen. Danach habe der Kläger in den Jahren 1986 bis 1989 in seinem Dienstzimmer wiederholt mit einem Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit Unterredungen über die Aktivitäten des Kreisvorstandes der Gesellschaft für Natur und Umwelt im Kulturbund des Kreises Jena geführt. Dabei habe er dem Staatssicherheitsdienst nicht nur rein fachbezogene Informationen, sondern solche mit handfestem politischen Hintergrund gegeben. Außerdem habe sich der Kläger handschriftlich zur Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit verpflichtet. Die in den Unterlagen befindliche entsprechende Erklärung hat das Berufungsgericht als Verpflichtungserklärung bewertet. Zu dieser Einschätzung ist es gekommen, indem es sich der auf einer sachverständigen Äußerung des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes vom 21. Mai 1996 beruhenden Auffassung des Verwaltungsgerichts angeschlossen hat. Dieses hat die eigenhändig unterzeichnete Erklärung des Klägers als Verpflichtungserklärung bewertet, weil sie die beiden wesentlichen Elemente einer Verpflichtungserklärung gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit enthalte, namentlich die Verpflichtung zur Geheimhaltung und die Bereitschaft zur Lieferung von Informationen.
Zwar hat der Kläger in beiden Vorinstanzen unter Beweisangebot geltend gemacht, er habe nicht in konspirativer Weise mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet und daher auch keine unrichtigen Erklärungen gegenüber seinem Dienstherrn abgegeben. Indessen hat er es unterlassen, einen förmlichen Beweisantrag zu stellen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt ein Gericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich nicht, wenn es von Beweiserhebungen absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei – wie hier der Kläger – nicht förmlich beantragt (stRspr, vgl. etwa Beschlüsse vom 26. Juni 1975 – BVerwG 6 B 4.75 – Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 17 S. 9 und vom 18. September 1997 – BVerwG 2 C 33.96 – Buchholz 237.5 § 51 HeLBG Nr. 2 S. 4). Dies ist jedoch von der Beschwerde nicht vorgetragen und ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 21. November 2000 auch nicht geschehen. Sonstige Umstände, aus denen sich dem Berufungsgericht die Beweisaufnahme aus seiner materiellrechtlichen Sicht dennoch aufdrängen musste, sind weder von der Beschwerde vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert ergibt sich aus § 13 Abs. 4 Satz 1 Buchst. b GKG (88,5 v.H. des pauschalierten Halbjahresbetrages des Grundgehalts nach der Besoldungsgruppe A 14).
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Dawin, Dr. Kugele
Fundstellen