Verfahrensgang

VG Greifswald (Aktenzeichen 2 A 1852/94)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 19. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 300 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin wendet sich gegen einen Widerspruchsbescheid des Beklagten. Durch diesen wurde auf Widerspruch ihres Bruders (des Beigeladenen zu 1) das Eigentum an einem Mietwohngrundstück den beiden Geschwistern in ungeteilter Erbengemeinschaft nach dem Vermögensgesetz zurückübertragen. Die Widerspruchsbehörde nahm einen überschuldungsbedingten Eigentumsverlust an. Bei Genehmigung ihres Eigentumsverzichts gemäß § 310 ZGB waren die Klägerin und der Beigeladene zu 1 jeweils zu drei Achtel als Miteigentümer und im Übrigen als Eigentümer in ungeteilter Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen. Durch den Widerspruchsbescheid wurde zugleich eine auf Antrag der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 ohne Beteiligung des Beigeladenen zu 1 im März 1991 getroffene Entscheidung der Verwaltungsbehörde, das Grundstückseigentum an die Klägerin als Alleineigentümerin zurückzuübertragen, aufgehoben. Die aufgrund dieser Entscheidung und eines entsprechenden Ersuchens der Verwaltungsbehörde in das Grundbuch als Eigentümerin eingetragene Klägerin hat das Grundstück im Juni 1991 unentgeltlich ihrer Tochter (der Beigeladenen zu 2) übertragen, die nach Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung seit September 1991 als Eigentümerin eingetragen ist und in dem auf ihre Kosten sanierten Gebäude Ende Februar 1992 eine Zahnarztpraxis eröffnet hat. Der Beigeladene zu 1 hatte die Rückübertragung an ihn und seine Schwester im November 1992 beantragt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen der allein geltend gemachten Verfahrensfehler zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

1. Die Beschwerde sieht eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) in der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Beigeladene zu 1 erstmals durch das Schreiben der Verwaltungsbehörde vom 10. Dezember 1992 Kenntnis von der Rückübertragungsentscheidung zugunsten der Klägerin erlangt habe. Da der gerügte Mangel die tatsächliche Würdigung betrifft, ist diese Rüge grundsätzlich geeignet, einen Verfahrensfehler zu begründen (vgl. Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 28.89 – BVerwGE 84, 271 ≪272 f.≫). Eine in diesem Sinne verfahrensfehlerhafte Beweiswürdigung ist dann anzunehmen, wenn das Verwaltungsgericht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder einen unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Hierzu trägt die Beschwerde vor, dass das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung „gänzlich” unterlassen habe und sein Urteil die zugrunde gelegten Indizien nicht erkennen lasse. Diese Vorwürfe sind unbegründet. Die von der Beschwerde angeführten Gründe ergeben den behaupteten Verfahrensfehler nicht.

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Beigeladene zu 1 seine Befugnis zum Widerspruch gegen die ohne seine Beteiligung zugunsten der Klägerin erlassene Entscheidung nur dann verwirkt haben könnte, wenn er trotz zuverlässiger Kenntnis von dem Rückübertragungsbescheid von einem Widerspruch abgesehen hätte. Diese Kenntnis konnte der Beigeladene bei seinem Gespräch mit der Zeugin K. im Mai 1990 noch nicht besitzen. Auch aus der Aussage des Zeugen W. ergibt sich nichts dafür, dass dem Beigeladenen zu 1 bereits bei der Praxiseröffnung Ende Februar 1992 oder im Sommer 1992 der Erlass des Rückübertragungsbescheids bekannt gewesen sei. Eine vor der Unterrichtung durch die Verwaltungsbehörde bei dem Beigeladenen zu 1 vorhandene zuverlässige Kenntnis von dem Bescheid haben auch die übrigen vom Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen sowie die Klägerin und die Beigeladene zu 2 im Klageverfahren nicht behauptet.

Da das Vorbringen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 sowie die Bekundungen der hierzu vernommenen Zeugen nicht auf eine Kenntnis des Beigeladenen zu 1 von dem Rückübertragungsbescheid, sondern auf dessen angebliche Kenntnis von dem durch die Klägerin eingeleiteten Restitutionsverfahren oder auf dessen fehlendes Interesse an einer Rückübertragung seines Rechts zielten, waren sie zum Beleg einer zuverlässigen Kenntnis vom Bescheiderlass schon im Ansatz nicht geeignet. Das Verwaltungsgericht durfte daher von einer näheren Erörterung der entsprechenden Äußerungen in seinem Urteil mangels Entscheidungserheblichkeit absehen und sich auf die knappe Feststellung beschränken, dass die Zeugenaussagen sowie das Vorbringen der Klägerin und ihrer Tochter für die Frage einer Verwirkung des Widerspruchsrechts unergiebig seien. Welche entscheidungserheblichen Tatsachen oder Indizien das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Beschwerde außer Acht gelassen haben soll, lässt das Beschwerdevorbringen nicht erkennen. Soweit die Beschwerde die in den Entscheidungsgründen erfolgte Bezugnahme auf den „oben genannten Zeitpunkt” als nicht nachvollziehbar bemängelt, ist nicht zweifelhaft, dass damit auf das vier Sätze zuvor bezeichnete Datum des Schreibens der Verwaltungsbehörde vom 10. Dezember 1992 verwiesen wird.

2. Die Beschwerde sieht einen Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO) und einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) darin, dass das Verwaltungsgericht nicht der Frage nachgegangen ist, ob die Voraussetzungen des angenommenen Schädigungstatbestands (§ 1 Abs. 2 VermG) erfüllt sind. Der Aufklärungsmangel liegt schon deswegen nicht vor, weil sich dem Verwaltungsgericht nähere Ermittlungen zum Schädigungstatbestand nicht aufdrängen mussten. Den Darlegungen der Widerspruchsbehörde, dass der Schädigungstatbestand erfüllt sei, ist im Klageverfahren keiner der Beteiligten entgegengetreten. Unter diesen Umständen hatte das Verwaltungsgericht aus seiner rechtlichen Sicht keinen Anlass nachzuforschen, ob der Eigentumsverzicht auf einer bevorstehenden Überschuldung infolge nicht kostendeckender Mieten beruhte. Die Rüge eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz ist mangels erforderlicher Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) unzulässig. Den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) hat das Verwaltungsgericht nicht verletzt. Es hat namentlich keine Tatsachen verwertet, die der Klägerin nicht bekannt waren.

3. Unbegründet ist auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe einen Untergang des Restitutionsanspruchs des Beigeladenen zu 1 aufgrund der Veräußerung des Grundstücks an die Beigeladene zu 2 unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz verneint. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Voraussetzungen der einschlägigen Vorschrift (§ 3 Abs. 4 Satz 3 VermG) nicht erfüllt seien, weil die Klägerin weder als Verfügungsberechtigte noch als Eigentümerin über das Grundstück habe verfügen können. Die Rüge bleibt schon deshalb ohne Erfolg, weil die Beschwerde damit keinen Verfahrensfehler, sondern eine Verletzung materiellen Rechts geltend macht.

Davon abgesehen trifft die Annahme des Verwaltungsgerichts zu, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Veräußerung lediglich Bucheigentümerin war, da die Rückübertragungsentscheidung der Verwaltungsbehörde mangels Unanfechtbarkeit keine privatrechtsgestaltende Wirkung äußerte (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VermG). Die Rückübertragungsentscheidung vom 13./15. März 1991 konnte, sofern sie nicht schon wegen offensichtlicher Rechtswidrigkeit nichtig war (vgl. § 31 Abs. 7 VermG i.V.m. § 44 Abs. 1 VwVfG), bei Veräußerung des Grundstücks durch die Klägerin im Juni 1991 noch angefochten werden, da sie die vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung nicht enthielt (§ 33 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 Satz 2 VermG).

Angesichts dessen, dass das Grundstückseigentum aufgrund der anfechtbaren Rückübertragungsentscheidung nicht auf die Klägerin übergegangen war, konnte die von ihr als Nichtberechtigter getroffene Verfügung den Restitutionsanspruch des Beigeladenen zu 1 nicht im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG zum Erlöschen bringen. Daran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn die Rückübertragungsentscheidung für sofort vollziehbar erklärt worden wäre, was die Beschwerde annimmt; denn eine sofortige Vollziehung ersetzt nicht die in § 34 Abs. 1 Satz 1 VermG bestimmte Unanfechtbarkeit des Bescheids (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 8 VermG). Zu einer Erörterung der Folgen eines Sofortvollzugs hatte das Verwaltungsgericht schon deswegen keinen Anlass, weil offensichtlich ist, dass die Entscheidung der Verwaltungsbehörde nicht im Sinne des § 33 Abs. 6 Satz 3 VermG für sofort vollziehbar erklärt wurde.

4. Schließlich beruht das angegriffene Urteil auch insoweit nicht auf einem Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, als das Verwaltungsgericht einen Untergang des Restitutionsanspruchs des Beigeladenen zu 1 durch gutgläubigen Erwerb (§ 892 Abs. 1 Satz 1 BGB) der Beigeladenen zu 2 verneint hat.

Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass der Beigeladenen zu 2 der öffentliche Glaube des Grundbuchs nicht zugute komme, weil sie die Unrichtigkeit des Grundbuchs gekannt habe. Diese Überzeugung hat es aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme gewonnen und in den Entscheidungsgründen im Einzelnen dargelegt. Demzufolge ergab sich nach vorinstanzlicher Auffassung schon aus dem Schreiben der Beigeladenen zu 2 vom 14. Mai 1990 an ihren damaligen Bevollmächtigten, dass sie von der Miteigentümerstellung des Beigeladenen zu 1 Kenntnis gehabt habe. In dem genannten Schreiben habe sie angegeben, dass der Beigeladene zu 1 „Teilinhaber des Hauses war”, als auf das Eigentum an dem Grundstück verzichtet wurde. Die Behauptung der Beigeladenen zu 2, sie sei aufgrund der Verzichtserklärung des Beigeladenen zu 1 vom Alleineigentum der Klägerin ausgegangen, hat das Verwaltungsgericht angesichts dessen, dass auch die Klägerin auf das Eigentum verzichtet hatte, als bloße Schutzbehauptung gewertet. Außerdem sei dem Schreiben der Klägerin an den Beigeladenen zu 1 vom 15. Dezember 1992 zu entnehmen, dass der Klägerin dessen Mitberechtigung bekannt gewesen sei; darin hatte die Klägerin eingeräumt, der Beigeladene zu 1 könne wegen der Rückübertragung des Grundstücks zu Alleineigentum der Klägerin „verstimmt” sein und sich „übergangen” fühlen, und sich zur Zahlung der Hälfte des Einheitswerts an ihn bereiterklärt. Der durch den Inhalt dieses Schreibens vermittelte Eindruck eines Handelns der Klägerin in Kenntnis der Mitberechtigung des Beigeladenen zu 1 werde verstärkt durch die glaubhafte Aussage der Zeugin K., wonach die Klägerin ihr gegenüber einmal gesagt habe, die Zeugin solle dem Beigeladenen zu 1 nicht erzählen, dass die Klägerin versuchen wolle, das Haus zurückzugewinnen. Die Annahme, dass die Klägerin die „Zweifel” an ihrer Alleinberechtigung der Beigeladenen zu 2 nicht mitgeteilt habe, sei lebensfremd, zumal da die Beigeladene zu 2 den Schriftverkehr für die Klägerin geführt habe.

Die Rüge der Beschwerde, dass die Aussage der Zeugin K. nicht verwertbar gewesen sei, weil das Verwaltungsgericht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 96 VwGO) verstoßen habe, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hatte durch Beweisbeschluss vom 21. Oktober 1998 mit der Vernehmung der Zeugin gemäß § 96 Abs. 2 VwGO den Berichterstatter beauftragt. Der Beweisbeschluss sowie die Absicht des beauftragten Richters, die Zeugenvernehmung auf der Grundlage eines von den Beteiligten zu übermittelnden Fragenkatalogs in Abwesenheit der Beteiligten durchzuführen, sind den Beteiligten bekannt gegeben worden. Ebenso wie die übrigen Beteiligten hat sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit dieser Verfahrensweise schriftsätzlich einverstanden erklärt. Da er die Beweiserhebung durch den beauftragten Richter auch in der nächsten mündlichen Verhandlung nicht als verfahrensfehlerhaft gerügt hat, ist die entsprechende Rüge im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde wegen Verlusts des Rügerechts ausgeschlossen (§ 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO).

Dass der beauftragte Richter an der mündlichen Verhandlung, auf die das angegriffene Urteil ergangen ist, nicht teilgenommen hat, begründet den behaupteten Verstoß gegen die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht. Ob das Tatsachengericht nach einem Richterwechsel die Wiederholung einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme für erforderlich hält, entscheidet es nach seinem Ermessen (Beschluss vom 8. Juli 1988 – BVerwG 4 B 100.88 – Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 34 m.w.N.). Die Beschwerde legt nicht dar, dass das Verwaltungsgericht ermessensfehlerhaft von einer erneuten Vernehmung der Zeugin K. abgesehen hat. Ein derartiger Fehler ist auch nicht ersichtlich. Die Niederschriften über diese sowie die übrigen Beweisaufnahmen des Verwaltungsgerichts befinden sich in den Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Im Verhandlungsprotokoll vom 19. Oktober 2000 ist festgestellt, dass die Protokolle über die Beweisaufnahmen den ehrenamtlichen Richtern zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung überlassen wurden. Das Beschwerdevorbringen ergibt nicht, dass es dem Verwaltungsgericht unter diesen Umständen an der für eine ordnungsgemäße Überzeugungsbildung erforderlichen Entscheidungsgrundlage gefehlt haben könnte.

Die Angriffe der Beschwerde gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung führen nicht zu einem Verfahrensfehler, auf dem das angegriffene Urteil beruhen kann. Soweit die Beschwerde bemängelt, das Verwaltungsgericht habe die „Ambivalenz” des Schreibens der Beigeladenen zu 2 an ihren früheren Bevollmächtigten vom 14. Mai 1990 verkannt, nicht berücksichtigt, dass weder der frühere Bevollmächtigte noch die mit der Rückübertragung des Grundstücks befassten Behörden Zweifel an der Alleinberechtigung der Klägerin geäußert hätten, und zu Unrecht aus dem Schreiben der Klägerin an den Beigeladenen zu 1 vom 15. Dezember 1992 den Schluss auf die entsprechende Kenntnis der Beigeladenen zu 2 gezogen, ergibt ihr Vorbringen nicht die behauptete verfahrensfehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Ein solcher Mangel ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht schon dann anzunehmen, wenn das Tatsachengericht unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat oder zu objektiv nicht überzeugenden oder sogar unwahrscheinlichen Schlussfolgerungen gelangt ist; er setzt vielmehr voraus, dass das Tatsachengericht einen Schluss gezogen hat, der schlechterdings nicht gezogen werden kann, also aus Gründen der Logik schlechthin unmöglich ist (vgl. Urteil vom 20. Oktober 1987 – BVerwG 9 C 147.86 – Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37; Beschluss vom 14. März 1988 – BVerwG 5 B 7.88 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199; Beschluss vom 8. Juli 1988 – BVerwG 4 B 100.88 – a.a.O.; jeweils m.w.N.). Gemessen hieran ist die von der Beschwerde behauptete verfahrensfehlerhafte Würdigung nicht gegeben.

Im Ergebnis nichts anderes gilt, soweit die Beschwerde bemängelt, dass die Aussage der Zeugin K. wegen einer unzulässigen Frage des beauftragten Richters im Rahmen ihrer Vernehmung unverwertbar sei und wegen ihrer Widersprüchlichkeit in der Sache kein Indiz für die vom Verwaltungsgericht angenommene Kenntnis der Beigeladenen zu 2 von der Unrichtigkeit des Grundbuchs entfalten könne.

Die Beschwerde hält die Aussage der Zeugin K. für unverwertbar, weil der mit der Beweiserhebung beauftragte Richter ihr zu einem entscheidungserheblichen Umstand eine suggestiv formulierte Frage gestellt habe. Nach der Vernehmungsniederschrift (S. 3) hat die Zeugin zunächst bekundet, sie habe den Beigeladenen zu 1 gebeten, er solle der Klägerin nicht erzählen, dass sie (die Zeugin) ihm die Absicht der Klägerin mitgeteilt habe, das Haus „zurückgewinnen” zu wollen. Im Lauf der weiteren Vernehmung (S. 5) wurde die Zeugin gefragt, ob die Klägerin ihr gesagt habe, „warum” sie (die Zeugin) die Absicht der Beantragung der Rückübertragung gegenüber dem Beigeladenen zu 1 nicht erwähnen sollte; dass die Klägerin ihr gegenüber eine solche Bitte um Verschwiegenheit ausgesprochen habe, hatte die Zeugin laut Vernehmungprotokoll zuvor nicht ausgesagt. Die Zeugin beantwortete diese von der Beschwerde als „suggestiv” bezeichnete Frage dahin, sie wisse nicht, „aus welchem Grund mich die Klägerin darum gebeten hat”. Schließlich erklärte die Zeugin auf entsprechende Frage (S. 8 f.), die Klägerin oder die Beigeladene zu 2 hätten ihr gegenüber nie geäußert, dass sie (die Zeugin) die Tatsache der Antragstellung gegenüber dem Beigeladenen zu 1 geheim halten sollte; „wie bereits ausgeführt”, habe lediglich die Klägerin einmal zu ihr (der Zeugin) gesagt, sie solle dem Beigeladenen zu 1 nicht erzählen, dass sie versuchen wolle, das Haus zurückzugewinnen.

Die Beschwerde rügt zu Recht, dass die von dem beauftragten Richter gestellte Suggestivfrage den Grundsatz eines fairen Verfahrens verletzte. Dieser Verstoß hat sich entgegen der Annahme der Beschwerde jedoch nicht ausgewirkt, weil die Suggestivfrage einen Rückübertragungsantrag betraf, von dem die Zeugin nach ihrem Bekunden „nichts” wusste (S. 8); demgegenüber hat die Zeugin in anderem Zusammenhang betont, die Klägerin habe ihr gesagt, dass sie das Grundstück „zurückgewinnen” wolle, und zugleich gebeten, diesen Umstand dem Beigeladenen zu 1 nicht mitzuteilen. Die Zeugin hat demnach unbeeinflusst von der zu beanstandenden Fragestellung bekundet, dass sie die von der Klägerin geäußerte Rückgewinnungsabsicht gegenüber dem Beigeladenen zu 1 verschweigen solle. Die Aussage der Zeugin ist auch nicht in sich widersprüchlich; vielmehr ist ihren Äußerungen vor dem Hintergrund des Beweisthemas zu entnehmen, dass sie mit Blick auf die Bitte um Verschwiegenheit zwischen der Rückgewinnungsabsicht und einem ihr unbekannten Rückübertragungsantrag der Klägerin deutlich unterschieden hat.

Demgegenüber hat die Klägerin nach diesem Gespräch mit der Zeugin alsbald (im August 1990) einen Rückübertragungsantrag gestellt. Angesichts der zeitlichen Nähe der Antragstellung zu dem Gespräch, in dem sie die Zeugin um Verschwiegenheit gegenüber dem Beigeladenen zu 1 gebeten hatte, besteht Grund zu der Annahme, dass ihr Geheimhaltungsinteresse jedenfalls seit Antragstellung von keinem anderen Motiv als demjenigen geleitet war, durch Verschweigen ihres Rückübertragungsantrags zu bewirken, dass der Beigeladene zu 1 nicht seinerseits die Rückübertragung beantragte und damit die Absicht der Rückübertragung des Grundstücks in das Alleineigentum der Klägerin vereitelte. Dass die Klägerin die Zeugin nicht über einen von ihr (der Klägerin) beabsichtigten Rückübertragungsantrag unterrichtet hatte, erklärt sich zwanglos aus der erst im Juli 1990 ermöglichten Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche. Angesichts dessen, dass sie dem Beigeladenen zu 1 von ihrem alsdann gestellten Rückübertragungsantrag weiterhin keine Kenntnis gab, durfte das Verwaltungsgericht die wenige Wochen zuvor gegenüber der Zeugin geäußerte Verschwiegenheitsbitte als weiteres Indiz fehlenden guten Glaubens der Klägerin werten. Da das Verwaltungsgericht indizielle Bedeutung nur der verfahrensfehlerfrei zustande gekommenen Aussage der Zeugin beigemessen hat, dass die Klägerin sie zu ihrer Rückgewinnungsabsicht um Verschwiegenheit gegenüber dem Beigeladenen zu 1 gebeten habe, beruht das angegriffene Urteil nicht auf der Zeugenaussage zu der unzulässigen Suggestivfrage. Auch seine Überzeugung, dass die Kenntnis der Klägerin der Beigeladenen zu 2 zuzurechnen sei, weil sie das Rückübertragungsverfahren in enger Zusammenarbeit mit der Klägerin betrieben und damit nach aller Lebenserfahrung auch von dem Wissen der Klägerin um die Mitberechtigung des Beigeladenen zu 1 Kenntnis gehabt habe, hat das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerfrei aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen. Dafür spricht nicht zuletzt, dass die Beigeladene zu 2 die dem Rückübertragungsantrag der Klägerin beigefügte und von dieser unterschriebene „Erklärung” vom 16. August 1990 formuliert hat.

5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Franßen, Kley, Herbert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI604760

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