Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 04.06.2008; Aktenzeichen 21 A 2454/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf bis zu 65 000 € festgesetzt.
Tatbestand
1. Die auf den Zulassungsgrund der Rechtsgrundsätzlichkeit (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.
a) Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht gegeben. Die vom Beschwerdeführer als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage, welche Bindungswirkung ein Vorabbescheid bei der endgültigen Festsetzung der Versorgungsbezüge entfaltet (S. 1 der Beschwerdebegründungsschrift), insbesondere, ob der Vertrauensschutz eine Auslegung des im Vorabbescheid enthaltenen Vorbehalts dahingehend geboten hätte, dass er sich ausschließlich auf die Rentenzahlung, nicht aber auf die sog. “Kann-Zeiten” bezieht, rechtfertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Das Oberverwaltungsgericht hat den der Vorabentscheidung beigefügten “Vorbehalt”
“Sollte neben der beamtenrechtlichen Versorgung eine Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen oder aus einer zusätzlichen Alters- oder Hinterbliebenenversorgung gezahlt werden, stehen die Versorgungsbezüge neben den Renten nur bis zu der in § 55 Abs. 2 BeamtVG bezeichneten Höhe zu.”
als Rentenvorbehalt ausgelegt, der jede Art von Renten aus einer zusätzlichen Alters- oder Hinterbliebenenversorgung umfasst und die Höchstgrenze des § 55 Abs. 2 BeamtVG nur im Sinne einer Rechtsfolgenverweisung einbezieht. Damit verbindet sich keine Frage rechtsgrundsätzlicher Bedeutung. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts entsprechend den zu den §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln zu ermitteln und dabei der objektiv erklärte Wille maßgebend ist, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (Urteil vom 21. Juni 2006 – BVerwG 6 C 19.06 – BVerwGE 126, 149 ≪160≫). Der nach diesen Regeln ermittelte Erklärungsinhalt ist als Tatsachenfeststellung nur darauf überprüfbar, ob allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln verletzt sind (Urteil vom 19. Februar 1982 – BVerwG 8 C 27.81 – BVerwGE 65, 61 ≪68 f.≫). Die Beschwerde trägt einen solchen Verstoß nicht vor.
b) Der Zulassungsgrund der Divergenz liegt ebenfalls nicht vor. Der Vortrag des Beschwerdeführers lässt nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht von Rechtssätzen der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und § 127 Nr. 1 BRRG genannten Gerichte abgewichen wäre.
Eine Divergenz liegt nur dann vor und ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem von den maßgeblichen Gerichten aufgestellten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat und das Urteil darauf auch beruht (Beschluss vom 21. Juni 1995 – BVerwG 8 B 61.95 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 18). Allein das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen genügt dafür nicht (Beschluss vom 25. Februar 1997 – BVerwG 11 B 5.97 – juris Rn. 4).
aa) Anders als vom Beschwerdeführer vertreten, liegt keine Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. April 1972 – BVerwG 2 C 2.71 – (BVerwGE 40, 65) vor. Der vermeintlichen Divergenzentscheidung sind die von der Beschwerde behaupteten “Vorgaben … hinsichtlich der Korrektheit” nicht zu entnehmen. Ein Rechtssatz zu den Anforderungen, denen der Vorbehalt in einer Vorabentscheidung genügen muss, ist in der Entscheidung nicht aufgestellt.
bb) Soweit der Beschwerdeführer behauptet, das Oberverwaltungsgericht weiche von der – auf Seite 6 seines Begründungsschriftsatzes erwähnten – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dadurch ab, dass es die Rücknahme des Festsetzungsbescheides “nicht primär” nach den Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG (NRW) beurteilt habe, verkennt er, dass das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung selbständig tragend und somit zugunsten des Beschwerdeführers auch auf § 48 VwVfG (NRW) gestützt hat. Selbst im Fall einer Divergenz würde das Urteil somit darauf nicht beruhen.
cc) Der Vortrag des Beschwerdeführers lässt ebenso wenig eine Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 1984 – BVerwG Gr. Sen. 1.84 und 2.84 – (BVerwGE 70, 356) erkennen. Das Oberverwaltungsgericht hat ausdrücklich die Rechtssätze dieser Entscheidung zur Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG zugrunde gelegt. Die vom Beschwerdeführer als revisionsrechtlich bedeutsam angesehene Abweichung besteht lediglich darin, dass er bereits mit dem 23. Juli 2001 den Fristbeginn annimmt, während das Oberverwaltungsgericht – unter anderem – wegen der noch durchzuführenden Vergleichsberechnung und der Wertfeststellung hinsichtlich des schwankenden Dollarkurses den Fristbeginn jedenfalls nicht vor dem 6. August 2001 datiert, also noch einen Entscheidungszeitraum von mindestens zwei Wochen angenommen hat. Die Auffassung der Beschwerde vernachlässigt, dass die Jahresfrist, nachdem die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat, erst dann zu laufen beginnt, wenn ihr die für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Zur Herstellung der Entscheidungsreife gehört auch die Anhörung des Betroffenen, die der Wahrung des in einem rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahren gebotenen rechtlichen Gehörs dient (Urteil vom 20. September 2001 – BVerwG 7 C 6.01 – Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 103). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die nicht mit einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge angegriffen worden sind, hatte der Kläger erstmals in dem durch seinen Widerspruch vom 26. August 2002 eingelegten Widerspruchsverfahren Gelegenheit, zu dem angefochtenen Bescheid des Beklagten Stellung zu nehmen. Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG (NRW) nicht gewahrt wurde.
dd) Aus welchen Gründen das Oberverwaltungsgericht vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – (BVerfGE 76, 256) abgewichen sein soll, erschließt sich aus dem Vortrag des Beschwerdeführers nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise.
Entscheidungsgründe
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 GKG, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Herbert, Prof. Dr. Kugele, Dr. Burmeister
Fundstellen