Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 8 A 99.40061) |
Tenor
Soweit die Kläger die Beschwerde zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.
Die Beschwerde der übrigen Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. April 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens entsprechend ihrem Anteil an dem festgesetzten Gesamtstreitwert.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 401 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Kläger zu 3, 4, 6 und 23 haben die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgenommen. Insoweit ist das Beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Entscheidungsgründe
II.
Im Übrigen ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt erfolglos. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich kein Grund für eine Zulassung der Revision.
1. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt nicht den Anforderungen einer Divergenzrüge (stRspr., vgl. beispielsweise BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26).
Vorliegend benennt die Beschwerde zwar mehrere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, die sie als für das fernstraßenrechtliche Planungsrecht richtungweisend bezeichnet. In der Sache wendet sie sich mit ihrem Vorbringen jedoch lediglich gegen die Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtsgrundsätze im Einzelfall. Damit kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden.
Insbesondere referiert sie die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Planfeststellungsbehörde Planungsalternativen, die nach einer Art Grobanalyse nicht in Betracht kommen, für die weitere Detailprüfung ausscheiden darf, wenn die zugrunde liegenden Untersuchungen hinreichend aussagefähig waren (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1). Dabei muss das jeweilige Abwägungsmaterial in diesem Stadium der Planerarbeitung nach Lage der Dinge nur so genau und vollständig sein, dass es eine erste vorauswählende Entscheidung auf der Grundlage grober Bewertungskriterien zulässt (BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1992 – BVerwG 4 B 1-11.92 –, NVwZ 1993, 572 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 = VBlBW 1992, 458). Die Beschwerde legt jedoch nicht dar, dass der Verwaltungsgerichtshof hiervon abweichende Rechtsgrundsätze aufgestellt hätte. Dies liegt auch fern, da der Verwaltungsgerichtshof die genannten Grundsätze in seinem Urteil selbst wiedergibt.
In Wahrheit legt die Beschwerde lediglich dar, aus welchen Gründen der Verwaltungsgerichtshof vorliegend die Voraussetzungen für das Ausscheiden von weniger geeigneten Trassen – namentlich der sog. Forsttrasse – hätte anders beurteilen sollen, als er es in seinem eingehend begründeten Urteil getan hat. Damit kann eine Zulassung der Revision wegen Divergenz jedoch nicht erreicht werden. Denn für eine Revisionszulassung auf der Grundlage dieser Bestimmung ist nur dann Raum, wenn der Tatrichter dem Bundesverwaltungsgericht dadurch die Gefolgschaft verweigert, dass er einem höchstrichterlichen abstrakten Rechtssatz mit einem anders lautenden Rechtssatz entgegentritt. Daran fehlt es im Falle bloß unzutreffender Rechtsanwendung, für die es im Übrigen vorliegend auch keinen Anhaltspunkt gibt. Indem der Verwaltungsgerichtshof eingehend die mit der Forsttrasse verbundenen Nachteile auflistet, hat er sich auch nicht in die Rolle der Planfeststellungsbehörde begeben, der die gebotene Abwägung obliegt, sondern im Einklang mit den Maßstäben des beschließenden Senats dargelegt, dass sich diese Trasse der Planfeststellungsbehörde nicht als vorzugswürdig aufdrängen musste.
2. Die Rechtssache hat auch nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫; stRspr).
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage
„Ist in der fernstraßenrechtlichen Abwägung, wenn der Vorhabenträger privaten Grund und Boden in Anspruch nimmt, die Unumgänglichkeit der Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG bei der Variantenprüfung dann mit geringerem Gewicht ausgestattet, wenn zur Zielverwirklichung geeignete Flächen eines Rechtsträgers der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen, der nicht zugleich Vorhabensträger ist, z.B. Flächen eines Bundeslandes?”
ist nicht geeignet, die Zulassung der Revision zu begründen. Es steht außer Frage und wird auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht in Zweifel gezogen, dass die Inanspruchnahme privaten Grundeigentums mit besonderem Gewicht in die Abwägung einzustellen ist. Dies gilt nicht nur, wenn der Vorhabenträger selbst bereits über die benötigten Flächen verfügt, sondern auch, wenn durch die Überplanung von Flächen einer anderen Gebietskörperschaft – hier des Landes – die Inanspruchnahme privaten Eigentums entbehrlich wird. Diese Überlegung entbindet jedoch nicht von der weiterhin gebotenen Abwägung aller in Betracht kommenden Belange. Dabei kann sich ergeben, dass die Planfeststellungsbehörde zu Recht eine Trasse ablehnen durfte, obwohl zu ihrer Verwirklichung im Grundsatz geeignete Grundstücke eines Landes vorhanden sind. Hierfür kommt es jeweils auf die Summe aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls an, so dass sich die gestellte Frage einer grundsätzlichen Klärung entzieht.
Im Übrigen erschöpft sich das umfängliche Vorbringen der Beschwerde nach Art einer Berufungsbegründung in der Kritik an der erstinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall. Dieses Vorbringen lässt Rechtsfragen, die über die konkreten Umstände hinaus in verallgemeinerungsfähiger Weise in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnten, nicht erkennen.
3. Auch das Vorbringen der Beschwerde für den Kläger zu 29 rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Es betrifft die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Zulässigkeit der Klage dieses und anderer Kläger, die erst von einem späteren Teilabschnitt der B 16 betroffen sein können. Hierauf beruht das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts jedoch nicht. Das Urteil ist doppel begründet; denn es führt ausdrücklich aus, die Klagen dieser Kläger seien auch aus den unter II. der Entscheidungsgründe dargelegten Erwägungen unbegründet. Die insoweit erhobenen Rügen sind jedoch, wie oben ausgeführt, nicht geeignet, zur Zulassung der Revision zu führen. Ist ein Urteil wie hier selbständig tragend doppelt begründet, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich beider Begründungen ein Zulassungsgrund gegeben ist. Das ist hier nicht der Fall.
III.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kläger zu 3, 4, 6 und 23 auf § 155 Abs. 2 VwGO. Eine Gerichtsgebühr ist insoweit nicht entstanden (Nr. 2503 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG); daher bedarf es insoweit auch keiner Festsetzung des Streitwerts.
Hinsichtlich der übrigen Kläger beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO in Verb. mit § 100 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Dabei geht der Senat von folgenden Teilstreitwerten aus:
Klägerin zu 2: |
41 000 DM |
Kläger zu 5: |
32 000 DM |
Kläger zu 7: |
50 000 DM |
Klägerin zu 8: |
50 000 DM |
Kläger zu 9: |
10 000 DM |
Kläger zu 12: |
5 000 DM |
Klägerin zu 13: |
5 000 DM |
Kläger zu 16: |
35 000 DM |
Klägerin zu 17: |
84 000 DM |
Klägerin zu 19: |
10 000 DM |
Kläger zu 23: |
69 000 DM |
Kläger zu 29: |
10 000 DM |
Unterschriften
Gaenztsch, Rojahn, Jannasch
Fundstellen
NVwZ-RR 2001, 422 |
ZfBR 2002, 79 |
BRS 2002, 23 |