Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Beschluss vom 25.06.2015; Aktenzeichen 9 A 190/14.PL) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. Juni 2015 wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage (1.) und der Abweichung (2.) gestützte Beschwerde nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 25. Juni 2015 hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Die Beschwerde zeigt nicht in einer den Darlegungsanforderungen gerecht werdenden Weise auf, dass die Rechtsbeschwerde wegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist.
Rz. 3
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann.
Rz. 4
Nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG muss die Begründung der auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 5 PB 1.14 – juris Rn. 4).
Rz. 5
Den vorstehenden Anforderungen genügt die Begründung der Beschwerde nicht.
Rz. 6
a) Dies gilt zunächst, soweit die Beschwerde in Bezug auf § 77 Abs. 1 Nr. 1 des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes (SächsPersVG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Juni 1999, bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 27. Januar 2012 (SächsGVBl. S. 130, 139) – SächsPersVG 2012 – die Frage als klärungsbedürftig erachtet,
„ob eine Anordnung, die sich – soweit mehr als drei Personen betroffen sind – auf bestimmte Beschäftigte oder einen bestimmten, eng begrenzten Kreis der Beschäftigten bezieh[t], unter den Begriff der Verwaltungsanordnung fallen”, (S. 10 f. der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung).
Rz. 7
Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die so formulierte Frage der Klärung bedarf. An einer Klärung der aufgeworfenen Frage in einem Rechtsbeschwerdeverfahren besteht kein Bedarf, wenn sich die aufgeworfene Frage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Dezember 2011 – 5 B 28.11 – juris Rn. 5 und vom 20. Dezember 2012 – 5 B 34.12 – juris Rn. 4).
Rz. 8
Gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012 wirkt der Personalrat mit bei [der] Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereichs, wenn nicht nach gesetzlichen Vorschriften die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften bei der Vorbereitung zu beteiligen sind.
Rz. 9
In der zu dem Begriff der Verwaltungsanordnung im Sinne der weitgehend wortgleichen Bestimmung des § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Anordnung, die sich auf bestimmte Beschäftigte oder einen bestimmten, eng begrenzten Kreis der Beschäftigten bezieht, nicht unter den Begriff der Verwaltungsanordnung fällt. § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG knüpft nicht an den technischen Begriff der Verwaltungsanordnung im Sinne des Verwaltungsrechts an. Zu den Verwaltungsanordnungen im Sinne dieser Vorschrift zählen dementsprechend auch allgemeine Weisungen und Anordnungen, die im Rahmen des aus einem Arbeitsverhältnis folgenden Direktionsrechts des Arbeitgebers ergehen und die gestaltend in die innerdienstlichen, sozialen oder persönlichen Belange der Bediensteten eingreifen. Die Verwaltungsanordnungen müssen stets allgemeine Regelungen in dem Sinne sein, dass sie die Beschäftigten in ihrer Gesamtheit, mindestens aber einen unbestimmten Teil der Beschäftigten betreffen. Dementsprechend unterfallen Anordnungen, die sich auf die Aufgaben und Befugnisse nur bestimmter Beschäftigter beziehen, diesem Begriff nicht. Dies folgt zum einen aus der Abgrenzung der Verwaltungsanordnung von der (konkreten) Weisung und zum anderen aus dem Sinn und Zweck der Beteiligungsvorschrift. Durch die Beteiligung des Personalrats in der Form der Mitwirkung suchte der Gesetzgeber sicherzustellen, dass die Überlegungen der Personalvertretung bereits bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen einbezogen werden, welche sich auf die Belange der Beschäftigten auswirken können. Dadurch sollten jedoch die Beteiligungsbefugnisse der Personalvertretung bei der Regelung konkreter Einzelfälle nicht gegenständlich erweitert werden. Insoweit sind die Befugnisse der Personalvertretung in den Mitbestimmungstatbeständen der §§ 75 ff. BPersVG abschließend geregelt (BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 1985 – 6 P 13.82 – Buchholz 238.3A § 78 BPersVG Nr. 4 S. 3 f.). Eine Verwaltungsanordnung im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist somit jede Regelung, welche die Dienststelle in Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Rechte als Dienstherr oder Arbeitgeber gegenüber allen ihren Beschäftigten, jedenfalls aber gegenüber einer unbestimmten Anzahl ihrer Beschäftigten trifft, ohne dass es auf ihre Form ankommt (BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2012 – 6 P 2.12 – Buchholz 250 § 78 BPersVG Nr. 24 Rn. 10 m.w.N.). Das weite, nicht auf seinen verwaltungsrechtlichen Sinngehalt beschränkte Verständnis des Begriffes „Verwaltungsanordnung” schließt auch solche allgemeinen Weisungen und Anordnungen ein, welche im Rahmen des aus einem Arbeitsverhältnis folgenden Direktionsrechts des Arbeitgebers ergehen und gestaltend in die innerdienstlichen, sozialen oder persönlichen Belange der Bediensteten eingreifen, unabhängig davon, ob im Einzelfall ein Fall der Mitbestimmung oder der Mitwirkung gegeben ist. Demgegenüber unterfallen Anordnungen, die sich auf die Aufgaben und Befugnisse bestimmter Beschäftigter oder eines bestimmten, eng begrenzten Kreises desselben beziehen, nicht diesem Begriff (BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 1990 – 6 P 19.88 – Buchholz 251.0 § 80 BaWüPersVG Nr. 4 S. 5 f.).
Rz. 10
Da nicht ersichtlich ist, dass die Merkmale „Verwaltungsanordnung” in § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG einerseits und in § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012 andererseits unterschiedlich auszulegen sind, ist die hier in Rede stehende Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung in ihrer Allgemeinheit, wie sie gestellt ist, geklärt. Ob eine Maßnahme des Dienstherrn im Einzelfall gemessen an den aufgezeigten Grundsätzen eine Verwaltungsanordnung darstellt, ist einer grundsätzlichen Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zugänglich.
Rz. 11
b) Ohne Erfolg bleibt die Beschwerde auch hinsichtlich der ebenfalls auf § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012 bezogenen Frage
„Liegt eine der Mitwirkung unterfallende Verwaltungsanordnung vor, wenn die beabsichtigte Verwaltungsanordnung die Beschäftigten durch die Festlegung des Standortes der Dienststelle in ihren spezifischen Interessen als Beamte oder Arbeitnehmer berührt, auch wenn personelle Auswirkungen erst durch weitere Umsetzungsmaßnahmen eintreten?” (S. 8 der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung).
Rz. 12
Der Frage fehlt die Klärungsbedürftigkeit, da sie nicht entscheidungserheblich ist. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Annahme, das Grobkonzept für die Errichtung eines Operativen Abwehrzentrums zur Bekämpfung des Rechtsextremismus im Freistaat Sachsen stelle keine Verwaltungsanordnung im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012 dar, auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt. So ziele das Konzept nicht unmittelbar auf die Regelung von Angelegenheiten der Beschäftigten; es enthalte keine unmittelbar an die Mitarbeiter gerichtete Regelung (BA S. 9 und 10). Selbst wenn indes von einer unmittelbar geltenden Regelung der innerdienstlichen Angelegenheiten der Beschäftigten des Landeskriminalamtes auszugehen wäre, genüge das Konzept nicht den Anforderungen an eine Verwaltungsanordnung im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012, da es nicht einen unbestimmten, sondern nur einen bestimmten, eng begrenzten Teil der Dienststelle betreffe (BA S. 10 f.).
Rz. 13
Bei einer solchen Mehrfachbegründung kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder der Begründungsstränge ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (BVerwG, Beschluss vom 29. April 2015 – 3 B 29.14 – NVwZ-RR 2015, 616 Rn. 10 m.w.N.; BAG, Beschluss vom 18. März 2010 – 2 AZN 889/09 – NZA 2010, 838 Rn. 13). Dies ist hier nicht der Fall. Wie unter a) dargelegt, greift die Rüge, die sich gegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts richtet, das Konzept stelle keine Verwaltungsanordnung im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012 dar, da es nicht einen unbestimmten, sondern nur einen bestimmten, eng begrenzten Teil der Dienststelle betreffe, nicht durch.
Rz. 14
2. Aus den gleichen Gründen vermag auch die Rüge der Beschwerde, die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer Abweichung von den Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juli 1985 – 6 P 13.82 – (Buchholz 238.3A § 78 BPersVG Nr. 4 S. 4 f.) und vom 7. Februar 2012 – 6 P 26.10 – (Buchholz 251.2 § 90 BlnPersVG Nr. 1 Rn. 10) (S. 6 f. der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung), eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht zu begründen. Die Rüge ist schon nicht entscheidungserheblich, da sie sich ebenso wie die Grundsatzrüge unter 1.b) allein auf die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das Konzept ziele nicht unmittelbar auf eine Regelung der Angelegenheiten der Beschäftigten, und damit nur auf eine von zwei selbständig tragenden Begründungen bezieht.
Rz. 15
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.
Unterschriften
Vormeier, Dr. Fleuß, Dr. Harms
Fundstellen