Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 9 B 98.35688) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Oktober 2001 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die auf Divergenz und einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 2, 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig, da sie die Revisionszulassungsgründe nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend darlegt.
Die Beschwerde beanstandet, dass das Berufungsgericht dem vom Kläger im vereinfachten Berufungsverfahren nach § 130 a VwGO schriftlich gestellten Beweisantrag, Auskünfte sachkundiger Stellen nach Auswahl des Gerichts zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass die Unterdrückung von Oppositionsparteien seit April 2001 in Äthiopien massiv zugenommen habe und dass davon auch Rückkehrer aus dem Ausland betroffen seien, verfahrensfehlerhaft nicht nachgekommen sei. Sein Beweisbegehren hat der Kläger damit begründet, dass am 18. April 2001 eine Demonstration von Regierungsgegnern in Addis Abeba blutig niedergeschlagen worden sei und dabei mindestens 41 Personen durch gezielte Schüsse von Polizei und Militär getötet, über 300 Menschen verletzt und 40 Oppositionelle verhaftet worden seien. Angesichts dieser massiven Unterdrückung der politischen Opposition in Äthiopien müssten auch aus Deutschland zurückkehrende Äthiopier, die hier in herausgehobener Weise exilpolitisch tätig gewesen seien, mit Verfolgung, Verhaftung und Ermordung rechnen.
Das Berufungsgericht hat hierzu in dem angefochtenen Beschluss unter Berufung auf mehrere über diese Geschehnisse berichtende Presseartikel ausgeführt, die massiven Polizeieinsätze am 17. und 18. April 2001 seien auf Studentendemonstrationen zurückzuführen, die keinesfalls friedlich gewesen seien, sondern sich zu gewalttätigen Ausschreitungen randalierender Jugendlicher entwickelt hätten, infolge dessen ca. 90 Häuser beschädigt, ca. 100 Autos verbrannt und zahlreiche Geschäfte geplündert worden seien. Jedenfalls bestehe aufgrund dieser Vorkommnisse keine Veranlassung, die Gefährdung zurückkehrender Mitglieder exilpolitischer Organisationen nunmehr grundsätzlich anders als bisher zu beurteilen. Der Beweisantrag des Klägers werde daher abgelehnt (BA S. 10). Diese Beweisablehnung findet nach Auffassung der Beschwerde keine Stütze im Gesetz und verletze daher den Kläger in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht es im tatrichterlichen Ermessen des Berufungsgerichts (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO in entsprechender Anwendung), ob es ein (weiteres) Sachverständigengutachten einholt oder dies insbesondere im Hinblick auf vorliegende Erkenntnismittel oder eine sonst vorhandene eigene Sachkunde ablehnt. Das Tatsachengericht muss seine Entscheidung allerdings für die Beteiligten und das Rechtsmittelgericht nachvollziehbar begründen und gegebenenfalls angeben, woher es seine Sachkunde hat (vgl. Beschluss vom 27. März 2000 – BVerwG 9 B 518.99 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60; Beschluss vom 27. Januar 2000 – BVerwG 9 B 613.99 – Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 228; Beschluss vom 11. Februar 1999 – BVerwG 9 B 381.98 – Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 42).
Das Berufungsgericht hat sich in dem angefochtenen Beschluss zur Beurteilung der Ereignisse in Äthiopien auf Angaben aus den Presseberichten neueren Datums gestützt. Die Beschwerde legt nicht näher dar, weshalb das Berufungsgericht damit sein Ermessen bei der Entscheidung über die Einholung der beantragten Sachverständigenauskunft fehlerhaft ausgeübt haben soll. Auch Presseberichte sind Erkenntnismittel, die Auskunft über die politische Lage in einem Land geben können. Ob Presseberichte über aktuelle Ereignisse vor dem Hintergrund vorhandener anderer Erkenntnismittel und eines zur Lage in diesem Land kontinuierlich erarbeiteten Informationsstandes des Gerichts für die tatrichterliche Bewertung dieser Geschehnisse genügen oder ob zusätzliche Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Beschwerde zeigt nicht substantiiert auf, weshalb die Presseberichte über die Ereignisse vom April 2001 dem zur Lage in Äthiopien durch die in das Verfahren eingeführten übrigen Erkenntnismittel allgemein sachkundigen Senat keine hinreichend verlässliche Gefährdungsprognose hätten erlauben sollen und welche weitergehenden Erkenntisse durch das vermisste Sachverständigengutachten zu erwarten gewesen wären. Der allgemein gehaltene Einwand, Zeitungsberichte könnten Auskünfte sachkundiger Stellen nicht ersetzen (Beschwerdebegründung S. 3) und die Ablehnung eines Beweisantrages nur deshalb, weil Zeitungsberichte angeblich das Gegenteil der behaupteten Beweistatsache bewiesen, sei vom Gesetz und der Rechtsprechung nicht gedeckt (S. 4), genügt danach nicht zur ausreichenden Darlegung des behaupteten Verfahrensmangels.
Sofern der Hinweis der Beschwerde, die Begründung im angefochtenen Beschluss, es gebe „kaum Anhaltspunkte” für einen Politmalus im Zuge von Maßnahmen zur Verhinderung oder Ahndung von Straftaten, weshalb diesen offenbar doch vorhandenen Anhaltspunkten hätte nachgegangen werden müssen (Beschwerdebegründung S. 4), als Rüge eines Verstoßes gegen die gerichtliche Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) zu verstehen sein sollte, wäre auch diese Verfahrensrüge nicht hinreichend begründet (zu den Darlegungsanforderungen hierfür vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO n.F. Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Insbesondere zeigt die Beschwerde nicht auf, welche konkreten Aufklärungsmaßnahmen mit welchem zu erwartenden Ergebnis sich dem Berufungsgericht hierzu auch ohne einen entsprechenden Beweisantrags des Klägers im Berufungsverfahren hätten aufdrängen müssen.
Die von der Beschwerde geltend gemachte Divergenz des angefochtenen Beschlusses zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 1982 – BVerwG 9 B 10624.81 – ist schon deshalb nicht ausreichend dargelegt, weil dieser Beschluss nach dem eigenen Vortrag der Beschwerde lediglich Aussagen über die zulässige Ablehnung eines Beweisantrags enthält, während es im Fall des Klägers vor dem Berufungsgericht um die Ablehnung eines Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gegangen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 83 b Abs. 2 AsylVfG a.F.
Unterschriften
Eckertz-Höfer, Dr. Mallmann, Dr. Eichberger
Fundstellen