Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 22.09.1997; Aktenzeichen 6 L 2002/95) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. September 1997 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 185.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Rückzahlung von 185.000 DM, die sie an die beklagte Gemeinde aufgrund einer Stellplatz-Ablösevereinbarung gezahlt hat.
In ihrem Bauantrag für ein Appartmenthaus hatte die Klägerin zunächst die Errichtung von rückwärtigen Stellplätzen vorgesehen. Die Beklagte war hiermit nicht einverstanden und machte ihr Einvernehmen mit dem Bauvorhaben vom Abschluß einer Ablösevereinbarung für 37 Stellplätze abhängig. Die Klägerin fügte sich zunächst. Darauf erteilte der Beigeladene die beantragte Baugenehmigung und ließ dabei statt der notwendigen Stellplätze die Zahlung des vereinbarten Ablösebetrages von 185.000 DM zu. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens forderte die Klägerin ihre Zahlung zurück; sie habe einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte, weil der Ablösungsvertrag nichtig sei. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde bleibt erfolglos. Es ist schon zweifelhaft, ob sie den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe genügt. Jedenfalls läßt sich der Beschwerde kein Grund entnehmen, der die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte.
Soweit die Beschwerde geltend macht, der Rechtsstreit habe grundsätzliche Bedeutung, weil er dazu beitragen könne, daß die Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs fortgeschrieben würden, insbesondere hinsichtlich der Anwendung des § 814 BGB und hinsichtlich der Frage, ob und wieweit ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch durch den Grundsatz von Treu und Glauben eingeschränkt werde, fehlt es an einer konkreten Rechtsfrage, die im Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Ob § 814 BGB anwendbar ist, könnte nämlich offenbleiben; denn das Berufungsgericht hat – in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Beschwerde – diese Vorschrift nicht angewendet. Nicht mehr klärungsbedürftig ist, daß auch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch durch Treu und Glauben begrenzt wird; dies hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 1973 – BVerwG 1 C 34.72 – (NJW 1974, 2247) zutreffend ausgeführt. Wieweit Treu und Glauben einer Rückforderung entgegenstehen, ist dagegen nicht abstrakt klärbar, sondern hängt jeweils von den besonderen Umständen ab.
In der Sache wendet sich die Beschwerde gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, der Vertragspartner eines gegenseitigen öffentlich-rechtlichen Vertrages könne die von ihm erbrachte Leistung auch bei Nichtigkeit des Vertrages grundsätzlich nicht mehr zurückverlangen, wenn er selbst die seinerseits erhaltene Leistung nicht zurückgeben könne oder wolle. Selbst wenn man unterstellen wollte, daß die Beschwerde hierzu in zulässiger Form eine Grundsatzrüge erhoben hätte, könnte die Revision wegen dieser Frage nicht zugelassen werden. In dieser Allgemeinheit beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts nämlich nicht auf dem angeführten Rechtssatz. Vielmehr führt das Berufungsgericht weiter aus, daß die streitigen Stellplätze nicht im rückwärtigen Bereich angelegt werden könnten, weil sie sich nicht im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB einfügten und weil ihre Nutzung dort zu unzumutbaren Belästigungen im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 2 NBauO führen würde. Die Beschwerde scheint diese Bewertung zwar nicht zu teilen; mangels durchgreifender Rügen hierzu muß der Senat jedoch von der Beurteilung durch das Berufungsgericht ausgehen. Dann aber liegt der vom Berufungsgericht angenommene Verstoß gegen Treu und Glauben (zusätzlich) darin, daß die Klägerin den Ablösebetrag zurückfordert, ohne gleichzeitig anzubieten, auf welche baurechtlich zulässige Weise sie ihrer Stellplatzpflicht nachkommen wolle. Rechtsgrundsätzliche Fragen werden mit dieser Rechtsauffassung nicht aufgeworfen. Auch der Schriftsatz der Klägerin vom 4. März 1998 gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß.
Auch die Ausführungen der Beschwerde zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. November 1991 – 1 A 10312/89 – (BauR 1992, 479 – BRS 52 Nr. 160) enthalten keine konkrete Rechtsfrage; die Beschwerde ist insoweit schon unzulässig. Im übrigen verkennt die Beschwerde hier, daß die beklagte Gemeinde zwar ihr Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht vom Abschluß eines Ablösevertrages abhängig machen durfte, daß die Baugenehmigung gleichwohl aber nur hätte erteilt werden dürfen, wenn auch die bauordnungsrechtliche Stellplatzpflicht erfüllt war. Der Bauantrag hätte deshalb abgelehnt werden müssen, wenn der von der Klägerin vorgesehene rückwärtige Bereich zur Anlage von Parkplätzen rechtlich ungeeignet war und keine andere Lösung der Stellplatzfrage gefunden worden wäre.
Erfolglos muß die Beschwerde schließlich auch mit ihrer Rüge bleiben, das Berufungsurteil weiche von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 1985 – BVerwG 7 C 48.82 – (BVerwGE 71, 85 ≪89≫) ab. Der Revisionszulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden Rechtssatz zu einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch tritt. Dieser Zulassungsgrund muß in der Beschwerdebegründung durch Angabe der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, von der das Berufungsgericht abgewichen sein soll, und durch Darlegung der als solche miteinander in unmittelbarem Widerspruch stehenden, entscheidungstragenden Rechtssätze bezeichnet werden. Die Beschwerde legt nicht dar, welchen von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Rechtssatz das Berufungsgericht aufgestellt habe. Das wäre auch nicht möglich, weil das Berufungsurteil auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruht, während in der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die BGB-Vorschriften über den Wegfall der Bereicherung diskutiert werden. In Wirklichkeit wird auch hier nur die konkrete Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht kritisiert; damit ist ein Revisionszulassungsgrund nicht dargetan.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Den Wert des Streitgegenstandes setzt der Senat gemäß § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 2 GKG fest.
Unterschriften
Gaentzsch, Lemmel, Rojahn
Fundstellen
NJW 1998, 3135 |
NVwZ 1998, 1175 |
BRS 1999, 473 |