Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 18.02.1997; Aktenzeichen 9 S 1549/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18. Februar 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 130 605,10 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der die Berufungsentscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Die Prüfung des Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
1. Die Klägerin beruft sich auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Eine Rechtssache hat eine solche Bedeutung nur dann, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche und revisibles Recht betreffende Frage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt zudem, daß die grundsätzliche Bedeutung dargelegt wird. Dies erfordert die Bezeichnung einer für die Revisionsentscheidung erheblichen Frage des revisiblen Rechts und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Daran fehlt es hier.
Die verwitwete Klägerin ist die zweite Ehefrau eines nach den Bestimmungen der Satzung der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte versorgungsberechtigten Arztes, nach dessen Tode sie Witwenrente in Höhe von 30 % der nach der Satzung zu leistenden Hinterbliebenenversorgung erhielt; 70 % dieser Versorgung erhielt die 1970 geschiedene erste Ehefrau. Nach deren Tode 1994 beansprucht die Klägerin 100 % der Hinterbliebenenversorgung. Vor diesem Hintergrund hält sie sinngemäß für klärungsbedürftig, ob der in der Satzung vorgesehene endgültige Verlust des der anderen Witwe zustehenden Anteils an der Hinterbliebenenversorgung als rechtswidriger Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin anzusehen ist.
Diese Frage kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Ob die dem Landesrecht zuzurechnende Bestimmung des § 27 Abs. 1 Buchst. b der Satzung der Versorgungsanstalt mit höherrangigem Verfassungsrecht vereinbar ist, ist in erster Linie eine Frage der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts. Die Rüge, das maßgebliche Landesrecht verstoße gegen vorrangiges Bundesrecht, rechtfertigt die Zulassung der Grundsatzrevision nur dann, wenn sie auf eine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts führt, nicht dagegen, wenn allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (Beschluß vom 12. Mai 1993 – BVerwG 1 B 95.92 – Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 24). Die Beschwerde legt jedoch eine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts in einer den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise nicht dar.
Hiervon abgesehen kann nicht zweifelhaft sein, daß es zulässig ist, den Fall des Zusammentreffens mehrerer Unterhaltsberechtigter nach der Scheidung des versorgungsberechtigten Arztes zu regeln und dabei auch ein Rentensplitting vorzusehen (vgl. BVerfGE 66, 66 ≪76≫; Beschluß vom 28. Juni 1991 – BVerwG 1 B 164.90 – Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 21). In diesem Zusammenhang ist geklärt, daß bei mehreren Ehen des Versicherten keine der Ehefrauen mit der Eheschließung eine grundgesetzlich geschützte Anwartschaft auf die volle Witwenrente erlangt und einen solchen Schutz insbesondere nicht aus Art. 14 GG herleiten kann (Beschluß vom 28. Juni 1991 a.a.O.). Denn bei Einführung der Geschiedenenrente (1975) besaß die damals noch nicht verwitwete Klägerin noch keinen eigenen Rentenanspruch, sondern aufgrund der damaligen Rechtslage lediglich die Aussicht, bei Fortbestand ihrer Ehe und bei Vorversterben ihres Ehemannes die volle Witwenrente zu erlangen.
Soweit ein Rentensplitting zulässig ist, ist es – von hier nicht gegebenen besonderen Härtefällen abgesehen – auch verfassungsrechtlich unbedenklich, den Tod eines Anspruchsberechtigten nicht zum Anlaß zu nehmen, den Anteil des anderen Anspruchsberechtigten wieder auf 100 % zu erhöhen, sondern es bei dem ursprünglichen Anteil zu belassen. Daß der Gesetzgeber in § 91 SGB VI einen anderen Weg gewählt hat, macht die Regelung der Satzung nicht verfassungswidrig, weil berufsständische Versorgungswerke nicht verpflichtet sind, Leistungen zu erbringen, die in allen Punkten denen der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen (Beschluß vom 8. November 1991 – BVerwG 1 B 46.91 – Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 22; vgl. auch Beschlüsse vom 4. Juli 1995 – BVerwG 1 B 89.95 – und vom 25. Oktober 1995 – BVerwG 1 B 103.95 – a.a.O. Nr. 29 und 31).
Nicht hinreichend dargelegt ist ferner, daß der Frage grundsätzliche Bedeutung zukommt, „welche Dispositionsbefugnis Rentenversicherungsträger über eingezahlte Beiträge haben und in welchen Verfahren dies geschehen muß”. Die diese Frage erläuternden Ausführungen der Beschwerde bezeichnen es als „insgesamt ungeklärt, welche Bedeutung die Beschwer (gemeint: des Rentenversicherungsträgers) für die Witwenrente hat”, lassen jedoch nicht erkennen, welche konkrete, Bundesrecht betreffende Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren zu klären wäre und inwiefern die revisionsgerichtliche Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten ist. Soweit die Beschwerde geltend macht, daß in der Satzung der Beklagten geregelte Einzelfragen „bei anderen Rentenversicherungen” anders geregelt sind, wird damit der für die Zulassung der Revision erforderliche Klärungsbedarf nicht dargelegt. Der Hinweis auf die pflichtversicherten Mitgliedern eröffnete Möglichkeit, bei nachträglicher Änderung der Wertigkeit von Versicherungsbeiträgen auszutreten oder sich freiwillig zu neuen Bedingungen weiterzuversichern, führt schon deswegen nicht weiter, weil die Klägerin nicht pflichtversichertes Mitglied, sondern Angehörige eines solchen ist.
2. Ohne Erfolg macht die Beschwerde schließlich geltend, die Berufungsentscheidung weiche im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 71, 1 ab, indem sie unberücksichtigt gelassen habe, daß dem Ehemann der Klägerin seinerzeit keine Austrittsmöglichkeit eröffnet worden sei und daß die Satzungsänderung der Beklagten tief in die Substanz des Eigentums der Klägerin eingegriffen habe. Mit diesen Ausführungen ist eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz nicht dargelegt. Eine Divergenz liegt nur dann vor, wenn das Berufungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgerückt ist. Das Darlegungserfordernis verlangt in diesem Zusammenhang, daß in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, daß und inwiefern das Berufungsgericht seine Entscheidung auf einen widersprechenden Rechtssatz gestützt hat. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde macht keinen abweichenden Rechtssatz ersichtlich, auf dem die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht, sondern beanstandet lediglich, das Berufungsgericht habe vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Maßstäbe nicht berücksichtigt. Die Nichtanwendung oder die fehlerhafte Anwendung eines vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Rechtssatzes auf die konkreten Umstände des Einzelfalles erfüllt jedoch nicht die Merkmale einer Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. z.B. Beschluß vom 12. Dezember 1991 – BVerwG 5 B 68.91 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302). Im übrigen betrifft die von der Beschwerde zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Veränderung von Bewertungen der für die Rentenbemessung maßgeblichen Versicherungszeiten (Ausfallzeiten) zu Lasten von Pflichtversicherten auf Antrag. Damit ist der hier zu beurteilende Fall nicht einmal ansatzweise vergleichbar. Die Beschwerde zeigt dafür auch nichts auf.
3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 13 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Meyer, Groepper, Gerhardt
Fundstellen