Verfahrensgang
OVG des Saarlandes (Urteil vom 14.04.1997; Aktenzeichen 1 R 5/95) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14. April 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 563,80 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Die Prüfung des Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
1. Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), ob die Satzung eines Versorgungswerkes so ausgelegt werden kann, daß Nachversicherungsbeiträge, anders als die sonstigen Beiträge, bei der Beendigung der Mitgliedschaft von der Erstattung ausgenommen werden. Der Kläger wirft diese Frage vor dem Hintergrund auf, daß die Beklagte ihm nach seinem Ausscheiden lediglich 60 % der von ihm selbst geleisteten Beiträge erstattet, die Erstattung der ihr vom Land überwiesenen, die Zeit des Referendardienstes des Klägers betreffenden Nachversicherungsbeiträge aber abgelehnt hat.
Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Wie der Kläger nicht verkennt, beruht die Auffassung des Berufungsgerichts auf der Auslegung irrevisiblen Landesrechts, nämlich des § 11 Ziff. 1 der Satzung der Beklagten, der in der nach Auffassung des Berufungsgerichts hier maßgeblichen Fassung von 1995 vorsieht, daß dann, wenn die Mitgliedschaft im Versorgungswerk auf andere Weise als durch Tod erlischt und nicht auf Antrag fortgesetzt wird, dem Mitglied auf Antrag 60 % seiner bisher geleisteten Beiträge zu erstatten sind, wobei Nachversicherungsbeiträge von der Erstattung ausgeschlossen sind. Der Kläger hält diese Auslegung für unvereinbar mit Bundesrecht und rügt einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sowie gegen das Gebot der Normenklarheit. Mit seinen Ausführungen legt er jedoch klärungsbedürftige Fragen des Bundesrechts in einer den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise nicht dar. „Dargelegt” im Sinne dieser Vorschrift ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur dann, wenn in der Beschwerdebegründung eine fallübergreifende, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage des Bundesrechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) aufgeworfen wird, die sich in dem erstrebten Revisionsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Mit bloßen Angriffen gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanz, die ihrer Entscheidung ausschließlich nichtrevisibles Landesrecht zugrunde gelegt hat, kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache selbst dann nicht dargelegt werden, wenn der Beschwerdeführer zur Begründung seiner abweichenden Rechtsauffassung verfassungsrechtliche Erwägungen anführt (Beschlüsse vom 18. März 1980 – BVerwG 6 B 69.79 – Buchholz 238.95 SZG Nr. 14 und vom 7. Juni 1996 – BVerwG 1 B 127.95 – Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 32). Die Rüge, das maßgebliche Landesrecht verstoße gegen vorrangiges Bundesrecht, rechtfertigt demnach nicht die Zulassung der Grundsatzrevision, wenn sie wie hier nicht auf eine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts führt, sondern allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (Beschluß vom 12. Mai 1993 – BVerwG 1 B 95.92 – Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 24). Im übrigen hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß vom Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG nicht die einzelnen Beiträge an ein Versorgungswerk, sondern wie im Sozialversicherungsrecht nur Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der Versicherung erfaßt sind. Die Beschwerde geht hierauf nicht ein, sondern beschränkt sich darauf, den vom Berufungsgericht für seine Auffassung zitierten Kammerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1986 – 1 BvR 772/85 u.a. – (NJW 1988, 250) ohne überzeugende Begründung als „nicht einschlägig” zu bezeichnen.
Auch die weitere Frage, „ob eine Satzung, die nur auf einer institutionellen Ermächtigung beruht, ohne dies ausdrücklich anzuordnen, so ausgelegt werden kann, daß dem ausscheidenden Mitglied Rechtspositionen auch nicht teilweise zurückgegeben werden, also vom Satzungsgeber vollständig vereinnahmt werden können, ohne daß auch kein teilweiser Ausgleich gewährt wird”, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Der Kläger beanstandet in diesem Zusammenhang, daß die gesamte Satzung nur auf § 117 der Rechtsanwaltsordnung des Saarlandes gestützt ist, und meint, daß darin eine gesetzliche Grundlage für derart weitgehende Eingriffe in Rechtspositionen nicht gegeben sei. Diese Erwägungen betreffen ebenfalls nichtrevisibles Landesrecht. Soweit Grundsätze des Bundesrechts berührt sein könnten – was der Kläger nicht einmal ansatzweise darlegt –, ist weder deren Verletzung noch ein besonderer Klärungsbedarf dargetan. Das Berufungsgericht hat im einzelnen dargelegt, daß jedenfalls die hier in Rede stehende Norm eine freiwillige Leistung „Billigkeitsmaßnahme”) des Versorgungswerkes betrifft und daß für eine derartige Regelung die einer juristischen Person des öffentlichen Rechts verliehene Satzungsautonomie eine hinreichende Rechtsgrundlage bietet.
Der Kläger wirft außerdem die Frage auf, ob es mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist, daß ausscheidende Mitglieder im Erstattungsfall sämtliche Nachversicherungsbeiträge endgültig verlieren. Auch im Hinblick auf diese Frage wird ein Klärungsbedarf nicht dargelegt. Das Berufungsgericht hat unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und auf bestehende bundesgesetzliche Regelungen dargelegt, daß und warum es nicht zu beanstanden wäre, von einer Erstattung überhaupt abzusehen. Unter diesen Umständen wird mit dem Hinweis der Beschwerde auf die im Versorgungswerk verbleibenden Mitglieder als Vergleichsgruppe nicht dargelegt, welche den Gleichheitsgrundsatz betreffende Problematik durch die in Rede stehende Regelung des Versorgungswerkes aufgeworfen ist und ungeachtet der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weiterer Klärung bedarf.
Die weiteren Angriffe des Klägers gegen die vom Berufungsgericht vertretene Auslegung der Satzung lassen einen Klärungsbedarf hinsichtlich des revisiblen Rechts ebenfalls nicht erkennen. Dies gilt auch für seine Rüge, die Auslegung der Satzung alter Fassung sei „in krasser Weise einseitig” und verletze das Willkürverbot. Die Beschwerde erschöpft sich nach Art einer Revision in Angriffen gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, ohne den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend eine revisible Rechtsfrage aufzuwerfen und deren Klärungsbedürftigkeit darzulegen.
2. Ferner bleibt die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ohne Erfolg. Der Kläger macht geltend, nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 1966 – BVerwG 1 C 130.64 – (Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 5) sei es ein anerkannter Auslegungsgrundsatz, daß derjenige, der durch die Fassung von Vertrags- oder allgemeinen Bedingungen eine Unklarheit veranlaßt habe, sich regelmäßig gefallen lassen müsse, daß die Auslegung zu seinem Nachteil geschehe. Hiervon weiche das Berufungsgericht ab, indem es trotz der vorliegenden Normenunklarheit die Satzung zugunsten der Satzungsgeberin ausgelegt habe. Mit diesen Ausführungen ist eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargelegt. Eine Divergenz liegt nur dann vor, wenn das Berufungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgerückt ist. Das Darlegungserfordernis verlangt in diesem Zusammenhang, daß in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, daß und inwiefern das Berufungsgericht seine Entscheidung auf einen widersprechenden Rechtssatz gestützt hat. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde macht keinen abweichenden Rechtssatz ersichtlich, auf dem die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht. Sie rügt lediglich, das Oberverwaltungsgericht habe den maßgebenden Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts nicht „beachtet”. Die fehlerhafte Anwendung eines vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Rechtssatzes auf die konkreten Umstände des Einzelfalles erfüllt jedoch nicht die Merkmale einer Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. z.B. Beschluß vom 12. Dezember 1991 – BVerwG 5 B 68.91 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302).
3. Auch die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greift nicht durch. Der Kläger macht geltend, das Berufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es sich mit der als Schutzbehauptung zu wertenden Auskunft der Beklagten begnügt habe, für die Auslegung der Satzung maßgebliches Begründungsmaterial liege nicht mehr vor. Das Berufungsgericht hätte, so meint der Kläger, diesbezüglich Erkundigungen bei dem für die Genehmigung von Satzungen zuständigen saarländischen Justizministerium einholen müssen. Damit wird ein Verfahrensmangel nicht dargelegt.
Bei der Prüfung der Aufklärungsrüge ist von der materiellen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts auszugehen (vgl. etwa Beschluß vom 1. Februar 1988 – BVerwG 1 B 136.87 – Buchholz 402.24 § 13 AuslG Nr. 9 S. 3). Das Berufungsgericht hat seine Auslegung der früheren Fassung des § 11 der Satzung der Beklagten nicht nur aus dessen Wortlaut, sondern auch aus dessen Regelungszusammenhang gewonnen und dabei ausgeführt (UA S. 12), die Satzung des Versorgungswerkes der Beklagten enthalte in bezug auf die Erstattungs- und Übertragungsregelung keine in sich widersprüchliche Formulierung und ermögliche „nach der Wortbedeutung und dem Regelungszusammenhang ein eindeutiges Auslegungsergebnis”. Unter diesen Umständen hätte die Beschwerde näher darlegen müssen, weshalb sich dem Berufungsgericht gleichwohl hätte aufdrängen müssen, den Ausführungen der Beklagten über die Existenz von Begründungsmaterial keinen Glauben zu schenken und sich deswegen an das Justizministerium zu wenden. Darüber hinaus hat der Kläger als Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht keinen entsprechenden Antrag gestellt und auch in dem nachgereichten Schriftsatz vom 19. Oktober 1996, in dem die von der Beklagten geschilderten „Umstände” als „merkwürdig” bezeichnet werden, keine derartige Beweisanregung gegeben. Das Tatsachengericht verletzt seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht beantragt hat. Dementsprechend kann die Aufklärungsrüge nicht dazu dienen, Beweisanträge zu ersetzen, die eine Partei in der Tatsacheninstanz zumutbarerweise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (Beschlüsse vom 10. Februar 1978 – BVerwG 1 B 13.78 – Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 8 und vom 21. April 1997 – BVerwG 1 B 207.96 –).
4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 13 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Meyer, Gielen, Groepper
Fundstellen