Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 21.11.1995; Aktenzeichen 9 B 93.1700) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. November 1995 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.527 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Die Prüfung des Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
1. Die Beschwerde macht in erster Linie geltend, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Diese Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und einen Hinweis auf den Grund, der die Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerdebegründung muß daher erläutern, daß und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer in verallgemeinerungsfähiger Weise zu beantwortenden, bisher revisionsgerichtlich nicht entschiedenen Rechtsfrage führen kann.
Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob ein nebenberuflich als selbständiger Rechtsanwalt tätiger Angestellter, der aufgrund seiner hauptberuflichen Angestelltentätigkeit bereits Zwangsmitglied in der gesetzlichen Sozialversicherung ist, daneben auch Zwangsmitglied ohne Befreiungsmöglichkeit in der Vollversorgung des beklagten berufsständischen Versorgungswerkes sein kann. Der Kläger meint, diese Frage sei unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 3 GG) zu verneinen. Die entgegenstehenden Regelungen der Beklagten seien verfassungswidrig.
Mit diesen Ausführungen wird ein Zulassungsgrund nicht entsprechend § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung ausschließlich nicht revisibles Landesrecht zugrunde gelegt. Daß der Kläger dieses Recht für nicht vereinbar mit Bundesrecht hält, verleiht der Sache noch keine grundsätzliche Bedeutung. Hierzu bedürfte es der Darlegung, inwiefern das als verletzt angesehene Bundesrecht selbst klärungsbedürftig ist. Daran fehlt es. Die Frage, „ob und welche Grenzen der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die übrigen bereits genannten verfassungsmäßigen Rechte einer landesrechtlichen Regelung setzen”, ist nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist gestellt worden und kann schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen; insbesondere kann ein Mangel der erforderlichen Darlegungen nach Fristablauf nicht mehr geheilt werden. Hier fehlt es an Ausführungen darüber, weshalb diese Frage durch die im Berufungsurteil und vom Kläger selbst ausführlich diskutierte höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht hinreichend geklärt ist und worin – konkret – der verbleibende Klärungsbedarf zu sehen ist. Mit bloßen Angriffen gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanz kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache selbst dann nicht dargelegt werden, wenn der Kläger zur Begründung seiner abweichenden Rechtsauffassung verfassungsrechtliche Erwägungen anführt (Beschlüsse vom 18. März 1980 – BVerwG 6 B 69.79 – Buchholz 238.95 SZG Nr. 14 und vom 17. August 1994 – BVerwG 1 B 146.94 –). Die Rüge, das maßgebliche Landesrecht verstoße gegen vorrangiges Bundesrecht, rechtfertigt demnach nicht die Zulassung der Grundsatzrevision, wenn sie wie hier nicht auf eine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts führt, sondern allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (Beschluß vom 12. Mai 1993 – BVerwG 1 B 95.92 – Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 24).
Auch die weitere Frage, ob „eine in zulässiger Form normierte Zwangsmitgliedschaft für nebenberuflich selbständig tätige Rechtsanwälte eine Beitragsverpflichtung im Versorgungswerk der Beklagten ohne jede Beitragsbeschränkungs-/Anrechnungsmöglichkeit im Hinblick auf die von ihnen bereits zu zahlenden Versicherungsbeiträge an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vorsehen” darf, betrifft ausschließlich Fragen des anzuwendenden Landesrechts und läßt eine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts nicht erkennen.
Übrigens ist das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats davon ausgegangen, daß ein berufsständisches Versorgungswerk mit Zwangsmitgliedschaft auf die wirtschaftliche Belastbarkeit der Mitglieder Rücksicht zu nehmen hat und eine unzumutbare Überversorgung vermeiden muß. Es hat eingehend dargelegt, daß der Kläger durch seine Heranziehung zu einem Grundbeitrag in Höhe von 3/10 des Höchstbeitrages wirtschaftlich nicht übermäßig belastet wird und daß mit dieser Beitragslast unter Berücksichtigung der sich aus seinem Arbeitsverhältnis ergebenden Versorgungsansprüche in Relation zu seinem gesamten Einkommen aus seiner Angestelltentätigkeit und seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt keine Überversorgung begründet werde. Das führt nicht auf eine klärungsbedürftige Problematik des Bundesrechts, ohne daß es darauf ankäme, daß der Kläger die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge ohnehin nur zur Hälfte zu leisten hat. Da nicht zweifelhaft ist, daß das berufsständische Versorgungsrecht den Versorgungsbedarf und damit die Beitragshöhe in eine Beziehung zum Berufseinkommen setzen darf (vgl. Beschlüsse vom 4. Juli 1995 – BVerwG 1 B 89.95 – und vom 25. Oktober 1995 – BVerwG 1 B 103.95 – Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 29 bzw. Nr. 31), kann auch bei Fallgestaltungen wie der hier vorliegenden eine übermäßige Belastung und Überversorgung nicht schon deswegen angenommen werden, weil wegen der Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt ebenfalls Versorgungsbeiträge zu zahlen sind und dadurch über die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebende Versorgung hinaus eine in bezug auf das Gesamteinkommen sinnvolle und im Rahmen des Angemessenen bleibende zusätzliche Versorgung aufgebaut wird.
2. Die geltend gemachte Divergenzrüge muß ebenfalls erfolglos bleiben. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nur dann vor, wenn das Berufungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgerückt ist. Das Darlegungserfordernis verlangt in diesem Zusammenhang, daß in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, daß und inwiefern das Berufungsgericht seine Entscheidung auf einen widersprechenden Rechtssatz gestützt hat. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde zitiert ausführlich die vom Bundesverfassungsgericht und vom Bundesverwaltungsgericht in verschiedenen Entscheidungen entwickelten Grundsätze über die Mitgliedschaft in berufsständischen Versorgungswerken und die bei der Bemessung des Beitrages zu beachtenden bundesrechtlichen Vorgaben, macht aber keinen abweichenden Rechtssatz oder abweichende Rechtssätze ersichtlich, auf denen die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht. Das Berufungsurteil stützt sich ausdrücklich auf die höchstrichterliche Rechtsprechung und enthält keine Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht zumindest sinngemäß durch einen widersprechenden Rechtssatz von den vom Kläger zitierten Entscheidungen abgewichen wäre. In Wahrheit beanstandet der Kläger, das Berufungsgericht habe die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze unrichtig angewandt. Die fehlerhafte Anwendung eines vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Rechtssatzes auf die konkreten Umstände des Einzelfalles erfüllt jedoch nicht die Merkmale einer Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. z.B. Beschluß vom 12. Dezember 1991 – BVerwG 5 B 68.91 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302).
3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 13 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Meyer, Hahn, Groepper
Fundstellen