Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 13.09.2021; Aktenzeichen 2 D 134/20.NE) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2021 ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die die Antragstellerin ihr beimisst.
Rz. 2
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 ≪91≫ und vom 14. Oktober 2019 - 4 B 27.19 - ZfBR 2020, 173 Rn. 4).
Rz. 3
1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob - zumindest bei Veränderungssperren, die dem Ausbau von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien entgegenstehen - maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob eine sicherungsfähige Planung als Voraussetzung der Wirksamkeit einer Veränderungssperre i. S. d. § 14 Abs. 1 BauGB vorliegt, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ist.
Rz. 4
Diese Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie nicht entscheidungserheblich ist.
Rz. 5
Die Voraussetzungen für den wirksamen Erlass einer Veränderungssperre beurteilen sich nach dem materiellen Recht, hier maßgeblich nach § 14 Abs. 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre erlassen. Daher muss die Planung, die die Veränderungssperre sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lassen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Diese Voraussetzung muss bei Erlass der Veränderungssperre vorliegen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 4 C 5.15 - BVerwGE 156, 1 Rn. 19 m. w. N.).
Rz. 6
Der Senat hat in der Vergangenheit - ohne nähere Begründung - angenommen, dass eine Veränderungssperre jedenfalls ex nunc unwirksam werde, sofern die Voraussetzungen für ihren Erlass endgültig entfallen (BVerwG, Beschlüsse vom 10. Oktober 2007 - 4 BN 36.07 - ZfBR 2008, 70 ≪71≫ und vom 5. Juni 2012 - 4 BN 41.11 - UPR 2012, 349 Rn. 11; offengelassen in dem Beschluss vom 31. Mai 2005 - 4 BN 25.05 - ZfBR 2005, 576). Ob an dieser Auffassung trotz der im Schrifttum geäußerten Kritik festzuhalten ist (unter Hinweis auf § 17 Abs. 4 BauGB kritisch etwa Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2021, § 17 BauGB Rn. 62; Breuer, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 17 Rn. 19; Széchényi, in: Jäde/Dirnberger, BauGB, 9. Aufl. 2018, § 17 Rn. 3; Schiller, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 9. Aufl. 2022, Rn. 21.115), bedarf keiner Entscheidung. Denn das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass die Planung auch nach Erlass der Veränderungssperre nicht aufgegeben worden ist (UA S. 21 ff.). An diese Feststellungen ist der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gebunden, § 137 Abs. 2 VwGO.
Rz. 7
2. Die Frage,
ob von einer sicherungsfähigen Planung im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt unter Berücksichtigung des besonderen öffentlichen Interesses am Ausbau der Erneuerbaren Energien nur dann ausgegangen werden kann, wenn diese Planung in dem Zeitraum ab der Beschlussfassung über die Veränderungssperre bis zur gerichtlichen Entscheidung schnellstmöglich (ohne jede objektiv vermeidbare Verzögerung) weiterbetrieben wurde,
führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres verneinen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. August 1999 - 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 ≪270≫).
Rz. 8
Die Veränderungssperre tritt gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Sie tritt gemäß § 17 Abs. 5 BauGB in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung abgeschlossen ist. Fallen die Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre vor Fristablauf weg, ist die Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 4 BauGB außer Kraft zu setzen. § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB zeigt, dass der Gesetzgeber jedenfalls eine Dauer von zwei Jahren für das Planaufstellungsverfahren für angemessen hält. Anhaltspunkte für die Pflicht, das Planaufstellungsverfahren schnellstmöglich zu betreiben, enthält das Gesetz nicht. Auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 - (BVerfGE 157, 30) bietet hierfür keinen Anhaltspunkt.
Rz. 9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.
Fundstellen