Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsperson, Teilnahme einer dienststellenfremden – an Personalversammlung. Personalversammlung, Teilnahme einer dienststellenfremden Auskunftsperson an –
Leitsatz (amtlich)
Der Personalrat ist berechtigt, zu seiner Unterstützung bei der Unterrichtung der Beschäftigten über Themen, die gemäß § 49 Abs. 2, § 51 Satz 2 BPersVG Gegenstand der Beratung der Personalversammlung sind, für die Dauer der Erörterung des Themas eine dienststellenfremde Auskunftsperson zur Personalversammlung hinzuzuziehen, die sich sachkundig zu dem Thema äußert und ergänzende Fragen beantwortet (Modifizierung von BVerwGE 49, 259).
Normenkette
BPersVG § 48 Abs. 1, § 49 Abs. 2, §§ 51-52
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 18.03.1982; Aktenzeichen CB 6/81) |
VG Gelsenkirchen (Beschluss vom 22.05.1981; Aktenzeichen PVB 1/80) |
Tenor
Der Beschluß des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 22. Mai 1981 und der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 18. März 1982 werden geändert.
Es wird festgestellt, daß der Antragsteller berechtigt ist, zu seiner Unterstützung bei der Unterrichtung der Beschäftigten über Themen, die gemäß § 49 Abs. 2, § 51 Satz 2 BPersVG Gegenstand der Beratung der Personalversammlung sind, für die Dauer der Erörterung des Themas eine dienststellenfremde Auskunftsperson zur Personalversammlung hinzuzuziehen, die sich sachkundig zu dem Thema äußert und ergänzende Fragen beantwortet.
Tatbestand
I.
Der Personalrat bei der Standortverwaltung U., der Antragsteller, beabsichtigte, im Juni 1980 eine Personalversammlung der Beschäftigten der Standortverwaltung U. durchzuführen, auf der unter anderem die bei der Wehrbereichsverwaltung III tätige Obermedizinalrätin Dr. W. einen Vortrag zum Thema „Die Sozialmedizin im Bereich des Bundesministers der Verteidigung” halten sollte. Seine Bitte, Frau Dr. W. die Teilnahme an der Personalversammlung zu gestatten, lehnte der Präsident der Wehrbereichsverwaltung III, der Beteiligte zu 2), mit der Begründung ab, § 48 Abs. 1 BPersVG schließe die Anwesenheit von Mitarbeitern seiner Behörde in der Personalversammlung der Beschäftigten der Standortverwaltung U. aus. Die Personalversammlung wurde daraufhin zunächst verschoben und später ohne die Teilnahme von Frau Dr. W. durchgeführt.
Der Antragsteller leitete das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren ein und beantragte sinngemäß,
festzustellen, daß der Antragsteller berechtigt ist, zu seiner Unterstützung bei der Unterrichtung der Beschäftigten über Themen, die gemäß § 49 Abs. 2, § 51 Satz 2 BPersVG Gegenstand der Beratung der Personalversammlung sind, für die Dauer der Erörterung des Themas eine dienststellenfremde Auskunftsperson zur Personalversammlung hinzuzuziehen, die sich sachkundig zu dem Thema äußert und ergänzende Fragen beantwortet.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers blieb ohne Erfolg, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei die Teilnahme von Sachverständigen und Auskunftspersonen mit dem Wesen und der Aufgabenstellung einer Personalversammlung nicht zu vereinbaren. Sie verbiete sich schon deswegen, weil die §§ 48, 52 BPersVG den Kreis der zur Teilnahme an einer Personalversammlung berechtigten Personen abschließend bezeichne. Die Personalversammlung diene überdies lediglich der Verschaffung von Informationen und dem Erfahrungsaustausch; Entscheidungsbefugnisse habe sie nicht und bedürfe deswegen nicht der Beratung durch Sachverständige oder Auskunftspersonen. Es sei vielmehr Sache des Personalrats, sich die erforderlichen Informationen zu verschaffen und sie an die Beschäftigten weiterzugeben. Andernfalls hätte es der gesetzlichen Regelung bedurft, welches Organ der Personalvertretung über die Hinzuziehung von Sachverständigen oder Auskunftspersonen zu entscheiden habe und wer die durch deren Zuziehung entstehenden Kosten zu tragen habe. Eine derartige Regelung sei trotz entsprechender Vorschläge während des Gesetzgebungsverfahrens nicht getroffen worden. Daraus sei zu schließen, daß sie bewußt unterblieben sei.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er ist der Auffassung, die §§ 48, 52 BPersVG ständen der Hinzuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen zu Personalversammlungen nicht zwingend entgegen. Auch der Umstand, daß es im Bundespersonalvertretungsgesetz an einer Regelung darüber fehle, wer über die Zuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen zu einer Personalversammlung zu entscheiden habe, schließe die Hinzuziehung selbst nicht aus. Die Personalversammlung werde vom Personalrat einberufen und von dessen Vorsitzendem geleitet. Daraus sei ersichtlich, daß Sachverständige oder Auskunftspersonen als Gäste des Personalrats an der Personalversammlung teilnähmen. Die daraus entstehenden Kosten seien Kosten des Personalrats, die die Dienststelle im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zu tragen habe.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 22. Mai 1981 und den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 18. März 1982 zu ändern und festzustellen, daß der Antragsteller berechtigt ist, zu seiner Unterstützung bei der Unterrichtung der Beschäftigten über Themen, die gemäß § 49 Abs. 2, § 51 Satz 2 BPersVG Gegenstand der Beratung der Personalversammlung sind, für die Dauer der Erörterung des Themas eine dienststellenfremde Auskunftsperson zur Personalversammlung hinzuzuziehen, die sich sachkundig zu dem Thema äußert und ergänzende Fragen beantwortet.
Der Leiter der Standortverwaltung U., der Beteiligte zu 1), und der Beteiligte zu 2) treten der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigen den angefochtenen Beschluß.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers fort, obwohl die ursprünglich für den Monat Juni 1980 vorgesehene Personalversammlung inzwischen – ohne die Hinzuziehung eines dienststellenfremden Referenten – durchgeführt worden ist. Denn die Streitfrage, ob die Hinzuziehung einer Auskunftsperson zu einer Personalversammlung mit den Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes unvereinbar ist, bedarf, wie die Vorinstanzen unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 24. Oktober 1975 – BVerwG 7 P 11.73 – ≪BVerwGE 49, 259≫) angenommen haben, nach wie vor der Behandlung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren, weil sie sich jederzeit wieder in einem konkreten Fall stellen kann.
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Der Antragsteller war im Jahre 1980 und ist weiterhin berechtigt, zu seiner Unterstützung bei der Unterrichtung der Beschäftigten der Dienststelle über Themen, die gemäß § 49 Abs. 2, § 51 Satz 2 BPersVG Gegenstand der Beratung einer Personalversammlung sind, für die Dauer der Erörterung des Themas eine dienststellenfremde Auskunftsperson hinzuziehen, die sich sachkundig zu dem Thema äußert und ergänzende Fragen beantwortet. Insoweit modifiziert der nunmehr für Personalvertretungssachen allein zuständige erkennende Senat die Rechtsprechung des früher zuständig gewesenen 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 24. Oktober 1975 – BVerwG 7 B 11.73 – ≪a.a.O.≫).
Schon in dem angeführten Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts ist dargelegt, daß dienststellenfremde Personen, welche während der Erörterung eines einzelnen Besprechungspunktes, also zeitlich begrenzt, in der Personalversammlung anwesend sind, um zu dem Besprechungspunkt sachkundige Auskünfte zu geben, nicht im Rechtssinne an der Personalversammlung teilnehmen. Ihre Anwesenheit verstößt deswegen nicht gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit von Personalversammlungen (§ 48 Abs. 1 Satz 3 BPersVG).
Daraus folgt jedoch nicht ohne weiteres, daß die Anwesenheit solcher Personen in einer Personalversammlung statthaft ist. Vielmehr ist dies auf der Grundlage der Gesamtheit der Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes, welche die Personalversammlung betreffen, sowie anhand des Zweckes und der Aufgabe derartiger Versammlungen zu beurteilen.
Wie ebenfalls schon im Beschluß vom 24. Oktober 1975 – BVerwG 7 P 11.73 – (a.a.O. S. 268 f.) ausgeführt worden ist, haben Personalversammlungen fast ausschließlich den Zweck, die Beschäftigten der Dienststelle über die Arbeit des in der Dienststelle gebildeten Personalrats zu unterrichten, ihnen darüber hinaus weitere mit ihrem Beschäftigungsverhältnis oder der Dienststelle zusammenhängende Informationen zu verschaffen und ihnen Gelegenheit zu Aussprache und Erfahrungsaustausch zu geben. Nach ihrem Zweck und ihrer rechtlichen Ausgestaltung hat die Personalversammlung mithin den Charakter eines dienststelleninternen Ausspracheforums. Im Interesse der Offenheit und Sachlichkeit des Gedankenaustausches unter den Beschäftigten sind deswegen nicht nur dienststellenfremde, insbesondere politische Einflußnahmen von ihr fernzuhalten, sondern ist sie auch unter Ausschluß der Öffentlichkeit durchzuführen (vgl. zu den entsprechenden Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes über Betriebsversammlungen: SAG, Beschlüsse vom 13. September 1977 – 1 ABR 67/75 – ≪BAG 29, 281 = AP Nr. 1 zu § 42 BetrVG 1972≫ und vom 28. November 1978 – 6 ABR 101/77 – ≪AP Nr. 2 zu § 42 BetrVG 1972≫). Entscheidungsbefugnisse haben die in der Personalversammlung zusammengefaßten Beschäftigten (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BPersVG) nicht. Auf die Meinungsbildung und die Arbeit des Personalrats als des eigentlichen und allein entscheidungsbefugten personalvertretungsrechtlichen Organs können sie nur durch Anregungen indirekten Einfluß nehmen.
Hiervon ausgehend hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in dem bereits mehrfach erwähnten Beschluß vom 24. Oktober 1975 – BVerwG 7 P 11.73 – (a.a.O. S. 268 f.) geprüft, ob ein tatsächlicher Anlaß und eine rechtliche Grundlage dafür gegeben ist, daß Dienststellenfremde als Sachverständige oder Auskunftspersonen zeitweise in der Personalversammlung anwesend sind. Beides hat er in erster Linie mit der Begründung verneint, für die zeitlich begrenzte und sachlich beschränkte Anwesenheit derartiger Personen, deren Aufgabe nur darin bestehen könne, sachkundige Hilfe bei der Vorbereitung von Entscheidungen zu leisten, sei in der Personalversammlung kein Raum, weil diese Versammlung Sachentscheidungen weder zu treffen noch auch nur vorzubereiten habe. Die Befugnis des Personalrats, sich der Hilfe von Sachverständigen zu bedienen, lasse sich wegen der andersartigen personalvertretungsrechtlichen Stellung der Personalversammlung nicht auf diese übertragen.
Dem pflichtet der Senat bei, soweit es die Anwesenheit von Sachverständigen in Personalversammlungen anbelangt. Aufgabe des Sachverständigen ist es, Personen oder Gremien, die berufen sind, Entscheidungen vorzubereiten oder zu treffen, welche eine bei dem Entscheidungsbefugten nicht in jeder Hinsicht ausreichend vorhandene Sachkunde voraussetzen, diese Sachkunde durch die Erstattung eines mündlichen oder schriftlichen Gutachtens zu vermitteln. Für eine solche Sachverständigentätigkeit bietet die Personalversammlung angesichts der ihr fehlenden Entscheidungsbefugnis keinen Raum. Deswegen ist dem Grundsatz, daß Personalversammlungen dienststellenintern, d.h. unter den Beschäftigten der Dienststelle und den nach § 52 BPersVG zur Teilnahme Berechtigten und Verpflichteten, durchzuführen sind, der Vorrang vor dem möglichen Wunsch des Personalrats, einzelner Beschäftigter oder eines Angehörigen des in § 52 BPersVG bezeichneten Personenkreises einzuräumen, in der Personalversammlung von einem Sachverständigen ein mündliches Gutachten erstatten zu lassen.
Für die Hinzuziehung einer Auskunftsperson zu einer Personalversammlung gilt dann Gleiches, wenn die von dieser Person zu erteilenden Auskünfte nur im Rahmen der Vorbereitung von Entscheidungen Bedeutung haben können. Davon ist der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluß vom 24. Oktober 1975 – BVerwG 7 P 11.73 – (a.a.O. S. 268 f.) – mit Ausnahme eines lediglich angedeuteten Vorbehalts, der die Hinzuziehung von Auskunftspersonen zur Unterstützung des Personalrats in der Personalversammlung betrifft – ausgegangen und hat deswegen nicht zwischen Sachverständigen und Auskunftspersonen unterschieden. Beide Personengruppen lassen sich jedoch von ihrem Auftrag her nicht ohne weiteres gleichsetzen. Im Gegensatz zu der fachlichen Äußerung eines Sachverständigen hat das Einholen von Auskünften nicht nur und nicht einmal vorrangig im Vorfeld von Entscheidungen oder im Zusammenhang mit deren Vorbereitung Bedeutung, sondern geschieht vornehmlich aus einem allgemeinen, (noch) nicht zweckgerichteten Sachinteresse des Auskunftsuchenden. Der Begriff „Auskunftsperson” bezeichnet mithin in der Regel jemanden, der seine speziellen Tatsachenkenntnisse oder sein besonderes Fachwissen anderen auf deren Wunsch vermittelt, um ihren Kenntnis- und Wissensstand zu verbessern, ohne daß ein Zusammenhang mit Entscheidungen bestehen muß, die der Auskunftsuchende vorzubereiten oder zu treffen hat.
Der Hinzuziehung einer solchen Auskunftsperson, die nicht selbst der Dienststelle angehört, zu einer Personalversammlung mit der Absicht, die Versammlungsteilnehmer durch sie in ein bestimmtes Wissensgebiet einführen oder ihre Kenntnisse auf diesem Gebiet vertiefen zu lassen, steht die Tatsache, daß die Personalversammlung keine Entscheidungen zu treffen hat, mithin nicht entgegen. Sie scheitert auch nicht daran, daß § 48 Abs. 1 Satz 1, § 52 BPersVG den Kreis der zur Teilnahme an der Personalversammlung befugten und verpflichteten Personen abschließend festlegen; eine Auskunftsperson, die zeitweise zu einer Personalversammlung hinzugezogen wird, um sich zu einem bestimmten, von der Versammlung erörterten Thema sachkundig zu äußern, nimmt – wie dargelegt – nicht im Rechtssinne an der Personalversammlung teil.
Allerdings sind der Hinzuziehung von Auskunftspersonen zu Personalversammlungen sachliche Schranken gesetzt. Sie ergeben sich aus Sinn und Auftrag der Personalvertretung insgesamt, vor allem aber aus der Funktion der Personalversammlung als eines dienststelleninternen Ausspracheforums. Dazu im einzelnen:
Auftrag aller Organe der Personalvertretung ist es, unter Beachtung der Aufgaben und Belange der Dienststelle die Rechte und das Wohl der Beschäftigten der Dienststelle mit den ihnen vom Personalvertretungsrecht zur Verfügung gestellten Mitteln auf den dort vorgesehenen Verfahrenswegen zu wahren und zu fördern. Dieser Auftrag beschränkt sich räumlich auf die Dienststelle, bei der die Personalvertretung gebildet ist – bei Stufenvertretungen und Gesamtpersonalräten auf die Dienststellen der jeweiligen Stufe oder die Dienststellenteile –, personell auf die Beschäftigten dieser Dienststelle (Dienststellen) und sachlich auf die Gegenstände, welche diese Beschäftigten in ihrer Gesamtheit oder einzelne von ihnen in ihrer Stellung als Beschäftigte allgemein oder innerhalb der Dienststelle oder die die Dienststelle betreffen (§ 51 Satz 2 BPersVG). Dementsprechend ist der Personalrat und sind die sonstigen Organe der Personalvertretung den Beschäftigten der Dienststelle gegenüber auch nur in diesem Rahmen zur Information und Beratung verpflichtet. Darüber hinaus haben sie weder einen Bildungsauftrag zu erfüllen noch etwa ein allgemein politisches oder verbandspolitisches Mandat wahrzunehmen. Diese Schranken ihres Auftrages sind von allen Organen der Personalvertretung, insbesondere aber von der Personalversammlung, zu beachten, die andernfalls ihren rechtlichen und tatsächlichen Charakter als dienststelleninternes Ausspracheforum verlieren würde. In der Personalversammlung dürfen daher nur Angelegenheiten behandelt werden, die die Dienststelle oder ihre Beschäftigten unmittelbar betreffen (§ 51 Satz 2 BPersVG). Das schließt die Erörterung etwa von Themen allgemein politischen oder verbandspolitischen Inhalts ebenso aus wie die Befriedigung von Informationsbedürfnissen, die weder die Dienststelle noch deren Beschäftigte in ihrer Stellung als Beschäftigte berühren. Überschreitet die Personalversammlung diese sachlichen Grenzen ihrer Aufgabe, so ist die Hinzuziehung von Auskunftspersonen mit dem Ziel, vertiefte Informationen in Sachzusammenhängen zu erhalten, die nicht Gegenstand der Beratung der Personalversammlung sein dürfen, unzulässig.
Innerhalb dieser Grenzen ist der Personalrat befugt, dienststellenfremde Auskunftspersonen zur Erörterung einzelner Beratungsgegenstände zur Personalversammlung hinzuzuziehen, um sich zur sachgerechten Erfüllung des Unterrichtungsverlangens der Versammlung oder zu einer ihm selbst mangels ausreichender Sachkunde nicht möglichen Verdeutlichung von Informationen, die er von sich aus für erforderlich hält, ihres besonderen Wissens zu bedienen. Diese Voraussetzungen sind nur erfüllt, wenn weder der Vorsitzende des Personalrats, der die Personalversammlung leitet (§ 48 Abs. 1 Satz 2 BPersVG), noch ein anderer Teilnehmer an der Personalversammlung imstande ist, die zur sachgerechten Erörterung des Beratungsgegenstandes erforderlichen Informationen zu geben. Denn auch innerhalb der aufgezeigten Grenzen hat der interne Charakter der Personalversammlung den Vorrang vor einem den Rahmen des Erforderlichen überschreitenden Informations- oder Unterrichtungsbedürfnis der Gesamtheit ihrer Teilnehmer oder einzelner von ihnen. Eine dienststellenfremde Auskunftsperson darf mithin zur Erörterung von Angelegenheiten im Sinne des § 51 Satz 2 BPersVG nur hinzugezogen werden, wenn die Unterrichtung der Teilnehmer der Personalversammlung und deren Beratung des jeweiligen Gegenstandes mangels hinreichender Sach- und Fachkenntnisse andernfalls nicht zu einem sinnvollen Ergebnis führen könnte. Nur in einem solchen Fall ist der sachgerechten Beratung der Personalversammlung der Vorrang vor ihrem dienststelleninternen Charakter einzuräumen. Der Auffassung des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts, unter den dargestellten Umständen habe sich der Personalrat die entsprechenden Kenntnisse zu verschaffen und sie an die Beschäftigten weiterzugeben, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.
Dem zuvor Gesagten steht nicht entgegen, daß das Bundespersonalvertretungsgesetz hierzu keine Regelung enthält, insbesondere nichts darüber aussagt, welches personalvertretungsrechtliche Organ über die Hinzuziehung einer Auskunftsperson zur Personalversammlung zu entscheiden hat. Dabei kann dahinstehen, ob diese Frage Gegenstand der parlamentarischen Erörterung des Entwurfs eines Bundespersonalvertretungsgesetzes war. Jedenfalls kann aus der Tatsache, daß die Vorschläge, die der Deutsche Gewerkschaftsbund hierzu im Zusammenhang mit dem in der 6. Wahlperiode des Deutschen Bundestages von der Bundesregierung eingebrachten, durch das vorzeitige Ende dieser Wahlperiode erledigten Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes (BRDrucks. 306/72) unterbreitet hat, in der Beratung des in der 7. Wahlperiode von den Fraktionen der SPD und der FDP eingebrachten neuen Entwurfs eines Bundespersonalvertretungsgesetzes (BTDrucks. 7/176) im Zusammenhang mit den Bestimmungen über die Personalversammlung nicht berücksichtigt worden sind, nach Auffassung des Senats nicht geschlossen werden, daß der Gesetzgeber insoweit „beredt” geschwiegen hat, um die Hinzuziehung von Auskunftspersonen zu Personalversammlungen auszuschließen. Zwar ist dem 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts darin beizupflichten, daß die Personalversammlung nach der bestehenden Rechtslage nicht selbst Auskunftspersonen zu ihren Beratungen hinzuziehen darf, um sich Informationen zu beschaffen. Damit fehlt es jedoch nicht an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage für deren Hinzuziehung überhaupt.
Die Personalversammlung ist in dem hier zu betrachtenden Zusammenhang ein „unselbständiges” personalvertretungsrechtliches Organ. Sie kann sich weder selbst konstituieren noch ihre Beratungsgegenstände bestimmen. Sowohl die Einberufung der Personalversammlung als auch die Festlegung ihrer Tagesordnung obliegen dem Personalrat (§ 49 Abs. 2 BPersVG), der sich als das verantwortlich handelnde personalvertretungsrechtliche Organ nicht auf diese technischen Vorbereitungen beschränken darf, sondern dafür Sorge zu tragen hat, daß die – von seinem Vorsitzenden zu leitende – Personalversammlung ihrer Aufgabe, den Teilnehmern Informationen zu verschaffen und ein Forum zur Aussprache und zum Erfahrungsaustausch zu bieten, gerecht wird. Das erfordert neben der organisatorischen auch die sachliche Vorbereitung dieser Versammlung. Sie wird in der Regel darin bestehen, daß der Vorsitzende des Personalrats die für eine sachgerechte Beratung der einzelnen Tagesordnungspunkte notwendigen Informationen einholt und sich damit in den Stand setzt, die Versammlung in die Beratung einzuführen und die anschließenden Erörterungen sachkundig zu leiten. Kann er sich die dazu erforderlichen Fachkenntnisse hinsichtlich eines einzelnen Beratungsgegenstandes nicht in ausreichendem Maße verschaffen und ist auch kein anderer Teilnehmer der Personalversammlung imstande, die Versammlung sachgerecht und objektiv in die Beratung einzuführen, dann gehört es zur Vorbereitung der Versammlung durch den Personalrat, eine Auskunftsperson bereitzustellen, die seinen Vorsitzenden bei der Erörterung dieses Beratungsgegenstandes sachkundig und objektiv unterstützt. Die Auswahl und Hinzuziehung dieser Person obliegt mithin dem Personalrat im Rahmen des § 49 Abs. 2 BPersVG, ihre Einführung in die Personalversammlung und die Leitung ihrer Befragung dem Vorsitzenden des Personalrats gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 BPersVG. Denn der Personalrat und dessen Vorsitzender „bedienen sich” der Auskunftsperson zur Erfüllung der ihnen im Zusammenhang mit der Personalversammlung gestellten Aufgaben.
Die vom Personalrat veranlaßte, zeitlich und gegenständlich auf die Erörterung eines einzelnen Tagesordnungspunktes beschränkte Hinzuziehung einer dienststellenfremden Auskunftsperson zu einer Personalversammlung ist nach alledem beim Vorliegen der dargelegten Voraussetzungen in den bezeichneten sachlichen Grenzen zulässig. Ob die ausgewählte Person überhaupt oder zu dem vorgesehenen Zeitpunkt zur Verfügung steht, ist keine Frage des Personalvertretungsrechts, sondern beurteilt sich nach den für sie maßgebenden dienst- oder arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Jedenfalls bindet die Hinzuziehung den Dienstherrn oder Arbeitgeber der Auskunftsperson nicht.
Die im Zusammenhang mit der Hinzuziehung einer solchen Person zu einer Personalversammlung möglicherweise auftretenden Fragen, ob und inwieweit ihr zur Vorbereitung ihrer Auskunft oder im Rahmen ihrer Befragung durch die Teilnehmer der Personalversammlung Einblick in dienststelleninterne Vorgänge gewährt werden darf (vgl. dazu Ilbertz, PersV 1976, 45) und aus welchen Mitteln Kosten zu bestreiten sind, die durch die Hinzuziehung einer Auskunftsperson entstehen, stellen sich im vorliegenden Verfahren nicht und brauchen deswegen nicht entschieden zu werden.
Unterschriften
Prof. Dr. Gützkow, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert
Fundstellen
Haufe-Index 1476587 |
BVerwGE, 69 |