Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtöffentlichkeit einer Personalversammlung. Pesonalrat, Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens eines – im Zusammenhang mit einer Personalversammlung. Dienststellenleiter, Befugnis des – zur Beantragung der Feststellung rechtwidrigen Verhaltens des Personalrats. Rechtsschutzbedürfnis für Feststellungsantrag bei Wiederholungsgefahr
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Dienststellenleiter ist berechtigt, im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren die Feststellung zu beantragen, daß der Personalrat nicht befugt war, bestimmte dienststellenfremde Personen (hier: Landtagsabgeordnete verschiedener politischer Parteien) zu einer Personalversammlung der Dienststelle als „Auskunftspersonen” hinzuziehen.
2. Das Gebot der Nichtöffentlichkeit von Personalversammlungen ist verletzt, wenn der Personalrat – zumal in Wahlkampfzeiten – Landtagsabgeordnete verschiedener politischer Parteien zur Behandlung besoldungs- und sozialpolitischer Fragen hinzuzieht, ohne gleichzeitig sicherzustellen, daß durch die Themenstellung sowie die konkrete Organisation der Befragung eine ausschließlich sachbezogene Information der Beschäftigten aus aktuellem, gewichtigem Anlaß und zu sie konkret und erheblich betreffenden Fragen gewährleistet, insbesondere jegliche parteipolitische Darstellung und Auseinandersetzung vermieden wird.
Normenkette
BWLPVG § 28 Abs. 1 S. 1, § 45 Abs. 2, § 49 Abs. 1 S. 3, § 51 Abs. 1, §§ 53, 86 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 19. Januar 1993 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob der beteiligte Personalrat befugt war, zu der am 2. Oktober 1991 abgehaltenen Personalversammlung bei der Polizeidirektion Heidelberg je einen Sachkundigen von den Fraktionen aller im Landtag vertretenen politischen Parteien zu benennenden Landtagsabgeordneten hinzuzuziehen. Gemäß einem Beschluß des Personalrats vom 18. September 1991 sollte sein Vorsitzender in dieser Versammlung zunächst von 9.00 Uhr bis 9.45 Uhr seinen Tätigkeitsbericht abgeben. Ab 10.00 Uhr sollten die von den Fraktionen benannten und daraufhin zur Personalversammlung eingeladenen Landtagsabgeordneten als sachverständige Auskunftspersonen zu folgenden Themen Stellung nehmen:
- Funktionsgerechte Bewertung des Polizeiberufes und der Tarifbeschäftigten in der Polizei gemäß § 18 BBG sowie der Tarifbestimmungen unter besonderer Beachtung des „Kienbaum-Gutachtens” des Landes Nordrhein-Westfalen und der sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Landespolitik sowie
- die soziale Lage der Beschäftigten der Polizei im Lande Baden-Württemberg.
An der Personalversammlung nahmen daraufhin ab 10.00 Uhr je ein Landtagsabgeordneter der SPD, der FDP und der Grünen teil. Der antragstellende Dienststellenleiter hatte mit Schreiben vom 30. September 1991 rechtliche Bedenken gegen die Teilnahme von Landtagsabgeordneten in der Personalversammlung erhoben.
Am 1. Oktober 1991 hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht angerufen. Er hat zuletzt die Feststellung beantragt, daß die Hinzuziehung von Landtagsabgeordneten zur Personalversammlung vom 2. Oktober 1991 durch den Beteiligten rechtswidrig gewesen sei. Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht durch Beschluß vom 4. Dezember 1991 entsprochen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beteiligte nicht befugt war, Landtagsabgeordnete zu der am 2. Oktober 1991 durchgeführten Personalversammlung hinzuzuziehen. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt:
Der Antragsteller als Dienststellenleiter sei antragsbefugt. Er sei durch die begehrte Entscheidung unmittelbar in seiner personalvertretungsrechtlichen Stellung betroffen. Er sei Partner des bei seiner Dienststelle gebildeten Personalrates, zu dem er mit gesetzlich geregelten Rechten und Pflichten in unmittelbarer Beziehung stehe. Er habe den für die Personalversammlung erforderlichen Raum zur Verfügung zu stellen. Das Hausrecht in diesem Raum stehe für Zwecke der Personalversammlung dem Personalrat zu. Der Dienststellenleiter sei nicht befugt, solchen Personen den Zutritt zu der Personalversammlung zu verwehren, die personalvertretungsrechtlich zum Zutritt berechtigt seien. Seine personalvertretungsrechtliche Stellung werde durch die hier zu beurteilende Rechtsfrage berührt, ob vom Personalrat zur Personalversammlung zugezogene Personen zu dem personalvertretungsrechtlich zur Teilnahme berechtigten Personenkreis gehörten. Der Antragsteller habe jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten Feststellung. Das Rechtsschutzinteresse an einer Feststellung, die sich auf einen konkreten, aber – wie hier – erledigten Streitfall beziehe, sei durchweg zu bejahen, wenn die Möglichkeit der Wiederholung gegeben sei. Konkrete Anhaltspunkte für den in naher Zukunft zu erwartenden Eintritt einer gleichen oder ähnlichen Fallgestaltung müßten nicht vorliegen. Der Antragsteller habe sein Recht auf eine Sachentscheidung nicht verwirkt. Sein Rechtsschutzinteresse sei nicht dadurch in Frage gestellt, daß er nach der Behauptung des Beteiligten den Feststellungsantrag nicht aus eigenem Antrieb gestellt bzw. aufrechterhalten habe, sondern auf Weisung seiner vorgesetzten Stelle.
Der Antrag sei begründet. Die Hinzuziehung von Landtagsabgeordneten habe gegen § 49 Abs. 1 Satz 3 BWLPVG verstoßen, wonach die Personalversammlung nicht öffentlich sei. Abgeordnete, die vom Personalrat in ihrer Eigenschaft als Mitglieder eines Gesetzgebungsorgans eingeladen würden, erfüllten in der Regel nicht die engen Voraussetzungen, unter denen dienststellenfremde Personen als Auskunftspersonen zur Personalversammlung zugezogen werden dürften. Hier seien Abgeordnete während der Zeit des seinerzeit geführten Landtagswahlkampfes eingeladen worden, um zu allgemeinen, insbesondere besoldungs-, tarif- und laufbahnrechtlichen, sowie zu sonstigen sozialen Fragen der Vollzugspolizei des Landes und deren Behandlung in der Landespolitik Stellung zu nehmen. Dadurch, daß Abgeordnete zur Behandlung dieser Themen hinzugezogen worden seien, sei der für die Zuständigkeit der Personalversammlung rechtlich gesetzte Rahmen überschritten worden. Der Personalversammlung sei bei der Behandlung von Tarif-, Besoldungs- und Sozialangelegenheiten ein verhältnismäßig weiter Spielraum eingeräumt. Es müsse in jedem Falle aber berücksichtigt werden, daß die Personalversammlung ihren Charakter als dienststelleninternes Ausspracheforum zu wahren habe. Dem Gebot der Unterlassung parteipolitischer Betätigung in der Dienststelle müsse Rechnung getragen werden. Es dürfe kein Raum geschaffen werden für ein politisches Betätigen über den Bereich der Dienststelle hinweg, und zwar weder in der Form, daß die Personalversammlung insoweit der Vorbereitung eines politischen Wirkens der Personalvertretung nach außen diene, noch in der Form, daß Außenstehende, insbesondere Parteivertreter, die Gelegenheit erhielten, in der Personalversammlung auf die politische Haltung der Beschäftigten einzuwirken. Es sei personalvertretungsrechtlich nicht zugelassen, daß mehrere Abgeordnete verschiedener Parteien zu der Personalversammlung hinzugezogen würden, um dort Tarif-, Besoldungs- oder Sozialangelegenheiten der Beschäftigten im Hinblick auf die Gesetzgebungsarbeit der Fraktionen im Landtag zu erörtern. Der Beteiligte habe durch sein Verhalten selbst gezeigt, daß er die Bedeutung der Anwesenheit von Landtagsabgeordneten in der Personalversammlung nicht allein in der Aufgabe gesehen habe, ihren Wissensstand sachkundig wiederzugeben und ergänzende Fragen zu beantworten; vielmehr habe er die zu erwartenden Äußerungen und Fragen als Teil politischen Wirkens in den Blick genommen. Ab dem Zeitpunkt der Anwesenheit der Landtagsabgeordneten habe die eigentliche Personalversammlung ihren dienststellenbezogenen Charakter einbüßen und den Charakter einer Veranstaltung mit parteipolitischer Betätigung annehmen müssen.
Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Rechtsbeschwerde des beteiligten Personalrats. Er macht im wesentlichen geltend:
Der Antragsteller sei nicht antragsbefugt. Er habe kein Überwachungsrecht in Fragen der Geschäftsführung des Personalrats. Dessen Hausrecht in dem für die Personalversammlung gemieteten Raum sei nicht eingeschränkt. Der Antragsteller habe auch kein Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten Feststellung. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Die vom Antragsteller begehrte Entscheidung sei nicht präjudiziell für sämtliche denkbaren Fälle zukünftiger Ladungen von Landtagsabgeordneten zu Personalversammlungen. Einen von der konkreten Maßnahme losgelösten Antrag habe der Antragsteller nicht gestellt. Die Hinzuziehung dienststellenfremder Personen als sachkundige Auskunftspersonen verstoße nicht gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit. Die Hinzuziehung von Abgeordneten könne auch nicht generell als Verstoß gegen das Verbot parteipolitischer Betätigung angesehen werden.
Der Beteiligte beantragt, den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. Januar 1993 aufzuheben und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. Dezember 1991 dahin gehend zu ändern, daß der Antrag des Antragstellers abgewiesen wird.
Der Antragsteller beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt den angegriffenen Beschluß. Er macht im wesentlichen geltend, es bestehe die Gefahr, daß bei weiteren Personalversammlungen erneut Abgeordnete eingeladen würden. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe auch unter dem Aspekt des Rehabilitationsinteresses. Das Ansinnen des Dienststellenleiters, die Teilnahme von Abgeordneten an der Personalversammlung zu verhindern, sei in der Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei als „Fehlschlag der Unverbesserlichen” bezeichnet worden. Der Personalrat bei der Polizeidirektion Heidelberg habe in der Broschüre „Der Personalrat informiert” vom November 1991 ausgeführt, der Versuch des Innenministeriums, den Ablauf der Personalversammlung durch gerichtlichen Beschluß verbieten zu lassen, sei fehlgeschlagen; dieser Versuch, den Politikern einen Maulkorb umzuhängen, sei politisch mehr als unklug gewesen.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren. Er vertritt mit dem Beschwerdegericht die Auffassung, daß durch die Hinzuziehung von Landtagsabgeordneten gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit von Personalversammlungen verstoßen worden ist.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Beschwerdegericht hat – in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht – ohne Rechtsverstoß den Feststellungsantrag des Antragstellers für zulässig und begründet gehalten.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war der Antragsteller als Dienststellenleiter berechtigt, die Feststellung zu beantragen, daß der Beteiligte, der Personalrat der Polizeidirektion H., nicht befugt war, Landtagsabgeordnete zu der am 2. Oktober 1991 durchgeführten Personalversammlung hinzuzuziehen. Das Beschwerdegericht hat mit Recht angenommen, daß der Antragsteller damit eine Frage der Tätigkeit und Geschäftsführung des Personalrats im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 3 BWLPVG zur Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahren gestellt hat. Damit ist aber – quasi spiegelbildlich – untrennbar die Frage der Betroffenheit des Antragstellers als Dienststellenleiter in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsstellung verknüpft. Er hatte als Dienststellenleiter in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 BWLPVG den für die Personalversammlung benötigten Raum zur Verfügung zu stellen, den zur Teilnahme berechtigten Personen den Zutritt zu ermöglichen und den Dienstkräften Dienstbefreiung und gegebenenfalls Fahrkosten zur Teilnahme an der Personalversammlung zu gewähren (§ 51 Abs. 1 BWLPVG). Meinungsverschiedenheiten mit dem Personalrat darüber, ob eine Veranstaltung nach ihrer Tagesordnung überhaupt eine Personalversammlung ist oder ob jedenfalls die dazu hinzugezogenen Personen zum zulässigen Teilnehmerkreis gehören, müssen im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren geklärt werden. Der Antragsteller als Dienststellenleiter war nicht etwa darauf verwiesen, im Falle einer gesetzwidrigen Gestaltung der Personalversammlung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 BWLPVG den Ausschluß der dafür verantwortlichen Personalratsmitglieder aus dem Personalrat oder die Auflösung des Personalrats wegen grober Pflichtverletzung zu beantragen.
2. Der Antragsteller hatte und hat auch weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm beantragte Feststellung. Allerdings ist die Personalversammlung vom 2. Oktober 1991, bei der sich der Beteiligte nach Meinung des Antragstellers rechtswidrig verhalten hat, ein abgeschlossener, nicht rückgängig zu machender Vorgang. Nach der Rechtsprechung des Senats kann aber jedenfalls bei einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme eines Dienststellenleiters, die sich durch Vollzug in der Weise erledigt hat, daß sie sich nicht mehr rückgängig machen läßt, eine vom strittigen Vorgang losgelöste Feststellung zur dahinterstehenden Rechtsfrage ergehen. Dies setzt grundsätzlich einen entsprechenden Antrag voraus, der spätestens in der letzten Tatsacheninstanz gestellt werden muß (vgl. Beschlüsse vom 3. Februar 1993 – BVerwG 6 P 28.91 – BVerwGE 92, 47, 49 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 84 und vom 2. Juni 1993 – BVerwG 6 P 3.92 – Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 61).
Diese Grundsätze müssen auch für den vorliegenden Fall der vom Dienststellenleiter erstrebten Feststellung eines rechtswidrigen Verhaltens des Personalrats bei einer durchgeführten Personalversammlung gelten. Die Vorinstanzen hätten deshalb darauf hinwirken sollen, daß der Antragsteller sein Feststellungsbegehren mit einem Antrag verfolgt, der sich auf die hinter der Beanstandung des Verhaltens des Personalrats im Zusammenhang mit der Personalversammlung vom 2. Oktober 1991 stehende (abstrakte) Rechtsfrage bezog. Diese ging nach dem angefochtenen Beschluß etwa dahin, ob es zulässig ist, Landtagsabgeordnete als Vertreter ihrer Parteien zu Personalversammlungen hinzuzuziehen, „um dort Tarif-, Besoldungs- oder Sozialangelegenheiten der Beschäftigten, zumal im Hinblick auf die Gesetzgebungsarbeit der Fraktionen im Landtag, zu erörtern” (S. 11 bis 12 des Beschlußabdrucks).
Im Ergebnis ist es jedoch rechtlich nicht zu beanstanden, daß der Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß die Personalversammlung vom 2. Oktober 1991 zum Gegenstand seiner Feststellung der Unzulässigkeit des Verhaltens des Personalrats gemacht hat. Zum einen hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bis zum Jahre 1993 weniger strenge Anforderungen an die Formulierung des Antrags und der Feststellung hinsichtlich der Rechtswidrigkeit eines Verhaltens im Zusammenhang mit einem personalvertretungsrechtlich erheblichen, abgeschlossenen Vorgang gestellt. Es hat beispielsweise in einem Verfahren mit dem Ziel der Auflösung des Personalrats, das durch den Ablauf der Amtszeit gegenstandslos geworden war, das Rechtsschutzbedürfnis bezüglich der beantragten Feststellung anerkannt, ob die konkrete Handlung oder Unterlassung, die zur Einleitung des Verfahrens geführt hatte, mit dem Personalvertretungsrecht im Einklang stand oder nicht; dadurch wurde die Feststellung möglich, daß zu einer Personalversammlung Mitglieder der Stufenvertretung nicht hinzugezogen werden dürfen, und zwar auch nicht als Sachverständige oder Auskunftspersonen (Beschluß vom 24. Oktober 1975 – BVerwG 7 P 11.73 – BVerwGE 49, 259, 266 f. = Buchholz 238.3 § 26 PersVG Nr. 9). Zum anderen lassen sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs im Zusammenhang mit der dafür gegebenen tragenden Begründung dahin verstehen, daß sie sich nicht wesentlich oder gar ausschließlich auf die Personalversammlung vom 2. Oktober 1991 beziehen, sondern auf die von ihm für rechtswidrig gehaltene Hinzuziehung von Landtagsabgeordneten zu dem dafür vorgesehenen Zweck und unter entsprechenden Umständen. In einem solchen Falle ist es mit der Rechtsprechung des Senats zu den bis zum Jahre 1993 anhängig gewordenen Rechtsbeschwerdeverfahren (vgl. insbesondere BVerwGE 92, 47) zu vereinbaren, daß eine an den umstrittenen Vorgang anknüpfende Feststellung getroffen wird, die auch rechtliche Bedeutung für vergleichbare Fälle in der Zukunft haben kann. Das gilt auch dann, wenn es an einem ausdrücklichen Antrag gefehlt hat, der die hinter dem das Verfahren auslösenden Vorgang stehende Rechtsfrage einbezogen hat.
Ohne Rechtsverstoß hat das Beschwerdegericht auch angenommen, das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für eine solche Feststellung sei „unter dem durchgreifenden Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zu bejahen” (S. 7 des Bschlußabdrucks). Dies hat auch der Beteiligte nicht zu widerlegen vermocht. Der Begründung der Rechtsbeschwerde ist zwar zu entnehmen, daß er die Hinzuziehung von Landtagsabgeordneten zu Personalversammlungen zwecks Behandlung bestimmter Tarif-, Besoldungs- und Sozialangelegenheiten – auch in Wahlkampfzeiten – für zulässig hält. Ohne Erfolg macht er indessen geltend, „ein konkreter Wiederholungsfall in der Zukunft” sei nicht denkbar, man könne die Wiederholungsgefahr nicht „auf sämtliche denkbaren Fälle zukünftiger Ladungen von Landtagsabgeordneten zu Personalversammlungen ausdehnen”. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs bezieht sich auf einen Vorgang, bei dem die Landtagsfraktionen aufgefordert worden sind, vom Personalrat nicht näher bezeichnete Abgeordnete als „sachverständige Auskunftspersonen” zur Behandlung der vom Personalrat bezeichneten Themen der Bewertung des Polizeiberufs und der sozialen Lage der Beschäftigten der Polizei im Lande Baden-Württemberg zu der Personalversammlung zu entsenden. Die Gefahr der Wiederholung eines derartigen Vorgangs, insbesondere in Wahlkampfzeiten, brauchte vom Beschwerdegericht nicht als so gering angesehen zu werden, daß es deshalb das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers hätte verneinen müssen.
3. Mit Recht hat das Beschwerdegericht auch angenommen, daß die Zuziehung von Landtagsabgeordneten zu der Personalversammlung jedenfalls unter vergleichbaren Umständen wie am 2. Oktober 1991 gegen die Regelung des § 49 Abs. 1 Satz 3 LPVG verstoßen hat, wonach die Personalversammlung nicht öffentlich ist. An ihr dürfen daher grundsätzlich nur die Beschäftigten der Dienststelle sowie die durch § 53 BWLPVG weiter zugelassenen Personen teilnehmen. Allerdings hat der Senat, wie das Beschwerdegericht nicht verkannt hat, in seinem Beschluß vom 6. September 1984 – BVerwG 6 P 17.82 – (BVerwGE 70, 69 = Buchholz 238.3 A § 48 BPersVG Nr. 1) entschieden, daß der Personalrat berechtigt ist, zu seiner Unterstützung bei der Unterrichtung der Beschäftigten über Fragen, die Gegenstand der Beratung der Personalversammlung sind, für die Dauer der Erörterung des Themas eine dienststellenfremde Auskunftsperson zur Personalversammlung hinzuzuziehen, die sich sachkundig zu dem Thema äußert und ergänzende Fragen beantwortet. Dabei ging es aber um die Zuziehung einer bei der Wehrbereichsverwaltung tätigen Obermedizinalrätin zur Personalversammlung einer Standortverwaltung zwecks Behandlung des Themas „Die Sozialmedizin im Bereich des Bundesministers der Verteidigung”, also zur Erörterung eines einzelnen Besprechungspunktes unter zeitlich begrenzter Teilnahme einer bestimmten, vom Personalrat als sachverständig erkannten Beamtin. Dies hat der Senat unter der dort erfüllten Voraussetzung für zulässig gehalten, daß weder der Vorsitzende des Personalrats, der die Personalversammlung leitet, noch ein anderer Teilnehmer an der Personalversammlung imstande ist, die zur sachgerechten Erörterung des Beratungsgegenstandes erforderlichen Informationen zu geben. In dieser Entscheidung hat der Senat aber ausdrücklich darauf hingewiesen, daß im Interesse der Offenheit und Sachlichkeit des Gedankenaustauschs unter den Beschäftigten von der Personalversammlung dienststellenfremde, insbesondere politische Einflußnahmen fernzuhalten sind.
An dieser Begrenzung der Vereinbarkeit der Zuziehung dienststellenfremder Auskunftspersonen mit dem Grundsatz der Nichtöffentlichkeit von Personalversammlungen ist festzuhalten. Danach ist die Zuziehung von Landtagsabgeordneten als Auskunftspersonen zu Personalversammlungen zwar nicht schlechthin unzulässig. Im Hinblick auf die – zumal in Wahlkamfzeiten – naheliegende Gefahr zumindest unterschwelliger politischer Einflußnahme auf die Beschäftigten wird sie indessen nur ausnahmsweise in Betracht kommen. Eine solche Ausnahme setzt einmal einen entsprechend gewichtigen, die Beschäftigten konkret und in erheblichem Maße betreffenden Anlaß (wie etwa eine vom Landtag als Gesetzgeber beabsichtigte grundlegende Änderung der Organisation der betroffenen Dienststelle) voraus. Weiter muß sichergestellt sein, daß die Landtagsabgeordneten, die als Auskunftspersonen zugezogen werden sollen, über diejenige besondere Sachkunde verfügen, die für die Beantwortung der konkret an sie zu stellenden Fragen unabdingbar ist und die außer ihnen niemand sonst besitzt. Insofern kann es ein geeigneter Weg für eine bestmögliche Auswahl der als Auskunftspersonen in Betracht kommenden Abgeordneten sein, wenn der Personalrat diese Auswahl nicht selbst trifft, sondern es den von ihm angesprochenen Fraktionen aller im Landtag vertretenen politischen Parteien überläßt, den nach ihrer Kenntnis sachkundigsten Abgeordneten (etwa ein Mitglied des zuständigen Fachausschusses des Landtages) als Auskunftsperson zu benennen. Schließlich müssen die konkrete Fragestellung sowie außerdem die spezifische Organisation der Befragung die Gewähr für eine ausschließlich sachbezogene Information der Beschäftigten bieten, die insbesondere jegliche parteipolitische Darstellung und Auseinandersetzung vermeidet, und zwar sowohl im Verhältnis der zugezogenen Landtagsabgeordneten untereinander als auch innerhalb der Personalversammlung.
Gemessen an diesen Anforderungen hat das Beschwerdegericht zu Recht angenommen, daß die Zuziehung von Landtagsabgeordneten als Auskunftspersonen unter vergleichbaren Umständen, wie sie bei der Personalversammlung am 2. Oktober 1991 gegeben waren, mit dem Grundatz der Nichtöffentlichkeit von Personalversammlungen unvereinbar ist. Zwar hatte nach den vom Beschwerdegericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Beteiligte die Fraktionen aller im Landtag vertretenen politischen Parteien um die Benennung und Entsendung je eines „sachkundigen” Abgeordneten gebeten. Schon die Themenstellung, die ohne besonderen aktuellen Anlaß sowie ohne weitere Eingrenzung und Spezifizierung zum einen die „funktionsgerechte Bewertung des Polizeiberufs” sowie zum anderen „die soziale Lage der Beschäftigten der Polizei im Lande Baden-Württemberg” betraf, setzte nicht eine besondere Sachkunde voraus, wie sie allein bei mit der Materie vertrauten Landtagsabgeordneten angenommen werden kann. Sie war im Gegenteil dazu geeignet – und möglicherweise sogar darauf angelegt –, die eingeladenen Landtagsabgeordneten der verschiedenen Parteien zu allgemeinen politischen Stellungnahmen zu veranlassen und derart die politische Auseinandersetzung zwischen den Repräsentanten der verschiedenen Parteien in die Personalversammlung hineinzutragen. Diese Gefahr bestand um so mehr, als nicht etwa durch eine entsprechende Organisation der Befragung der einzelnen Abgeordneten eine rein sachbezogene Information der Beschäftigten gewährleistet und die Möglichkeit parteipolitischer Auseinandersetzung ausgeschlossen war. Vielmehr lud die Tagesordnung mit ihrer deutlichen Trennung zwischen dem Tätigkeitsbericht des Vorsitzenden des Beteiligten einerseits und der Befragung der Landtagsabgeordneten zu den angeführten allgemeinen Themen andererseits geradezu zu einer allgemeinpolitischen Auseinandersetzung ein, zu der es dann auch gekommen ist. Gerade in Wahlkampfzeiten mußte der Beteiligte mit einer solchen Ausuferung rechnen und die Personalversammlung, wenn er eine Befragung von Landtagsabgeordneten unter den oben dargelegten engen Voraussetzungen ausnahmsweise für unabweisbar hielt, auf einen Termin nach den Wahlen verlegen.
Aus den dargelegten Gründen konnte das Beschwerdegericht ohne Rechtsverstoß annehmen, daß Abgeordnete als solche „in der Regel nicht die engen Voraussetzungen erfüllen, unter denen dienststellenfremde Auskunftspersonen zur Personalversammlung hinzugezogen werden dürfen” (S. 9 des Beschlußabdrucks). Auch seine weiteren Erwägungen über die sich aufdrängende Möglichkeit einer wechselseitigen politischen Beeinflussung durch die Parteipolitiker und die Teilnehmer der Personalversammlung und damit über die Überschreitung der Grenzen, die einer dienststelleninternen, nicht öffentlichen Personalversammlung gesetzt sind (vgl. S. 12/13 des angefochtenen Beschlusses), lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Sie rechtfertigen vielmehr die vom Verwaltungsgerichtshof zwar im Hinblick auf die Personalversammlung vom 2. Oktober 1991 getroffene, aber auch für künftige vergleichbare Fälle geltende Entscheidung, daß die Hinzuziehung von Landtagsabgeordneten verschiedener Parteien zur Personalversammlung im Blick auf das Verbot parteipolitischer Betätigung in der Regel gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit von Personalversammlungen verstößt.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Niehues, Ernst, Seibert, Vogelgesang, Eckertz-Höfer
Fundstellen
Haufe-Index 1200506 |
DVBl. 1995, 1258 |