Verfahrensgang
VG Leipzig (Aktenzeichen 1 K 115/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 25. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 Million DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Kläger wenden sich gegen die Rücknahme eines Bescheids über die Restitution mehrerer Grundstücke nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes (VermG), soweit zwei Grundstücke, die ehemaligen Flurstücke 18/2 der Flur 4 und 3/3 der Flur 2, Gemarkung …, betroffen sind. Die Rückübertragung der Grundstücke war an den Vater des Klägers zu 1 erfolgt; an diesen ist auch die Rücknahme des Restitutionsbescheids gerichtet.
Mit notariellem Vertrag vom 13. Juni 1994 wurden den Klägern als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der beide Kläger zu je 50 % beteiligt sind, die beiden genannten Grundstücke geschenkt. Eine Übereignung der Flurstücke und eine Eintragung der Kläger als Eigentümer im Grundbuch erfolgte nicht.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die Kläger nicht gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt seien. Die Revision hat es nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Weder ist der geltend gemachte Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gegeben (1) noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (2).
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.
Die Kläger sehen einen Verfahrensfehler darin, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht ihre Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO verneint und durch Prozessurteil statt durch Sachurteil entschieden habe. Damit rügen die Kläger allerdings nicht, dass das Verwaltungsgericht die prozessuale Bedeutung des § 42 Abs. 2 VwGO verkannt habe, etwa deswegen, weil sie die von ihnen behauptete Verletzung potentieller Rechte hinreichend „geltend gemacht” hätten; sie sind vielmehr der Auffassung, dass das Verwaltungsgericht die ihnen zukommende materiellrechtliche Position verkannt habe. Ein solcher Vortrag reicht für die Bezeichnung eines Verstoßes gegen § 42 Abs. 2 VwGO nicht aus. Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem solchen Verfahrensfehler leidet, ist vom materiellrechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichts aus zu beurteilen, selbst wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1996 – BVerwG 11 B 150/95 – NVwZ-RR 1996, 369). Hierzu bemerkt die Beschwerde nichts.
2. Die Rechtssache hat auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Kläger möchten geklärt wissen, ob ein durch schuldrechtlichen Vertrag mit dem Eigentümer begründeter Anspruch auf Übertragung des Eigentums an einem restituierten Grundstück eine Rechtsposition vermittelt, in die von der nach dem Vermögensrecht zuständigen Behörde eingegriffen wird, wenn diese rechtsfehlerhaft den der Restitution zugrunde liegenden bestandskräftigen Bescheid zurücknimmt. Für die Beantwortung dieser Frage bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens; ihre Verneinung ergibt sich vielmehr ohne weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats.
Das Vermögensgesetz bezweckt – wie auf der Hand liegt – nicht den Schutz Dritter, die von dem Berechtigten vertragliche Rechte ableiten, und erkennt ihnen keine subjektiven Rechte als Grundlage der Befugnis zu, die Rücknahme eines Restitutionsbescheides gerichtlich überprüfen zu lassen. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht indirekt aus dem Beschluss des Senats vom 30. November 1994 – BVerwG 7 B 225.94 – (Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 207). Der Senat hat dort nur deswegen allein auf die noch ausstehende Grundstücksverkehrsgenehmigung verwiesen, weil der Kauf noch nach den Vorschriften des Zivilrechts der DDR abgeschlossen worden war, das keine Trennung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft kannte. Dritte, die von einem Berechtigten Rechte ableiten, berücksichtigt das Vermögensgesetz nur unter dem Gesichtspunkt der Rechtsnachfolge (§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 Satz 2 VermG; vgl. Urteil des Senats vom 19. März 1996 – BVerwG 7 C 30.94 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 16). Entsprechendes gilt, wenn der Berechtigte durch bestandskräftig gewordenen Restitutionsbescheid Eigentum an einem Grundstück erhalten hat, der Eigentumsübergang aber noch nicht im Grundbuch eingetragen worden ist, weil es an einem entsprechenden Ersuchen des Grundbuchamts durch die für die Rückübertragung zuständige Behörde gemäß § 34 Abs. 2 VermG fehlt. In diesem Falle ist es allein Sache des ehemals Berechtigten und jetzigen Grundstückseigentümers, dieses Hindernis zu beseitigen, das der Erfüllung des Eigentumsverschaffungsanspruchs entgegensteht, den sein Vertragspartner aus dem zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft hat. Diese Rechtslage ist mit Art. 14 Abs. 1 GG ohne weiteres vereinbar. Es widerspricht der verfassungsrechtlichen Eigentumsgewährleistung nicht, wenn der Gesetzgeber den Inhaber eines schuldrechtlich begründeten Eigentumsverschaffungsanspruchs auf die ihm zustehenden vertraglichen Rechte gegenüber dem derzeitigen Eigentümer verweist, wenn dieser sich gegen die ihn gerichteten behördlichen Maßnahmen, die eine Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten unmöglich machen könnten, gerichtlich zur Wehr setzen kann.
Auch die Vorschrift des § 48 Abs. 3 VwVfG (vgl. § 1 des Vorläufigen Verwaltungsverfahrensgesetzes für den Freistaat Sachsen vom 21. Januar 1993, GVBl S. 74) reichert nicht zusätzlich die Rechtsposition an, die sich für die Kläger aus dem mit dem Eigentümer abgeschlossenen Schenkungsvertrag ergibt. Die genannte Vorschrift knüpft an die Rechtswirkungen des Rücknahmebescheides an. Demgemäß kann der in ihr verwendete Begriff des Betroffenen keine andere als die herkömmliche verwaltungsrechtliche Bedeutung haben; gemeint ist der in § 48 Abs. 2 VwVfG genannte „Begünstigte”, also derjenige, dem gegenüber der zurückgenommene Verwaltungsakt einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet. Daraus folgt ohne weiteres, dass die Kläger kraft ihres schuldrechtlich begründeten Eigentumsverschaffungsanspruchs nicht zum Kreis der „Begünstigten” gehören und damit auch nicht Betroffene im Sinne von § 48 Abs. 3 VwVfG sind. Ob der Vater des Klägers zu 1 Vermögensnachteile der Kläger im Rahmen des § 48 Abs. 3 VwVfG nach Maßgabe des Prinzips der „Drittschadensliquidation” geltend machen könnte, kann dahinstehen; sollte diese Frage zu bejahen sein, würde daraus nur folgern, dass er als durch die Restitution Begünstigter derartige Vermögensnachteile wie einen eigenen Vertrauensschaden geltend machen kann.
Auf der Hand liegt schließlich auch, dass die Vorschrift des § 31 Abs. 2 Satz 1 VermG, wonach Dritte, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden, zum Verwaltungsverfahren hinzuzuziehen sind, keine materiellrechtliche Komponente aufweist, sondern eine reine Verfahrensvorschrift ist, die an eine durch andere rechtliche Vorschriften begründete Rechtsposition anknüpft.
Der Senat hat erwogen, ob es im Blick auf gemäß § 17 VermG möglicherweise bestehen gebliebene, mit dem unbefristet genehmigten Betrieb des Flughafens zusammenhängende Nutzungsrechte gerechtfertigt sein könnte, den Streitwert auf einen Betrag von unter einer Million DM festzusetzen. Da jedoch für mit derartigen Nutzungsrechten belastetes Grundeigentum ein Wert von zirka 6 DM/m² nicht unangemessen hoch erscheint und die Beteiligten in Kenntnis der verwaltungsgerichtlichen Streitwertfestsetzung zusätzliche Ausführungen in diesem Punkte nicht gemacht haben, hat der Senat von weiteren Ermittlungen abgesehen und sich der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht angeschlossen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Franßen, Gödel, Kley
Fundstellen