Entscheidungsstichwort (Thema)
Bebauungsplan. Kerngebiet. Anlagen für soziale und/oder gesundheitliche Zwecke. Wohnnutzung
Leitsatz (amtlich)
Eine ambulante Einrichtung der Drogenhilfe ist als Anlage für soziale und (oder) gesundheitliche Zwecke im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO in einem Kerngebiet allgemein zulässig, auch wenn der Bebauungsplan Festsetzungen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO über die allgemeine Zulässigkeit von Wohnungen in dem Gebiet (hier: mindestens 25 v.H. der Geschossfläche) trifft.
Normenkette
BauGB § 7 Abs. 2 Nrn. 4, 7; BauNVO § 15
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Entscheidung vom 07.09.1999; Aktenzeichen 4 UE 3469/98) |
VG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 09.01.1998; Aktenzeichen 8 E 962/93 (3)) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. September 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 48 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger, der Eigentümer eines gewerblich genutzten Gebäudes im Bahnhofsviertel der beklagten Stadt Frankfurt am Main ist, wendet sich gegen eine dem Beigeladenen zu 1 für das unmittelbar angebaute Nachbargebäude erteilte Genehmigung zum Umbau und zur Umnutzung in ambulante Einrichtungen der Drogenhilfe. Der geltende Bebauungsplan setzt die beiden Grundstücke als Kerngebiet mit einem Mindestanteil Wohnnutzung von 25 v.H. der Geschossfläche sowie ein Verbot von Vergnügungsstätten, sonstigen Gewerbebetrieben und Nutzungen fest, die der gewerblichen sexuellen Betätigung oder Schaustellung dienen. Für den gegenüber liegenden Baublock, der als traditionelles Vergnügungsviertel erhalten bleiben soll, gilt dieses Verbot nicht.
Die Einrichtungen der Drogenhilfe umfassen eine Tagesstätte (Kontaktladen) mit ca. 150 qm Nutzfläche, ein Café für drogenabhängige Mädchen und Frauen, eine Beratungsstelle sowie eine ärztliche Ambulanz, die u.a. ein Methadonprogramm anbietet. Im ersten und zweiten Obergeschoss sowie im Dachgeschoss befinden sich Aufenthalts- und Gruppenräume, Räume für Sozialarbeiter sowie Arzträume, Duschen, Küchen und Schlafräume. An der Außenwand des Gebäudes zum Gehsteig hin ist die Herstellung eines Straßenschalters für Spritzenaustausch genehmigt.
Der Kläger macht geltend, dass die Einrichtungen der ambulanten Drogenhilfe die Nutzung seines Grundstücks unzumutbar erschwerten und die Vermietung von Gewerberäumen unmöglich machten. Vor der Einrichtung komme es ständig zu größeren Ansammlungen von Hilfesuchenden. Drogensüchtige und Dealer verschafften sich Zutritt zu seinem Gebäude, das mit Spritzen u.a. verunreinigt werde. Besucher würden beim Betreten seiner Liegenschaft belästigt, Renovierungsarbeiten behindert.
Die Klage war in erster Instanz erfolgreich. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision.
Entscheidungsgründe
II.
Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Der Rechtssache kommt nicht die grundsätzliche Bedeutung zu, die ihr der Kläger beimisst.
1.1 Die Beschwerde formuliert als grundsätzlich bedeutsam die Frage, ob „ein großes Krisenzentrum für Drogenabhängige (mit Straßenschalter für den Spritzentausch) wegen seines Umfangs (Größe) und seiner Konzentrations- und Sogwirkung auf Drogenabhängige (und Dealer) und der dadurch verursachten typischen Beeinträchtigungen unter den Begriff einer im Kerngebiet typischerweise zulässigen ‚Anlage für gesundheitliche und/oder soziale Zwecke’ im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO (fällt) oder handelt es sich hierbei um eine andere Anlage, etwa für ‚staatspolitische’ Zwecke, welche hier im Vordergrund stehen (können), die in einem auch der Wohnnutzung dienenden Kerngebiet nicht zulässig ist”. Diese Frage ist nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig. Es ist nicht zweifelhaft, dass ein Krisenzentrum für Drogenabhängige in dem hier genehmigten Umfang eine Anlage ist, die von dem städtebaulichen Begriff einer Anlage für soziale und gesundheitliche Zwecke erfasst wird. Ob eine ambulante Einrichtung der Drogensuchthilfe eher als Anlage für soziale Zwecke oder für gesundheitliche Zwecke einzuordnen ist, hängt von ihrer Aufgabenstellung und organisatorischen Gestalt im Einzelfall ab. Eine abschließende begriffliche Festlegung verlangt § 7 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO nicht, da er beide Anlagentypen im Kerngebiet für allgemein zulässig erklärt; danach sind auch Anlagen zulässig, die soziale mit gesundheitlichen Zwecken verbinden. Eine eigenständige Kategorie der „Anlagen für staatspolitische Zwecke” kennt die Baunutzungsverordnung nicht. Jedoch zeichnen sich gerade die in § 7 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO genannten Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke dadurch aus, dass ihre Errichtung und ihr Betrieb (zumindest auch) dem öffentlichen Interesse dienen. In der Regel handelt es sich um Anlagen für den Gemeinbedarf; dabei ist nicht entscheidend, ob sie von privaten, kirchlichen oder öffentlichen Trägern betrieben werden. Zu diesem Kreis der Gemeinbedarfsanlagen kann auch eine Einrichtung der ambulanten Drogenhilfe gezählt werden, die – wie hier nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts – der Betreuung und ärztlichen Versorgung von Suchtkranken dient und zugleich dazu bestimmt ist, die „offene Drogenszene” in einem Vergnügungsviertel und deren Begleiterscheinungen kontrolliert einzudämmen.
1.2 Die Beschwerde wirft ferner die Frage auf, ob sich die Begriffskategorie der „Anlage für soziale und/oder gesundheitliche Zwecke” nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebietes und gegebenenfalls dem Umfang (und der Größe) einer Anlage und der dadurch verursachten Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft richtet. Auch diese Frage führt nicht zu einem revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass sich die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Begriffskategorie (Nutzungs- oder Anlagenart), sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets richtet oder richten kann. Diese Rechtsprechung betrifft vor allem jene städtebaulichen Nutzungsarten, die die Baunutzungsverordnung begrifflich verselbständigt und mehreren der Baugebietstypen in §§ 2 bis 9 BauNVO zugeordnet hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 1991 – BVerwG 4 B 1.91 – Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 6 – Sportanlagen; Urteil vom 29. April 1992 – BVerwG 4 C 43.89 – UPR 1993, 17 – Gewerbebetriebe; Beschluss vom 15. Juli 1996 – BVerwG 4 NB 23.96 – UPR 1996, 392 – Gartenbaubetriebe). Die Zweckbestimmung eines Baugebiets kann nicht allein aus der jeweiligen Baugebietsvorschrift der Baunutzungsverordnung abgeleitet werden, sondern wird auch dadurch beeinflusst, welche Funktionen dem einzelnen Baugebiet im Verhältnis zu anderen Baugebieten der Baunutzungsverordnung zukommen (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – BVerwG 4 C 23.98 – ZfBR 2000, 423 – Vergnügungsstätten). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung kann bei typisierender Betrachtungsweise auch ein „großes Krisenzentrum” der ambulanten Drogenhilfe (vgl. Berufungsurteil, S. 8) in einem als Kerngebiet ausgewiesenen Innenstadtbereich einer Großstadt als Anlage für soziale und gesundheitliche Zwecke im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO (allgemein) zulässig sein.
Die Beschwerde wirft in diesem Zusammenhang keine Fragen auf, die dem Senat Anlass geben könnten, die vorgenannte Rechtsprechung im Hinblick auf die Zulässigkeit von Anlagen für soziale und gesundheitliche Zwecke in Kerngebieten in rechtsgrundsätzlicher Weise fortzuentwickeln oder zu modifizieren. Ein revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die beklagte Stadt im Streitfall für den Bereich der Anwesen des Klägers und der Beigeladenen zu 1 ein Kerngebiet mit einem Mindestanteil Wohnnutzung von 25 v.H. der Geschossfläche festgesetzt hat. Die Zulässigkeit einer bestimmten Anlage für soziale und gesundheitliche Zwecke in einem Kerngebiet richtet sich auch in einem solchen Fall nach der Zweckbestimmung dieses Baugebiets, die in § 7 Abs. 1 BauNVO allgemein umschrieben und in § 7 Abs. 2 BauNVO konkretisiert wird. Danach haben Kerngebiete zentrale Funktionen. Sie bieten vielfältige Nutzungen und ein urbanes Angebot an Gütern und Dienstleistungen für die Besucher der Stadt und für die Wohnbevölkerung eines größeren Einzugsbereichs (BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1988 – BVerwG 4 B 119.88 – Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 8 = ZfBR 1988, 277). Im Kerngebiet sollen deshalb typischerweise auch Vergnügungsstätten konzentriert sein. Dieser Kerngebietscharakter geht nicht dadurch verloren, dass im Kerngebiet nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans (§ 7 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 4 BauNVO) oder ausnahmsweise (§ 7 Abs. 3 BauNVO) Wohnungen zulässig sein können. Eine Einrichtung der ambulanten Drogenhilfe kann sich gerade deshalb als kerngebietstypisch und in diesem Sinne standortgebunden erweisen, weil sie nach Größe, Ausstattung und Zielsetzung auf eine „Drogenszene” ausgerichtet ist, die sich im Rahmen einer für Kerngebiete typischen Ansammlung von Vergnügungsstätten entwickelt hat. Der Plangeber hat bei der Festsetzung von Wohnungen im Kerngebiet zu beachten, dass dieses in erster Linie und im Unterschied zu anderen Baugebieten der Baunutzungsverordnung den vorgenannten zentralen Funktionen und Einrichtungen zu dienen bestimmt ist. Führt das Nebeneinander von kerngebietstypischen Anlagen und Wohnungen im Einzelfall zu Nutzungskonflikten, beurteilt sich die Zulassung einer zur Genehmigung gestellten kerngebietstypischen Anlage nach § 15 Abs. 1 BauNVO.
1.3 Die Beschwerde wirft ferner die Frage auf, ob eine Anlage für soziale und gesundheitliche Zwecke der hier umstrittenen Art (zentrale Einrichtung der Drogenhilfe) eine kerngebietstypische Anlage im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 4 BauNVO oder eine Anlage ist, „welche einem anderen Baugebiet (hier: SO-Gebiet im Sinne des § 11 BauNVO – gegebenenfalls mit Nutzungen ohne Wohncharakter) zugewiesen ist”. Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise klärungsfähig. Sie lässt sich nicht im Sinne eines strikten „Entweder- oder” beantworten. Die Gebietszuordnung einer Anlage für soziale und gesundheitliche Zwecke beurteilt sich auf der Grundlage der oben unter 1. genannten Grundsätze jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Die Ansicht des Klägers, die hier umstrittene Anlage sei wegen ihrer Größe, Ausgestaltung und Anziehungskraft nicht mehr kerngebietstypisch, sondern allenfalls in einem Sondergebiet nach § 11 BauNVO zulässig, zielt in der Sache auf eine einzelfallbezogene Kritik der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung. Eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich daraus nicht.
1.4 Die von der Beschwerde zu § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 6, 7 BauNVO formulierten Rechtsfragen sind ebenfalls nicht rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig, da sie – soweit sie einer verallgemeinerungsfähigen Klärung überhaupt zugänglich sind – nach den oben unter 1. genannten Grundsätzen zu beantworten sind.
1.5 Nicht rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig ist schließlich die Frage der Beschwerde, „ob es im Rahmen des Rücksichtnahmegebots nach § 15 Abs. 1 BauNVO darauf ankommen kann, wie gewichtig ein – unbestreitbar vorliegendes – öffentliches Interesse ist und (ob) deshalb einem angrenzenden Gewerbetreibenden … mehr zuzumuten ist, als wenn nur private Interessen widerstreiten würden”. Es versteht sich von selbst, dass bei der im Rahmen von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO gebotenen Abwägung zwischen den Interessen des Bauherrn und des Nachbarn das öffentliche Interesse, das sich mit der Errichtung und dem Betrieb einer Anlage für soziale und gesundheitliche Zwecke je nach den Umständen des Einzelfalls verbindet, zu berücksichtigen ist. Das Gewicht dieses öffentlichen Interesses hängt von den weiteren Umständen des Einzelfalls ab.
2. Die von der Beschwerde erhobene Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist unzulässig. Die Beschwerde legt keinen abstrakten Rechtssatz des Berufungsurteils dar, der einem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz in der angeführten Entscheidung des beschließenden Senats vom 5. August 1983 – BVerwG 4 C 96.79 – (Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 55 = NJW 1984, 138 = BRS 40 Nr. 4) widerspricht. Eine Divergenz liegt auch in der Sache nicht vor. Das Berufungsgericht hat die vorbezeichnete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts seiner Urteilsbegründung zugrunde gelegt und entgegen der Beschwerde nicht missverstanden. Wie sich aus den S. 24 – 26 des Berufungsurteils ergibt, unterscheidet das Berufungsgericht durchaus zwischen dem Fall einer „rücksichtslosen” Beeinträchtigung, die den Grad der gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstoßenden Unzumutbarkeit erreicht, und dem Fall, dass der klagende Nachbar durch die Baugenehmigung und ihre Ausnutzung in einer zwar weniger gravierenden Weise getroffen wird, aber doch derart, dass ihm aufgrund des Rücksichtnahmegebots Drittschutz zur Seite stehen kann.
Die mit der Divergenzrüge verbundene Grundsatzrüge bleibt ebenfalls erfolglos. Die Beschwerde ist der Ansicht, das Berufungsgericht habe bei Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zu Lasten des Klägers entscheidungstragend darauf abgestellt, dass die Straße vor dem Anwesen des Klägers und der ambulanten Drogenhilfe durch den Einsatz eines Sicherheitsdienstes „positiv beeinflusst und verändert” gewesen sei, und dabei verkannt, dass der Einsatz dieses Sicherheitsdienstes auf der vorläufigen Vollstreckung der Urteile des Landgerichts und des Oberlandesgerichts Frankfurt in dem parallel geführten zivilrechtlichen Nachbarrechtsstreit beruht habe. Hieran anknüpfend möchte die Beschwerde rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, ob ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO in einem „Baugenehmigungsnachbarstreit” ausscheide, wenn sich zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts im Verwaltungsrechtsstreit bereits die Wirkungen einer zivilrechtlichen – zumal vorläufigen – Vollstreckung zeigen. Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Der Fragestellung liegt ein unzutreffendes Verständnis der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils zugrunde. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung nicht etwa zu Lasten des Klägers die positiven Auswirkungen des vorläufigen Einsatzes eines Sicherheitsdienstes zugrunde gelegt. Es hat vielmehr zu Gunsten des Klägers angenommen, es sei möglich und in gewissem, wenn auch kaum quantifizierbarem Maße wahrscheinlich, dass die Drogenhilfeeinrichtung eine Ansammlung von Drogenabhängigen auf der Straße in unmittelbarer Nähe des Hauses des Klägers begüns- tige, wenn solchen Ansammlungen nicht durch Mitarbeiter der Drogenhilfe, durch Sicherheitsdienste oder die Polizei entgegengewirkt werde. Das Berufungsgericht hat darin einen Nachteil für den Kläger gesehen, der abwägungsrelevant ist. Im Ergebnis hat das Berufungsgericht dann allerdings dem öffentlichen Interesse an der Drogenhilfe und dem Interesse der Gesamtheit der Bevölkerung des Bahnhofsviertels an der Drogenhilfeeinrichtung Vorrang vor dem Interesse des Klägers an einer unbeeinträchtigten Nutzung seines Hauses eingeräumt. Entgegen der Ansicht der Beschwerde führt dies nicht zu Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung.
3. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
3.1 Die Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) bleibt erfolglos. Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, dass sich dem Berufungsgericht angesichts des im Berufungsverfahren erreichten Stands der Sachverhaltsaufklärung noch eine Beiziehung der Gerichtsakten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Az.: 17 U 60/97) aufdrängen musste. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 25. August 1999 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung die schriftliche Zeugenaussage des Polizeibeamten D., eine eidesstattliche Versicherung von Herrn H. sowie die Niederschrift über die öffentliche Verhandlung der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 1996 mit Beweisaufnahme übergeben. Das Berufungsgericht hat ferner das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Juni 1998 zum Verfahren beigezogen. Die Beschwerde legt nicht dar, aus welchen Gründen das Berufungsgericht über die damit geschaffene Tatsachengrundlage hinaus den entscheidungserheblichen Sachverhalt weiter hätte aufklären müssen. Aus der Sitzungsniederschrift vom 25. August 1999 ergibt sich nicht, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Beweisantrag gestellt hat, über den gemäß § 86 Abs. 2 VwGO in der mündlichen Verhandlung zu entscheiden gewesen wäre. Die Nichtbeiziehung der Landgerichts- und Oberlandesgerichtsakten in dem vorbezeichneten Verfahren war für den Kläger auch nicht überraschend; denn das Berufungsgericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 28. Juli 1999 darauf hingewiesen, dass es von der angekündigten Beiziehung dieser Gerichtsakten zunächst absehe. Schließlich hat das Berufungsgericht die Beteiligten auch nicht im Unklaren darüber gelassen, auf welche Umstände es sich bei seiner Entscheidung stützen werde. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 25. August 1999 hat es mit den Beteiligten auch im Hinblick auf die aus dem Zivilprozess vorliegenden Unterlagen erörtert, von welchem Sachverhalt vorbehaltlich weiterer Aufklärung ausgegangen werden könne. Für einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist daher nichts ersichtlich.
3.2 Das Beschwerdevorbringen ergibt auch nichts dafür, dass das Berufungsgericht die Grundsätze der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verletzt haben könnte. Das Berufungsgericht hat wie bereits ausgeführt zu Gunsten des Klägers angenommen, dass die streitbefangene Drogenhilfeeinrichtung Drogenabhängige anzieht und in diesem Sinne mitursächlich ist für Menschenansammlungen auf der Straße in unmittelbarer Nähe des Hauses des Klägers. Die daran anknüpfenden Ausführungen des Berufungsgerichts zum kausalen Zusammenhang zwischen dem Drogenhilfezentrum und der Menschenansammlungen auf der Straße lassen ebenso wenig Fehler der Beweiswürdigung erkennen, wie seine Ausführungen zu den Leerständen von Gebäuden im Bahnhofsviertel. Das Gericht entscheidet nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; es ist dabei an allgemeine Auslegungsgrundsätze und Erfahrungssätze sowie an die Denkgesetze gebunden, nicht aber an starre Beweisregeln (materielle Beweislastgrundsätze).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Gaentzsch, Halama, Rojahn
Fundstellen
BauR 2001, 605 |
NVwZ-RR 2001, 217 |
IBR 2001, 230 |
GewArch 2001, 211 |
VR 2001, 251 |
ZfBR 2001, 203 |
BRS 2000, 383 |
DVBl. 2001, 669 |
UPR 2001, 151 |
FSt 2001, 537 |