Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 10.09.2004; Aktenzeichen 6 A 2679/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. September 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für die mit ihr begehrte Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nicht gegeben. Die Beschwerde wirft keine Frage auf, die der Entscheidung in einem Revisionsverfahren bedarf.
Die von der Beschwerde bezeichnete Frage,
“ob eine Umdeutung eines unzulässigen Rechtsmittels in das zulässige Rechtsmittel auch dann nicht in Betracht kommt, wenn sich der Rechtsmittelführer nicht gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt, sondern sich im Rahmen des so genannten Behördenprivilegs gem. § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO durch einen Beamten oder Angestellten mit Befähigung zum Richteramt oder einen Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lässt”,
ist ohne weiteres auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts und der bisherigen gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu beantworten.
Wie der beschließende Senat bereits in seinem Beschluss vom 12. März 1998 – BVerwG 2 B 20.98 – (Buchholz 310 § 124 a VwGO Nr. 2) ausgeführt hat, kann die von einem Rechtsanwalt gegen die Sachentscheidung eines Verwaltungsgerichts ohne Zulassung eingelegte Berufung nicht in einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels umgedeutet werden. Der Antrag auf Zulassung der Berufung und die Berufung betreffen unterschiedliche Gegenstände. Beide Rechtsbehelfe haben unterschiedliche Ziele und stehen in einem Stufenverhältnis selbstständig nebeneinander. Erst ein erfolgreicher Antrag auf Zulassung der Berufung eröffnet die prozessrechtliche Möglichkeit, dieses Rechtsmittel als nunmehr statthaft einzulegen. Der Anwaltszwang (§ 67 VwGO) setzt der Zulässigkeit einer Umdeutung enge Grenzen. Eine Rechtsmittelerklärung, die ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter abgegeben hat, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer gerichtlichen Umdeutung grundsätzlich unzugänglich (vgl. etwa Beschlüsse vom 29. Januar 1962 – BVerwG 2 C 83.60 – ≪Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 27≫ und vom 12. September 1988 – BVerwG 6 CB 35.88 – ≪Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 83≫). Jedenfalls kann ein von einem Rechtsanwalt eindeutig eingelegter Rechtsbehelf dann nicht in einen anderen umgedeutet werden, wenn die Rechtsbehelfe unterschiedlichen Zwecken dienen (vgl. Beschluss vom 2. August 1995 – BVerwG 9 B 303.95 – ≪Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 26 m.w.N.≫).
Für die Einlegung eines Rechtsbehelfs durch einen nach § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten gilt nichts anderes. § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO räumt juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden das Recht ein, sich vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Bedienstete vertreten zu lassen, die dieselbe formale Qualifikation aufweisen wie die in § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO bezeichneten Bevollmächtigten (vgl. Beschluss vom 8. Oktober 1998 – BVerwG 3 B 71.97 – Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 93). Das so genannte Behördenprivileg beruht auf der Erwartung, dass ein Beamter und Angestellter mit der Befähigung zum Richteramt sowie ein Diplomjurist im höheren Dienst die Rechtsangelegenheiten öffentlich-rechtlicher Einrichtungen im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht oder dem Bundesverwaltungsgericht in gleicher Weise wie ein Rechtsanwalt oder ein Rechtslehrer an einer Hochschule mit Befähigung zum Richteramt wahrzunehmen vermag. Die in § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO vorgesehene Gleichstellung der persönlichen Kompetenz erstreckt sich nicht ausschließlich auf spezifische Fachangelegenheiten, sondern umfassend auf die Vertretung der juristischen Person oder Behörde im gerichtlichen Verfahren. Unabdingbare Voraussetzung dieser Gleichstellung sind Kenntnisse des Verwaltungsprozessrechts. Mit dem Gleichheitssatz wäre es unvereinbar, unterschiedliche Anforderungen an die Möglichkeit der Umdeutung von Prozesserklärungen eines Rechtsanwalts einerseits und eines Behördenvertreters nach § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO andererseits zu stellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2, § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG (Ersatzstreitwert bei Streit über eine dienstliche Beurteilung).
Unterschriften
Albers, Groepper, Dr. Bayer
Fundstellen