Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortbildung von Dienstkräften. Durchführung der Fortbildung von Dienstkräften, Mitbestimmung bei der –

 

Leitsatz (amtlich)

Die Mitbestimmung des Personalrats bei der „Durchführung der Fortbildung von Dienstkräften” gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG erstreckt sich auch auf die Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsmaßnahmen. Das gilt selbst dann, wenn sich nur eine einzelne Dienstkraft von sich aus beworben hat.

Auch die Entscheidung über die Freistellung von Dienstkräften für außerbetriebliche Fortbildungsmaßnahmen unterfällt jedenfalls dann der Mitbestimmung, wenn sie eine Fortzahlung der Bezüge oder eine Übernahme von Kosten der Fortbildung einschließt.

 

Normenkette

BlnPersVG § 85 Abs. 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

OVG Berlin (Beschluss vom 25.11.1992; Aktenzeichen PV Bin 25.91)

VG Berlin (Entscheidung vom 19.07.1991; Aktenzeichen FK (Bin)-C-1.91)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Personalvertretungssachen Berlin – vom 25. November 1992 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten um Fragen der Mitbestimmung bei der Freistellung von Dienstkräften zur außerbetrieblichen Fortbildung unter Fortzahlung der Vergütung.

Im Jahre 1990 kam es am Humboldt-Krankenhaus, Krankenhausbetrieb von Berlin-Reinickendorf, zwischen dem Antragsteller, dem bei diesem Krankenhaus gebildeten Personalrat, und der beteiligten Krankenhausleitung zu Meinungsverschiedenheiten darüber, ob in zwei Fortbildungsangelegenheiten das Mitbestimmungsverfahren mit einem ordnungsgemäßen Antrag auf Erteilung der Zustimmung und insbesondere rechtzeitig sowie bei ausreichender Unterrichtung des Personalrats eingeleitet worden war.

Der Antragsteller hat zur Klärung seiner Rechte das Beschlußverfahren eingeleitet und geltend gemacht, ihm stehe an der Auswahl von Dienstkräften für eine Fortbildungsveranstaltung ein Mitbestimmungsrecht zu; die Beteiligte habe sein Mitbestimmungsrecht nicht hinreichend beachtet, da sie ihm im ersten der beiden Fälle die Maßnahme nur zur Kenntnis gebracht und ihm im zweiten Falle die Unterlagen erst nach Beginn der Maßnahme vorgelegt habe.

Seinem Feststellungsantrag hat das Verwaltungsgericht durch Beschluß vom 19. Juli 1991 entsprochen und festgestellt, daß die Beteiligte bei der Genehmigung der Fortbildung in den beiden näher bezeichneten Fällen das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt habe.

Hiergegen hat die Beteiligte Beschwerde eingelegt und nunmehr erstmals geltend gemacht, daß die beiden strittigen Maßnahmen nicht mitbestimmungspflichtig gewesen seien. Es habe sich weder um die Regelung allgemeiner Fragen der Fortbildung der Dienstkräfte im Sinne von § 85 Abs. 2 Nr. 1 BlnPersVG noch um die Durchführung der Fortbildung im Sinne von § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG gehandelt. Die Mitbestimmung bei der Durchführung der Fortbildung betreffe nur Fortbildungsmaßnahmen innerhalb der Dienststelle, um die es hier nicht gegangen sei. Außerdem fielen Entscheidungen, die im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung einzelne Dienstkräfte beträfen, nicht unter den Mitbestimmungstatbestand.

Nachdem die Fortbildungsveranstaltungen im Verlaufe des Beschlußverfahrens beendet waren, hat der Antragsteller das Vorbringen der Beteiligten zum Anlaß genommen, seinen Antrag umzustellen. Er hat nunmehr beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und festzustellen, daß die Beteiligte verpflichtet sei, den Antragsteller im Wege der Mitbestimmung gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG zu beteiligen, wenn sie eine Dienstkraft für außerbetriebliche Maßnahmen der Fortbildung unter Fortzahlung der Dienstbezüge freistelle.

Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zurückgewiesen und anstelle der erstinstanzlichen Feststellung die zuletzt beantragte Feststellung getroffen. Es hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Wortlaut und insbesondere Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes nach § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG sprächen dafür, daß unter „Durchführung der Fortbildung von Dienstkräften” jede konkrete Benennung eines oder mehrerer Dienstkräfte als Teilnehmer einer konkreten Veranstaltung fielen. Anders könne der Personalrat nicht seine Aufgabe erfüllen, die darin bestehe, darüber zu wachen, daß alle Beschäftigten unter Berücksichtigung ihrer Eignung und Leistung nach möglichst gleichmäßigen Kriterien die Chance zur Fortbildung erhielten. Das treffe nicht nur für von der Behörde selbst durchgeführte Veranstaltungen zu, sondern auch für Freistellungen zu außerbetrieblichen Maßnahmen; dies gelte jedenfalls dann, wenn sie mit einer Fortzahlung der Bezüge verbunden seien.

Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde. Mit ihr rügt die Beteiligte sinngemäß eine unrichtige Anwendung des § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG und beantragt,

die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Personalvertretungssachen Berlin – vom 25. November 1992 und des Verwaltungsgerichts Berlin – Fachkammer für Personalvertretungssachen Berlin – vom 19. Juli 1991 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt die Beteiligte vor: Das Oberverwaltungsgericht habe bei seiner Auslegung des § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung überschritten. Das Gericht habe nicht zu erkennen gegeben, ob es sich mit seiner Argumentation noch im Rahmen einer Auslegung bewegen wolle oder die Schließung einer Regelungslücke beabsichtige. Das Merkmal „Durchführung” sei nicht in einem derart weiten Sinne auszulegen, daß darunter auch die Auswahl der Lehrgangsteilnehmer falle. „Durchführung der Fortbildung” spreche die organisatorische, funktionelle, auch inhaltliche Seite der Schulung an, sei also objekt- und maßnahmebezogen, nicht hingegen subjektivpersonell zu verstehen. Das im unbestimmten Plural gehaltene Merkmal „von Dienstkräften” zeige ebenfalls, daß gerade keine singuläre Auswahlentscheidung betroffen sein solle. Der Berliner Gesetzgeber sei auch nicht dem Vorbild des Bundespersonalvertretungsgesetzes gefolgt, soweit dort die Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen ausdrücklich und in gesonderten Regelungen (§ 75 Abs. 3 Nr. 7, § 76 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG) der Mitbestimmung unterworfen sei. Der Vergleich dieser Regelungen mit den weiteren bundesgesetzlichen Regelungen in § 75 Abs. 3 Nr. 6, § 76 Abs. 2 Nr. 6 BPersVG lasse auch erkennen, daß der Bundesgesetzgeber im Bundespersonalvertretungsgesetz – wie auch im Betriebsverfassungsgesetz – zwischen „Durchführung” und „Auswahl” unterschieden habe. Im Betriebsverfassungsgesetz werde zudem zwischen der Durchführung der innerbetrieblichen Fortbildung und der Freistellung zu außerbetrieblichen Fortbildungsmaßnahmen unterschieden. Angesichts dessen lasse die Nichtübernahme derartiger Regelungen darauf schließen, daß in Berlin eine die Auswahl erfassende Regelung bewußt nicht habe eingeführt werden sollen und ebensowenig eine Regelung zur Mitbestimmung bei der Durchführung außerbetrieblicher Fortbildungsmaßnahmen. In den beiden Ausgangsfällen sei außerdem die Initiative von den beiden Arbeitnehmerinnen ausgegangen, und es habe auch keine anderen Bewerbungen gegeben.

Der Antragsteller tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zu Recht zurückgewiesen und dabei zutreffend festgestellt, daß die Beteiligte verpflichtet ist, den Antragsteller im Wege der Mitbestimmung gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG zu beteiligen, wenn sie eine Dienstkraft für außerbetriebliche Maßnahmen der Fortbildung unter Fortzahlung der Dienstbezüge freistellt.

1. Das Berliner Personalvertretungsgesetz unterscheidet in seinem § 85 Abs. 2 zwischen den Mitbestimmungstatbeständen „allgemeine Fragen der Fortbildung” (§ 85 Abs. 2 Nr. 1 BlnPersVG) und „Durchführung der Fortbildung von Dienstkräften, soweit es sich nicht um Polizeivollzugsbeamte handelt” (§ 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG). Hierzu hat das Beschwerdegericht zunächst zutreffend ausgeführt, daß unter „Durchführung der Fortbildung von Dienstkräften” im Sinne der Nr. 3 auch jede Einzelmaßnahme fällt, mit der Dienstkräfte – einzelne oder mehrere – als Teilnehmer an einer konkreten Veranstaltung benannt werden.

Zu dem insoweit mit dem Wortlaut des § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG vergleichbaren Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 1 Nr. 5 NdsPersVG hat der Senat bereits entschieden, das Mitbestimmungsrecht bei der „Durchführung der Fortbildung” erstrecke sich auch auf die Auswahl der in Betracht kommenden Teilnehmer an der Fortbildungsmaßnahme (Beschluß vom 19. September 1988 – BVerwG 6 P 28.85 – Buchholz 251.6 § 75 NdsPersVG Nr. 3). Dabei hat der Senat zwar an frühere Entscheidungen zu anders formulierten Mitbestimmungstatbeständen („Fragen der Fortbildung”) in anderen Gesetzen angeknüpft (Beschlüsse vom 4. September 1985 – BVerwG 6 P 1.85 – Buchholz 238.38 § 77 RPPersVG, vom 10. Februar 1967 – BVerwG 7 P 6.66 – BVerwGE 26, 185, und vom 20. Juli 1962 – BVerwG 7 P 4.61 – Buchholz 238.34 § 66 HambPersVG Nr. 1). Diese Rechtsprechung läßt sich aber auch auf die Auslegung des § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG übertragen. Wortlaut, Systematik wie auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen auch hier für dasselbe Auslegungsergebnis (a). Der von der Rechtsbeschwerde angestellte Vergleich mit Regelungen in anderen Gesetzen rechtfertigt keine andere Würdigung (b).

a) Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 19. September 1988 (a.a.O.) zu § 75 Abs. 1 Nr. 5 NdsPersVG ausgeführt hat, ergibt sich das genannte Auslegungsergebnis allerdings „nicht ohne weiteres” aus deren Wortlaut „Durchführung der Fortbildung”; dieser ist jedoch für eine derartige Auslegung offen. Dies zumindest gilt auch für den entsprechenden Wortlaut des § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG. Die Erstreckung auf Einzelentscheidungen, die individuell zur Fortbildung anstehende Personen betreffen, wird an dem Wortlaut dieses Mitbestimmungstatbestandes eher noch deutlicher, und zwar insbesondere dann, wenn man ihm den Mitbestimmungstatbestand des § 85 Abs. 2 Nr. 1 BlnPersVG gegenüberstellt: Insoweit aufschlußreich ist zunächst, daß schon die Nr. 1 mit den „allgemeinen Fragen der Fortbildung” die generellen Regelungen anspricht. Im Unterschied zu den „allgemeinen Fragen” kann daher die „Durchführung” nur Entscheidungen konkreteren Inhalts betreffen. Denn beide Mitbestimmungstatbestände sollen sich gegenseitig ergänzen. Anders wäre die Aufteilung nicht sinnvoll. Sie können daher nicht deckungsgleich sein, sondern müssen wesentlich unterschiedliche Sachverhalte erfassen. Dieser wesentliche Unterschied liegt in dem für die Nr. 3 spezifischen Grad an Konkretheit der hiervon erfaßten Angelegenheiten. Darauf weisen auch die Ergänzungen zu dem jeweils betroffenen Personenkreis hin: Die allgemeinen Fragen der Fortbildung sind nach dem Wortlaut Nr. 1 solche „der Dienstkräfte”; sie gehen also generell alle in Betracht kommenden Dienstkräfte an. Demgegenüber läßt der Mitbestimmungstatbestand der Nr. 3, soweit er die Durchführung der Fortbildung „von Dienstkräften” anspricht, auch mit diesem Teil seines Wortlauts eine Öffnung für individuelle Einzelentscheidungen erkennen. Durch diese Hinzufügungen wird darüber hinaus auch der mögliche personelle Bezug des Mitbestimmungstatbestandes besonders verdeutlicht: Hätte, wie die Rechtsbeschwerde meint, der Mitbestimmungstatbestand nur „objekt- oder maßnahmebezogen”, nicht aber „subjektiv-personell” ausgerichtet sein sollen, so hätte es für den Gesetzgeber eher nahegelegen, auf die Ergänzung um das Merkmal „von Dienstkräften” zu verzichten. Statt schlicht von „Fortbildung” hätte er dann auch eher von „Fortbildungsmaßnahmen” oder „Fortbildungsveranstaltungen” gesprochen.

Welche Einzelfallentscheidungen im einzelnen unter den Mitbestimmungstatbestand fallen können, ist hier nicht zu entscheiden. Sinn und Zweck des § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG gebieten jedenfalls die Einbeziehung der Auswahl „von Dienstkräften” in die Mitbestimmung. Den Personalvertretungen obliegt nach dem Gesetz allgemein (§ 71 Abs. 1 BlnPersVG), aber auch speziell im Rahmen verschiedener Mitbestimmungstatbestände, wie etwa der Mitbestimmung bei der Übertragung höher zu bewertender Tätigkeiten (§ 87 Nr. 2, § 88 Nr. 7 BlnPersVG), bei der Beförderung (§ 88 Nr. 5 BlnPersVG) oder auch bei Beurteilungsrichtlinien (§ 85 Abs. 2 Nr. 6 BlnPersVG), die Aufgabe, darüber zu wachen, daß eine Auswahl, die das berufliche Fortkommen der Dienstkräfte berührt, nach möglichst gleichmäßigen Kriterien erfolgt und allen Dienstkräften unter Berücksichtigung ihrer Eignung und Leistung Chancengleichheit eingeräumt wird. Diese Aufgabe stellt sich auch im Rahmen der Mitbestimmung bei der Durchführung der Fortbildung von Dienstkräften. Denn selbst dann, wenn im Einzelfall kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Fortbildung und einer anschließenden Beförderung besteht, kommt der Fortbildung eine gewichtige personalpolitische Bedeutung und eine nicht minder gewichtige Bedeutung für das berufliche Fortkommen zu. Daher bedürfen die Dienstkräfte des kollektiven Schutzes der Personalvertretung auch und gerade bei der personellen Einzelbestimmung der Teilnehmer. Sollen die Personalvertretungen ihrer Aufgabe im Zusammenhang mit der Mitbestimmung bei der Durchführung der Fortbildung von Dienstkräften wirksam nachkommen können, so muß sich daher das ihnen eingeräumte Mitbestimmungsrecht notwendig auch auf die Entscheidung über die Auswahl der Teilnehmer erstrecken.

b) Ein Vergleich der Regelung in § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG mit den erst kurz zuvor vom Bundesgesetzgeber verabschiedeten Regelungen in § 75 Abs. 3 Nrn. 6 und 7, § 76 Abs. 2 Nrn. 1 und 6 BPersVG rechtfertigt keine andere Würdigung. Zwar trifft es zu, daß der Berliner Gesetzgeber nicht dem Vorbild des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 15. März 1974, BGBl I S. 693, gefolgt ist, soweit dort die Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen ausdrücklich und in gesonderten Regelungen (§ 75 Abs. 3 Nr. 7, § 76 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG) der Mitbestimmung unterworfen worden ist. Das rechtfertigt aber noch nicht den Schluß, daß er die Auswahl der einzelnen Teilnehmer nicht der Mitbestimmung unterwerfen wollte. Wenn er eine die Auswahlentscheidung einschließende Regelung treffen wollte, war eine wörtliche Anlehnung an die Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung nicht unbedingt notwendig: Schon vor Verabschiedung des Personalvertretungsgesetzes von Berlin vom 26. Juli 1974, GVBl 1974 S. 1669, war nämlich das Merkmal „Durchführung” durch die Rechtsprechung in diesem Sinne gedeutet worden: Zu dem durchaus ähnlichen Fall der Mitbestimmung bei „Fragen, die die Durchführung der Berufsausbildung betreffen”, hatte der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, daß davon nicht nur Regelungen genereller Art umfaßt würden, sondern auch Entscheidungen, die im Einzelfall festlegen, wo und in welchem Rahmen Abschnitte der Berufsausbildung von dem Dienstanfänger oder Beamtenanwärter abzuleisten sind (Beschluß vom 15. Dezember 1972 – BVerwG 7 P 4.71 – Buchholz 238.33 § 22 a BremPersVG Nr. 1; vgl. auch Beschluß vom 3. November 1978 – BVerwG 6 P 74.78 – Buchholz 238.33 § 22 a BremPersVG Nr. 2).

Ob der Berliner Gesetzgeber sich diese Rechtsprechung bewußt zu eigen gemacht hat, mag offenbleiben. Wenn er jedoch abweichend von den Regelungen des Bundes und auch von denjenigen in anderen Bundesländern die Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen von der Mitbestimmung hätte ausnehmen wollen, so hätte er dies auch im Wortlaut deutlich genug zum Ausdruck bringen müssen. Das aber ist, wie dargelegt, gerade nicht der Fall. Entgegen der Rechtsbeschwerde trifft es auch nicht zu, daß sich mit dem „Vorbild” des Bundespersonalvertretungsgesetzes ein begrifflicher Gegensatz zwischen „Durchführung der Fortbildung” einerseits und „Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen” andererseits durchgesetzt hätte. Das Begriffselement „Durchführung” findet im Bundespersonalvertretungsgesetz nur Verwendung im Zusammenhang mit der Berufsausbildung (§ 75 Abs. 3 Nr. 6 BPersVG). Bei der beruflichen Fortbildung hingegen kennt das Bundespersonalvertretungsgesetz nur die Unterscheidung zwischen „allgemeinen Fragen der Fortbildung” (§ 76 Abs. 2 Nr. 6 BPersVG) und „Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen” (§ 75 Abs. 3 Nr. 1, § 76 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG). Sie ist mit der Unterscheidung im Personalvertretungsgesetz Berlins zwar nicht identisch, ihr aber auch nicht so unähnlich, wie dies die Rechtsbeschwerde sieht.

Auch der Hinweis auf das Verständnis des Begriffs „Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen” in § 98 BetrVG 1972 ist nicht geeignet, den Standpunkt der Rechtsbeschwerde zu unterstützen. Der Vergleich mit dieser Vorschrift ist für die Auslegung des § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG noch weniger aufschlußreich, weil sie einen wesentlich anderen, in zahlreichen Einzelpunkten unterschiedlich ausgestalteten Tatbestand des Betriebsverfassungsrechts betrifft.

2. Zutreffend hat das Beschwerdegericht weiterhin ausgeführt, daß die Personalvertretungen nach § 85 Abs. 2 Nr. 3 BlnPersVG auch bei der Auswahl von Teilnehmern solcher Fortbildungsveranstaltungen mitzubestimmen haben, die „außerbetrieblich”, d.h. außerhalb der Dienststelle, veranstaltet werden. Der Rechtsbeschwerde ist zwar einzuräumen, daß derartige Veranstaltungen im Sinne eines engeren Begriffsverständnisses nicht von der Dienststelle „durchgeführt” werden. Wie dargelegt, ist hier jedoch von einem weiteren Verständnis des Begriffes „Durchführung der Fortbildung” auszugehen. Die „Fortbildung von Dienstkräften” ist immer dann der Dienststelle zuzurechnen, wenn sie sich aufgrund der ihr vorausgegangenen Entscheidungen der Dienststelle als eine solche darstellt, die jedenfalls auch in ihrem – öffentlichen – Interesse stattfindet. Das ist zumindest dann der Fall, wenn die Dienstkräfte zum Zwecke der Fortbildung bei Fortzahlung der Vergütung freigestellt werden oder wenn die Kosten der Fortbildungsmaßnahme ganz oder teilweise vom Dienstherrn getragen werden. Jedenfalls unter diesen Voraussetzungen fällt die Auswahlentscheidung als ein wesentlicher Teil der „Durchführung der Fortbildung” in den Verantwortungsbereich der Dienststelle, wirkt sie sich auch auf deren Dienstkräfte aus (vgl. zu § 75 Abs. 3 Nr. 7 BPersVG auch Fischer/Goeres in: Fürst GKÖD K § 75 Rz 95 a; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 75 Rz 158 a).

3. Zu Recht hat schließlich das Beschwerdegericht festgestellt, daß eine mitbestimmungspflichtige Auswahlentscheidung selbst dann vorliegt, wenn die Dienststelle nur „eine Dienstkraft für außerbetriebliche Maßnahmen der Fortbildung unter Fortzahlung der Dienstbezüge (Vergütung, Entgelt) freistellt”. Auch wenn es sich nur um eine einzelne Dienstkraft handelt, die sich von sich aus um eine Freistellung zum Zwecke der Fortbildung beworben hat, trifft die Dienststelle mit der stattgebenden Entscheidung über diese Bewerbung eine Auswahlentscheidung. Denn bei derartigen Einzelbewerbungen steht in der Regel noch nicht fest, daß es nur eine Dienstkraft gibt, die an der in Rede stehenden Fortbildungsmaßnahme interessiert ist. Die Mitbestimmung geht daher nicht zwangsläufig ins Leere. Denn einerseits hat die Dienststelle allen interessierten und geeigneten Dienstkräften einen gleichmäßigen Zugang zur Fortbildung zu ermöglichen, und andererseits wird auch der Personalrat in derartigen Fällen nicht seiner Aufgabe enthoben, auf eine chancengleiche und ausgewogene Berücksichtigung aller fortbildungswilligen und geeigneten Beschäftigten zu achten und gegebenenfalls andere potentielle Interessenten für die Auswahlentscheidung zu benennen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn nur ein bestimmter Beschäftigter aufgrund der Ausschreibung für die Fortbildungsmaßnahme in Betracht kommen kann, etwa weil es nur diesen einen Beschäftigten dieser Fachrichtung oder Qualifikation der Dienststelle gibt und die Fortbildung sich nur auf diesen Personenkreis erstreckt. In diesen Fällen kann keine Auswahlentscheidung stattfinden.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Niehues, Seibert, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1200550

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