Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 11.02.2015; Aktenzeichen 29 C 1241/12.E) |
Gründe
Rz. 1
Die Anhörungsrüge der Kläger hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Die Anhörungsrüge ist fristgerecht erhoben worden.
Rz. 3
Nach § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO ist die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Kenntnis von der Verletzung rechtlichen Gehörs meint positive Kenntnis der Umstände, aus denen sich die Berechtigung zur Erhebung der Anhörungsrüge ergibt. Für den Fristbeginn ist nicht erforderlich, dass der Betroffene diese Umstände auch rechtlich als Gehörsverstoß bewertet (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Januar 2013 - 4 B 4.13 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 13 Rn. 4 und vom 25. Juli 2013 - 5 C 26.12 - BayVBl. 2014, 221 Rn. 2). Knüpft eine Bestimmung an die positive Kenntnis bestimmter Umstände Rechtsfolgen, so kann es einer solchen Kenntnis gleichstehen, wenn der Betroffene sich dieser bewusst verschließt und vorsätzlich eine gleichsam auf der Hand liegende Kenntnisnahmemöglichkeit, die jeder andere in seiner Lage wahrgenommen hätte, übergeht. Dementsprechend wird auch die Frist für die Einlegung der Anhörungsrüge zu dem Zeitpunkt in Lauf gesetzt, in dem sich der Betroffene der erforderlichen Kenntnis von einer (angeblichen) Verletzung des rechtlichen Gehörs bewusst verschließt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 5 C 26.12 - BayVBl. 2014, 221 Rn. 2; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. April 2010 - 1 BvR 299/10 - NJW-RR 2010, 1215 Rn. 5, jeweils m.w.N.). Gemessen daran ist die Frist für die am 7. April 2017 eingegangene Anhörungsrüge am 25. März 2017 in Lauf gesetzt worden.
Rz. 4
a) Erfolglos machen die Kläger geltend, die Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO habe durch das angefochtene Urteil nicht in Lauf gesetzt werden können, weil dieses Urteil nicht in einem Verfahren ergangen sei, das grundlegenden rechtsstaatlichen Erfordernissen hinreichend entsprochen habe, insbesondere sei es aufgrund einer den an die Öffentlichkeit zu stellenden Anforderungen nicht genügenden mündlichen Verhandlung ergangen und bisher nicht öffentlich verkündet worden. Insoweit kann offengelassen werden, ob ein Urteil, das den Verfahrensvorschriften der Verwaltungsprozessordnung oder wesentlichen Rechtsstaatsprinzipien so evident widerspricht, dass es für die Rechtsgemeinschaft unerträglich wäre, es als verbindlich hinzunehmen, ausnahmsweise nicht geeignet ist, den Beginn der Anhörungsrügefrist auszulösen. Denn die Kläger haben schon nicht substantiiert dargelegt, dass und inwiefern das angefochtene Urteil an einem derartigen Fehler leidet. Dessen ungeachtet liegt ein solcher Mangel auch in der Sache nicht vor. Hinsichtlich der im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2016 erhobenen Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit des Verfahrens wird auf die diesbezüglichen Ausführungen des Senats in den die Beteiligten betreffenden Beschlüssen vom 14. November 2016 und 12. Dezember 2016 - 5 C 10.15 D - verwiesen. Weitergehende Ausführungen sind aufgrund des diesbezüglichen Vorbringens der Kläger im Anhörungsrügeverfahren nicht geboten. Die öffentliche Verkündung des angefochtenen Urteils steht - entgegen der Auffassung der Kläger - auch aufgrund der Beweiskraft des Protokolls über die öffentliche Sitzung vom 14. November 2016 nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 415 ZPO fest.
Rz. 5
b) Die gesetzlich vorausgesetzte Kenntnis der Kläger von dem Urteil und damit von den Umständen, die ihrer Auffassung nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör begründen, trat hier nicht schon mit der Abholung des als Einschreiben zugestellten Urteils bei der Post durch einen Bevollmächtigten des Klägers zu 2 am 23. März 2017 ein. Vielmehr haben die Kläger diese Kenntnis erst am 25. März 2017 erlangt. Nach dem anwaltlich versicherten Vorbringen ihres Prozessbevollmächtigten, des Klägers zu 2, ist das mit der Anhörungsrüge angegriffene Urteil des Senats an diesem Tag in der Kanzlei eingegangen. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat nicht ausdrücklich behauptet, dass er das Urteil erst an einem späteren Tag gelesen und damit dessen Inhalt und die (angebliche) Gehörsverletzung nicht am Tag des Eingangs zur Kenntnis genommen habe. Soweit er vorträgt, ihm sei "eine sorgfältige Durcharbeitung des Urteils und die Abgleichung mit Vortrag zum Verfahren, die zum hinreichend sicheren Erkennen von Gehörverletzungen im hier gegebenen Umfang erforderlich ist", auch für den 25. März 2017 nicht "kurzfristig einplanbar" gewesen, bezieht sich dies auf die für den Fristbeginn unerhebliche Bewertung von Umständen als Gehörsverstoß. Selbst wenn der Prozessbevollmächtigte zum Ausdruck bringen wollte, dass er das Urteil nicht am Tag seines Erhalts, sondern zu einem späteren Zeitpunkt gelesen habe, wäre die Frist am 25. März 2017 in Lauf gesetzt worden. In diesem Fall hätte der Prozessbevollmächtigte der Kläger bewusstermaßen eine gleichsam auf der Hand liegende Kenntnisnahmemöglichkeit, die jeder andere in seiner Lage wahrgenommen hätte, übergangen. Damit hätte er sich der für den Fristbeginn erforderlichen Kenntnis von einer (angeblichen) Verletzung des rechtlichen Gehörs bewusst verschlossen. Ein derartiges Verhalten wäre nach Lage des Falles einer positiven Kenntnis gleichzusetzen.
Rz. 6
Mithin begann die zweiwöchige Rügefrist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO am 26. März 2017, einem Sonntag, zu laufen (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB) und endete am Montag, dem 10. April 2017 (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2, § 193 BGB). Die am 7. April 2017 bei dem Bundesverwaltungsgericht eingegangene Anhörungsrüge vom selben Tag gegen das Urteil des Senats vom 14. November 2016 ist somit innerhalb der Zweiwochenfrist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben worden.
Rz. 7
2. Das Verfahren ist nicht nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO fortzuführen.
Rz. 8
Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, deren Verletzung nach § 152a VwGO gerügt werden kann, besteht darin, jedem Verfahrensbeteiligten die Gelegenheit zu geben, sich zu dem gesamten Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern. Für den Fall, dass eine mündliche Verhandlung stattfindet, begründet der Anspruch auf rechtliches Gehör vor allem das Recht der Partei auf Äußerung in dieser Verhandlung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 ≪370≫; BVerwG, Beschluss vom 17. September 2006 - 1 B 102.06 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 345 Rn. 4 m.w.N.). Inwieweit diese Gelegenheit wahrgenommen wird, ist Sache des Beteiligten. Durch seine prozessuale Mitverantwortung wird der Anspruch auf rechtliches Gehör begrenzt. Der Beteiligte hat alles in seinen Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche zu tun, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. BFH, Beschluss vom 10. September 2015 - X B 134/14 - BFH/NV 2016, 54 Rn. 38). Es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, wenn die Partei es unterlässt, Gebrauch von den ihr verfahrensrechtlich gebotenen Möglichkeiten zu machen, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BVerwG, Beschluss vom 14. November 2006 - 10 B 48.06 - juris Rn. 5 m.w.N.). Im Übrigen verpflichtet der Anspruch auf rechtliches Gehör die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 ≪216≫). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte dieser Pflicht nachgekommen sind (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 ≪145 f.≫). Die Gerichte sind allerdings nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Urteilsgründen ausdrücklich zu befassen (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 ≪368≫). Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, ein Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 ≪368≫ und vom 15. April 1980 - 1 BvR 1365/78 - BVerfGE 54, 43 ≪46≫; BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2015 - 5 C 6.15 - juris Rn. 3). Vielmehr sind in dem Urteil nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Gerichte können sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach ihrem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (BVerwG, Beschlüsse vom 8. September 2016 - 2 C 10.16 - juris Rn. 4 und vom 21. März 2017 - 6 C 5.17 - juris Rn. 2, jeweils m.w.N.). Geht ein Gericht auf einzelne Teile des Vorbringens eines Beteiligten nicht ein, dokumentiert es damit in der Regel zugleich, dass es sie für rechtlich irrelevant hält (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2000 - 4 BN 43.99 - ZfBR 2000, 424 ___LT_Σ_GT___). Insbesondere vermittelt der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs keinen Schutz davor, dass ein Gericht den Vortrag eines Beteiligten aus Gründen des materiellen Rechts ganz oder teilweise außer Betracht lässt (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 21. April 1982 - 2 BvR 810/81 - BVerfGE 60, 305 ≪310≫ m.w.N.). Deshalb müssen, wenn eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs festgestellt werden soll, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 ≪187 f.≫ und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 ≪145 f.≫). Aus dem Umstand, dass ein Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Urteilsgründen nicht abgehandelt hat, kann nur ausnahmsweise geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 ≪189 f.≫ und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91- BVerfGE 86, 133 ≪146≫; BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 5 C 26.12 - BayVBl. 2014, 221 Rn. 5). Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. November 2004 - 1 BvR 179/03 - NVwZ 2005, 204 ≪205≫; BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2016 - 5 B 4.16 - juris Rn. 4).
Rz. 9
Des Weiteren verpflichtet der Anspruch auf rechtliches Gehör das Gericht grundsätzlich nicht, die Beteiligten auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Denn die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verbietet aber, dass ein Beteiligter durch die angegriffene Entscheidung im Rechtssinne überrascht wird. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte. Dagegen kann von einer Überraschungsentscheidung nicht gesprochen werden, wenn das Gericht Tatsachen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten, in einer Weise würdigt oder aus ihnen Schlussfolgerungen zieht, die nicht den subjektiven Erwartungen eines Prozessbeteiligten entsprechen oder von ihm für unrichtig gehalten werden (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2017 - 5 B 75.15 D - juris Rn. 11 m.w.N.).
Rz. 10
Die eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs begründenden Umstände sind gemäß § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO vom Rügeführer substantiiert darzulegen. Er muss daher die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Möglichkeit einer derartigen Verletzung ableiten lässt. Was dazu im Einzelnen vorzutragen ist, bestimmt sich danach, auf welche Gründe die Anhörungsrüge gestützt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 - 5 B 16.13 - juris Rn. 6 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08 - NJW 2009, 1609). Das erforderliche Vorbringen muss dem Gericht innerhalb der Rügefrist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO unterbreitet werden. Das ist bereits dem Gesetzeswortlaut mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen. Danach "ist [die Rüge]" innerhalb der Frist nach § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO "zu erheben" und "muss" unter anderem das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen "darlegen". Aus der Wiederholung des in Satz 1 verwendeten Subjekts ("Die Rüge") ergibt sich, dass die Angabe der maßgeblichen Gründe integraler Teil der Anhörungsrüge und daher zusammen mit ihr der Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO unterworfen ist. Die Regelungssystematik der Verwaltungsprozessordnung bekräftigt diesen Befund. Danach sieht die Verwaltungsprozessordnung für andere Rechtsbehelfe wie beispielsweise die Nichtzulassungsbeschwerde oder die Revision eine eigene Begründungsfrist vor (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 1 und § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Das Fehlen einer entsprechenden Regelung für die Anhörungsrüge legt es nahe, dass die Anhörungsrüge in ihrer Gesamtheit mitsamt der Begründung innerhalb der Rügefrist bei Gericht anzubringen ist. Schließlich entspricht dieses Normverständnis vor allem auch dem Zweck der Anhörungsrüge und der Funktion der Rügefrist. Die Anhörungsrüge soll einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse des Rügeführers an der Durchbrechung der Rechtskraft zur Wahrung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und dem Interesse der übrigen Verfahrensbeteiligten an einem zügigen Eintritt der Rechtskraft schaffen (vgl. BT-Drs. 15/3706 S. 13 und 16). Dem würde es zuwiderlaufen, wenn der Rügeführer nach Ablauf der gesetzlichen Antragsfrist sein Vorbringen jederzeit erweitern könnte (vgl. BSG, Beschluss vom 18. Mai 2009 - B 3 KR 1/09 C - NJW 2010, 1694 sowie ferner BFH, Beschluss vom 26. November 2008 - VII S 28/08 - BFH/NV 2009, 409; BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 2007 - 8 PKH 5.07 und 8 PKH 3.07 - juris Rn. 1; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 152a Rn. 26; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 152a Rn. 31; Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 152a Rn. 18). In jedem Fall erfordert die schlüssige Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt, regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was der Beteiligte bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgebracht hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juni 2009 - 5 B 16.09 - juris Rn. 12 und vom 24. Februar 2015 - 5 P 4.14 - juris Rn. 16, jeweils m.w.N.). Auch diese Darlegung muss innerhalb der Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO erfolgen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2009 - 9 A 24.09 - juris Rn. 2).
Rz. 11
Die Anhörungsrüge lässt sich nicht mit Einwendungen begründen, die in Wirklichkeit auf die Fehlerhaftigkeit der mit ihr angegriffenen Entscheidung zielen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. März 2013 - 7 C 3.13 - juris Rn. 2). Denn die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 24. November 2011 - 8 C 13.11 - ZfWG 2012, 36 und vom 21. Januar 2015 - 5 C 6.15 - juris Rn. 3). Ebenso wenig kann die Anhörungsrüge auf die Verletzung einer anderen Verfassungs- oder Verfahrensgarantie als der Garantie des rechtlichen Gehörs gestützt werden (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20. März 2013 - 7 C 3.13 - juris Rn. 4 m.w.N.).
Rz. 12
Gemessen an diesen rechtlichen Maßstäben ist der Rüge kein Erfolg beschieden.
Rz. 13
a) Das Vorbringen der Kläger, "die vertieft dargelegten Rügen zur Verletzung elementarer Verfahrensrechte der Kläger [hätten] bei der Ablehnung der beantragten Verlegung des Verhandlungstermins und zum weiteren Verlauf des Verfahrens [...] in den Urteilsgründen beschieden werden müssen", genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung einer Gehörsverletzung. Die "vertieft dargelegten Rügen" sowie die angeblich verletzten "elementaren Verfahrensrechte" werden nicht konkret bezeichnet. Darüber hinaus wird nicht substantiiert aufgezeigt, welche konkreten in Bezug auf die "vertieft dargelegten Rügen" unterbreiteten entscheidungserheblichen Ausführungen der Kläger der Senat nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen oder mit welchen von ihnen er sich nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hätte. Auch kann - was ebenfalls erforderlich wäre - dem insoweit innerhalb der Rügefrist unterbreiteten Vorbringen nicht entnommen werden, was die Kläger bei nach ihrer Ansicht ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs mit Blick auf diese Rügen noch vorgetragen hätten und inwiefern dieser weitere Vortrag geeignet gewesen wäre, zu einer für sie günstigeren Entscheidung, insbesondere im Hinblick auf welches konkrete, von ihnen als verletzt gerügte "elementare Verfahrensrecht", zu führen. Ihre nicht näher begründete Behauptung, "dann hätte dem wiederholt vertieft begründeten Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung stattgegeben werden müssen", genügt hierfür nicht.
Rz. 14
Abgesehen davon liegt die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs auch in der Sache nicht vor. Der Vorsitzende hat noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung am 14. November 2016 die Gegenvorstellung der Kläger gegen die abgelehnte Verlegung des Termins und deren erneuten Verlegungsantrag mit einer begründeten Verfügung beschieden, sodass sich ein Eingehen hierauf im Urteil erübrigte. Mit den von den Klägern behaupteten Verfahrensfehlern hat sich der Senat in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen befasst. Dabei hat er sich mit den insoweit vorgetragenen rechtlichen und tatsächlichen Argumenten der Kläger in der gebotenen Weise und dem erforderlichen Umfang auseinandergesetzt. Dass er dabei zu einer von der Rechtsauffassung der Kläger abweichenden materiellrechtlichen Beurteilung gelangt ist, begründet keinen Gehörsverstoß. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet den Senat - wie dargelegt - nicht, dem Vorbringen der Beteiligten zu folgen.
Rz. 15
b) Soweit die Kläger dahin verstanden werden möchten, dass sie die unterbliebene Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung als Gehörsverletzung rügen, bleibt die Rüge schon deshalb erfolglos, weil die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung - wie in dem angefochtenen Urteil dargelegt - nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO ausgeschlossen ist, wenn - wie hier - in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung vom 14. November 2016 geschlossen wurde, ein Endurteil verkündet worden ist (§ 116 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rz. 16
c) An einer ordnungsgemäßen Geltendmachung der Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör fehlt es auch, soweit die Kläger geltend machen, ihnen sei "weder in erster Instanz noch im Revisionsverfahren eine faire Chance ermöglicht worden, die nach Auffassung des Gerichts maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten bei zumutbaren Anforderungen in einer mündlichen Verhandlung erörtern und die klägerischen Argumente darlegen zu können". Die Kläger legen innerhalb der Rügefrist nicht dar, was sie bei nach ihrer Ansicht ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs in der mündlichen Verhandlung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht noch vorgetragen hätten und inwiefern dieses Vorbringen eine Entscheidung zu ihren Gunsten hätte herbeiführen können. Ihr Hinweis, der für sie "bestehende Erörterungsbedarf und der nicht hinreichend ermöglichte Vortrag" ergebe sich aus ihrem umfangreichen Vortrag nach den jeweiligen Verhandlungsterminen, reicht hierfür nicht. Der "umfangreiche Vortrag" wird nicht hinreichend genau benannt. Die fehlende Spezifizierung wiegt umso schwerer, weil sich die Schriftsätze der Kläger, die sie nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 14. November 2016 eingereicht haben, auf unterschiedliche rechtliche Anträge und Beschlüsse beziehen. Außerdem wird nicht nur auf den "umfangreichen Vortrag" im Revisionsverfahren, sondern auch auf das Vorbringen "in erster Instanz" verwiesen. Der dortige Vortrag kann jedoch nicht Gegenstand der gegen das Revisionsurteil gerichteten Anhörungsrüge sein.
Rz. 17
d) Das Vorbringen, "[m]it der Verfahrensführung/-leitung des Vorsitzenden (spätestens) ab dem 7.03.2016, der Mitwirkung der Berichterstatterin und den seitdem ergangenen Entscheidungen" seien "fortgesetzt elementare Verfahrens(grund)rechte der Kläger derart gravierend verletzt worden, dass ggü. allen mitwirkenden Richter(inne)n Besorgnisse der Befangenheit eindeutig begründet" seien, ist nicht geeignet, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darzutun. Soweit die Kläger damit der Sache nach die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts (vgl. § 138 Nr. 1 VwGO) rügen, betrifft dies nicht das Gebot des rechtlichen Gehörs, sondern den Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Dessen angebliche Verletzung kann - nach den dargelegten rechtlichen Maßstäben - nicht zum Gegenstand einer Anhörungsrüge gemacht werden. Denn diese kann nur auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützt werden. Auch im Übrigen ist mit dem hier in Rede stehenden Vorbringen eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht substantiiert dargetan.
Rz. 18
e) Ohne Erfolg rügen die Kläger, die "angefochtenen Urteile des HessVGH und des BVerwG" hätten ihre "Kernargumente [...] nicht beschieden", als gehörsverletzend. Soweit dieser Vorwurf gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs gerichtet ist, geht die Rüge schon deshalb fehl, weil ein Urteil der Vorinstanz - wie bereits erwähnt - nicht Gegenstand der gegen das Revisionsurteil gerichteten Anhörungsrüge sein kann. Soweit der Vorwurf gegen das Revisionsurteil erhoben wird, erfüllt das Vorbringen der Kläger zum Teil schon nicht die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO, zum Teil greift die Rüge in der Sache nicht durch.
Rz. 19
aa) Soweit die Kläger eine Auseinandersetzung mit ihrem Vorbringen zu der Untätigkeitsklage 1 E 489/98 vermissen, wonach "(dort von vorneherein!) Fristsetzungen gemäß § 87b Abs. 2 VwGO" hätten "erfolgen müssen", verkennen sie, dass sich der Senat mit diesem Vorbringen aus Gründen des materiellen Rechts nicht befassen musste. Nach seiner insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung war nach der Übergangsvorschrift des Art. 23 Satz 1 ÜberlVfRSchG der Anwendungsbereich des § 198 GVG für das Verfahren 1 E 489/98 nicht eröffnet. Aus diesem Grund musste das Verfahren 1 E 489/98 nicht darauf hin überprüft werden, ob die Verfahrensführung des Verwaltungsgerichts nach Maßgabe des § 198 Abs. 1 GVG Veranlassung zur Beanstandung gegeben hat. Entsprechendes gilt, soweit die Kläger dahin verstanden werden möchten, es verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör, dass der Senat im Zusammenhang mit dem Verfahren 1 E 489/98 nicht auf ihr Argument eingegangen sei, bei "sofort vollziehbaren Gebührenbescheiden besteht grundsätzlich eine erhöhte Förderungsbedürftigkeit i.S.v. Art. 6 Abs. 1 EMRK".
Rz. 20
bb) Aus denselben Gründen geht auch die Kritik der Kläger fehl, die "Untätigkeitsklage 1 E 512/97" hätte "bedeutend zügiger und konsequenter - gerade auch bzgl. der Anforderung vollständiger Aktenvorlagen mit Fristsetzung gemäß § 87b Abs. 2 VwGO - gefördert werden müssen". Nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Senats war auch das Verfahren 1 E 512/97 mangels Vorliegens der Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des Art. 23 Satz 1 ÜberlVfRSchG nicht Gegenstand eines eigenständigen Entschädigungsanspruchs nach § 198 Abs. 1 GVG und demzufolge nicht in zeitlicher Hinsicht vollumfänglich daraufhin zu überprüfen, ob seine Dauer im Sinne dieser Vorschrift unangemessen war.
Rz. 21
Im Übrigen fehlt es an einer ordnungsgemäßen Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, soweit die Kläger dahin verstanden werden möchten, dass sich ihre Kritik auch gegen die Auffassung des Senats wendet, wonach das Nichtbetreiben des Verfahrens 1 E 633/98 von Mitte Januar 2000 bis Ende August 2000, von Ende August 2000 bis Ende Dezember 2000, von Juni 2001 bis zum 21. August 2001 sowie vom 21. Februar 2002 bis zum 2. Mai 2002 mit Blick darauf sachlich gerechtfertigt war, dass das Verwaltungsgericht währenddessen das von ihm als Leitverfahren durchgeführte Verfahren 1 E 512/97 bearbeitet und dort die gebotenen verfahrensfördernden Handlungen vorgenommen hat. Die Kläger legen schon nicht - was, wie aufgezeigt, erforderlich wäre - innerhalb der Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO substantiiert dar, welches der von ihnen vorgebrachten Argumente zur Führung des Verfahrens 1 E 512/97 in den vorstehend genannten Zeiträumen im Einzelnen angeblich übergangen worden ist.
Rz. 22
cc) Ohne Erfolg rügen die Kläger, der Senat habe ihr "Kernargument" in Bezug auf das Verfahren 1 E 633/98, dort hätten von vornherein "Fristsetzungen gemäß § 87b Abs. 2 VwGO erfolgen müssen", nicht beschieden. Auch diese Gehörsverletzung wird nicht in einer den gesetzlichen Darlegungsanforderungen entsprechenden Weise aufgezeigt. Der Senat hat die Verfahrensführung des Verwaltungsgerichts im Verfahren 1 E 633/98 geprüft. Dabei hat er einzelne Verfahrensabschnitte gebildet und für jeden einzelnen dieser Abschnitte konkret dargelegt, dass die Verfahrensführung des Verwaltungsgerichts unter Gewichtung und Abwägung der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien und der gerichtlichen Gestaltungsfreiheit nicht zu beanstanden gewesen bzw. inwieweit das Verwaltungsgericht danach den Anforderungen an eine angemessene Verfahrensdauer nicht gerecht geworden ist. Die Kläger geben nicht an, im Hinblick auf welchen konkreten Verfahrensabschnitt sie die Notwendigkeit einer Fristsetzung nach § 87b Abs. 2 VwGO geltend gemacht hätten und inwieweit sich der Senat hierzu angeblich nicht verhalten hat. Soweit sich die Kläger bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens in diesem Zusammenhang für eine stärkere als die vom Senat angenommene Förderungspflicht des Verwaltungsgerichts aussprechen, wenden sie sich der Sache nach gegen die Sachverhaltswürdigung und materielle Rechtsanwendung durch den Senat. Ein Gehörsverstoß ist damit nicht dargetan. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte - wie dargelegt - nicht, der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen.
Rz. 23
dd) Soweit die Kläger die Gehörsverletzung damit begründen, ihre Rechtsauffassung, dass bei "sofort vollziehbaren Gebührenbescheiden [...] grundsätzlich eine erhöhte Förderungsbedürftigkeit i.S.v. Art. 6 Abs. 1 EMRK" bestehe, sei nicht beschieden worden, erfüllt ihr Vorbringen ebenfalls nicht die gesetzlichen Darlegungsanforderungen. Der Senat ist auf den Gesichtspunkt der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO fehlenden aufschiebenden Wirkung der Klage im Zusammenhang mit dem Verfahren 1 K 667/05 im Rahmen der Prüfung der Bedeutung des Verfahrens im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG eingegangen und hat sich mit Blick darauf nicht veranlasst gesehen, diesem Verfahren im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG eine mehr als durchschnittliche Bedeutung beizumessen. Die Kläger zeigen nicht auf, mit welchem konkreten, von ihnen vorgetragenen rechtlichen Argument sich der Senat dabei angeblich nicht befasst hat. Soweit sie auch diese Rüge dahin verstanden wissen möchten, dass sie die Sachverhaltswürdigung und materielle Rechtsanwendung durch den Senat als fehlerhaft beanstanden, ist ihr Vorbringen nicht geeignet, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darzutun. Sie können auf diese Weise nicht eine erneute Überprüfung der vom Senat zurückgewiesenen Revision erreichen.
Rz. 24
ee) Soweit die Kläger eine Auseinandersetzung mit ihrem Vorbringen vermissen, "Erweiterungen des Streitgegenstandes und/oder Komplizierungen des Verfahrens" durch "rechtliche und/oder tatsächliche Klärungen aufgrund der Überlänge eines Rechtsschutzverfahrens" könnten "eine längere Dauer von Verfahren zu Gebührenforderungen für Monopolleistungen der Daseinsvorsorge nicht rechtfertigen", begründet dies nicht den Vorwurf einer Gehörsverletzung. Der Senat hat sich mit diesen Umständen namentlich auch bei der Prüfung des Anspruchs auf eine weitere Entschädigung für immaterielle Nachteile aufgrund der Dauer des Verfahrens 1 E 633/98 - 1 K 667/05 im Rahmen der Prüfung der Merkmale des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG befasst und dahin erkannt, dass die Dauer des Verfahrens 1 E 633/98 - 1 K 667/05 im Umfang von insgesamt 54 Monaten unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG war. Durch die Darlegung seiner Rechtsauffassung, die von der Rechtsansicht der Kläger, dass "Komplizierungen" eine längere Verfahrensdauer nicht rechtfertigten, abweicht, hat der Senat das Vorbringen der Kläger der Sache nach beschieden. Dass er der Rechtsansicht der Kläger nicht Folge geleistet hat, verletzt das rechtliche Gehör der Kläger nicht.
Rz. 25
ff) Als weitere Verletzung des Gehörsanspruchs beanstanden die Kläger, der Senat habe ihr "Kernargument" nicht beschieden, "bei der Auslegung der §§ 198 ff. GVG bzgl. des Verfahrensbegriffs" müsse berücksichtigt werden, dass "der Streitgegenstand von Widersprüchen und Anfechtungsklagen gegen sofort vollziehbare Gebührenbescheide regelmäßig auch die Rückgängigmachung eines rechtswidrigen Vollzugs" umfasse mit der Folge, dass "wirksamer Rechtsschutz gemäß Art. 13 EMRK eine Gesamtbetrachtung der Dauer des erfolgreichen Anfechtungsverfahrens und eines nachfolgenden Gerichtsverfahrens zur Abrechnung [...], - sowohl bzgl. der Bestimmung der maßgeblichen Verfahrensdauer als auch bzgl. des Beginns der Frist gemäß Art. 35 Abs. 1 EMRK" erfordere. Auch diese Rüge begründet keine Gehörsverletzung durch das Revisionsurteil. Die Kläger halten mit diesem Vorbringen an ihrer im Revisionsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest, für das Gerichtsverfahren im entschädigungsrechtlichen Sinn genüge ein materieller Sachzusammenhang von Ansprüchen, die prozessual in getrennten Verfahren verfolgt würden. Der Senat hat den entsprechenden Vortrag der Kläger zur Kenntnis genommen und ihn, indem er in Auslegung der einschlägigen Bestimmungen dahin erkannt hat, dass der entschädigungsrechtliche Begriff des Verfahrens (Art. 23 ÜberlVfRSchG, §§ 198 ff. GVG) an den Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens anknüpft und bei der Rechtsverfolgung verschiedener prozessualer Ansprüche nur dann ein Gerichtsverfahren im entschädigungsrechtlichen Sinne vorliegt, wenn die Streitgegenstände in einem Ausgangsverfahren verbunden sind und verbunden bleiben, der Sache nach beschieden. Dass der Senat dem rechtlichen Ansatz der Kläger nicht gefolgt ist, stellt keine Gehörsverletzung dar.
Rz. 26
gg) Keinen Erfolg hat die Anhörungsrüge auch, soweit sich die Kläger zu ihrer Begründung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur sogenannten fortdauernden Situation beziehen und daraus ableiten, dass Verfahren aufgrund eines engen sachlichen Zusammenhangs wie im Falle der Verfahren gegen Gebührenbescheide und deren Vollzug als Einheit zu betrachten seien. Es trifft nicht zu, dass der Senat die entsprechenden Ausführungen der Kläger im Revisionsverfahren nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat. Der Senat hat sich mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur sogenannten fortdauernden Situation auseinandergesetzt, aber aus ihr andere Schlussfolgerungen als die Kläger gezogen. Er hat dieser Rechtsprechung vor allem für die Bestimmung des Beginns der Sechsmonatsfrist des Art. 35 Abs. 1 EMRK entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen, nicht aber für die inhaltliche Ausgestaltung des Begriffs des Gerichtsverfahrens im Sinne der entschädigungsrechtlichen Bestimmungen. In Übereinstimmung mit den aufgezeigten rechtlichen Maßstäben durfte sich der Senat daher im Rahmen der Bestimmung des Begriffs des Gerichtsverfahrens darauf beschränken, die (übrige) Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte darzustellen und zu würdigen, aus der sich kein Anhaltspunkt für die Annahme ergibt, dass eine Anbindung des Begriffs an den sogenannten zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff als den zentralen prozessualen Maßstab aller innerstaatlichen Gerichtsverfahrensordnungen mit Konventionsrecht nicht vereinbar ist. Durch das fehlende Eingehen auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur sogenannten fortdauernden Situation hat er dokumentiert, dass er diese Rechtsprechung nicht für einschlägig hält, soweit es um die Bestimmung des Begriffs des Gerichtsverfahrens geht. Die Gehörsrüge greift somit nicht durch. Die Kläger versuchen vielmehr insoweit erneut, im Gewande einer Gehörsrüge die rechtliche Würdigung als fehlerhaft anzugreifen und auf diese Weise eine neuerliche Überprüfung der vom Senat zurückgewiesenen Revision zu erreichen. Die Anhörungsrüge stellt aber - wie dargelegt - keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar.
Rz. 27
f) Entsprechendes gilt, soweit die Kläger geltend machen, die für sie "zitierten diversen Entscheidungen des EGMR (u.a. vom 29.05.2012 - 19488/09 und vom 10.07.2012 - 27366/07), die zahlreiche Beschwerdeführer auf den nationalen Rechtsweg zurückverwiesen" hätten, sowie "die durch den EGMR in den Gründen der Entscheidung 69789/01 erfolgten Darlegungen zur Erforderlichkeit einer Auslegung des Art. 35 Abs. 1 EMRK, die bei der Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts für den Beginn der 6-Monatsfrist berücksichtigt, wenn aufgrund einer wiederholten Rechtsprechung des EGMR ein klares Erfordernis für die Schaffung eines nationalen Rechtsbehelfs" bestehe, seien nicht berücksichtigt worden. Daraus ergebe sich, dass "(allein) eine Erschöpfung des ggf. zunächst nur zu erwartenden Rechtsbehelfs als maßgeblicher Anknüpfungspunkt" anzusehen sei. Damit ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dargetan. Der Senat hat - wie bereits erwähnt - der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur sogenannten fortdauernden Situation entnommen, dass bei nach Art. 23 Satz 1 Alt. 2 ÜberlVfRSchG am 3. Dezember 2011 abgeschlossenen Verfahren für den Beginn der Sechsmonatsfrist des Art. 35 Abs. 1 EMRK in der Regel auf den Abschluss in der allgemeinen bzw. in der Fachgerichtsbarkeit abzustellen ist. Er durfte sich daher bei der Bestimmung des maßgeblichen Anknüpfungspunkts für den Beginn der Frist des Art. 35 Abs. 1 EMRK auf die Darstellung und Würdigung dieser Rechtsprechung beschränken. Darüber hinaus hat der Senat ausgeführt, dass dieses Auslegungsergebnis durch das Urteil in Sachen Sürmeli/Bundesrepublik Deutschland vom 8. Juni 2006 nicht in Frage gestellt wird. In diesem Zusammenhang ist er auf weitere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eingegangen, welche die Prämisse der Kläger, der Gerichtshof werde nach dem 8. Juni 2006 die bei ihm anhängigen Beschwerden oder noch anhängig werdenden Beschwerden mangels Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe als unzulässig abweisen, widerlegt haben. Die Kläger halten mit ihrem vorstehenden Vorbringen an dieser Prämisse fest, ohne sich mit den Erwägungen des Senats substantiiert auseinanderzusetzen. Ihre Ausführungen erschöpfen sich im Kern vielmehr in einer bloßen Kritik an der Sachverhaltswürdigung und materiellen Rechtsanwendung durch den Senat, der sie ihre eigene, davon abweichende Würdigung entgegensetzen. Ein solches Vorbringen ist nicht geeignet, eine Gehörsverletzung aufzuzeigen.
Rz. 28
g) Aus demselben Grund führt auch die Rüge der Kläger, der Senat habe "zudem bei Auslegung der §§ 198 ff. GVG [...] nicht die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik gemäß Art. 6 Abs. 1 und 13 EMRK und die grundgesetzliche Gewährleistung einer Beachtung dieser Verpflichtungen ggü. allen Bürgern gemäß Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 1, 13 EMRK vorrangig berücksichtigt", nicht zum Erfolg. Der Senat geht auf diese Gesichtspunkte in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausführlich ein. Dass er dabei zu anderen rechtlichen Schlussfolgerungen als die Kläger kommt, begründet keinen Gehörsverstoß. Mit der Beanstandung, dass die Rechtsauffassung des Senats, wonach der entschädigungsrechtliche Verfahrensbegriff (Art. 23 ÜberlVfRSchG, §§ 198 ff. GVG) an den Streitgegenstand anknüpft, fehlerhaft sei, lässt sich die Anhörungsrüge nicht begründen.
Rz. 29
h) Ohne Erfolg rügen die Kläger, bei dem angefochtenen Urteil handele es sich um eine das rechtliche Gehör verletzende Überraschungsentscheidung. Sie sehen eine solche darin, dass der Senat die Zeiträume, in denen das Verwaltungsgericht im Verfahren 1 E 633/98 untätig war, aber das von ihm der Sache nach als Leitverfahren durchgeführte Verfahren 1 E 512/97 kontinuierlich bearbeitet und gefördert hat, als vom richterlichen Gestaltungsspielraum gedeckt angesehen hat. Die Kläger halten die Qualifizierung des Verfahrens 1 E 512/97 als Leitverfahren für überraschend. Außerdem stelle es eine Überraschungsentscheidung dar, dass der Senat "zum 'Stammverfahren' 1 E 633/98 sogar ohne Anschlussrechtsmittel des beklagten Landes eine reformatio in peius" vertrete. Ebenso hätten sie nicht damit rechnen müssen, "dass ohne tatsächliche Feststellungen des erstinstanzlichen Entschädigungsgerichts zum Verfahren 1 E 512/97 durch das Revisionsgericht - zudem ohne jeden vorherigen Hinweis rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung - eigene tatsächliche Feststellungen" erfolgten. Damit wird die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs durch eine sogenannte Überraschungsentscheidung schon nicht schlüssig dargetan.
Rz. 30
Die Kläger lassen außer Acht, dass in einem Fall wie hier, in dem eine mündliche Verhandlung stattfindet, der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor allem das Recht der Partei auf Äußerung in dieser Verhandlung begründet. Bleibt eine Partei unentschuldigt einer mündlichen Verhandlung fern und war sie in der rechtzeitigen und auch im Übrigen ordnungsgemäßen Ladung darauf hingewiesen worden, dass bei Ausbleiben auch ohne sie verhandelt und entschieden werden könne, hat sie dem Gericht schon keine Gelegenheit gegeben, den Fall auch hinsichtlich vom Gericht für wesentlich erachteter Umstände mit ihr zu erörtern. In diesem Fall scheidet eine den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzende Überraschungsentscheidung von vornherein aus (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. September 2006 - 1 B 102.06 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 345 Rn. 4 und vom 2. Mai 2017 - 5 B 75.15 D - juris Rn. 16, jeweils m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 ≪370≫). So verhält es sich hier.
Rz. 31
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 11. August 2016 zur mündlichen Verhandlung am 14. November 2016 ordnungsgemäß geladen. Die Ladung enthielt den Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne. Der Antrag des Prozessbevollmächtigten vom 8. November 2016 auf Aufhebung oder Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 14. November 2016 wurde vom Vorsitzenden mit Verfügung vom 11. November 2016 abgelehnt. Die dagegen gerichtete Gegenvorstellung und ein erneuter Verlegungsantrag hatten keinen Erfolg. Der Prozessbevollmächtigte konnte nicht davon ausgehen, dass seinen Verlegungsanträgen stattgegeben wird. Er musste also damit rechnen, dass die mündliche Verhandlung - wie geschehen - stattfinden würde. Da er an dem Termin unentschuldigt ferngeblieben ist, hat er das Mögliche und Erforderliche unterlassen, um den Klägern ausreichend rechtliches Gehör zu verschaffen. Insbesondere hat er dem Senat durch sein Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung keine Gelegenheit gegeben, den Fall mit ihm zu erörtern.
Rz. 32
Dessen ungeachtet haben die Kläger - was nach den aufgezeigten rechtlichen Anforderungen erforderlich gewesen wäre - jedenfalls nicht innerhalb der Rügefrist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO hinreichend dargelegt, was sie auf den vermissten Hinweis des Senats im Einzelnen noch vorgetragen hätten und inwiefern dieses Vorbringen zu einer für sie günstigeren Bemessung der unangemessenen Dauer des Verfahrens 1 E 633/98 hätte führen können. Soweit die Kläger ihr Vorbringen dahin verstanden wissen möchten, sie hätten in diesem Fall ausgeführt, dass die Berücksichtigung der Bearbeitung des Verfahrens 1 E 512/97 als Rechtfertigungsgrund bezüglich des Verfahrens 1 E 633/98 zu einer unzulässigen reformatio in peius führe, weil der Verwaltungsgerichtshof für dieses Verfahren eine Verzögerung von 53 Monaten angenommen habe, verkennen sie, dass sich die Rechtskraft des Urteils auf dessen Entscheidungsausspruch beschränkt. Das hat vorliegend zur Folge, dass der Senat den Klägern keine geringere als die ihnen durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs zuerkannte Entschädigung hätte zusprechen können. Einzelne Urteilselemente und so auch die Feststellung der unangemessenen Dauer des Verfahrens 1 E 633/98 werden von der (Teil-)Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs nicht erfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 - 8 C 15.10 - BVerwGE 140, 290 Rn. 20 m.w.N.).
Rz. 33
3. Soweit die Kläger in ihren Schriftsätzen vom 11. April bis 16. Mai 2017 nicht nur ihre bis zum Ablauf des 10. April 2017 erfolgten Darlegungen erläutern und vervollständigen, sondern ihre Anhörungsrüge auf neue Gesichtspunkte stützen, können ihre Ausführungen der Anhörungsrüge schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil sie nicht - was nach den dargelegten rechtlichen Vorgaben erforderlich gewesen wäre - innerhalb der Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO gemacht worden sind. Denn die Antragsfrist ist - wie aufgezeigt - am 10. April 2017 abgelaufen. Die danach eingegangen Rügen sind mithin zu vernachlässigen. Für die von den Klägern beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO ist kein Raum.
Rz. 34
Zwar kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen grundsätzlich auch gegen die Versäumung der Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Erhebung der Anhörungsrüge gewährt werden. So verhält es sich hier aber nicht. Die Kläger haben die Anhörungsrüge - wie dargelegt - fristgerecht bei Gericht eingereicht und mit Schriftsätzen vom 7. und 10. April 2017 auch innerhalb der gesetzlichen Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO begründet. Mittels des Wiedereinsetzungsantrags wollen sie die fristgerechte Begründung der Anhörungsrüge um weitere Gehörsrügen ergänzen. Die nachträgliche Ergänzung einer fristgerechten Begründung der Anhörungsrüge kann jedoch nicht Gegenstand eines Wiedereinsetzungsantrags sein. Sie steht der Versäumung der Anhörungsrügefrist nicht gleich. Dass (neue) Anhörungsrügen nicht nachgeschoben werden können, ergibt sich aus § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO. Nach dieser Vorschrift muss die Rüge insbesondere die Umstände bezeichnen, die die Verletzung des rechtlichen Gehörs ergeben. Die Darlegung der Gehörsverletzung kann - wie vorstehend aufgezeigt - nur innerhalb der Rügefrist geschehen (vgl. zur vergleichbaren Problematik des Nachschiebens von Verfahrensrügen bei einer fristgerechten Revisionsbegründung BVerwG, Urteile vom 28. September 1967 - 8 C 44.65 - BVerwGE 28, 18 ≪21 f.≫, vom 21. September 2000 - 2 C 5.99 - Buchholz 237.1 Art. 86 BayLBG Nr. 10 S. 9 und vom 14. November 2016 - 5 C 10.15 D - Rn. 74).
Rz. 35
4. Dem Vorbringen der Kläger ist auch im Übrigen keine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu entnehmen.
Rz. 36
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Dokument-Index HI10966697 |