Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienststellenbegriff. Beteiligungslücke. Bundeswehr, Maßnahmen einer unselbständigen Organisationseinheit –. Maßnahmen einer unselbständigen Organisationseinheit der Bundeswehr, Zuordnung an die nächsthöhere Dienststelle. Kasernenordnung eines Kasernenkommandanten, Mitbestimmungspflichtigkeit
Leitsatz (amtlich)
Mitbestimmungspflichtige Regelungen in einer von einem Kasernenkommandanten erlassenen Kasernenordnung sind personalvertretungsrechtlich dem übergeordneten Verteidigungskreiskommando als Dienststelle zuzurechnen. Es besteht keine Beteiligungslücke.
Normenkette
BPersVG § 92 Nr. 1, § 6 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes – vom 5. September 1990 und des Verwaltungsgerichts Hannover – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen in Hildesheim – vom 7. Oktober 1988 werden insoweit aufgehoben, als der Antrag des Antragstellers auf Feststellung seines Mitbestimmungsrechts an den Regelungen unter F. II. 3., 4., soweit Zivilpersonen betroffen sind, G. II. 2., G. III. 1. – 3., 5., 6., G. V. 2., 3. der Kasernenordnung des Kasernenkommandanten des Fliegerhorstes Wunstorf vom 20. November 1987 abgelehnt worden ist. Es wird festgestellt, daß diese Regelungen der Kasernenordnung vom 20. November 1987 der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegen.
Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Mitbestimmungspflichtigkeit von Maßnahmen eines Kasernenkommandanten.
Der Kasernenkommandant des Fliegerhorstes W., der Beteiligte zu 3, setzte am 20. November 1987 eine neue Kasernenordnung in Kraft, in der er die Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Kasernenbereich zusammenfaßte. Im Fliegerhorst W. ist – neben anderen Truppenteilen und Dienststellen – das Lufttransportgeschwader 62 (LTG 62) untergebracht, das vom Beteiligten zu 1 geführt wird. Als Kasernenkommandant amtiert der Kommandeur einer Gruppe des LTG 62. Der Antragsteller ist der beim LTG 62 gebildete Personalrat. Der Beteiligte zu 2 ist Leiter des Verteidigungskreiskommandos, in dessen räumlichem Zuständigkeitsbereich der Fliegerhorst belegen ist.
Die Kasernenordnung vom 20. November 1987 enthält u.a. folgende Bestimmungen:
Unter F. II. – Grußordnung und Verhalten bei der Flaggenparade – wird geregelt:
- das Vorgehen der mit der Durchführung der Flaggenparade betrauten Soldaten (F. II. 1., 2.);
- das Verhalten der in Rufnähe befindlichen Soldaten und Zivilpersonen bei der Flaggenparade (F. II. 3., 4.).
Unter G. – Verkehrsordnung – werden zunächst § 2 Abs. 3 UZwGBw und die Zentrale Dienstvorschrift des Bundesministers der Verteidigung – ZDv – 70/1 Nr. 301 ff. als Rechtsgrundlagen für die Verkehrsordnung des Fliegerhorstes angegeben (G. I.). Danach folgen als Maßnahmen zur Regelung des Verkehrs im Fliegerhorst:
- die Verbindlicherklärung von Straßenverkehrsordnung und Straßenverkehrszulassungsordnung im Fliegerhorst (G. II. 1.),
- die Festlegung des Erlaubnisvorbehalts (sog. Parkerlaubnis) für das Mitführen und Abstellen privater Kraftfahrzeuge (G. II. 2.),
- die Anordnung des Vorrangs der Verkehrsregelung durch dafür eingesetzte Soldaten (G. II. 3.),
- die Festlegung der Fahrgeschwindigkeit (G. II. 4.),
- die Festlegung der Erteilung einer sog. Parkerlaubnis und die Zuweisung eines Parkplatzes an Angehörige der Bundeswehr (G. III. 1. – 3.),
- die Anordnung eines allgemeinen Parkverbots für private Fahrzeuge außerhalb des zugewiesenen Parkplatzes und der Besucherparkplätze (G. III. 5.),
- die Anordnung eines Fahrverbots für private Fahrzeuge mit politischen Aufschriften oder Aufklebern (G. III. 6.),
- Vorgaben für das Befahren des Flugbetriebsbereichs (G. IV.),
- die Anordnung der Überwachung des Verkehrs im Fliegerhorst durch eine militärische Streife (G. V. 1.),
- die Festlegung von Verwarnung sowie Entziehung der sog. Parkerlaubnis als Sanktionen bei Verstößen von Angehörigen der Bundeswehr gegen die Verkehrsordnung (G. V. 2., 3.),
- die Festlegung der Abgabe einer Einverständniserklärung mit der Vornahme von Kontrollen des mitgeführten privaten Kraftfahrzeugs durch die Wache als Voraussetzung der Erteilung der sog. Parkerlaubnis an Angehörige der Bundeswehr (G. X. 1.),
- die Festlegung der Voraussetzungen für die Vornahme solcher Fahrzeugkontrollen und der Art und Weise ihrer Durchführung (G. X. 2. – 4.).
Eine Beteiligung der Personalräte der im Fliegerhorst untergebrachten Dienststellen fand nicht statt. Davon wurde mit Blick auf die – durch Befehl für verbindlich erklärte – Rechtsauffassung des Bundesministers für Verteidigung – BMVg – abgesehen. Dieser vertritt den Standpunkt, daß Maßnahmen eines Kasernenkommandanten von vornherein einer Beteiligung von Personalvertretungen entzogen seien, weil dem Kasernenkommandanten keine Dienststelleneigenschaft zukomme.
Am 11. Juli 1988 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren beim Verwaltungsgericht Hannover – Kammern in Hildesheim – eingeleitet. Er hat die Feststellung beantragt, daß die Kasernenordnung vom 20. November 1987 hinsichtlich der Bestimmungen unter F. II., G. I., G. II., G. III. 1. – 3., 5., 6., G. IV., G. V., G. X. seiner Mitbestimmung unterliege. Mit Beschluß vom 7. Oktober 1988 hat das Verwaltungsgericht den Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Regelungen der Kasernenordnung, hinsichtlich derer der Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht beanspruche, würden sämtlich nicht von dem hier allein in Betracht kommenden Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG erfaßt.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes – mit Beschluß vom 5. September 1990 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Eine Mitbestimmung an Regelungen einer Kasernenordnung scheide schon deshalb aus, weil der für ihren Erlaß zuständige Kasernenkommandant keine Dienststelle mit einer ihm zugeordneten Personalvertretung sei. Bei dem Kasernenkommandanten handele es sich nur um eine besondere militärische Funktion, der ein besonderer Aufgabenbereich übertragen sei. Ihr sei auch keine organisatorisch selbständige Zusammenfassung von Personal und Material zugeordnet, die im militärischen Bereich hoheitliche Aufgaben wahrnehme und deren personelle und materielle Zusammensetzung in einer besonderen Stärke- und Ausrüstungsnachweisung – STAN – festgelegt sei. Ferner sei es mit der besonderen Verantwortlichkeit und Befehlsbefugnis des Kasernenkommandanten unvereinbar, wenn dieser eine Entscheidung erst treffen könne, nachdem er das in den Fällen des § 92 Nr. 1 BPersVG sonst vorgeschriebene Einvernehmen mit den Leitern aller im Kasernenbereich untergebrachten Dienststellen hergestellt habe.
Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde rügt der Antragsteller eine Verletzung von § 92 Nr. 1, § 6 Abs. 2 BPersVG. Zur Begründung trägt er vor: Entscheidungen von Kasernenkommandanten in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten seien der Beteiligung der zuständigen Personalvertretungen nicht entzogen. Denn der Kasernenkommandant sei gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BPersVG eine Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne, da er nach Aufgabenbereich und Organisation selbständig sei. Aufgrund der spezifischen organisatorischen Gegebenheiten im Bereich der Streitkräfte der Bundeswehr könne für die organisatorische Selbständigkeit einer militärischen Einheit weder die Entscheidungszuständigkeit für eine Vielzahl von beteiligungspflichtigen Angelegenheiten noch ein erheblicher personeller und organisatorischer Umfang verlangt werden. Vielmehr müsse ausreichen, daß überhaupt Entscheidungen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten getroffen werden könnten.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes – vom 5. September 1990 und des Verwaltungsgerichts Hannover – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen in Hildesheim – vom 7. Oktober 1988 aufzuheben und festzustellen, daß die Kasernenordnung des Kasernenkommandanten des Fliegerhorstes W. vom 20. November 1987 hinsichtlich der Bestimmungen unter F. II., G. I., G. II., G. III. 1. – 3., 5., 6., G. IV., G. V., G. X. seiner Mitbestimmung unterliegt.
Die Beteiligten zu 1 und 3 verteidigen die angegriffene Beschwerdeentscheidung. Der Beteiligte zu 2 hat sich nicht geäußert.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt und ausgeführt: Für die Bestimmung der Dienststelleneigenschaft im personalvertretungsrechtlichen Sinne sei auch im Bereich der Streitkräfte der Bundeswehr auf § 6 BPersVG abzustellen. Der Kasernenkommandant sei keine Dienststelle, weil ihm die hierfür gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BPersVG erforderliche organisatorische Selbständigkeit abgehe. Es handele sich um eine militärische Funktion, die von einem Offizier im Nebenamt ausgeübt werde. Aufgrund dessen unterlägen Entscheidungen eines Kasernenkommandanten von vornherein nicht der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung. Dabei komme dem Umstand keine Bedeutung zu, daß der Offizier, der die Funktion des Kasernenkommandanten wahrnehme, regelmäßig auch Vorgesetzter einer militärischen Dienststelle im Kasernenbereich sei. Denn in dieser Eigenschaft sei er in einen anderen hierarchischen Strang eingebunden. Maßnahmen des Kasernenkommandanten könnten nicht der Dienststelle zugerechnet werden, bei der er sein Hauptamt innehabe.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig. Der Senat hat die gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG, § 83 Abs. 3 ArbGG in den Tatsacheninstanzen gebotene, dort aber unterbliebene Anhörung der Beteiligten zu 2 und 3 im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt, da es sich ausschließen läßt, daß die rechtzeitige Anhörung einen Beitrag zur weiteren Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erbracht hätte (vgl. BVerwG, Beschluß vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 45.78 – ZBR 1979, 310; BAG, Beschluß vom 29. Juli 1982 – 6 ABR 51/79 – BAGE 39, 259, 263).
2. Der Sache nach ist die Rechtsbeschwerde zum Teil begründet. Insoweit führt sie dazu, daß die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben sind und dem Antrag zu entsprechen ist. Der angefochtene Beschluß des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung des § 92 Nr. 1 und des § 6 Abs. 2 BPersVG. Denn der Erlaß einer Kasernenordnung durch den Kasernenkommandanten gilt als Maßnahme einer Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne; sie unterliegt nach Maßgabe des Bundespersonalvertretungsgesetzes der Beteiligung von Personalvertretungen. Der die Mitbestimmung versagende Beschluß stellt sich jedoch aus anderen Gründen als teilweise richtig dar (vgl. § 83 Abs. 2 BPersVG, § 96 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 563 ZPO). Denn die Regelungen, an denen der Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht beansprucht, werden nur zum Teil von einem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand erfaßt.
a) Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtslage ist hier § 92 Nr. 1 BPersVG, der eine Sonderregelung für den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (BMVg) anstelle des § 82 Abs. 5 BPersVG enthält: Werden personelle oder soziale Maßnahmen von einer Dienststelle, bei der keine für eine Beteiligung an diesen Maßnahmen zuständige Personalvertretung vorgesehen ist, mit Wirkung für Beschäftigte einer ihr nicht nachgeordneten Dienststelle getroffen, so ist der Personalrat dieser Dienststelle von deren Leiter zu beteiligen, nachdem zuvor ein Einvernehmen zwischen den Dienststellen über die beabsichtigte Maßnahme hergestellt worden ist. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines Beteiligungsverfahrens in dieser Form sind bei mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen eines Kasernenkommandanten gegeben.
aa) Auch die Beteiligung gemäß § 92 Nr. 1 BPersVG hat zunächst zur Voraussetzung, daß eine „Dienststelle” tätig zu werden beabsichtigt. Dies hat das Beschwerdegericht richtig gesehen. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, daß auch die Dienststelleneigenschaft von Stellen der Streitkräfte der Bundeswehr anhand der in § 6 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BPersVG festgelegten Kriterien zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluß vom 20. Juni 1978 – BVerwG 6 P 43.78 – Buchholz 238.3 A § 6 BPersVG Nr. 3 = ZBR 1979, 211; Beschluß vom 3. Juli 1991 – BVerwG 6 P 18.89 – Buchholz 250 § 6 BPersVG Nr. 13 = PersV 1992, 117). Demnach ist auch eine militärische Organisationseinheit dann eine personalratsfähige Dienststelle, wenn sie nach Aufgabenbereich und Organisation selbständig ist. Das ist der Fall, wenn ihr Leiter die Entscheidungszuständigkeit für die überwiegende Mehrzahl der gemäß §§ 75, 76 BPersVG mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten innehat. Dabei kann im Bereich der Streitkräfte an die Stelle der Entscheidungszuständigkeit die entscheidungserhebliche vorbereitende und mitwirkende Tätigkeit in personellen Angelegenheiten treten (BVerwG, Beschluß vom 3. Juli 1991 – BVerwG 6 P 18.89 – a.a.O.).
Es trifft zu, daß dem Kasernenkommandanten diese Entscheidungszuständigkeiten nicht zustehen und er auch nicht an personellen Angelegenheiten in entscheidungserheblicher Weise vorbereitend und mitwirkend tätig ist und er daher keine Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist. Ihm fehlt insbesondere vom Aufgabenbereich her eine personalvertretungsrechtlich bedeutsame Selbständigkeit, weil er keine Personalverantwortung, d.h. keine Zuständigkeiten in personellen Angelegenheiten von Beschäftigten, wahrzunehmen hat. Er ist nicht Beschäftigungsdienststelle im Sinne des Abgrenzungserlasses des BMVg vom 3. März 1972 – VMBl 1972, 123 –, weil es an der hierfür notwendigen Zuordnung von Arbeitsplätzen von Beschäftigten in einer Organisations–, Stärke- und Ausrüstungsnachweisung – OSTAN – fehlt. Vielmehr ist die Funktion des Kasernenkommandanten als untere Befehlsebene des Territorialheeres im Bereich der Standortaufgaben mit einem Offizier, in der Regel mit dem Dienstältesten unter den Vorgesetzten der im Kasernenbereich untergebrachten Truppenteile oder Dienststellen, besetzt (Zentrale Dienstvorschrift – ZDv – des BMVg 40/1 Nr. 107, ZDv 10/5 Nr. 202). Dieser Offizier übt die Tätigkeit des Kasernenkommandanten im Nebenamt aus. Zu seiner Unterstützung kann lediglich ein Unteroffizier zum Kasernenoffizier bestimmt werden, der ebenfalls im Nebenamt tätig wird (ZDv 10/5 Nr. 203). Darüber hinaus hat der Kasernenkommandant wegen der Begrenzung seines Aufgabenbereichs auf die Verantwortung für Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den gemeinsam genutzten Anlagen und Einrichtungen eines Kasernenbereichs auch keine Zuständigkeiten in der überwiegenden Anzahl der mitbestimmungspflichtigen sozialen Angelegenheiten inne.
Daraus folgt aber nicht, daß die Mitbestimmung der Personalvertretung bei Maßnahmen des Kasernenkommandaten von vornherein ausgeschlossen ist (sog. Beteiligungslücke). Vielmehr ist die Voraussetzung „Maßnahme einer Dienststelle” hier dadurch erfüllt, daß die Kasernenordnung letztlich in der Verantwortung des Verteidigungskreiskommandos steht, das im Befehlsstrang des Territorialheeres die unterste, dem Kasernenkommandanten übergeordnete Dienststelle darstellt. Dieses ist daher personalvertretungsrechtlich als die „Dienststelle” anzusehen, der die Kasernenordnung letztlich als Maßnahme zugerechnet werden muß. Dazu ist im einzelnen zu bemerken:
Das Bundespersonalvertretungsgesetz geht prinzipiell von einer lückenlosen, d.h. alle Organisationseinheiten umfassenden, Dienststellenverfassung derjenigen Verwaltungen aus, auf die es Anwendung findet. Wie der Senat anhand einer Reihe von im Verhältnis zum Personalvertretungsgesetz vom 5. August 1955 (BGBl I S. 477) geänderten oder in das Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974 (BGBl I S. 693) erstmals aufgenommenen Vorschriften im einzelnen dargelegt hat (vgl. etwa § 6 Abs. 2 Satz 1, § 12 Abs. 2, § 82 Abs. 5, § 92 Nr. 1 BPersVG), kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Gesetzgeber des Bundespersonalvertretungsgesetzes keine Beteiligungslücke entstehen lassen wollte (Beschluß vom 10. März 1982 – BVerwG 6 P 36.80 – Buchholz 238.3 A § 6 BPersVG Nr. 5; vgl. auch Beschluß vom 13. Juni 1969 – BVerwG 7 P 15.68 – BVerwGE 32, 186). Gleichwohl sich ergebende Lücken sind daher, soweit die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung es zulassen, möglichst zu schließen. Dies hat sich bislang nur in einem Ausnahmefall als nicht möglich erwiesen, in dem sich die Beteiligungslücke als eine unmittelbare Folge spezialgesetzlicher Regelungen außerhalb des Bundespersonalvertretungsgesetzes ergeben hatte (§ 35 a Abs. 5 SG i.V.m. der Verordnung über die Bildung von Bezirkspersonalräten bei militärischen Dienststellen vom 22. Januar 1976, BGBl I S. 234). Organisatorische Maßnahmen der Verwaltung hingegen vermögen eine derartige Ausnahme nicht zu rechtfertigen, wenn es sich um eine Verwaltung handelt, auf die das Bundespersonalvertretungsgesetz und die dazu entwickelten Auslegungsgrundsätze mangels spezialgesetzlicher Beschränkung uneingeschränkt anzuwenden sind.
Zu den Verwaltungen, auf die diese Grundsätze Anwendung finden, gehören gemäß § 70 Abs. 1 SG auch die Streitkräfte der Bundeswehr, soweit es um deren Zivilbeschäftigte geht. Sogenannte „Beteiligungslücken” sind in diesem Bereich etwa dadurch zu vermeiden, daß der personalvertretungsrechtliche Dienststellenbegriff weit gefaßt wird, indem insbesondere diejenigen Organisationseinheiten, die – wie der Kasernenkommandant – die Voraussetzungen des gesetzlichen Dienststellenbegriffs nicht erfüllen, der nächsthöheren Dienststelle zugeordnet werden, der die fachliche Letztentscheidungsbefugnis über die Entscheidungen der Organisationseinheit vorbehalten ist. Da diese Dienststelle in der Lage ist, die Aufgabenwahrnehmung der ihr unterstehenden Organisationseinheit im Vorfeld zu beeinflussen und nachträglich die Änderung ergangener Entscheidungen durchzusetzen, ist ihr Leiter geeigneter Ansprechpartner einer Personalvertretung. Die nachgeordnete Organisationseinheit ist insoweit als unselbständiger Teil der nächsthöheren Dienststelle anzusehen. Dieser sind Maßnahmen der Organisationseinheit personalvertretungsrechtlich zuzurechnen (BVerwG, Beschluß vom 2. März 1993 – BVerwG 6 P 34.91 – Buchholz 250 § 6 BPersVG Nr. 14).
Gelten demnach Maßnahmen weisungsgebundener Organisationseinheiten ohne Dienststelleneigenschaft personalvertretungsrechtlich als Maßnahmen der nächsthöheren Dienststelle, so sind die Maßnahmen eines Kasernenkommandanten dem zuständigen Verteidigungskreiskommando zuzurechnen. Denn dieses ist die nächsthöhere Dienststelle im Organisationsgefüge des Territorialheeres. Als dessen untere Befehlsebene ist der Kasernenkommandant zunächst einem Standortältesten und dieser wiederum einem Verteidigungskreiskommando unterstellt (vgl. ZDv 40/1 Nr. 101 ff., Nr. 107). Aufgrund dieses Unterstellungsverhältnisses kann nicht nur der Standortälteste, sondern – über diesen – auch der Befehlshaber des Verteidigungskreiskommandos die Aufgabenwahrnehmung des Kasernenkommandanten inhaltlich uneingeschränkt beeinflussen. Da es sich bei dem Standortältesten – aus den gleichen Gründen wie beim Kasernenkommandanten – regelmäßig nicht um eine Dienststelle im Sinne von § 6 BPersVG handelt, sind beide personalvertretungsrechtlich dem Verteidigungskreiskommando zugeordnet, dessen Dienststelleneigenschaft außer Zweifel steht.
bb) Auch die weiteren Voraussetzungen des § 92 Nr. 1 BPersVG liegen vor: Der beim zuständigen Verteidigungskreiskommando gebildete Personalrat repräsentiert nicht die Beschäftigten anderer Dienststellen, die aufgrund ihrer Unterbringung im Kasernenbereich von den Maßnahmen des Kasernenkommandanten betroffen sind. Diese Dienststellen sind dem Kasernenkommandanten bzw. dem zuständigen Verteidigungskreiskommando auch nicht nachgeordnet. Die Verpflichtung, den vom Kasernenkommandanten im Rahmen seiner Zuständigkeit getroffenen Maßnahmen Folge zu leisten, begründet keine – die Anwendbarkeit des § 92 Nr. 1 BPersVG ausschließende – Nachordnung. Denn die personalvertretungsrechtlichen Begriffe der Über- und Nachordnung sind in einem formell-hierarchischen Sinn zu verstehen. Sie bringen zum Ausdruck, daß Dienststellen im Aufbau einer Verwaltung in einem Weisungsstrang über- und untereinander stehen. Eine Nachordnung im Sinne von § 92 Nr. 1 BPersVG liegt vor, wenn einer (übergeordneten) Dienststelle Verantwortlichkeiten und Entscheidungsbefugnisse vorbehalten sind, die sich auf die Wahrnehmung von Aufgaben durch eine andere (nachgeordnete) Dienststelle beziehen. Bei einer anderweitigen Auslegung des Begriffs in dem Sinne, daß eine Nachordnung bereits bei einer Bindung an Sachentscheidungen der erstzuständigen Dienststelle bestehe, ergäben die Vorschriften in § 6 Abs. 2, § 82 Abs. 5 und § 92 Nr. 1 BPersVG keinen Sinn. Insbesondere verbliebe für § 82 Abs. 5, § 92 Nr. 1 BPersVG kein Anwendungsbereich, da die entscheidungszuständige und die von der Sachentscheidung betroffene Dienststelle immer im Verhältnis von Über- und Nachordnung stünden.
b) Entgegen der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts wird die gemäß § 92 Nr. 1 BPersVG durchzuführende Beteiligung an mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen des Kasernenkommandanten auch nicht aufgrund der Eigenart des ihm übertragenen Aufgabenbereichs ausgeschlossen. Die Eigenart bestimmter Verwaltungsbereiche läßt in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten die Beteiligung der Personalvertretung nur entfallen, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist (vgl. z.B. § 70 Abs. 4 SG). Dies ist bei Aufgaben des Kasernenkommandanten nicht der Fall. Der Ausschluß von Beteiligungsrechten kann nicht mit der Umständlichkeit des gesetzlich vorgegebenen Verfahrens gerechtfertigt werden. Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bewußt für ein derartiges Verfahren als Instrument der Anpassung des Beteiligungsverfahrens an die besonderen Organisationsstrukturen im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung entschieden. Da Ausnahmen nicht vorgesehen sind, bietet das Gesetz keine Handhabe, die Besonderheiten bestimmter einzelner Fallkonstellationen bei der Gesetzesauslegung und -anwendung zu berücksichtigen.
c) Gleichwohl hat das Oberverwaltungsgericht die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Antragstellers im Ergebnis teilweise zu Recht verneint. Durch den Erlaß der Kasernenordnung ohne Einhaltung des gemäß § 92 Nr. 1, § 69 Abs. 1, 2 BPersVG vorgesehenen Verfahrens wurden Mitbestimmungsrechte des Antragstellers nur hinsichtlich der Bestimmungen unter F. II. 3., 4., soweit Zivilbeschäftigte davon betroffen sind, G. II. 2., G. III. 1. – 3., 5., 6., G. V. 2., 3. der Kasernenordnung vom 20. November 1987 verletzt. Denn nur diese Regelungen, nicht aber die Regelungen unter F. I., II. 1., 2., G. I., G. II. 1., 3., 4., G. IV., G. V. 1., G. X. 1. – 4., unterliegen ihrem Inhalt nach der hier allein in Betracht kommenden Mitbestimmung gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG.
Gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluß von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über die Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten. Die Vorschrift enthält nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats einen einheitlichen Mitbestimmungstatbestand. Dieser erstreckt sich auf die Gesamtheit der allgemeinen Verhaltensmaßregeln, die das Miteinander der Beschäftigten und den Gebrauch der ihnen von der Dienststelle zur Verfügung gestellten Gegenstände ordnen, sofern dadurch nicht die Erledigung der von der Dienststelle wahrzunehmenden Aufgaben vorgegeben wird. Ausgenommen sind demnach Regelungen desjenigen Verhaltens der Beschäftigten, das mangels eines allgemeinen dienstlichen Bezugs der reinen Privatsphäre zuzurechnen ist, und solche Regelungen, mit denen die Erbringung der den Beschäftigten obliegenden Arbeitsleistung konkretisiert wird. Geben Regelungen sowohl das sog. allgemeine dienstliche Verhalten als auch die Art und Weise der Dienstausübung vor, so ist die Frage der Mitbestimmungspflichtigkeit danach zu beantworten, welcher Regelungsbereich unter Berücksichtigung der objektiven Gegebenheiten im Vordergrund steht (BVerwG, Beschluß vom 11. März 1983 – BVerwG 6 P 25.80 – BVerwGE 67, 61; Beschluß vom 30. Dezember 1987 – BVerwG 6 P 20.82 – Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 17 = ZBR 1988, 198; Beschluß vom 5. Oktober 1989 – BVerwG 6 P 7.88 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 71 = DVBl 1990, 294).
Davon ausgehend unterliegen von den Verkehrsregelungen der Kasernenordnung diejenigen nicht der Mitbestimmung, die für sämtliche Verkehrsbewegungen im Fliegerhorst einheitliche Geltung beanspruchen (G. II. 1., 3., 4., G. IV., G. V. 1.). Diese Regelungen treten für die Verkehrsanlagen des Fliegerhorstes, der als militärischer Sicherheitsbereich gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 UZwGBw nicht zum öffentlichen Verkehrsraum gehört, an die Stelle der allgemeinen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Bei ihnen steht die Sicherheit des dienstlichen Verkehrs eindeutig im Vordergrund. Die Verkehrsanlagen des Fliegerhorstes sind grundsätzlich einer Benutzung zu militärischen Zwecken vorbehalten. Bei dem An- und Abfahrtsverkehr der Beschäftigten handelt es sich dagegen lediglich um eine zugelassene Restnutzung, die von vornherein unter dem Vorbehalt der Erfordernisse des militärischen Betriebs steht. Auch die weiteren Regelungen unter G. X. 1. – 4. der Kasernenordnung vom 20. November 1987 sind nicht mitbestimmungspflichtig. Sie betreffen zwar nur den Verkehr mit privaten Fahrzeugen. Die Regelungen dienen aber der Gewährleistung der militärischen Sicherheit im Fliegerhorst und geben somit den Rahmen vor, innerhalb dessen sich das allgemeine dienstliche Verhalten in der Form des Zu- und Abgangsverkehrs abspielt. Die Bestimmung unter G. I. unterfällt ebenfalls nicht der Mitbestimmung, da sie keine Regelung enthält.
Demgegenüber unterliegen die übrigen Verkehrsregelungen der Kasernenordnung der Mitbestimmung gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG (G. II. 2., G. III. 1. – 3., 5., 6., G. V. 2., 3.). Durch sie wird zielgerichtet ausschließlich der Zu- und Abgangsverkehr der Beschäftigten mit ihren privaten Fahrzeugen im Kasernenbereich geordnet, mithin ein allgemeines dienstliches Verhalten geregelt. Hierzu zählt auch das Parken der mitgebrachten privaten Fahrzeuge während der Dienstzeit auf den Flächen im Fliegerhorst, die den Beschäftigten dafür zur Verfügung stehen.
Was die Regelung der Flaggenparade angeht, so unterliegen die Bestimmungen unter F. II. 1., 2. der Kasernenordnung nicht der Mitbestimmung gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG.
Denn mit ihnen wird unmittelbar die Art und Weise der Ausübung des Dienstes der mit der Flaggenparade betrauten Soldaten geregelt, wobei diese zudem vom Antragsteller nicht repräsentiert werden. Dagegen wird unter F. II. 3., 4. das allgemeine dienstliche Verhalten der übrigen, auch vom Antagsteller vertretenen Angehörigen der Bundeswehr geregelt. Die Flaggenparade stellt keine dienstliche Verrichtung dar, die auch ihnen übertragen wäre. Sie sind davon nur beiläufig betroffen, weil sie sich gerade in Rufnähe befinden.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Niehues, Ernst, Seibert, Albers, Vogelgesang
Fundstellen