Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienststellenbegriff. Beteiligungslücke. Bundeswehr, Maßnahmen einer unselbständigen Organisationseinheit –. Maßnahmen einer unselbständigen Organisationseinheit der Bundeswehr, Zuordnung an die nächsthöhere Dienststelle. Kasernenordnung eines Kasernenkommandanten, Mitbestimmungspflichtigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung bei Maßnahmen eines Kasernenkommandanten (wie Beschluß vom 7. Juli 1993 – BVerwG 6 P 4.91 –).
Normenkette
BPersVG § 92 Nr. 1, § 6 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 6. November 1991 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Mitbestimmungspflichtigkeit der Maßnahme eines Kasernenkommandanten.
Der Antragsteller ist der Personalrat des Stabs- und Versorgungszugs des Luftwaffenausbildungsregiments 1, das mit zwei Bataillonen zusammen mit der Standortverwaltung G. im Fliegerhorst G. untergebracht ist. Der Beteiligte zu 1 ist Kommandeur dieses Regiments, der Beteiligte zu 2 Kasernenkommandant des Fliegerhorstes G. Der Beteiligte zu 3 ist Leiter des Verteidigungskreiskommandos, in dessen räumlichem Zuständigkeitsbereich der Fliegerhorst liegt.
Mit Schreiben vom 3. August 1989 bat der Beteiligte zu 2 den Antragsteller um Zustimmung zur Schließung eines Kasernentores des Fliegerhorstes, der sog. Ostwache, um künftig durch Offenhalten nur noch des Kasernenhaupttores den Bewachungsaufwand zu verringern. Mit Schreiben vom 16. August 1989 versagte der Antragsteller gegenüber dem Beteiligten zu 2 seine Zustimmung und regte an, die sog. Ostwache zu Beginn und Ende der regelmäßigen Arbeitszeit für jeweils 30 Minuten offen zu halten. Die anderen Personalräte der im Fliegerhorst untergebrachten Dienststellen stimmten dem Vorhaben des Beteiligten zu 2 zu. Noch am 16. August 1989 ordnete dieser mit Kasernenbefehl Nr. 4/89 die Schließung der sog. Ostwache zum 1. September 1989 an.
Am 8. November 1989 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt, festzustellen, daß der Beteiligte zu 2 durch den Erlaß des Kasernenbefehls Nr. 4/89 vom 16. August 1989 das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt habe. Mit Beschluß vom 23. Januar 1990 hat das Verwaltungsgericht diesem Antrag entsprochen.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und zu 2 hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluß vom 6. November 1991 den erstinstanzlichen Beschluß geändert und den Antrag mit im wesentlichen folgender Begründung abgelehnt: Es sei bereits zweifelhaft, ob die Anordnung der Schließung eines Kasernentores vom Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG erfaßt werde. Dies könne aber dahinstehen, da eine Mitbestimmung des Antragstellers nach Maßgabe des § 92 Nr. 1 BPersVG jedenfalls daran scheitere, daß der Beteiligte zu 2 als Kasernenkommandant nicht Leiter einer militärischen Dienststelle mit einem ihm zugeordneten Personalrat sei. Eine militärische Dienststelle sei eine organisatorisch selbständige Zusammenfassung von Personal und Material, die im militärischen Bereich hoheitliche Aufgaben wahrnehme und deren personelle und materielle Zusammensetzung in einer besonderen Stärke- und Ausrüstungsnachweisung – STAN – festgelegt sei. Diese Voraussetzungen erfülle ein Kasernenkommandant nicht. Bei ihm handele es sich nur um eine besondere Funktion mit Verantwortung für Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den gemeinsam genutzten Anlagen und Einrichtungen eines Kasernenbereichs. Diese Funktion werde regelmäßig vom Dienstältesten unter den Vorgesetzten der im Kasernenbereich untergebrachten Truppenteile und Dienststellen im Nebenamt wahrgenommen. Eine Mitbestimmung in dem nach § 92 Nr. 1 BPersVG vorgeschriebenen Verfahren komme darüber hinaus deshalb nicht zum Zuge, weil die im Kasernenbereich untergebrachten Dienststellen dem Kasernenkommandanten nachgeordnet seien. Denn diese Dienststellen und ihre Angehörigen seien verpflichtet, den Anordnungen, die der Kasernenkommandant in seinem besonderen Aufgabenbereich erlasse, Folge zu leisten. Schließlich sei eine personalvertretungsrechtliche Beteiligung nach Maßgabe des § 92 Nr. 1 BPersVG mit der besonderen Verantwortlichkeit und Befehlsbefugnis des Kasernenkommandanten nicht zu vereinbaren.
Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde rügt der Antragsteller die Verletzung von § 92 Nr. 1, § 6 Abs. 2 BPersVG und trägt zur Begründung im wesentlichen vor: Zur Vermeidung einer Aushöhlung gesetzlich eingeräumter Beteiligungsbefugnisse müsse dem Kasernenkommandanten die Dienststelleneigenschaft jedenfalls insoweit zuerkannt werden, als er – an Stelle der Leiter der im Kasernenbereich untergebrachten Dienststellen – Entscheidungszuständigkeiten in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten innehabe. Auch Zweck und Zielsetzung des § 92 Nr. 1 BPersVG verböten den Ausschluß der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung an Maßnahmen eines Kasernenkommandanten. Der Verfahrensaufwand, der gemäß § 92 Nr. 1 BPersVG zur Erfüllung der Beteiligungsbefugnisse betrieben werden müsse, rechtfertige es nicht, diese Vorschrift für unanwendbar zu erklären.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluß des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 6. November 1991 aufzuheben und die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Braunschweig – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 23. Januar 1990 zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu 1 und 2 verteidigen den angefochtenen Beschluß. Der erst im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzugezogene Beteiligte zu 3 hat sich nicht geäußert.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt und ausgeführt: Auch im Bereich der Streitkräfte der Bundeswehr sei die Dienststelleneigenschaft im personalvertretungsrechtlichen Sinne allein gemäß § 6 BPersVG zu bestimmen. Danach sei der Kasernenkommandant keine Dienststelle, weil er die hierfür gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BPersVG erforderliche organisatorische Selbständigkeit nicht aufweise. Vielmehr handele es sich lediglich um eine besondere militärische Funktion, die von einem Offizier im Nebenamt wahrgenommen werde. Dieser sei zwar regelmäßig auch Vorgesetzter einer im Kasernenbereich untergebrachten Dienststelle oder Einheit. In dieser Eigenschaft stehe er jedoch in einem anderen hierarchischen Weisungsstrang. Aufgrund des unterschiedlichen Unterstellungsverhältnisses könnten Maßnahmen, die der Offizier als Inhaber der Funktion des Kasernenkommandanten getroffen habe, nicht der Dienststelle oder Einheit zugerechnet werden, der er im Hauptamt vorstehe.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig. Der Senat hat die gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG, § 83 Abs. 3 ArbGG in den Tatsacheninstanzen gebotene, dort aber unterbliebene Anhörung des Beteiligten zu 3 im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt, da es sich ausschließen läßt, daß die rechtzeitige Anhörung einen Beitrag zur weiteren Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erbracht hätte (vgl. BVerwG, Beschluß vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 45.78 – ZBR 1979, 310; BAG, Beschluß vom 29. Juli 1982 – 6 ABR 51/79 – BAGE 39, 259, 263).
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zwar beruht der angefochtene Beschluß des Oberverwaltungsgerichts vom 6. November 1991 auf einer unrichtigen Anwendung der maßgeblichen Vorschriften des § 92 Nr. 1 und des § 6 Abs. 2 Satz 1 BPersVG (§ 83 Abs. 2 BPersVG, § 93 Abs. 1 ArbGG). Denn auch Entscheidungen von Kasernenkommandanten gelten als Maßnahmen einer Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne; sie unterliegen daher nach Maßgabe des Bundespersonalvertretungsgesetzes der Beteiligung von Personalvertretungen. Der die Mitbestimmung versagende Beschluß stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 83 Abs. 2 BPersVG, § 96 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 563 ZPO). Denn die Maßnahme, an der der Antragsteller hier ein Mitbestimmungsrecht beansprucht, unterliegt ihrem Inhalt nach nicht der Mitbestimmung.
a) Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtslage ist hier § 92 Nr. 1 BPersVG, der eine Sonderregelung für den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (BMVg) anstelle des § 82 Abs. 5 BPersVG enthält: Werden personelle oder soziale Maßnahmen von einer Dienststelle, bei der keine für eine Beteiligung an diesen Maßnahmen zuständige Personalvertretung vorgesehen ist, mit Wirkung für Beschäftigte einer ihr nicht nachgeordneten Dienststelle getroffen, so ist der Personalrat dieser Dienststelle von deren Leiter zu beteiligen, nachdem zuvor ein Einvernehmen zwischen den Dienststellen über die beabsichtigte Maßnahme hergestellt worden ist. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines Beteiligungsverfahrens in dieser Form sind bei mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen eines Kasernenkommandanten gegeben.
aa) Auch die Beteiligung gemäß § 92 Nr. 1 BPersVG hat zunächst zur Voraussetzung, daß eine „Dienststelle” tätig zu werden beabsichtigt. Dies hat das Beschwerdegericht richtig gesehen. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, daß auch die Dienststelleneigenschaft von Stellen der Streitkräfte der Bundeswehr anhand der in § 6 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BPersVG festgelegten Kriterien zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluß vom 20. Juni 1978 – BVerwG 6 P 43.78 – Buchholz 238.3 A § 6 BPersVG Nr. 3 = ZBR 1979, 211; Beschluß vom 3. Juli 1991 – BVerwG 6 P 18.89 – Buchholz 250 § 6 BPersVG Nr. 13 = PersV 1992, 117). Demnach ist auch eine militärische Organisationseinheit dann eine personalratsfähige Dienststelle, wenn sie nach Aufgabenbereich und Organisation selbständig ist. Das ist der Fall, wenn ihr Leiter die Entscheidungszuständigkeit für die überwiegende Mehrzahl der gemäß §§ 75, 76 BPersVG mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten innehat. Dabei kann im Bereich der Streitkräfte an die Stelle der Entscheidungszuständigkeit die entscheidungserhebliche vorbereitende und mitwirkende Tätigkeit in personellen Angelegenheiten treten (BVerwG, Beschluß vom 3. Juli 1991 – BVerwG 6 P 18.89 – a.a.O.).
Es trifft zu, daß dem Kasernenkommandanten diese Entscheidungszuständigkeiten nicht zustehen und er auch nicht an personellen Angelegenheiten in entscheidungserheblicher Weise vorbereitend und mitwirkend tätig ist und er daher keine Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist. Ihm fehlt insbesondere vom Aufgabenbereich her eine personalvertretungsrechtlich bedeutsame Selbständigkeit, weil er keine Personalverantwortung, d.h. keine Zuständigkeiten in personellen Angelegenheiten von Beschäftigten, wahrzunehmen hat. Er ist nicht Beschäftigungsdienststelle im Sinne des Abgrenzungserlasses des BMVg vom 3. März 1972 – VMBl 1972, 123 –, weil es an der hierfür notwendigen Zuordnung von Arbeitsplätzen von Beschäftigten in einer Organisations-, Stärke- und Ausrüstungsnachweisung – OSTAN – fehlt. Vielmehr ist die Funktion des Kasernenkommandanten als untere Befehlsebene des Territorialheeres im Bereich der Standortaufgaben mit einem Offizier, in der Regel mit dem Dienstältesten unter den Vorgesetzten der im Kasernenbereich untergebrachten Truppenteile oder Dienststellen, besetzt (Zentrale Dienstvorschrift – ZDv – des BMVg 40/1 Nr. 107, ZDv 10/5 Nr. 202). Dieser Offizier übt die Tätigkeit des Kasernenkommandanten im Nebenamt aus. Zu seiner Unterstützung kann lediglich ein Unteroffizier zum Kasernenoffizier bestimmt werden, der ebenfalls im Nebenamt tätig wird (ZDv 10/5 Nr. 203). Darüber hinaus hat der Kasernenkommandant wegen der Begrenzung seines Aufgabenbereichs auf die Verantwortung für Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den gemeinsam genutzten Anlagen und Einrichtungen eines Kasernenbereichs auch keine Zuständigkeiten in der überwiegenden Anzahl der mitbestimmungspflichtigen sozialen Angelegenheiten inne.
Daraus folgt aber nicht, daß die Mitbestimmung der Personalvertretung bei Maßnahmen des Kasernenkommandaten von vornherein ausgeschlossen ist (sog. Beteiligungslücke). Vielmehr ist die Voraussetzung „Maßnahme einer Dienststelle” hier dadurch erfüllt, daß die Kasernenordnung letztlich in der Verantwortung des Verteidigungskreiskommandos steht, das im Befehlsstrang des Territorialheeres die unterste, dem Kasernenkommandanten übergeordnete Dienststelle darstellt. Dieses ist daher personalvertretungsrechtlich als die „Dienststelle” anzusehen, der die Kasernenordnung letztlich als Maßnahme zugerechnet werden muß. Dazu ist im einzelnen zu bemerken:
Das Bundespersonalvertretungsgesetz geht prinzipiell von einer lückenlosen, d.h. alle Organisationseinheiten umfassenden, Dienststellenverfassung derjenigen Verwaltungen aus, auf die es Anwendung findet. Wie der Senat anhand einer Reihe von im Verhältnis zum Personalvertretungsgesetz vom 5. August 1955 (BGBl I S. 477) geänderten oder in das Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974 (BGBl I S. 693) erstmals aufgenommenen Vorschriften im einzelnen dargelegt hat (vgl. etwa § 6 Abs. 2 Satz 1, § 12 Abs. 2, § 82 Abs. 5, § 92 Nr. 1 BPersVG), kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Gesetzgeber des Bundespersonalvertretungsgesetzes keine Beteiligungslücke entstehen lassen wollte (Beschluß vom 10. März 1982 – BVerwG 6 P 36.80 – Buchholz 238.3 A § 6 BPersVG Nr. 5; vgl. auch Beschluß vom 13. Juni 1969 – BVerwG 7 P 15.68 – BVerwGE 32, 186). Gleichwohl sich ergebende Lücken sind daher, soweit die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung es zulassen, möglichst zu schließen. Dies hat sich bislang nur in einem Ausnahmefall als nicht möglich erwiesen, in dem sich die Beteiligungslücke als eine unmittelbare Folge spezialgesetzlicher Regelungen außerhalb des Bundespersonalvertretungsgesetzes ergeben hatte (§ 35 a Abs. 5 SG i.V.m. der Verordnung über die Bildung von Bezirkspersonalräten bei militärischen Dienststellen vom 22. Januar 1976, BGBl I S. 234). Organisatorische Maßnahmen der Verwaltung hingegen vermögen eine derartige Ausnahme nicht zu rechtfertigen, wenn es sich um eine Verwaltung handelt, auf die das Bundespersonalvertretungsgesetz und die dazu entwickelten Auslegungsgrundsätze mangels spezialgesetzlicher Beschränkung uneingeschränkt anzuwenden sind.
Zu den Verwaltungen, auf die diese Grundsätze Anwendung finden, gehören gemäß § 70 Abs. 1 SG auch die Streitkräfte der Bundeswehr, soweit es um deren Zivilbeschäftigte geht. Sogenannte „Beteiligungslücken” sind in diesem Bereich etwa dadurch zu vermeiden, daß der personalvertretungsrechtliche Dienststellenbegriff weit gefaßt wird, indem insbesondere diejenigen Organisationseinheiten, die – wie der Kasernenkommandant – die Voraussetzungen des gesetzlichen Dienststellenbegriffs nicht erfüllen, der nächsthöheren Dienststelle zugeordnet werden, der die fachliche Letztentscheidungsbefugnis über die Entscheidungen der Organisationseinheit vorbehalten ist. Da diese Dienststelle in der Lage ist, die Aufgabenwahrnehmung der ihr unterstehenden Organisationseinheit im Vorfeld zu beeinflussen und nachträglich die Änderung ergangener Entscheidungen durchzusetzen, ist ihr Leiter geeigneter Ansprechpartner einer Personalvertretung. Die nachgeordnete Organisationseinheit ist insoweit als unselbständiger Teil der nächsthöheren Dienststelle anzusehen. Dieser sind Maßnahmen der Organisationseinheit personalvertretungsrechtlich zuzurechnen (BVerwG, Beschluß vom 2. März 1993 – BVerwG 6 P 34.91 – Buchholz 250 § 6 BPersVG Nr. 14).
Gelten demnach Maßnahmen weisungsgebundener Organisationseinheiten ohne Dienststelleneigenschaft personalvertretungsrechtlich als Maßnahmen der nächsthöheren Dienststelle, so sind die Maßnahmen eines Kasernenkommandanten dem zuständigen Verteidigungskreiskommando zuzurechnen. Denn dieses ist die nächsthöhere Dienststelle im Organisationsgefüge des Territorialheeres. Als dessen untere Befehlsebene ist der Kasernenkommandant zunächst einem Standortältesten und dieser wiederum einem Verteidigungskreiskommando unterstellt (vgl. ZDv 40/1 Nr. 101 ff., Nr. 107). Aufgrund dieses Unterstellungsverhältnisses kann nicht nur der Standortälteste, sondern – über diesen – auch der Befehlshaber des Verteidigungskreiskommandos die Aufgabenwahrnehmung des Kasernenkommandanten inhaltlich uneingeschränkt beeinflussen. Da es sich bei dem Standortältesten – aus den gleichen Gründen wie beim Kasernenkommandanten – regelmäßig nicht um eine Dienststelle im Sinne von § 6 BPersVG handelt, sind beide personalvertretungsrechtlich dem Verteidigungskreiskommando zugeordnet, dessen Dienststelleneigenschaft außer Zweifel steht.
bb) Auch die weiteren Voraussetzungen des § 92 Nr. 1 BPersVG liegen vor: Der beim zuständigen Verteidigungskreiskommando gebildete Personalrat repräsentiert nicht die Beschäftigten anderer Dienststellen, die aufgrund ihrer Unterbringung im Kasernenbereich von den Maßnahmen des Kasernenkommandanten betroffen sind. Diese Dienststellen sind dem Kasernenkommandanten bzw. dem zuständigen Verteidigungskreiskommando auch nicht nachgeordnet. Die Verpflichtung, den vom Kasernenkommandanten im Rahmen seiner Zuständigkeit getroffenen Maßnahmen Folge zu leisten, begründet keine – die Anwendbarkeit des § 92 Nr. 1 BPersVG ausschließende – Nachordnung. Denn die personalvertretungsrechtlichen Begriffe der Über- und Nachordnung sind in einem formell-hierarchischen Sinn zu verstehen. Sie bringen zum Ausdruck, daß Dienststellen im Aufbau einer Verwaltung in einem Weisungsstrang über- und untereinander stehen. Eine Nachordnung im Sinne von § 92 Nr. 1 BPersVG liegt vor, wenn einer (übergeordneten) Dienststelle Verantwortlichkeiten und Entscheidungsbefugnisse vorbehalten sind, die sich auf die Wahrnehmung von Aufgaben durch eine andere (nachgeordnete) Dienststelle beziehen. Bei einer anderweitigen Auslegung des Begriffs in dem Sinne, daß eine Nachordnung bereits bei einer Bindung an Sachentscheidungen der erstzuständigen Dienststelle bestehe, ergäben die Vorschriften in § 6 Abs. 2, § 82 Abs. 5 und § 92 Nr. 1 BPersVG keinen Sinn. Insbesondere verbliebe für § 82 Abs. 5, § 92 Nr. 1 BPersVG kein Anwendungsbereich, da die entscheidungszuständige und die von der Sachentscheidung betroffene Dienststelle immer im Verhältnis von Über- und Nachordnung stünden.
b) Entgegen der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts wird die gemäß § 92 Nr. 1 BPersVG durchzuführende Beteiligung an mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen des Kasernenkommandanten auch nicht aufgrund der Eigenart des ihm übertragenen Aufgabenbereichs ausgeschlossen. Die Eigenart bestimmter Verwaltungsbereiche läßt in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten die Beteiligung der Personalvertretung nur entfallen, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist (vgl. z.B. § 70 Abs. 4 SG). Dies ist bei Aufgaben des Kasernenkommandanten nicht der Fall. Der Ausschluß von Beteiligungsrechten kann nicht mit der Umständlichkeit des gesetzlich vorgegebenen Verfahrens gerechtfertigt werden. Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bewußt für ein derartiges Verfahren als Instrument der Anpassung des Beteiligungsverfahrens an die besonderen Organisationsstrukturen im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung entschieden. Da Ausnahmen nicht vorgesehen sind, bietet das Gesetz keine Handhabe, die Besonderheiten bestimmter einzelner Fallkonstellationen bei der Gesetzesauslegung und -anwendung zu berücksichtigen.
c) Gleichwohl hat das Oberverwaltungsgericht die Verletzung eines Mitbestimmungsrechts des Antragstellers im Ergebnis zu Recht verneint. Vor Anordnung der Schließung der sog. Ostwache bedurfte es nicht des gemäß § 92 Nr. 1, § 69 Abs. 1, 2 BPersVG vorgesehenen Verfahrens, da die Anordnung ihrem Inhalt nach nicht mitbestimmungspflichtig ist. Sie unterfällt nicht dem allein in Betracht kommenden Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG. Gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluß von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über die Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats handelt es sich hierbei um einen einheitlichen Mitbestimmungstatbestand. Dieser erstreckt sich auf die Gesamtheit der allgemeinen Verhaltensmaßregeln, die das Miteinander der Beschäftigten und deren Gebrauch der ihnen von der Dienststelle zur Verfügung gestellten Gegenstände ordnen, sofern dadurch nicht die Erledigung der von der Dienststelle wahrzunehmenden Aufgaben vorgegeben wird (BVerwG, Beschluß vom 11. März 1983 – BVerwG 6 P 25.80 – BVerwGE 67, 61; Beschluß vom 30. Dezember 1987 – BVerwG 6 P 20.82 – Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 17 = ZBR 1988, 198; Beschluß vom 5. Oktober 1989 – BVerwG 6 P 7.88 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 71 = DVBl 1990, 294).
Die angeordnete Schließung eines Kasernentores stellt eine Verhaltensmaßregel des hier vorausgesetzten Inhalts nicht dar. Ob ein Tor auf Anordnung hin dauerhaft und ständig geschlossen bleibt oder durch Baumaßnahmen beseitigt wird, macht personalvertretungsrechtlich keinen Unterschied. Es handelt sich jeweils um eine Änderung der äußeren Grundgegebenheiten, die der (Benutzungs–)Ordnung in der Dienststelle und dem allgemeinen Verhalten der Beschäftigten vorgegeben sind. Insbesondere wegen der unmittelbaren Auswirkungen auf den Umfang des einzurichtenden Wachdienstes haben sich solche Maßnahmen in erster Linie an den dienstlichen Erfordernissen auszurichten; sie werden dadurch wesentlich geprägt. Weder nach ihrer subjektiven Zweckbestimmung noch nach ihrer objektiven Zielrichtung kann die Rede davon sein, daß eine Beeinflussung des Verhaltens der Beschäftigten im Vordergrund der Maßnahme stehe. Auch wenn sich die Änderung mittelbar auf das allgemeine Verhalten der Beschäftigten auswirkt, weil jene sich beim Betreten und Verlassen des Dienstgeländes zwangsläufig auf die veränderten Umstände einstellen müssen, verleiht ihr dieser Nebenaspekt nicht die Bedeutung einer Verhaltensmaßregel im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG.
Unterschriften
Niehues, Ernst, Seibert, Albers, Vogelgesang
Fundstellen