Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsnachfolge. testamentarischer Erbe als Rechtsnachfolger. Ausschluß des gesetzlichen Erben. hypothetischer Vermögensübergang. Rechtsnachfolger
Leitsatz (amtlich)
Der testamentarische Erbe des Geschädigten ist als dessen Rechtsnachfolger Berechtigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG, weil er in vollem Umfang in dessen Rechtsposition eingetreten und deshalb die hypothetische Annahme gerechtfertigt ist, der enteignete Vermögensgegenstand sei – wenn er nicht dem Geschädigten durch Unrechtsmaßnahmen im Sinne von § 1 VermG entzogen worden wäre – zivilrechtlich ihm zuzuordnen (vgl. Urteil vom 29. August 1996 – BVerwG 7 C 43.95 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 23 S. 30 = VIZ 1996, 710).
Erbrecht ist im Rahmen der Bestimmung des „Rechtsnachfolgers” im Sinne von § 2 I 1 VermG nur für die Beantwortung der Frage von Bedeutung, wer in einer die genannte hypothetische Annahme rechtfertigenden Weise in die Rechtsposition des Erblassers eingetreten ist.
Auslegung und Anwendung des gegebenenfalls maßgeblichen ausländischen Erbrechts (vgl. Art. 25 Abs. 1 EGBGB) unterliegen als bindende Tatsachenfeststellungen nicht der inhaltlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht.
Leitsatz (redaktionell)
Der testamentarische Erbe des Geschädigten ist als dessen Rechtsnachfolger Berechtigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG, weil er in vollem Umfang in dessen Rechtsposition eingetreten und deshalb die hypothetische Annahme gerechtfertigt ist, der enteignete Vermögensgegenstand sei – wenn er nicht dem Geschädigten durch Unrechtsmaßnahmen im Sinne von § 1 VermG enzogen worden wäre, zivilrechtlich ihm zuzuordnen.
Normenkette
VermG § 2 Abs. 1 S. 1; VwGO § 86 Abs. 1 S. 1, § 108 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 19.02.1998; Aktenzeichen 22 A 91.95) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. Februar 1998 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 352 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem ein Miteigentumsanteil in Höhe von einem Viertel an einem Grundstück an die Beigeladenen als die testamentarischen Erben seiner im Jahre 1975 als britische Staatsangehörige in England verstorbenen Tante rückübertragen wurde; der Kläger beansprucht diesen Miteigentumsanteil seinerseits als vermeintlich gesetzlicher Erbe. Die Erblasserin hatte durch Testament ihr „gesamtes bewegliches und unbewegliches Vermögen jeglicher Art und in jeglicher Lage meinen Treuhändern zu treuen Händen” vermacht mit der Auflage, dieses zu verkaufen und in bestimmter Weise über den Erlös zu verfügen sowie „treuhänderisch den Restbetrag … und alle jeweils unverkauften Teile meines Nachlasses als Treuhänder” für die Beigeladenen „zu besitzen, wenn sie das Alter von 18 Jahren erreichen …”. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, da der Beklagte zu Recht die Beigeladenen und nicht den Kläger als Rechtsnachfolger i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG angesehen habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil leidet weder unter den geltend gemachten Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), noch kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO); dem von der Beschwerde zusätzlich erwähnten Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO braucht mangels näherer Bezeichnung nicht weiter nachgegangen zu werden.
1. Die Verfahrensrüge greift nicht durch.
a) Die Beschwerde wirft dem Verwaltungsgericht vor, es habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, indem es das zu den Gerichtsakten überreichte Gutachten des englischen Barristers Craig zum Inhalt des englischen Erbrechts sowie den entsprechenden Vortrag des Klägers im Gerichtsverfahren übergangen habe. Zwar gebietet der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO), daß das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (BVerfGE 58, 353 ≪356≫ m.w.N.); grundsätzlich ist ein Gericht auch gehalten, in den Entscheidungsgründen in angemessener Weise zum Ausdruck zu bringen, weshalb es von einer Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen abgesehen hat (Urteile vom 6. September 1988 – BVerwG 4 C 15.88 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 206 S. 38 und vom 18. Mai 1995 – BVerwG 4 C 20.94 – Buchholz 406.12 § 15 BauNVO Nr. 25 S. 9 ≪12≫). Daraus folgt jedoch nicht die Verpflichtung, sich mit jedem Argument in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (Beschluß vom 9. März 1988 – BVerwG 7 B 188.87 – Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 81 S. 21 ≪22≫). Anhaltspunkte dafür, daß das Verwaltungsgericht den ausführlichen Vortrag des Klägers zur Bedeutung des englischen Erbrechts gar nicht zur Kenntnis genommen hätte, sind nicht ersichtlich; es fehlt vielmehr umgekehrt an jeglichen Umständen, die im Einzelfall – wie geboten – deutlich belegen würden, daß das Vorbringen unberücksichtigt geblieben ist (vgl. Urteil vom 13. Mai 1976 – BVerwG II C 26.74 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 87). Hier ist das Verwaltungsgericht sogar der Sache nach – wenngleich ohne Nennung des Gutachtens – mehrfach auf die Rechtsansichten des Klägers eingegangen, auch wenn es diesen nur teilweise und im Endergebnis gar nicht beigetreten ist. Gegen eine nach Meinung eines Beteiligten sachlich unrichtige Beurteilung schützt der Anspruch auf rechtliches Gehör jedoch nicht.
b) Das Verwaltungsgericht hat auch nicht die ihm gemäß § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Pflicht zur Aufklärung des wesentlichen Sachverhalts verletzt. Die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht hätte ein Gutachten darüber einholen müssen, „wer nach englischem Recht als Erbe hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche” der verstorbenen Tante des Klägers anzusehen sei. Dieser Vorwurf ist unbegründet. Zwar sind Anwendung und Inhalt ausländischen Rechts dem Bereich der Tatsachenfeststellungen zuzuordnen und deshalb von der Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO erfaßt. Der Tatrichter ist verpflichtet, das für seine Entscheidung maßgebende ausländische Recht – und zwar nicht nur den einschlägigen Gesetzestext, sondern auch dessen Anwendung in der Rechtspraxis – zu ermitteln. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch geklärt, daß es gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts liegt, in welcher Weise es sich hierüber die erforderlichen Kenntnisse verschafft (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 21. Juli 1988 – BVerwG 1 B 44.88 – Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 32 S. 4 ≪7≫, vom 20. März 1989 – BVerwG 1 B 43.89 – Buchholz 130 § 3 RuStAG Nr. 2 S. 1 ≪2≫ und vom 18. Dezember 1991 – BVerwG 1 B 139.91 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 41 S. 16). Als Verfahrensmangel kann demzufolge gerügt werden, der Tatrichter sei seiner Ermittlungspflicht unter Verletzung seines Ermessens nicht nachgekommen (Urteil vom 18. Juli 1974 – BVerwG III C 4.73 – BVerwGE 45, 357 ≪365≫). Dies wäre dann der Fall, wenn sich die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen aufgedrängt hätte (Beschluß vom 21. Juli 1988, a.a.O., S. 8 m.w.N.), etwa wenn die vorliegenden Erkenntnisquellen unklar, unvollständig oder widersprüchlich sind (vgl. Urteil vom 26. April 1985 – BVerwG 8 C 74.83 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 Nr. 169). Eine solche Sachlage war jedoch für das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner insoweit maßgeblichen materiellen Rechtsauffassung zum Begriff des Rechtsnachfolgers i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG ersichtlich nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht hat als Rechtsnachfolger in diesem Sinne angesehen (UA S. 6), „wer kraft Gesetzes (z.B. in Erbfällen), kraft Rechtsgeschäft oder kraft Hoheitsakt hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft an dem betreffenden Vermögenswert entweder durch Universal- oder Singularsukzession an die Stelle der von dem Vermögensverlust Betroffenen getreten ist”; die Rechtsnachfolge sei – da die Erblasserin britische Staatsangehörige gewesen sei – nach englischem Recht zu beurteilen. Daß das Verwaltungsgericht in Auslegung des danach maßgeblichen Testaments die Beigeladenen in diesem Sinne als Rechtsnachfolger angesehen hat, ohne ein Gutachten einzuholen, ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es insoweit den Wortlaut des Testaments als „eindeutig” angesehen, als dadurch „das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen jeglicher Art” über die – nach englischem Recht vorgesehenen – Erbschaftsverwalter als Treuhänder den Beigeladenen zugewandt worden ist; diesen Inhalt des Testaments zieht auch der Kläger nicht in Zweifel. Die testamentarische Rechtsstellung der Beigeladenen ist danach – wie es das Verwaltungsgericht ausgedrückt hat – mit derjenigen von „Erben im Sinne des deutschen Rechts” (UA S. 8) zumindest vergleichbar.
Dem Verwaltungsgericht mußte sich eine weitere Aufklärung der von der Beschwerde nunmehr formulierten Beweisfrage auch deshalb nicht aufdrängen, weil der Kläger unter Berufung auf das von ihm vorgelegte Gutachten Craig (vgl. Ziff. 6 und 9) selbst vorgetragen hatte, nach englischem Recht seien „die vermögensrechtlichen Ansprüche” mangels Existenz im Zeitpunkt des Erbfalls der testamentarischen Erbfolge nicht zugänglich; die dafür dort angeführten Gründe gelten ersichtlich auch für die gesetzliche Erbfolge. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen war um so weniger geboten, als der Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt und lediglich die Frage problematisiert hatte (vgl. Schriftsatz vom 29. Dezember 1997), ob der Restitutionsanspruch zu den Immobiliar- oder Mobiliarrechten gehöre. Das Verwaltungsgericht durfte von einer den Erben nach deutschem Recht vergleichbaren Rechtsstellung der Beigeladenen schließlich auch deshalb ausgehen, weil den Beigeladenen ein „gemeinschaftlicher gegenständlich beschränkter und Eigenrechtserbschein” (UA S. 3) erteilt worden ist (vgl. § 2365 BGB), während der Antrag des Klägers auf Ausstellung eines Erbscheins zu seinen Gunsten sowie seine Klage gegen die Gültigkeit des Testaments rechtskräftig abgewiesen worden sind.
2. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
„wer Rechtsnachfolger i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG eines nach ausländischem Recht beerbten früheren Rechtsinhabers ist”,
ist einerseits nicht klärungsbedürftig, andererseits nicht klärungsfähig.
a) Zur Klärung des vermögensrechtlichen Begriffs der Rechtsnachfolge i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG bedarf es keines (weiteren) Revisionsverfahrens. Die Beantwortung der Frage ergibt sich im Ausgangspunkt zunächst aus dem Vermögensgesetz selbst und erst im weiteren aus einem – begrenzten – Rückgriff auf das einschlägige Erbrecht. Dabei ist davon auszugehen, daß die vom Vermögensgesetz erfaßten Enteignungsmaßnahmen dinglich wirksam sind und deshalb der entzogene Vermögensgegenstand in Erbfällen vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes weder bei gesetzlicher noch bei testamentarischer Erbfolge dem Nachlaß angehörte. Da bei derartigen Erbfällen das gleiche auch für den Restitutionsanspruch gilt, entsteht dieser unmittelbar in der Person des Rechtsnachfolgers des verstorbenen Geschädigten (Beschluß vom 14. November 1995 – BVerwG 7 B 225.95 – Buchholz 112 § 2 VermG Nr. 13 S. 5 ≪6≫, Urteil vom 29. August 1996 – BVerwG 7 C 43.95 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 23 S. 30 ≪32≫ = VIZ 1996, 710). Diese Rechtsauffassung liegt auch dem angefochtenen Urteil zugrunde. Der vermögensrechtliche Rechtsnachfolgebegriff kann deshalb nicht davon abhängen, wem das einschlägige Erbrecht den entzogenen Gegenstand oder den Restitutionsanspruch zuweist; vielmehr sind beide Gegenstände in Erbfällen vor Inkrafttreten des Vermögensgeseztes begrifflich und nach der Wertung des Vermögensgesetzes dem Nachlaß nicht zuzuordnen und damit dem Erbrecht an sich entzogen. Wenn gleichwohl die als Anlage III zum Einigungsvertrag veröffentlichte Gemeinsame Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 in Ziffer 3 mehrfach die „Erben” der ehemaligen Eigentümer als Restitutionsberechtigte bezeichnet und sowohl Literatur als auch Rechtsprechung ebenfalls ganz selbstverständlich als „Rechtsnachfolger” i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG bei natürlichen Personen insbesondere die Erben erwähnen (vgl. Neuhaus in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/ Neuhaus, VermG, § 2 Rn. 9; Urteil vom 29. August 1996 – BVerwG 7 C 43.95 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 23 S. 30 = VIZ 1996, 710), muß nach Sinn und Zweck des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG die Person des Rechtsnachfolgers unter Ausblendung der wiedergutzumachenden Enteignungsmaßnahme bestimmt, die Rechtsnachfolge in den entzogenen Gegenstand also nur hypothetisch im Wege einer Fiktion ermittelt werden (Urteil vom 29. August 1996, a.a.O.; vgl. auch Lorenz, ZEV 1995, 436 ≪437 f.≫). Denn § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG bezweckt ersichtlich, auf schuldrechtlichem Wege die Folgen der durch den Vermögensentzug geschaffenen Unrechtslage wiedergutzumachen und soweit wie möglich den status quo ante wiederherzustellen (Urteil vom 29. August 1996, a.a.O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat dementsprechend Grund und Zweck der gesetzlichen Regelung darin gesehen, „daß der Vermögenswert, wenn er nicht dem Geschädigten durch Unrechtsmaßnahmen i.S.d. § 1 VermG entzogen worden wäre, mit dem Erbfall ebenso wie die übrigen zum Nachlaß gehörigen Gegenstände auf den gesetzlich oder testamentarisch bestimmten Erben übergegangen wäre …” und daß „wegen dieses hypothetischen Vermögensübergangs … sich auch die Unrechtslage, die durch den Vermögensentzug geschaffen worden und nach dem Vermögensgesetz wiedergutzumachen ist, in der Person des Erben fortsetzt, der darum vom Gesetzgeber ebenfalls für anspruchsberechtigt erklärt worden ist” (Urteil vom 29. August 1996, a.a.O.). Ausgangspunkt für die Bestimmung des Rechtsnachfolgers im Sinne des Vermögensrechts ist danach die im Schädigungszeitpunkt bestehende zivilrechtliche – dingliche – Zuordnung des beanspruchten Vermögenswerts; deshalb scheidet beispielsweise der Vermächtnisnehmer vor Übertragung des Eigentums an dem vermachten Gegenstand sowohl als „Berechtigter” wie als „Rechtsnachfolger” ebenso aus wie der Pflichtteilsberechtigte (Urteil vom 19. März 1996 – BVerwG 7 C 30.94 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 16 S. 12 = VIZ 1996, 389 und Beschluß vom 27. Januar 1997 – BVerwG 7 B 17.97 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 27 S. 36).
Der beschließende Senat folgt dieser Rechtsprechung. Danach steht ohne weiteres fest, daß § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG angesichts der dinglichen Wirksamkeit der von dem Vermögensgesetz erfaßten Enteignungsmaßnahmen als Rechtsnachfolger jedenfalls denjenigen ansieht, der als Erbe, sei es im Wege der Universalsukzession, sei es bei entsprechenden Regelungen des maßgeblichen ausländischen Erbrechts durch Zuordnung aller beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenstände im einzelnen – wenn auch ohne den entzogenen Gegenstand – umfassend in die Rechtsposition des Verstorbenen eingetreten ist. Dieses zutreffende Verständnis liegt auch dem angefochtenen Urteil zugrunde. Nach dessen tatsächlichen Feststellungen, gegen die die erhobenen Verfahrensrügen – wie dargelegt – nicht durchgreifen, ist den testamentarisch als Erben eingesetzten Beigeladenen das „gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen jeglicher Art” der Erblasserin auf dem nach englischem Recht vorgesehenen Weg über den treuhänderischen Erbschaftsverwalter zugewandt worden. Danach ist ersichtlich die Annahme im Sinne der vorgenannten Fiktion gerechtfertigt, der rückzuübertragende Vermögenswert wäre – wenn er nicht dem Erblasser bzw. dessen Rechtsvorgänger entzogen worden wäre – mit dem Erbfall ebenso wie die zum Nachlaß gehörenden Gegenstände auf die testamentarisch zu Erben bestimmten Beigeladenen übergegangen. Diese sind danach „Rechtsnachfolger” i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG.
b) Soweit die Beschwerde den Klärungsbedarf in der Verknüpfung der Rechtsnachfolgerschaft mit dem hier einschlägigen englischen Erbrecht und dessen ihrer Ansicht nach vom Verwaltungsgericht verkannten Regelungsinhalt sieht, führt dies ebenfalls auf keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Im Ausgangspunkt ist – wie dargelegt – der streitige Begriff aus dem Vermögensgesetz und seiner Zweckbestimmung zu entwickeln. Erbrecht ist lediglich bei der Beantwortung der Frage von Bedeutung, wer in dem genannten vermögensrechtlichen Sinne – unter Ausblendung des entzogenen Gegenstandes und des daran anknüpfenden Restitutionsanspruchs – in der Weise in die Rechtsposition des Erblassers eingetreten ist, daß die dargestellte Fiktion – also der hypothetische Übergang auch des entzogenen Vermögenswerts – zu seinen Gunsten eingreift. Das Verwaltungsgericht hat wegen der britischen Staatsangehörigkeit der Erblasserin – insoweit in Übereinstimmung mit der Beschwerde – englisches Erbrecht für einschlägig gehalten (vgl. Art. 25 Abs. 1 EGBGB) und als Inhalt des rechtsgültigen Testaments vom 26. Januar 1974 festgestellt, die Erblasserin habe den Beigeladenen ihr gesamtes bewegliches und unbewegliches Vermögen zugewandt; eine gesetzliche Rechtsnachfolge sei deshalb daneben nicht eingetreten. Diese Feststellung des Inhalts des Testaments und des einschlägigen englischen Erbrechts ist als Tatsachenfeststellung bindend und unterliegt keiner Überprüfung durch das Revisionsgericht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 VwGO). Das Bundesverwaltungsgericht könnte deshalb in dem beabsichtigten Revisionsverfahren nicht prüfen (vgl. auch § 173 VwGO i.V.m. §§ 562, 549 ZPO), ob das Verwaltungsgericht das englische Erbrecht zutreffend angewandt hat (vgl. Beschluß vom 20. März 1989 – BVerwG 1 B 43.89 – Buchholz 130 § 3 RuStAG Nr. 2 S. 1 ≪2≫). Unter diesen Umständen ist die Klärung der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage, ob nach englischem Recht neben der testamentarischen eine gesetzliche Erbfolge möglich ist, in dem beabsichtigten Revisionsverfahren nicht zu erwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Sailer, Golze
Fundstellen
VIZ 1999, 215 |
ZAP-Ost 1999, 36 |
OVS 1999, 63 |
www.judicialis.de 1998 |