Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 02.05.2000; Aktenzeichen 9 B 97.35322) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Mai 2000 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde beanstandet in erster Linie, das Berufungsgericht hätte seine Entscheidung nicht mehr auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Eritrea vom 18. Dezember 1998 stützen dürfen, da das Auswärtige Amt mit einem – ebenfalls in der den Beteiligten zugestellten Erkenntnismittelliste aufgeführten – Schreiben vom 4. Februar 2000 darauf hingewiesen hatte, dass zwischenzeitlich möglicherweise eingetretene Entwicklungen in dem Herkunftsland noch nicht hätten berücksichtigt werden können und deshalb das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) gebeten werde, diesen Lagebericht nicht mehr seinen Entscheidungen zugrunde zu legen; eine Aktualisierung werde schnellstmöglich erfolgen.
Die Tatsachengerichte waren durch diesen Hinweis des Auswärtigen Amtes nicht von vornherein rechtlich gehindert, den als überarbeitungsbedürftig gekennzeichneten Lagebericht weiter als Erkenntnisquelle heranzuziehen. Denn die Würdigung des Aussagegehalts der vorhandenen Erkenntnisquellen für seine Entscheidung liegt allein in der Verantwortung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Allerdings hätte das Berufungsgericht aufgrund seiner Kenntnis des Schreibens des Auswärtigen Amtes vom 4. Februar 2000 bei der tatsächlichen Würdigung der Verhältnisse in Eritrea nicht mehr ohne weiteres auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Dezember 1998 zurückgreifen dürfen; es hätte vielmehr zumindest erörtern müssen, weshalb es sich gleichwohl, etwa wegen anderen, die Aussagen des Lageberichts bestätigenden Erkenntnismitteln neueren Datums, zusätzlich auf die damalige Lageeinschätzung des Auswärtigen Amtes stützen wollte. Die fehlerhafte Verfahrensweise führt indes nicht zur Zulassung der Revision oder Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die in diesem Zusammenhang gerügten Verfahrensrechtsverstöße sind nämlich nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargetan; insbesondere vermag die Beschwerde nicht schlüssig aufzuzeigen, dass die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem der hierzu geltend gemachten Verfahrensmängel beruhen kann. So ist weder dargelegt noch erkennbar, weshalb die Klägerin durch die Verwertung des möglicherweise veralteten Lageberichts des Auswärtigen Amtes in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt sein soll. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang weiter geltend macht, das Berufungsgericht hätte in Kenntnis der Mitteilung des Auswärtigen Amtes vom 4. Februar 2000 den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufklären müssen (§ 86 Abs. 1 VwGO), legt sie nicht substantiiert dar, welche neuen, der Klägerin günstigeren Erkenntnisse auf Grund welcher konkreten Beweismittel zu erwarten gewesen wären. Zu der weiteren Rüge, die Klägerin hätte nicht damit rechnen müssen, dass das Berufungsgericht sich trotz der Mitteilung des Auswärtigen Amtes bei seiner Entscheidung vornehmlich auf den alten Lagebericht stützen werde, dies verstoße auch gegen ihren grundrechtlich verbürgten Anspruch auf ein faires Verfahren, zeigt die Beschwerde gleichfalls nicht auf, welche prozessualen Maßnahmen die Klägerin ergriffen, welche konkreten Einwände gegen die Verwertung des alten Lageberichts sie vorgebracht oder was sie noch in der Sache vorgetragen hätte, wenn sie vorab von der Absicht des Berufungsgerichts gewußt hätte, den Lagebericht weiter zu verwerten (zu den Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 = Buchholz 310 § 133 VwGO n.F. Nr. 26). Schließlich führt die Berücksichtigung des Lageberichts durch das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Beschwerde offensichtlich auch nicht dazu, dass die angefochtene Entscheidung im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen ist (zu den Voraussetzungen eines solchen Verfahrensmangels vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 1998 – BVerwG 9 B 412.98 – Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 = NJW 1998, 3290).
Ohne Erfolg macht die Beschwerde ferner geltend, der angefochtene Beschluss sei verfahrensfehlerhaft und verletze die Klägerin in ihrem rechtlichen Gehör, weil er nicht ohne persönliche Anhörung im vereinfachten Berufungsverfahren nach § 130 a VwGO hätte ergehen dürfen. Die im Ermessen des Berufungsgerichts stehende Befugnis, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 130 a VwGO ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, ist vom Bundesverwaltungsgericht nur auf sachfremde Erwägungen oder grobe Fehleinschätzungen hinsichtlich der Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung überprüfbar (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. April 1992 – BVerwG 9 B 142.91 – Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 5). Gründe für einen solchen Ermessensfehler hat die Beschwerde nicht dargetan, solche sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere hat das Berufungsgericht entgegen der Behauptung der Beschwerde nicht in Abweichung von der Beurteilung des Verwaltungsgerichts, sondern in Übereinstimmung mit diesem und auch mit dem Bescheid des Bundesamts den Vortrag der Klägerin zu den Gründen für das Verlassen ihres Heimatlands für nicht glaubhaft gehalten (zu den verfahrensrechtlichen Anforderungen bei einer von der Vorinstanz abweichenden Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht vgl. hingegen BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2000 – BVerwG 9 B 613.99 – Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 228; Beschluss vom 14. Juni 1999 – BVerwG 7 B 47.99 – ≪Juris≫). Auch steht die Entscheidung des Berufungsgerichts, das Verfahren nach § 130 a VwGO ohne mündliche Verhandlung durchzuführen, entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht in Zusammenhang mit der Berücksichtigung des Lageberichts des Auswärtigen Amts zu Eritrea. Zur Verwertbarkeit dieses Erkenntnismittels hätte sich die Klägerin ohne weiteres auch schriftlich äußern können. Im Übrigen hat sie auch keine Einwendungen gegen die Ankündigung des Berufungsgerichts erhoben, ohne mündliche Verhandlung entscheiden zu wollen.
Die ferner von der Beschwerde erhobenen Grundsatz- und Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, 2 VwGO) sind ebenfalls nicht ausreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Hund, Dr. Eichberger
Fundstellen