Entscheidungsstichwort (Thema)
Kurzpausen während der Bildschirmarbeit. Mitbestimmung in Arbeitszeitfragen. Mitbestimmung bei Maßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung über die Gewährung bezahlter Kurzpausen während der Tätigkeit an Bildschirmgeräten unterliegt nicht der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG.
2. Eine solche Regelung ist jedoch – auch mit Blick auf § 5 BildscharbV – als Maßnahme zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG mitbestimmungspflichtig.
Normenkette
BPersVG § 75 Abs. 3 Nrn. 1, 11
Verfahrensgang
Hamburgisches OVG (Beschluss vom 17.12.1999; Aktenzeichen 7 Bf 303/98.PVB) |
VG Hamburg (Entscheidung vom 27.03.1998; Aktenzeichen 1 VG FB 17/97) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragsteilers gegen den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts, Fachsenat für Personalvertretungssachen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz, vom 17. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Am 9. Juli 1991 schlossen die Beteiligten für alle Mitarbeiter der Techniker Krankenkasse eine Dienstvereinbarung über den Einsatz und die Benutzung von Geräten der Informationstechnik ab, zu denen Bildschirmgeräte aller Art gezählt werden. Die Dienstvereinbarung enthält u. a. folgende Bestimmung:
§ 8
Arbeitsunterbrechung zum Schutz der Gesundheit
(1) Den Mitarbeitern ist
während der Tätigkeit an Geräten der Info-Technik (z. B. ZTV)
oder
- während der Tätigkeit mit Geräten der Info-Technik, wenn die Benutzung der Geräte für die Aufgabenerledigung überwiegt (*),
jeweils nach 50-minütiger Tätigkeit Gelegenheit zu einer Unterbrechung der Arbeit (Pause) von 10 Minuten zu geben.
(*) Hierzu zählen nicht nur die Tätigkeiten, die einen ständigen Blickkontakt mit dem Bildschirm erfordern, sondern auch Tätigkeiten (z. B. Aktenbearbeitung, telefonische Mitglieder- und Vertragspartnerbetreuung), die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Arbeit stehen.
(2) Ein Zusammenziehen der Unterbrechungszeiten ist nicht zulässig. Die Unterbrechung gilt auch durch die Mittagspause als abgegolten.
(3) Die Arbeit ist so zu bemessen, dass die Pausen nach Abs. 1 auch genommen werden können.
§ 12 der Dienstvereinbarung bestimmt, dass im Falle der Kündigung die Dienstvereinbarung weiter gilt, bis sie durch eine andere ersetzt wird. Der Antragsteller hat die Dienstvereinbarung zum 1. Januar 1996 gekündigt. Die Bemühungen der Beteiligten zum Abschluss einer neuen Dienstvereinbarung sind bislang erfolglos geblieben.
Das im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren verfolgte Begehren des Antragstellers, die Dienstvereinbarung vollen Umfangs, hilfsweise einzelne ihrer Bestimmungen für nichtig zu erklären, hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. In den Gründen hat es u. a. ausgeführt: Die Pausenregelung in § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung, die das Verwaltungsgericht zutreffend als eine Maßnahme des Gesundheitsschutzes nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG gewertet habe, könne nicht mit dem Hinweis, es handele sich in Wahrheit um eine Regelung der Dauer der Arbeitszeit, dem Tarifvorbehalt unterworfen werden. Denn die Frage, ob und inwieweit zum Zwecke des Gesundheitsschutzes vorgesehene Pausen zur Arbeitszeit zählten, sei gesetzlich und tarifvertraglich nicht geregelt, könne aber regelungsbedürftig sein und unterliege deshalb der Mitbestimmung der Personalvertretung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zugelassen, soweit es um die Nichtigkeit des § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung geht. Zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde trägt der Antragsteller vor: Die Regelung in § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung über die Gewährung einer bezahlten Kurzpause unterfalle nicht dem Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG. Auch § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG greife nicht ein. Da die angegriffene Pausenregelung keinen ständigen Blickkontakt des Mitarbeiters mit dem Bildschirm erfordere, sei sie nicht geeignet, vor mit der Bildschirmarbeit zusammenhängenden Gefahren zu schützen. Die Mitbestimmungsregelung in § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG sei in Bezug auf Arbeitszeitfragen abschließend, erfasse die hier in Rede stehenden bezahlten Kurzpausen aber nicht und könne deswegen nicht unter Rückgriff auf den Tatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG ausgehöhlt werden. Die streitige Pausenregelung erschöpfe sich darin, eine Abwechslung während der Arbeitszeit zu gewähren, und wirke sich allenfalls als Erleichterung für die am Bildschirm tätigen Arbeitnehmer aus; für den von § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG erfassten Schutz vor arbeitsbedingten Gesundheitsschädigungen reiche das nicht aus. Auch aus § 5 der Bildschirmarbeitsverordnung lasse sich die Mitbestimmungspflichtigkeit nicht herleiten. Nach dieser Vorschrift sei die Unterbrechung der Bildschirmarbeit durch Pausen gegenüber derjenigen durch andere, nicht bildschirmgebundene Tätigkeiten nachrangig; dieser Wertung widerspreche die streitige Pausenregelung. Diese sei schließlich wegen Wegfalles der Geschäftsgrundlage nichtig. Denn bei Abschluss der Dienstvereinbarung sei der Umfang, in welchem Bildschirmgeräte bei der Techniker Krankenkasse inzwischen zum Einsatz kämen, noch nicht vorhersehbar gewesen.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluss teilweise zu ändern und festzustellen, dass § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung vom 9. Juli 1991 nichtig ist.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
1. Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht eine Rechtsnorm unrichtig angewandt (§ 83 Abs. 2 BPersVG in Verbindung mit § 93 Abs. 1 ArbGG), indem es für die Rechtswirksamkeit von § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung vom 9. Juli 1991 (im Weiteren: Dienstvereinbarung) entscheidend auf den Mitbestimmungstatbestand in § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG abgestellt hat. Die Regelung in § 8 der Dienstvereinbarung über die Gewährung von Kurzpausen während der Tätigkeit an Geräten der Informationstechnik unterliegt nicht der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG.
Nach dieser Vorschrift hat der Personalrat in Ermangelung einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung, gegebenenfalls durch Abschluss von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Danach unterfällt der Mitbestimmung jede Maßnahme, die eine generelle und unmittelbar verbindliche Verteilung der abzuleistenden Arbeitszeit auf die Arbeitstage der Woche oder deren Einteilung an den einzelnen Wochentagen vornimmt (Beschluss vom 9. Oktober 1991 – BVerwG 6 P 12.90 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 74 S. 60 f.; Beschluss vom 20. Januar 1993 – BVerwG 6 P 21.90 – BVerwGE 91, 346, 350). § 8 der Dienstvereinbarung regelt jedoch nicht die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage oder deren Einteilung an den einzelnen Wochentagen. Die Bestimmung schreibt vor, dass Kurzpausen Bestandteil der mit Geräten der Informationstechnik verbrachten Arbeitszeit sind. Bemessungsgrundlage für die vorgeschriebene 10-minütige Unterbrechung der Arbeit ist die einzelne Arbeitsstunde. § 8 der Dienstvereinbarung setzt damit die anderweitige gesetzliche oder kollektive Regelung über Dauer und Länge der Arbeitszeit voraus und passt sich daran an, ohne eine dahin gehende Regelung selbst zu treffen.
Nichts anderes ergibt sich mit Blick darauf, dass § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG die Festlegung der Pausen mit umfasst. Der Begriff der Pause wird hier im Gegensatz zur Arbeitszeit verwandt. Er bezieht sich daher nur auf Ruhepausen, die die Arbeitszeit unterbrechen, also nicht selbst zur Arbeitszeit gehören und somit nicht zu vergüten sind (vgl. zu § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG: BAG, Beschluss vom 28. Juli 1981 – 1 ABR 65/79 – BAGE 36, 138, 143 f.). Die bezahlten Kurzpausen nach § 8 Abs. 1 der Dienstvereinbarung unterfallen daher nicht dem Pausenbegriff in § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG.
Die sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebende Auslegung wird durch den Umstand bestätigt, dass § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG keinen spezifischen personalvertretungsrechtlichen Arbeitszeitbegriff enthält, sondern auf die einschlägigen Regelungen des öffentlichen Dienstrechts verweist (vgl. Beschluss vom 1. Juni 1987 – BVerwG 6 P 8.85 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 48 S. 3). Auch in diesen Bestimmungen findet sich als Grundsatz die Trennung von bezahlter Arbeitszeit und nichtbezahlten Ruhepausen. Das Arbeitszeitgesetz vom 6. Juni 1994, BGBl I S. 1170, spricht diesen Grundsatz in § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 aus und sieht in § 4 für Ruhepausen eine Mindestdauer von 15 Minuten vor. Der für die Beteiligten maßgebliche Tarifvertrag der Techniker Krankenkasse nimmt in § 7 Abs. 1 Satz 1 bei der Festlegung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit die „Frühstücks-, Mittags- und sonstigen Pausen” ausdrücklich aus.
2. Auf der unrichtigen Anwendung des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG beruht der angefochtene Beschluss jedoch nicht. Es stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO). § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung findet im Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG die nach § 73 Abs. 1 Satz 1 BPersVG notwendige Grundlage.
Nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG hat der Personalrat in Ermangelung einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung, gegebenenfalls durch Abschluss einer Dienstvereinbarung mitzubestimmen über Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen. Nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift muss die beabsichtigte Maßnahme darauf abzielen, das Risiko von Gesundheitsschädigungen oder Unfällen innerhalb der Dienststelle zu mindern oder einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Der Mitbestimmungstatbestand erfasst Arbeitsschutzmaßnahmen, die nach gesetzlicher Vorschrift oder aus freiem Entschluss des Dienststellenleiters ergriffen werden sollen, um die Beschäftigten allgemein zu schützen oder vor konkreten Gefahren zu bewahren, welche die Tätigkeit auf bestimmten Arbeitsplätzen mit sich bringt (Beschluss vom 25. August 1986 – BVerwG 6 P 16.84 – Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 46 S. 53; Beschluss vom 18. Mai 1994 – BVerwG 6 P 27.92 – PersR 1994, 466).
a) Dass die in § 8 der Dienstvereinbarung vorgesehene Regelung auf den Schutz vor arbeitsbedingten Gesundheitsschädigungen abzielt, ergibt sich bereits aus der Überschrift der Bestimmung, wonach die Arbeitsunterbrechung „zum Schutz der Gesundheit” erfolgen soll. Die Vorschrift ist im Zusammenhang zu sehen mit anderen Vorschriften der Dienstvereinbarung, die dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten dienen. Dies gilt namentlich für § 3 Satz 1 der Dienstvereinbarung, wonach die Arbeitsplätze mit Geräten der Informationstechnik zur Vermeidung physischer und psychischer Belastungen u. a. nach arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten eingerichtet werden. Darüber hinaus trifft § 5 der Dienstvereinbarung Bestimmungen zum Schutz von Schwangeren, älteren Mitarbeitern und Mitarbeitern mit speziellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. § 6 der Dienstvereinbarung sieht arbeitsmedizinische Kontrollen und augenfachärztliche Untersuchungen zum Schutz vor Beeinträchtigungen des Sehvermögens vor.
b) Die Zielrichtung auf den Gesundheitsschutz erstreckt sich auf beide Tatbestandsalternativen in § 8 Abs. 1 der Dienstvereinbarung. Nach Wortlaut und Systematik der Bestimmung sollen in beiden Fällen einer jeweils 50-minütigen Tätigkeit die Mitarbeiter in den Genuss der 10-minütigen Pause kommen. Nach § 8 Abs. 1 Buchst. a der Dienstvereinbarung ist dies zunächst diejenige Tätigkeit, die „an” Geräten der Informationstechnik stattfindet und sich daher typischerweise im ständigen Blickkontakt mit dem Bildschirm vollzieht. Gleichbehandelt wird nach § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung diejenige Tätigkeit, die überwiegend „mit” Geräten der Informationstechnik bewältigt wird, ohne dass sie – wie z. B. Aktenbearbeitung oder telefonische Mitglieder- und Vertragspartnerbetreuung – einen ständigen Blickkontakt mit dem Bildschirm erfordert. Dabei handelt es sich, wie sich auch aus dem Vergleich mit der Regelung in § 10 der Dienstvereinbarung ergibt, um die Erfüllung von Aufgaben, die ohne Geräte der Informationstechnik nicht bewältigt werden können, also um eine bildschirmgebundene Tätigkeit. Auch diese Tätigkeit bedarf angemessener Vorkehrungen gegen die Gesundheitsgefahren, denen die Dienstvereinbarung begegnen soll. Im Gegensatz zu einer „Mischtätigkeit”, die durch ein Nebeneinander von bildschirmgebundener und anderer Aufgabenerfüllung gekennzeichnet ist und bei der sich Unterbrechungen der Arbeit am Bildschirm von selbst ergeben, kann sich der Mitarbeiter nicht zeitweise vom Bildschirm „lösen”. Pausen dienen somit auch bei der in § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung genannten Tätigkeit nicht lediglich der Abwechslung. Der vom Antragsteller herangezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 2. April 1996 – 1 ABR 47/95 – BAGE 82, 349 lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen.
c) Die in § 8 der Dienstvereinbarung getroffene Regelung ist geeignet, die Beschäftigten vor konkreten Gefahren zu bewahren, welche die bildschirmgebundene Tätigkeit mit sich bringt. Der im Zeitpunkt des Abschlusses der Dienstvereinbarung am 9. Juli 1991 bereits ergangenen Richtlinie 90/270/EWG des Rates vom 29. Mai 1990 über die Mindestvorschriften bezüglich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (ABl Nr. L 156 S. 14) liegt, wie aus ihren Erwägungsgründen und der in Art. 1 Abs. 1 formulierten Zielsetzung hervorgeht, die tatsächliche Erkenntnis zugrunde, dass von der Bildschirmarbeit Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten ausgehen. Dementsprechend sind die häufigsten Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Bildschirmarbeit schon lange bekannt: Augenbelastungen, Kopfschmerzen, Schmerzen und Verspannungen des Stütz- und Bewegungsapparats durch Stress- und Zwangshaltungen, ferner Schmerzen und Verschleiß in Muskeln, Sehnen sowie Gelenken der Unterarme, Händen und Handgelenken (vgl. Wlotzke, NJW 1997, 1469, 1472 f.). Die Erkenntnis, dass Kurzpausen der in § 8 der Dienstvereinbarung vorgesehenen Art geeignet sind, den vorgenannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen entgegenzuwirken, liegt ebenfalls auf der Hand. Sie ist tatsächliche Grundlage der in Art. 7 der Richtlinie 90/270/EWG getroffenen Regelung, durch welche die regelmäßige Unterbrechung der täglichen Arbeit an Bildschirmgeräten durch Pausen als Instrument zur Belastungsverringerung anerkannt wird.
d) Die fortbestehende Rechtswirksamkeit des § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung vom 9. Juli 1991 begegnet mit Blick auf die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (Bildschirmarbeitsverordnung – BildscharbV) vom 4. Dezember 1996, BGBl I S. 1843, keinen Bedenken. Solche Bedenken entfallen schon deswegen, weil die Beteiligten jederzeit in der Lage wären, auf der Grundlage von § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG durch Dienstvereinbarung zur Umsetzung des § 5 BildscharbV eine Regelung zu treffen, die mit der jetzigen in § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung vom 9. Juli 1991 übereinstimmt.
aa) Nach § 5 BildscharbV hat der Arbeitgeber die Tätigkeit der Beschäftigten so zu organisieren, dass die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird, die jeweils die Belastung durch die Arbeit am Bildschirmgerät verringern. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist hier eröffnet. Der von § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung erfasste Personenkreis gehört zu den Beschäftigten nach § 2 Abs. 3 BildscharbV. Das sind diejenigen Beschäftigten, die gewöhnlich bei einem nicht unwesentlichen Teil ihrer normalen Arbeit ein Bildschirmgerät benutzen. Diese Voraussetzungen sind bei den Mitarbeitern gemäß § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung erfüllt, weil bei deren Tätigkeit die Gerätebenutzung definitionsgemäß überwiegt.
bb) Die in § 5 BildscharbV normierte Verpflichtung des Arbeitgebers dient dem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung sowie aus der Zielvorstellung, die in der Überschrift der Verordnung und auch deren übrigen Vorschriften zum Ausdruck kommt. Die Intention der Verordnung deckt sich mit derjenigen ihrer gesetzlichen Grundlage in § 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und § 19 des Gesetzes über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG) vom 7. August 1996, BGBl I S. 1246). Bei der Bildschirmarbeitsver-Ordnung handelt es sich im Sinne von § 19 ArbSchG um eine Rechtsverordnung zur Durchführung von Rechtsakten des Rates der Europäischen Gemeinschaften. Denn sie dient der Umsetzung der Richtlinie 90/270/EWG. Mit dieser Richtlinie ist gemeinschaftsrechtlich vorgegeben, dass von der Bildschirmarbeit Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten ausgehen, welche die in der Richtlinie vorgesehenen Regelungen erforderlich machen (vgl. BAG, Beschluss vom 2. April 1996 – 1 ABR 47/95 – BAGE 82, 349, 363). Dazu gehört Art. 7 der Richtlinie 90/270/EWG, der dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, dem Gesundheitsschutz der an Bildschirmgeräten tätigen Beschäftigten auch durch eine Pausenregelung Rechnung zu tragen.
cc) § 5 BildscharbV belässt dem Arbeitgeber die Wahl, ob er zum Schutz seiner Beschäftigten für die Unterbrechung der Bildschirmarbeit andere – nicht bildschirmgebundene – Tätigkeiten oder Pausen vorsieht. Beide Unterbrechungsvarianten stehen grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass § 5 BildscharbV – anders als Art. 7 der Richtlinie 90/270/EWG – die nicht bildschirmgebundene Tätigkeit als erste und die Pausen als zweite Alternative aufführt, auch wenn hierin eine gewisse abstufende Bewertung der beiden Entlastungsvarianten durch den Verordnungsgeber zum Ausdruck kommen mag (vgl. BRDrucks 656/96 S. 31; Wlotzke, a.a.O. S. 1474; Siemes, NZA 1998, 232, 236 f.). Nicht aus § 5 BildscharbV hergeleitet werden kann nach seinem Wortlaut, dass Unterbrechungen der Bildschirmarbeit durch Pausen nicht oder nur dann als Maßnahmen des Gesundheitsschutzes anerkannt werden können, wenn eine Unterbrechung durch andere Tätigkeiten nicht möglich ist (so aber offenbar Siemes, a.a.O. S. 237).
dd) Der Regelung des § 5 BildscharbV lässt sich nicht entnehmen, dass eine früher auf freiwilliger Grundlage als Maßnahme des Gesundheitsschutzes im Wege der Dienstvereinbarung getroffene Pausenregelung ihre Geltung verlieren und auf diese Weise der Dienststelle die dem Arbeitgeber durch § 5 BildscharbV eingeräumte Wahlmöglichkeit uneingeschränkt neu eröffnet werden soll. Dies folgt bereits daraus, dass § 5 BildscharbV nicht etwa eine Wahlmöglichkeit des Arbeitgebers erst geschaffen hat, sondern im Gegenteil die früher aufgrund fehlender Rechtsvorschriften bestehende Gestaltungsfreiheit eingeengt hat. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die frühere Entscheidung der Dienststelle für eine Pausenregelung dadurch hinfällig werden sollte, dass eine Rechtsvorschrift gerade eine solche Regelung als Möglichkeit vorsieht, um den mit der Bildschirmarbeit verbundenen gesundheitlichen Risiken zu begegnen.
e) § 8 Abs. 1 der Dienstvereinbarung enthält, soweit die zu gewährenden Kurzpausen als zu vergütende Arbeitszeit behandelt werden, keine verdeckte Arbeitszeitregelung, die nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG mitbestimmungsfrei ist und deswegen nicht der Mitbestimmungspflicht nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG unterworfen werden kann. Wie dargelegt behandelt das System des gesetzlichen und tariflichen Arbeitszeitrechts, in welches der Mitbestimmungstatbestand nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG eingebettet ist, Pausen als nicht bezahlte Unterbrechungen der Arbeitszeit. Es verbietet nicht, aus Gründen des Gesundheitsschutzes Kurzpausen als Bestandteil der Arbeitszeit zum Ausgleich für besondere Belastungen der zu verrichtenden Tätigkeit vorzusehen.
3. § 8 Abs. 1 Buchst. b der Dienstvereinbarung ist schließlich nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage als unwirksam anzusehen. Es ist weder anhand des Textes der Dienstvereinbarung noch sonst erkennbar, dass die Beteiligten bei deren Abschluss – namentlich bei der Festlegung von Art und Dauer der Arbeitsunterbrechung – davon ausgegangen wären, der Anteil der bildschirmgebundenen Arbeitsplätze bei der Techniker Krankenkasse werde eine bestimmte Größenordnung nicht übersteigen. Der Umstand, dass die Beteiligten seinerzeit überhaupt einen speziellen auf Bildschirmarbeitsplätze bezogenen Regelungsbedarf gesehen haben, spricht dafür, dass sie in Bezug auf die Arbeit an Geräten der Informationstechnik ein erhebliches Wachstumspotenzial angenommen haben. In dieselbe Richtung weist die bereits damals erlassene Richtlinie 90/270/EWG. Die tatsächliche Entwicklung hat dem entsprochen.
4. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 8 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 1 BRAGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Eckertz-Höfer, Gerhardt, Büge
Fundstellen
Haufe-Index 642562 |
DB 2001, 1260 |
NZA 2001, 570 |
ZBR 2001, 254 |
ZTR 2001, 236 |
AP, 0 |
ZfPR 2001, 68 |
DVBl. 2001, 1070 |
NPA 2001, 0 |