Verfahrensgang
VG Regensburg (Aktenzeichen RN 12 K 00.1224) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. November 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Gründe
Der Kläger wendet sich gegen einen Tauglichkeitsbescheid, durch den er als wehrdienstfähig, verwendungsfähig mit Einschränkung in der Grundausbildung und für bestimmte Tätigkeiten beurteilt wurde.
Die allein auf die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet. Die Ablehnung des klägerischen Antrages, den medizinischen Sachverständigen Dr. D. zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens zur mündlichen Verhandlung zu laden, begründet keinen Verfahrensmangel, auf dem das erstinstanzliche Urteil beruhen kann.
Das Verwaltungsgericht musste dem Antrag des Klägers nicht stattgeben. Nach der fernmündlichen Befragung des Sachverständigen durch den Berichterstatter ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass seine Vernehmung in der mündlichen Verhandlung keine zusätzlichen entscheidungserheblichen Erkenntnisse mehr bringen würde, und hat dementsprechend den Antrag des Klägers abgelehnt. Nach § 98 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3 ZPO kann das Gericht das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Es ist dazu gemäß §§ 97, 98 VwGO i.V.m. §§ 402 und 397 ZPO in der Regel verpflichtet, wenn eine Partei diese Anordnung beantragt, weil sie dem Sachverständigen Fragen stellen will. Das gilt nicht, wenn der Sachverständige die beabsichtigte Frage bereits in einer Ergänzung seines Gutachtens beantwortet hat und deshalb seine Befragung Sachdienliches nicht mehr erbringen kann (vgl. Urteil vom 1. Dezember 1989 – BVerwG 8 C 44.89 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 34 m.w.N.; Beschluss vom 21. September 1994 – BVerwG 1 B 131.93 – a.a.O. Nr. 46; Beschluss vom 13. September 1999 – BVerwG 6 B 61.99 – a.a.O. Nr. 57). Dies kann der Fall sein, wenn in einer fernmündlichen Befragung durch den Berichterstatter der Gutachter ergänzende Ausführungen insbesondere zu schriftsätzlich von der Klägerseite unterbreiteten Fragen macht und das Ergebnis dieser Ausführungen durch einen Vermerk zu den Akten dokumentiert und den Prozessbeteiligten zugänglich gemacht wird. Enthält eine derartige Gutachtenergänzung eine vollständige Stellungnahme zu den zuvor schriftsätzlich formulierten Erläuterungswünschen, so ist es Sache der Verfahrensbeteiligten, spätestens bis zur Schließung der mündlichen Verhandlung substantiiert darzulegen, weshalb ein Erläuterungsbedarf weiterhin besteht. Geschieht dies nicht, so kann das Gericht ohne Hinzuziehung des Sachverständigen entscheiden. Mit Rücksicht darauf lässt sich hier ein Verfahrensfehler nicht feststellen.
Der Kläger hat seinen Antrag, den Sachverständigen Dr. D. mündlich zu hören, im Wesentlichen mit drei Erwägungen begründet, nämlich zum Ersten, der Sachverständige berufe sich für die Diagnose eines Osteoid-Osteoms auf das vorgelegte Ergebnis der Computertomographie; darin werde jedoch lediglich festgestellt, dass der erhobene Befund mit Osteoid-Osteom/Osteoplastom gut vereinbar sei; es werde in dem CT-Befund nicht ausgeschlossen, dass es sich auch um einen anderen Tumor handeln könne. Zum Zweiten hielt er für klärungsbedürftig, wie sicher die gestellte Diagnose wirklich sei; der Gutachter habe dazu anscheinend eigene Feststellungen nicht getroffen. Zum Dritten komme der Gutachter zu dem Ergebnis „Die Beurteilung mit Fehlerziffer III/VI ist nach meiner Ansicht korrekt.” Die Bedeutung dieser Einordnung sei unverständlich, denn im Falle der Fehlerziffer VI sei der Kläger auszumustern. Das Verwaltungsgericht hat das Verlangen des Klägers nach Anhörung des Sachverständigen für beachtlich gehalten und deshalb zum Anlass genommen, seine bereits schriftsätzlich – erstmals am 28. November 2000 per Telefax eingegangen – präzisierten Fragen schon vor der mündlichen Verhandlung am 30. November 2000 dem Sachverständigen fernmündlich zu unterbreiten mit der Bitte, seine gutachtliche Stellungnahme zu ergänzen. Dieser Bitte hat der Sachverständige fernmündlich entsprochen. Über das Ergebnis des Telefongesprächs hat der Berichterstatter des Verwaltungsgerichts mit Datum vom 29. November 2000 einen schriftlichen Vermerk zu den Akten gebracht.
Aus dem Vermerk des Berichterstatters über die fernmündliche Befragung des Sachverständigen ergibt sich, dass Dr. D. den durch die Computertomografie erkannten Knochenbefund beim Kläger für „allenfalls entweder ein Osteoid-Osteom oder ein Osteoblastom” hielt. In beiden Fällen handelte es sich nach der Beurteilung durch den Sachverständigen um einen jeweils gutartigen Tumor, der nicht zu einer Untauglichkeit des Klägers führe. Ein anderer Tumor, insbesondere maligner Art, sei mit Sicherheit auszuschließen. Dieses Ergebnis werde auch dadurch bestätigt, dass der behandelnde Arzt offenbar keinen Anlass zu weiteren Untersuchungen gesehen habe. Wahrscheinlich liege aber auch schon gar kein Osteoid-Osteom oder Osteoblastom vor; dies wiederum könne nur durch aufwendige Untersuchungen festgestellt werden, die wegen der Tauglichkeit auch im Falle des Vorliegens nicht erforderlich seien. Dieser Sachverhalt ist durch den Berichterstatter in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden. Der Kläger hat daraufhin zu Protokoll erneut beantragt, den Gutachter Dr. D. zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstellten Gutachtens zu laden, insbesondere zur Frage der Auswirkungen des beim Kläger festgestellten Tumors im Oberarmbereich auf die Wehrdienstfähigkeit.
Angesichts dieser Sachlage durfte das Verwaltungsgericht ohne Verstoß gegen die genannten Verfahrensvorschriften davon ausgehen, dass die vom Kläger beabsichtigten Fragen bereits genügend beantwortet waren und deshalb in diesem Punkte eine erneute mündliche Befragung des Sachverständigen zu seinem Gutachten Sachdienliches, das zu weiteren Ermittlungen oder zu einer anderen Beurteilung hätte Anlass geben können, nicht mehr erbringen konnte und folglich auch nicht geboten war. Hiervon hat sich das Verwaltungsgericht bei seiner Ablehnung des Antrages des Klägers ersichtlich leiten lassen. Die zugrunde liegende Sachverhaltswürdigung unterliegt grundsätzlich nicht der Prüfung des Revisionsgerichts, es sei denn, dem Verwaltungsgericht hätte sich eine Befragung des Sachverständigen aufdrängen müssen (Beschluss vom 10. Dezember 1984 – BVerwG 7 B 93.84 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 25; Beschluss vom 21. September 1994 – BVerwG 1 B 131.93 – a.a.O.). Davon kann jedoch keine Rede sein, nachdem das Verwaltungsgericht die Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. D. auch unter Würdigung der übrigen während des gesamten Verfahrens eingeholten und beigebrachten Gutachten für überzeugend befunden hatte. Zudem ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht, dass die Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung substantiiert dargelegt hat, inwieweit sie das schriftliche Gutachten auch angesichts der fernmündlichen Klarstellung durch den Sachverständigen weiterhin für erläuterungsbedürftig hielt. Selbst die Beschwerdebegründung lässt eine derartige Substantiierung vermissen. Die dort wiederholten Besorgnisse zum Tumorbefund hatte der Sachverständige bereits auf Seite 5 seines Gutachtens ausgeräumt; dem diente die Klarstellung im Ferngespräch mit dem Berichterstatter des Verwaltungsgerichts. In den Entscheidungsgründen des Urteils ist schließlich auch einleuchtend dargestellt, dass es sich bei der Bezugnahme im schriftlichen Gutachten von Dr. D. auf „Fehlerziffer III/VI” erkennbar um einen Schreibfehler handelt, der eine mündliche Befragung des Sachverständigen nicht erforderlich machte; richtigerweise hätte es an der entsprechenden Stelle im Gutachten vom 20. Oktober 2000 „Fehlerziffer III 6” heißen müssen. Dass – und ggf. in welcher Richtung – sonst eine weiterführende, für den Kläger günstige Aufklärung durch Befragung von Dr. D. zu seinem Gutachten hätte herbeigeführt werden sollen und welche Ergebnisse möglicherweise zu erwarten gewesen wären, hat der Kläger nicht darzutun vermocht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Hahn, Büge, Graulich
Fundstellen