Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsschutzbedürfnis. Prüfung, die Mitarbeitern im Bereich der Dienststelle abgenommen wird

 

Normenkette

LPersVG Rheinland-Pfalz § 68 Abs. 3

 

Verfahrensgang

OVG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 26.04.1983; Aktenzeichen 5 A 14/82)

VG Mainz (Beschluss vom 09.08.1982; Aktenzeichen 5 PV 28/82)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) – vom 26. April 1983 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Hauptpersonalrat für die staatlichen Lehrer an Grund- und Hauptschulen beim Kultusministerium Rheinland-Pfalz, der Antragsteller, ist der Auffassung, die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen sei eine Prüfung im Sinne des § 68 Abs. 3 LPersVG, die der Kultusminister des Landes Rheinland-Pfalz, der Beteiligte, von Mitarbeitern seines Bereichs abnehme und während derer er einem Mitglied des Antragstellers die Anwesenheit zu gestatten habe. Darauf stützt der Antragsteller das Verlangen nach Freistellung weiterer seiner Mitglieder. Der Beteiligte gestattet zwar, daß ein Mitglied des Antragstellers bei den Prüfungen anwesend ist, bestreitet aber einen Anspruch des Antragstellers darauf und ist demzufolge auch nicht bereit, hierfür zusätzliche Freistellungen auszusprechen.

Im Anschluß an die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen, die am 30. Juni 1982 stattfand, hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,

festzustellen, daß der Beteiligte verpflichtet war, einem Mitglied des Antragstellers bei der am 30. Juni 1982 durchgeführten Zweiten Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen die Anwesenheit zu gestatten.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

Der Antragsteller habe zwar ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Frage, ob der Beteiligte rechtlich verpflichtet sei, einem Mitglied des Antragstellers die Anwesenheit bei Zweiten Staatsprüfungen für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen zu gestatten. Sein Rechtsschutzbedürfnis sei insbesondere nicht deswegen zu verneinen, weil der Beteiligte die Anwesenheit eines Mitgliedes des Antragstellers bei derartigen Prüfungen „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht” dulde. Denn das Begehren des Antragstellers gehe über eine solche Duldung rechtlich hinaus. Sein Verlangen finde aber in § 68 Abs. 3 LPersVG keine Grundlage. Bei der Zweiten Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen handele es sich nicht um eine Prüfung, die „eine Dienststelle von Mitarbeitern ihres Bereiches abnimmt”; denn darunter seien nur sogenannte verwaltungsinterne Prüfungen zu verstehen, die einer anderweitigen dienstlichen Verwendung von Mitarbeitern vorgeschaltet seien oder bestimmte Ausbildungsphasen von Mitarbeitern beendeten, wobei das Prüfungsergebnis lediglich die Art der künftigen Verwendung im Bereich des Rechtsträgers der Dienststelle bestimme, ohne daß die Prüfung zur Beendigung des Dienstverhältnisses führe oder mit ihr eine Qualifikation erworben werde, die auch außerhalb des Rechtsträgers der Dienststelle rechtliche Bedeutung habe. Die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen äußere nicht nur derartige verwaltungsinterne Wirkungen. Das ergebe sich daraus, daß der Prüfung über den Bereich des Beteiligten hinaus Bedeutung zukomme und der Lehramtsanwärter nach dem erfolgreichen Abschluß der Prüfung aus dem Vorbereitungsdienst ausscheide. Ob letzteres nur haushaltsrechtliche Bedeutung habe, wie der Antragsteller meine, sei personalvertretungsrechtlich ohne Bedeutung. Maßgebend dafür, ob eine Prüfung in den Geltungsbereich des § 68 Abs. 3 LPersVG einzuordnen sei, seien in erster Linie die äußere Gestaltung des Prüfungsablaufs und die mit der erfolgreichen Prüfung verbundenen Rechtsfolgen. Der verwaltungsexterne Charakter der Zweiten Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß diese Prüfung eine nur im Schuldienst bedeutsame Qualifikation verleihe. Zwar sei die Ausbildung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen im wesentlichen auf eine Tätigkeit als Lehrer an öffentlichen Schulen zugeschnitten und etwa mit der juristischen Ausbildung, die vielseitige Verwendungsmöglichkeiten eröffne, nicht vergleichbar. Von einer verwaltungsinternen Prüfung unterscheide sie sich aber gleichwohl dadurch, daß sie einen auch für den Bereich der privaten Schulen gültigen Abschluß vermittle. Dieser Gesichtspunkt habe rechtliche Bedeutung, obwohl nur ein verschwindend geringer Teil von Lehrkräften an privaten Grund- und Hauptschulen beschäftigt werde und diese Schulen wegen der staatlichen Genehmigungspflicht und der über sie ausgeübten Staatsaufsicht mit der Organisation des öffentlichen Schulwesens verknüpft seien. Denn für die Abgrenzung zwischen verwaltungsexternen und verwaltungsinternen Prüfungen sei allein die über den Bereich des Rechtsträgers der Dienststelle hinausgehende Geltung einer Prüfung ausschlaggebend, ohne daß es darauf ankomme, in welchem Umfang außerhalb des Rechtsträgers von der erworbenen Qualifikation Gebrauch gemacht werden könne. Schließlich könne der Antragsteller ein Anwesenheitsrecht bei der Zweiten Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen auch nicht daraus herleiten, daß die Landesverordnung über die Ausbildung und Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen mehrfach den Hinweis enthalte, daß die dem § 68 Abs. 3 LPersVG entsprechende Vorschrift der früheren Fassung des Personalvertretungsgesetzes für Rheinland-Pfalz unberührt bleibe. Zum einen könne die durch § 68 Abs. 3 LPersVG vermittelte Rechtsposition nicht durch untergesetzliche Rechtsnormen inhaltlich erweitert werden. Zum anderen sei die entsprechende Bestimmung der Verordnung auch nur dahin zu verstehen, daß Befugnisse der Personalvertretung, die sich aus dem Landespersonalvertretungsgesetz ergeben, durch die Vorschriften über das Prüfungsverfahren nicht beschnitten werden sollten. Da § 68 Abs. 3 LPersVG dem Antragsteller aber die begehrte Befugnis nicht gebe, könne der Antragsteller auch aus der Verordnung nichts für sein Begehren herleiten.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der er sich gegen die dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegende Auslegung des § 68 Abs. 3 LPersVG wendet. Er meint, die Vorschrift erfasse Prüfungen, deren Anforderungen, Ablauf und Organisation in den Händen der Dienststelle liege und deren Bestehen nicht zum Ausscheiden des Prüflings aus der Dienststelle führe. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall gegeben. Das Landesprüfungsamt, welches die Prüfungsausschüsse bilde, sei eine Abteilung des Beteiligten und somit in dessen Dienststellenaufbau eingeordnet. Die Mitglieder der Prüfungsausschüsse, welche das Landesprüfungsamt bestelle, gehörten sämtlich der Dienststelle des Beteiligten an, mehrere von ihnen seien jeweils Vorgesetzte der Prüfungskandidaten. Damit bestimme der Beteiligte Organisation und Ablauf der Prüfung. Die erfolgreiche Beendigung der Prüfung führe auch nicht zum Ausscheiden des Prüflings aus dem Dienst des Beteiligten. Denn zwischen dem Vorbereitungsdienst der Lehramtsanwärter und der Zweiten Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen bestehe nach der für diese Ausbildung und Prüfung maßgebenden Landesverordnung kein Zusammenhang derart, daß das Bestehen der Prüfung rechtlich zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes führe. Bei erfolgreicher Teilnahme an der Prüfung ende dieser lediglich tatsächlich mit dem Ende der Prüfung. Die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen erfülle somit sämtliche Voraussetzungen einer Prüfung im Sinne des § 68 Abs. 3 LPersVG. Dem stehe auch nicht entgegen, daß die Prüfung zugleich Voraussetzung für den Eintritt in den privaten Schuldienst sei. Vielmehr besage dies nichts darüber, ob es sich bei der Prüfung um eine solche handele, die der Beteiligte Mitarbeitern seines Bereichs abnehme. Im übrigen verleihe die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen dem Absolventen nicht ohne weiteres das Recht, an einer Privatschule zu unterrichten. Hierzu bedürfe er vielmehr der Genehmigung der zuständigen Schulbehörde. Dem Beschwerdegericht könne deswegen nicht in der Auffassung gefolgt werden, die Prüfung verleihe eine über den Bereich des Beteiligten hinausgreifende Berechtigung.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) – vom 26. April 1983 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Mainz – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – vom 9. August 1982 aufzuheben und festzustellen, daß der Beteiligte verpflichtet war, einem Mitglied des Antragstellers bei der am 30. Juni 1982 durchgeführten Zweiten Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen die Anwesenheit zu gestatten.

Der Beteiligte tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg, weil es dem Antragsteller für das in seinem Feststellungsantrag formulierte Begehren bereits an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Rechtsschutzbedürfnis in personalvertretungsrechtlichen Streitigkeiten zwar auch dann zu bejahen, wenn der konkrete Anlaß, aus dem sich der rechtliche Streit entwickelt hat, nicht mehr besteht, die Streitfrage aber gleichwohl der Klärung bedarf, weil sie sich jederzeit wieder stellen kann und die zu ihr bestehenden Meinungsverschiedenheiten das Verhältnis von Personalvertretung und Dienststelle beeinträchtigen können. Das setzt jedoch voraus, daß der konkrete Anlaß, der das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren ausgelöst hat, tatsächlich geeignet war, die in dem Verfahrensantrag formulierte, den Streitgegenstand bestimmende Rechtsfrage aufzuwerfen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Nach seinem in allen Rechtszügen wiederholten Antrag will der Antragsteller festgestellt wissen, daß der Beteiligte einem Mitglied des Antragstellers die Teilnahme an den am 30. Juni 1982 abgehaltenen Prüfungen für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen habe gestatten müssen. Das aber hat der Beteiligte nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts getan, soweit es der Antragsteller verlangt hat. Dies ist auch nicht einmalig oder versehentlich geschehen. Der Beteiligte ist vielmehr weiterhin bereit, jeweils einem Mitglied des Antragstellers die Teilnahme an derartigen Prüfungen zu gestatten. Damit war das für den Antrag erforderliche Rechtsschutzbedürfnis von Anfang an nicht gegeben.

Das wahre Begehren des Antragstellers geht allerdings über seinen tatsächlich gestellten Antrag weit hinaus; denn er möchte in Wirklichkeit festgestellt wissen, daß er einen aus § 68 Abs. 3 LPersVG fließenden Rechtsanspruch auf Teilnahme an der Zweiten Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen hat, um darauf das Verlangen nach teilweiser Freistellung derjenigen seiner Mitglieder zu gründen, die an solchen Prüfungen teilnehmen. Ob diese Frage, in der zwischen den Verfahrensbeteiligten in der Tat Streit besteht, als Vortrage in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren zu klären wäre, das das Freistellungsverlangen des Antragstellers zum Gegenstand hat, oder ob sie losgelöst von diesem Verlangen Gegenstand eines gesonderten personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens hätte sein können, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls wird sie durch den im vorliegenden Verfahren in allen Rechtszügen gestellten Antrag weder unmittelbar noch sinngemäß als Streitgegenstand bezeichnet. Das Antragsbegehren hätte daher schon im ersten Rechtszug aus formellen Gründen scheitern müssen.

Der Senat nimmt die Rechtsbeschwerde gleichwohl zum Anlaß, zu der soeben bezeichneten Streitfrage folgendes anzumerken:

Der Beteiligte nimmt die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen angesichts der organisatorischen Eingliederung des Landesprüfungsamts in seine Behörde zwar „in seinem Bereich” ab (vgl. dazu BVerwGE 19, 133 ≪135≫). Auch sind die zu prüfenden Lehramtsanwärter Mitarbeiter seines „Bereichs”; denn sie leisten ihren Vorbereitungsdienst an Studienseminaren ab, die dem Beteiligten nachgeordnet sind und die er für den einzelnen Anwärter auswählt (§ 3 Abs. 2 der Landesverordnung über die Ausbildung und Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen vom 16. Februar 1976 ≪GVBl. S. 49≫ – im weiteren als LVO bezeichnet –). Daraus folgt jedoch nicht ohne weiteres, daß die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen, die im Rahmen des Vorbereitungsdienstes abzulegen ist, eine Prüfung ist, die der Beteiligte im Sinne des § 68 Abs. 3 LPersVG „von den Mitarbeitern (seines) Bereichs abnimmt”. Wie die Vorinstanzen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend dargelegt haben, knüpft das der Personalvertretung in dieser Vorschrift eingeräumte besondere Beteiligungsrecht nicht allein an den äußeren Tatbestand an, daß eine Dienststelle Mitarbeitern ihres Bereichs Prüfungen abnimmt, sondern setzt weiter voraus, daß sich die Wirkungen der Prüfung im Falle des Bestehens wie im Falle des Nichtbestehens auf den Bereich der Dienststelle beschränken, daß es sich also um eine „verwaltungsinterne” Prüfung handelt (BVerwG, a.a.O.). Die letztgenannte Voraussetzung erfüllt die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen nicht. Durch sie soll festgestellt werden, ob dem Lehramtsanwärter die Befähigung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen zuerkannt werden kann (§ 16 LVO), die er sodann mit dem Bestehen der Prüfung erwirbt (§ 31 Abs. 1 LVO). Diese Wirkung der Prüfung beschränkt sich nicht auf den Bereich des Beteiligten. Die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Grund- und Hauptschulen ist weder allein eine Laufbahnprüfung, die – wie in dem in BVerwGE 19, 133 entschiedenen Fall – nur für den Bereich der Dienststelle rechtliche Bedeutung haben kann, noch ist sie eine sonstige in dem dargestellten Sinn „verwaltungsinterne” Prüfung. Sie stellt vielmehr den Abschluß einer Berufsausbildung dar, den jeder öffentlich-rechtliche Dienstherr und jeder in Betracht kommende private Arbeitgeber anzuerkennen hat (vgl. dazu BVerwGE 68, 109 ≪110 f.≫). Damit greift sie in ihren Wirkungen über den Bereich des Beteiligten hinaus und wird sonach nicht von § 68 Abs. 3 LPersVG erfaßt.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Dr. Seibert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1476595

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