Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Urteil vom 03.02.2012; Aktenzeichen 1 A 748/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Rz. 1
Die auf den Zulassungsgrund der Grundsatzbedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 7. März 2012 – BVerwG 5 B 56.11 – ZOV 2012, 100). Diese Voraussetzungen liegen bei den vom Kläger aufgeworfenen Fragen nicht vor oder sind nicht ausreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Rz. 3
a) Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage,
“wann eine förderfähige Ausbildung im Sinne des § 2 BAföG gegeben ist”,
rechtfertigt schon deshalb nicht die Zulassung der Revision, weil sie in dieser Allgemeinheit vom Oberverwaltungsgericht nicht aufgeworfen und entschieden wurde. Abgesehen davon wäre sie in dieser allgemeinen Form einer rechtsgrundsätzlichen Klärung im Revisionsverfahren nicht zugänglich.
Rz. 4
b) Die Ausführungen der Beschwerde im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG – vom 7. Dezember 2010 (BGBl I S. 1952), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854), die mit der im streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 2008 bis September 2009 geltenden Fassung dieser Bestimmung wörtlich übereinstimmt, für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen,
“wann ein zweijähriger Bildungsgang beginnt und zu welchem Zeitpunkt bzw. mit welchem Ergebnis dieser Bildungsgang berufsqualifizierend abgeschlossen wird”,
genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass und inwiefern diese Fragen für die angefochtene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts entscheidungserheblich waren.
Rz. 5
Ungeachtet dessen lassen sich die Fragen, soweit sie sich hier stellen könnten, ohne Weiteres aus dem Gesetz und auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung auch ohne Revisionsverfahren beantworten. Es ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass das Bundesausbildungsförderungsgesetz bei seinen Regelungen über den Beginn und die Beendigung der förderungsfähigen Ausbildung grundsätzlich an das jeweilige Ausbildungs- und Prüfungsrecht anknüpft (vgl. Urteil vom 14. April 1983 – BVerwG 5 C 104.80 – BVerwGE 67, 105 ≪107≫ = Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 35 S. 63 f.). Gleiches gilt für die Beurteilung, wann der Auszubildende einen berufsqualifizierenden Abschluss erreicht hat. Machen die Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen den Erwerb der Berufsqualifikation nicht davon abhängig, dass nach dem Bestehen der Abschlussprüfung noch ein weiterer Teil des Ausbildungsabschnitts erfolgreich durchlaufen wird, endet die förderungsfähige Ausbildung mit dem Bestehen der Abschlussprüfung des Ausbildungsabschnitts oder, wenn eine solche nicht vorgesehen ist, mit der planmäßigen Beendigung des Ausbildungsabschnitts (vgl. § 15b Abs. 3 BAföG). Andernfalls endet sie erst mit der Beendigung des gesamten Ausbildungsabschnitts, also mit der erfolgreichen Absolvierung des sich an die Abschlussprüfung anschließenden Teils (vgl. Urteil vom 10. Oktober 1985 – BVerwG 5 C 9.83 – Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 49 S. 123). Überdies ist eine Ausbildung förderungsrechtlich beendet, wenn der Auszubildende die Ausbildung abbricht (vgl. § 15b Abs. 4 BAföG), d.h. das Ziel des förderungsfähigen Ausbildungsabschnitts endgültig nicht mehr anstrebt, oder wenn die Ausbildung wegen endgültigen Nichtbestehens einer Prüfung nicht mehr berufsqualifizierend abgeschlossen werden kann (vgl. Urteil vom 14. April 1983 a.a.O. S. 108 f. = S. 64 f.). Des Weiteren ist in der Rechtsprechung bereits geklärt, dass eine praktische Tätigkeit, deren Ableistung in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen für das Erreichen eines berufsqualifizierenden Abschlusses gefordert wird, zu demselben Ausbildungsabschnitt wie der Schulbesuch gehört, beide Teile also einen einheitlichen Ausbildungsabschnitt im Sinne des § 2 Abs. 5 Satz 2 BAföG bilden, wenn die gesamte Ausbildung durch den Besuch der Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 BAföG geprägt ist. Das ist der Fall, wenn das Schwergewicht auf der Ausbildung an der Ausbildungsstätte liegt. Die Tatsache, dass die praktische Ausbildung länger dauert als der Unterricht an der Ausbildungsstätte, schließt eine derartige Annahme nicht schlechthin aus (vgl. Urteile vom 10. Oktober 1985 a.a.O. S. 123 f.; vom 22. Januar 1987 – BVerwG 5 C 19.84 – Buchholz 436.36 § 2 BAföG Nr. 11 S. 4; vom 2. Februar 1989 – BVerwG 5 C 2.86 – BVerwGE 81, 242 ≪247 f.≫ = Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 81 S. 69 f.; vom 3. Juni 1988 – BVerwG 5 C 74.84 – Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 76 S. 45 sowie Beschluss vom 15. Oktober 1987 – BVerwG 5 B 53.86 – Buchholz 436.36 § 2 Nr. 13 S. 10 f.). Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die Ausbildung zum Rettungsassistenten bereits entschieden, dass der wesentliche Teil dieser Ausbildung der Lehrgang nach § 4 Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (Rettungsassistentengesetz) – RettAssG – vom 10. Juli 1989 (BGBl I S. 1384), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Dezember 2007 (BGBl I S. 2686), und nicht das nach dem Lehrgang zu absolvierende Praktikum (vgl. § 7 RettAssG) ist (vgl. Urteil vom 20. November 2008 – BVerwG 3 C 25.07 – Buchholz 418.15 Rettungswesen Nr. 13 Rn. 20). Neuerlicher oder weiterer rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.
Rz. 6
c) Soweit die Beschwerde geklärt wissen möchte,
“was unter einem berufsqualifizierenden Abschluss zu verstehen ist”,
fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt. Ob ein berufsqualifizierender Abschluss vorliegt, ist danach nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Ausschlaggebend ist, ob der Auszubildende in dem von ihm durchlaufenen Ausbildungsgang einen Ausbildungsstand erreicht hat, der ihm die Aufnahme eines Berufes ermöglicht. Das ist stets dann der Fall, wenn durch eine Abschlussprüfung die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung eines Berufes erfüllt oder beim Fehlen solcher Rechtsvorschriften die hierfür tatsächlich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erlangt worden sind. Demzufolge ist ein berufsqualifizierender Abschluss gegeben, wenn der Auszubildende eine als Zugangsvoraussetzung für einen Beruf durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften des Staates oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft vorgesehene Prüfung bestanden hat, und darüber hinaus auch dann anzunehmen, wenn der Auszubildende eine Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 BAföG besucht und am Ende der Ausbildungsveranstaltungen an dieser Ausbildungsstätte Kenntnisse und Fertigkeiten erworben hat, die ihn, ohne dass dies in einer Prüfung nachgewiesen werden muss, zur Aufnahme eines Berufes befähigen (stRspr, vgl. etwa Urteile vom 19. April 1988 – BVerwG 5 C 12.85 – Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 71 S. 31 f.; vom 28. Oktober 1992 – BVerwG 11 C 5.92 – Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 105 S. 146 und vom 15. Mai 2008 – BVerwG 5 C 18.07 – Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 124 Rn. 12; Beschlüsse vom 19. Januar 1989 – BVerwG 5 B 198.88 – Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 80 S. 64 und vom 20. Dezember 1990 – BVerwG 5 ER 650.89 – Buchholz 436.36 § 11 BAföG Nr. 18 S. 22 f.). Diese Rechtsprechung hat das Oberverwaltungsgericht seinem Urteil zugrunde gelegt. Die Beschwerde lässt nicht erkennen, welche über diese Grundsätze hinausgehende abstrakte Rechtsfrage durch ein Revisionsverfahren geklärt werden könnte.
Rz. 7
d) Soweit die Beschwerde vorträgt, “eine Klärung des beruflichen Status nach Abschluss der Ausbildung im Sinne des § 4 RettAssG” sei erforderlich und in diesem Zusammenhang auch die Beantwortung der Rechtsfrage von Bedeutung hält,
“ob in den, wie im Falle des Klägers häufig auftretenden Konstellationen, in denen durch Vorbildung gemäß § 8 RettAssG die Zeiten der Ausbildung verkürzt werden oder eine entsprechende bereits durchgeführte berufliche Tätigkeit dazu führt, dass die gemäß § 7 RettAssG abzuleistenden Arbeitsstunden ganz oder teilweise bereits vor Abschluss des Lehrgangs i.S.d. § 4 RettAssG vorliegen, im Ergebnis eine abstrakt verminderte Ausbildungszeit mit sich bringt”,
führt dieses Vorbringen schon deshalb nicht auf den Zulassungsgrund der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, weil das angefochtene Urteil nicht auf der Annahme beruht, dass bereits die Ausbildung des Klägers an der Rettungsdienstschule Werdau mit dem Abschluss in der staatlichen Prüfung “Rettungsassistenz” zu einem berufsqualifizierenden Abschluss im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 und § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG führte. Vielmehr gehörte nach der die Entscheidung tragenden rechtlichen Würdigung des Oberverwaltungsgerichts zu der auf ihre Förderungsfähigkeit und Vermittlung eines berufsqualifizierenden Abschlusses zu prüfenden Ausbildung “nicht nur der Besuch der Rettungsdienstschule Werdau, sondern auch die praktische Tätigkeit bei der Johanniter Unfall-Hilfe e.V.”.
Rz. 8
e) Sollte mit der Grundsatzrüge die entscheidungstragende Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger habe mit seiner sich aus dem Besuch der Rettungsdienstschule Werdau und der praktischen Tätigkeit bei der Johanniter Unfall-Hilfe e.V. zusammensetzenden Ausbildung zum Rettungsassistenten bereits eine förderungsfähige Ausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG berufsqualifizierend abgeschlossen, beanstandet werden, beträfe dies die einzelfallbezogene rechtliche Wertung. Mit der Rüge der fehlerhaften Rechtsanwendung im Einzelfall kann die rechtsgrundsätzliche Bedeutung einer Sache nicht dargetan werden.
Rz. 9
2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Rz. 10
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO nicht erhoben.
Unterschriften
Vormeier, Stengelhofen, Dr. Störmer
Fundstellen