Entscheidungsstichwort (Thema)
eingeschränktes Gewerbegebiet. Baugebietstyp. Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude. Einzelhandelsbetrieb. Nachbarschaftsladen. Convenience-Store
Leitsatz (amtlich)
§ 8 BauNVO lässt die Festsetzung eines Gewerbegebiets zu, in dem nur Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude zulässig sind.
Ein Einzelhandelsbetrieb mit einer Nutzfläche von höchstens 400 m(2) kann als “Nachbarschaftsladen” oder “Convenience-Store” ein festsetzungsfähiger Anlagentyp im Sinne vom § 1 Abs. 9 BauNVO sein.
Normenkette
BauNVO § 1 Abs. 5, 9, § 8
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 08.06.2004; Aktenzeichen 3 N 1239/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Divergenzrügen greifen nicht durch.
a) Das Normenkontrollgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der in Widerspruch zu der vom Senat in den Entscheidungen vom 6. Juli 1984 – BVerwG 4 C 22.80 – (DVBl 1985, 110) und vom 13. Januar 1989 – BVerwG 4 NB 33.88 – (NVwZ 1989, 661) vertretenen Auffassung steht, dass das Plangebiet im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung hinreichend verlässlich gekennzeichnet werden muss. Es hat die Umschreibung anhand von Straßenzügen und Flurstücksbezeichnungen als ausreichende Identifikation angesehen. Selbst wenn es mit dieser Auffassung hinter den vom Senat formulierten Anforderungen zurückgeblieben sein sollte, läge hierin lediglich eine fehlerhafte Anwendung der in den zitierten Entscheidungen aufgestellten Rechtssätze, aber keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
b) Der Kläger zeigt nicht auf, inwiefern sich das Normenkontrollgericht mit seiner Rechtsmeinung, dass auch ein Bebauungsplan, in dem Gewerbebetriebe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO ausgeschlossen oder nur ausnahmsweise zugelassen werden, dem Typus eines Gewerbegebiets gerecht werden können, in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gesetzt hat. Er macht selbst nicht geltend, dass sich der Senat in den von ihm zitierten Beschlüssen vom 15. April 1987 – BVerwG 4 B 71.87 – (NVwZ 1987, 970) und vom 30. März 1990 – BVerwG 4 B 16.90 – (WUR 1990, 36) zu dem Festsetzungsmodell, das dem angegriffenen Bebauungsplan zugrunde liegt, ausdrücklich oder auch nur mittelbar geäußert habe.
c) Die Beschlüsse vom 31. Januar 1995 – BVerwG 4 NB 48.93 – (BRS 57 Nr. 23), vom 27. Januar 1999 – BVerwG 4 B 129.98 – (BRS 62 Nr. 29) und vom 17. Juli 2001 – BVerwG 4 B 55.01 – (BRS 64 Nr. 29), in denen die Frage der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB thematisiert wird, befassen sich ebenfalls nicht mit Festsetzungen der vom Antragsteller bekämpften Art.
d) Die Frage, ob es sich bei einem Einzelhandelsbetrieb mit einer Nutzfläche bis zu 400 m(2) um einen festsetzungsfähigen Anlagentyp handelt, hat der Senat in den Beschlüssen vom 31. Januar 1995 – BVerwG 4 NB 48.93 – (a.a.O.) und vom 27. Januar 1999 – BVerwG 4 B 129.98 – (a.a.O.) nicht angesprochen und im Beschluss vom 17. Juli 2001 – BVerwG 4 B 55.01 – (a.a.O.) nicht abschließend beantwortet.
e) Das Normenkontrollgericht ist der vom Antragsteller erörterten Bedarfsfrage nachgegangen (UA S. 13). Das Beschwerdevorbringen bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei über den Senatsbeschuss vom 11. Mai 1999 – BVerwG 4 NB 15.99 – (BRS 62 Nr. 19) hinweggesetzt haben könnte. Denn nach dieser Entscheidung hängt die Planungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht vom Nachweis eines “unabweisbaren” Bedürfnisses ab.
f) Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 31. Januar 1995 – BVerwG 4 NB 48.93 –, vom 27. Januar 1999 – BVerwG 4 B 129.98 – und vom 17. Juli 2001 – BVerwG 4 B 55.01 –) ist ein Bebauungsplan, der sich in einer unzulässigen Negativplanung erschöpft, nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Dies hat das Normenkontrollgericht nicht verkannt (UA S. 13). Dass der Antragsteller den angegriffenen Bebauungsplan in diesem Punkt anders beurteilt, lässt sich nicht als Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO werten.
g) Die Senatsentscheidungen vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 77.84 – (BVerwGE 77, 317) und – BVerwG 4 C 19.85 – (Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 9) enthalten ebenso wenig wie die Beschlüsse vom 27. Juli 1998 – BVerwG 4 BN 31.98 – (Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 25) und vom 17. Juli 2001 – BVerwG 4 B 55.01 – (a.a.O.) eine Aussage dazu, ob der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit einer Nutzfläche von mehr als 400 m(2) nach § 1 Abs. 3 BauGB die Nichtigkeit des betreffenden Bebauungsplans zur Folge hat. Schon deshalb scheiden sie als Anknüpfungspunkt für eine Divergenzrüge in der vom Antragsteller bezeichneten Richtung aus.
h) Zum Nachweis dafür, dass § 1 Abs. 9 BauNVO es zulässt, zwischen “Nachbarschaftsläden” mit maximal 400 m(2) Nutzfläche und sonstigen Einzelhandelsbetrieben zu differenzieren, beruft sich das Normenkontrollgericht u.a. auf das Senatsurteil vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 77.84 – (a.a.O.) und den Senatsbeschluss vom 17. Juli 2001 – BVerwG 4 B 55.01 – (a.a.O.). Dass es aus diesen Entscheidungen für den vorliegenden Fall nicht die rechtlichen Schussfolgerungen gezogen hat, die nach Ansicht des Antragstellers geboten gewesen wären, ist nicht gleichbedeutend mit einer Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
i) Der Senat hat im Urteil vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 77.84 – (a.a.O.) dargelegt, dass jeder Ausschluss auf der Grundlage des § 1 Abs. 5 oder 9 BauNVO einer städtebaulichen Rechtfertigung bedarf. Im Urteil vom 21. März 2002 – BVerwG 4 C 1.02 – (BVerwGE 116, 155) hat er ausgeführt, dass zwischen der spezifischen Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebietstypus und dem jeweils zugeordneten Ausnahmekatalog ein gewollter funktionaler Zusammenhang besteht. Der Antragsteller macht selbst nicht geltend, dass die Vorinstanz dieser Rechtsprechung die Gefolgschaft verweigert habe. Es hält dem Normenkontrollgericht lediglich vor, die Bedeutung dieser Entscheidungen “verkannt” zu haben.
j) Der Senat hat weder in den Urteilen vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 77.84 – (a.a.O.) und – BVerwG 4 C 19.85 – (a.a.O.) noch im Beschluss vom 17. Juli 2001 – BVerwG 4 B 55.01 – (a.a.O.) dazu Stellung genommen, ob eine Nutzfläche von 400 m(2) sich als brauchbares Kriterium für die Unterscheidung zwischen “Nahversorgern” und “Vollversorgern” eignet. Soweit das Normenkontrollgericht einen Rechtssatz dieses Inhalts aufgestellt haben sollte, kann es sich nicht in Widerspruch zu diesen Entscheidungen gesetzt haben.
k) Ob das Normenkontrollgericht aus den besonderen örtlichen Gegebenheiten hat folgern dürfen, dass Einzelhandelsbetriebe mit einer Nutzfläche von höchstens 400 m(2) einem bestimmten Betriebstyp entsprechen, ist eine Frage der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse, die sich nicht anhand der Ausführungen des Senats in den Urteilen vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 77.84 – (a.a.O.) und – BVerwG 4 C 19.85 – (a.a.O.) und in den Beschlüssen vom 27. Juli 1998 – BVerwG 4 BN 31.98 – (a.a.O.) und vom 17. Juli 2001 – BVerwG 4 B 55.01 – (a.a.O.) beantworten lässt.
l) Dass der objektive Wille des Plangebers im Normtext seinen Niederschlag gefunden haben muss, gehört zu den allgemeinen Auslegungsregeln, deren Geltung nicht davon abhängt, dass der Senat sie im Beschluss vom 14. Dezember 1995 – BVerwG 4 N 2.95 – (BRS 57 Nr. 57) ausdrücklich bekräftigt hat. Sollte das Normenkontrollgericht mit der Gleichsetzung der Begriffe des “Einzelhandelsbetriebs des täglichen Bedarfs”, des “Nahversorgers” und des “Nachbarschaftsladens” diesen Grundsatz missachtet haben, ließe sich hieraus keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO herleiten.
m) Der Antragsteller legt nicht dar, durch welche Aussage das Normenkontrollgericht den vom Senat im Urteil vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 77.84 – (a.a.O.) formulierten Rechtssatz, wonach es für die im Vergleich mit § 1 Abs. 5 BauNVO noch feinere Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzungsart in § 1 Abs. 9 BauNVO spezielle Gründe geben muss, in Frage gestellt haben könnte. Selbst wenn die Vorinstanz aus dem Grad der Verkehrsbelastung zu Unrecht auf “besondere” städtebauliche Gründe geschlossen haben sollte, wäre ihr lediglich vorzuhalten, den insoweit von ihr als maßgeblich erkannten und herangezogenen Rechtssatz fehlerhaft angewendet zu haben.
n) Wie der Antragsteller selbst einräumt und durch die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (UA S. 17 ff.) belegt wird, hebt das Normenkontrollgericht in Übereinstimmung mit der von ihm zitierten Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 12. Dezember 1969 – BVerwG 4 C 105.66 – BVerwGE 34, 301 und vom 16. April 1971 – BVerwG 4 C 66.67 – DVBl 1971, 746; Beschluss vom 16. Januar 1996 – BVerwG 4 NB 1.96 – ZfBR 1996, 223) hervor, dass die privaten Eigentumsinteressen im Rahmen der nach § 1 Abs. 6 BauGB gebotenen Abwägung als Abwägungsposten zu berücksichtigen sind. Es stellt nicht in Abrede, dass die Privatnützigkeit soweit wie möglich zu erhalten ist (BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2002 – 1 BvR 1402/01 – BRS 65 Nr. 6). Dass die Vorinstanz nach der Einschätzung des Antragstellers den von ihr selbst abstrakt formulierten rechtlichen Vorgaben bei der Anwendung auf den konkreten Fall nicht gerecht geworden ist, gibt nichts für die Annahme her, dass eine Divergenz vorliegt.
o) Der Antragsteller legt nicht dar, mit welchem Rechtssatz sich das Normenkontrollgericht in Bezug auf die Verbreiterung der W.straße von der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 19. Dezember 2002 – 1 BvR 1402/01 – a.a.O.) abgewendet haben könnte, dass der Privatnützigkeit des Eigentums soweit wie möglich Rechnung zu tragen ist. Er zeigt allenfalls eine fehlerhafte Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten und von der Vorinstanz nicht angezweifelten Grundsätze auf.
2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsteller beimisst.
a) Der Antragsteller hält für klärungsbedürftig, ob die allgemeine Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets noch gewahrt ist, wenn in dem Plangebiet lediglich Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO sowie Anlagen für sportliche Zwecke im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO und ausnahmsweise u.a. auch Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zulässig sind, “Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe” im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO dagegen ausgeschlossen bzw. nur ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Frage nötigt nicht zur Zulassung der Revision. Sie lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats beantworten, ohne dass es eigens der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO können die in Gewerbe- und in Industriegebieten zulässigen Anlagen auf verschiedene räumliche Bereiche der Gemeinde in der Weise verteilt werden, dass in bestimmten Gewerbe- oder Industriegebieten einzelne der in § 8 Abs. 2 oder § 9 Abs. 2 BauNVO zulässigen Arten von Nutzungen für unzulässig oder nur für ausnahmsweise zulässig erklärt werden. Wie aus § 1 Abs. 4 Satz 3 BauNVO zu ersehen ist, lässt sich in einem solchen System der räumlichen Gliederung insbesondere § 1 Abs. 5 BauNVO als Steuerungsmittel nutzbar machen. Danach kann u.a. festgesetzt werden, dass einzelne Arten von Nutzungen, die nach § 8 BauNVO in einem Gewerbegebiet allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Allerdings muss hierbei die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleiben.
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO deutet auf eine vom Grundsatz her sehr offene Gebietsstruktur hin. Nach dieser Vorschrift sind in einem Gewerbegebiet “Gewerbebetriebe aller Art” zulässig. Diese Kategorie umfasst ihrem Wortlaut nach sämtliche gewerblichen Nutzungen, die mit Rücksicht auf das Wohnen wegen ihres Störgrades nicht mehr ohne weiteres mischgebietsverträglich sind, ohne andererseits so erheblich zu belästigen, dass sie nur in einem Industriegebiet im Sinne des § 9 BauNVO verwirklich werden können. Nutzungen, die spezifisch gewerbliche Merkmale aufweisen, sind indes nicht bloß in § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO angesprochen. Der Kreis der “Gewerbebetriebe aller Art” wird insbesondere in § 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO ergänzt. Danach sind in einem Gewerbegebiet regelhaft auch “Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude” zulässig. Diese Systematik macht deutlich, dass zu den prägenden Elementen eines Gewerbegebiets nicht bloß das produzierende und das verarbeitende Gewerbe unter Einschluss des Handwerks gehört. Der Begriff des Gewerbebetriebs erstreckt sich vielmehr auch auf die in § 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO als besondere Kategorie geregelten Dienstleistungsbetriebe. Die Vielgestaltigkeit, durch die Gewerbegebiete gekennzeichnet sind, äußert sich gerade in der typischen Funktion, neben Betrieben des produzierenden und des verarbeitenden Gewerbes auch Betrieben des Dienstleistungsgewerbes sowie weiteren nicht erheblich belästigenden gewerblichen Nutzungen wie Lagerhäusern und Lagerplätzen (Abs. 2 Nr. 1) sowie Tankstellen (Abs. 2 Nr. 3) als Standort zu dienen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1988 – BVerwG 4 B 119.88 – Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 8).
Die Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets wird nicht dadurch angetastet, dass auf der Grundlage des § 1 Abs. 5 BauNVO aus dem Spektrum der nach § 8 Abs. 2 BauNVO an sich zulässigen gewerblichen Nutzungen einzelne Nutzungsarten ausgeschlossen werden (vgl. BVerwG, Beschuss vom 3. Mai 1993 – BVerwG 4 NB 13.93 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 16: Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben; Beschluss vom 11. Mai 1999 – BVerwG 4 BN 15.99 – a.a.O.: Ausschluss von Schank- und Speisewirtschaften und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten). Auch die Beschränkung der zulässigen gewerblichen oder handwerklichen Nutzung auf Betriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ein solches “eingeschränktes Gewerbegebiet” entspricht seiner allgemeinen Zweckbestimmung nach noch dem Typus eines Gewerbegebiets (BVerwG, Beschluss vom 15. April 1987 – BVerwG 4 B 71.87 – a.a.O.). Durch das Erfordernis der Wahrung der Zweckbestimmung soll sichergestellt werden, dass die Systematik, die den §§ 2 bis 10 BauNVO im Interesse geordneter städtebaulicher Verhältnisse zugrunde liegt, auch im Falle der Modifikation des jeweiligen Zulässigkeitsregimes unangetastet bleibt. Festsetzungen nach § 1 Abs. 5 BauNVO dürfen nach dem Grundsatz der “Typenreinheit” nicht dazu führen, dass ein Baugebiet geschaffen wird, das einen anderen als den normativ vorgegebenen Charakter aufweist. Der Normgeber lässt es nicht zu, durch den Ausschluss an sich zulässiger Nutzungsarten ein Baugebiet in seinem Erscheinungsbild so nachhaltig zu verändern, dass es keiner der in der Baunutzungsverordnung geregelten Baugebietstypen mehr entspricht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Dezember 1989 – BVerwG 4 NB 32.89 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 8, vom 6. Mai 1996 – BVerwG 4 NB 16.96 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 22 und vom 7. Juli 1997 – BVerwG 4 BN 11.97 – Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 22).
Ebenso wenig wie durch die Beschränkung auf Gewerbe- bzw. Handwerksbetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören, verliert ein Baugebiet durch die Beschränkung auf Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude den Charakter eines Gewerbegebiets. Trotz des Ausschlusses von Betrieben des produzierenden und des verarbeitenden Gewerbes behält es sein Gepräge als ein Gebiet, das frei von allgemeiner Wohnnutzung als Standort für Dienstleistungsbetriebe einem wesentlichen Segment der gewerblichen Nutzung vorbehalten ist. Wegen des typischerweise geringeren Störpotenzials von Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäuden stellt es in ähnlicher Weise wie ein “eingeschränktes Gewerbegebiet”, das die im Senatsbeschluss vom 15. April 1987 – BVerwG 4 B 71.87 – (a.a.O.) genannten Merkmale aufweist, ein typenkonformes Gliederungs- bzw. Festsetzungsmittel dar, das ein störungsarmes Nebeneinander von Gewerbe- und von Wohnnutzung ermöglicht.
Was für den völligen Ausschluss von “Gewerbebetrieben aller Art” im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO gilt, beansprucht Geltung erst recht, wenn dieses Nutzungssegment unter einen Ausnahmevorbehalt gestellt wird.
b) Mit der Frage, ob die Festsetzung eines im Wesentlichen auf Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude beschränkten Gewerbegebiets erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB ist, wenn für diese Nutzung kein Bedarf besteht, zeigt der Antragsteller keinen Bedeutungsgehalt auf, der eine Zulassung der Revision auf der Grundlage des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigt. Das Normenkontrollgericht hat die Bedarfsfrage angesprochen (UA S. 13). Dass es sie anders beurteilt als der Antragsteller, verleiht der Rechtssache schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, weil der Senat zum Problemkreis des Bedarfs bereits Stellung genommen hat. Wie aus dem Beschluss vom 11. Mai 1999 – BVerwG 4 NB 15.99 – (a.a.O.) erhellt, hängt die Planungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht von dem Nachweis ab, dass hierfür ein durch spürbaren Nachfragedruck ausgelöstes unabweisbares Bedürfnis vorhanden ist. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Frage, ob auch eine Planung, für die keinerlei Bedarf besteht, den Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB genügt, würde sich in dem erstrebten Revisionsverfahren so nicht stellen. Denn das Normenkontrollgericht ist dem Antragsteller in dieser Einschätzung der Situation “nicht gefolgt” (UA S. 13).
c) Die Frage, ob es sich städtebaulich begründen lässt, in einem Gewerbegebiet in Anwendung des § 1 Abs. 5 BauNVO Gewerbe- und Handwerksbetriebe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO auszuschließen, ließe sich in einem Revisionsverfahren nicht mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit klären. Von dem Festsetzungsinstrument des § 1 Abs. 5 BauNVO darf die Gemeinde nur dann Gebrauch machen, wenn sie sich von dem in § 1 Abs. 1 und 3 BauGB vorgezeichneten Ziel bestimmen lässt, die bauliche und die sonstige Nutzung der Grundstücke im Gemeindegebiet aus Gründen der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung zu leiten und eine sozialgerechte Bodenordnung zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 77.84 – a.a.O.; Beschluss vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 N 4.86 – BVerwGE 77, 308). Ob ein mit einem Bebauungsplan verfolgtes Ausschlusskonzept im Städtebaurecht wurzelt oder auf Erwägungen beruht, die der Regelung der Bodennutzung fremd sind, lässt sich nur anhand der Umstände des Einzelfalls ermitteln.
d) Auch die Frage, ob es sich bei einem Einzelhandelsbetrieb mit einer Nutzfläche von max. 400 m(2) um einen festsetzungsfähigen Anlagentyp im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO handelt, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass § 1 Abs. 9 BauNVO es über § 1 Abs. 5 BauNVO hinaus gestattet, einzelne Unterarten von Nutzungen mit planerischen Festsetzungen zu erfassen. Gegenstand einer solchen Festsetzung können freilich nur bestimmte Anlagentypen sein. Unproblematisch sind Gattungsbezeichnungen oder ähnliche typisierende Beschreibungen. Der Gemeinde ist es indes nicht grundsätzlich verwehrt, die Zulässigkeit auch nach der Größe der Anlagen, wie etwa der Verkaufs- oder der Geschossfläche von Handelsbetrieben, unterschiedlich zu regeln. Den Anforderungen des § 1 Abs. 9 BauNVO entspricht eine solche Planung allerdings nur, wenn durch die Größenangabe bestimmte Arten von baulichen oder sonstigen Anlagen zutreffend gekennzeichnet werden. Betriebe, bei denen die Verkaufs- oder die Geschossfläche eine bestimmte Größe überschreitet, sind nicht schon allein deshalb auch “bestimmte Arten” im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO. Die Begrenzung der höchstzulässigen Verkaufs- oder Geschossfläche trägt die Umschreibung eines bestimmten Anlagentyps nicht gleichsam in sich selbst. Vielmehr muss die Gemeinde darlegen, warum Betriebe unter bzw. über den von ihr festgesetzten Größen generell oder doch jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse einem bestimmten Anlagentyp entsprechen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 77.84 – a.a.O. und – BVerwG 4 C 19.85 – a.a.O.; Beschlüsse vom 27. Juli 1998 – BVerwG 4 BN 31.98 – a.a.O. und vom 17. Juli 2001 – BVerwG 4 B 55.01 – a.a.O.).
Der Antragsteller legt nicht dar, in welcher Richtung diese Rechtsprechung präzisierungs- oder fortentwicklungsbedürftig sein sollte. Das Normenkontrollgericht macht sich die rechtlichen Vorgaben des Senats ausdrücklich zu Eigen. Es erläutert im Einzelnen, wieso die Antragsgegnerin mit der vom Antragsteller angegriffenen Festsetzung nicht bloß darauf abzielt, die Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben an die Voraussetzung einer Höchstnutzungsfläche von 400 m(2) zu knüpfen, sondern mit der Größenangabe auch den Zweck verfolgt, einen bestimmten Anlagentyp zu umschreiben, den es im Anschluss an eine Begriffsdefinition des Instituts für Handelsforschung an der Universität zu Köln als “Nachbarschaftsladen” oder “Convenience-Store” bezeichnet (UA S. 15/16). Der Antragsteller tritt dieser Würdigung entgegen. Er zeigt indes nicht auf, woraus sich ein Klärungsbedarf ableiten lassen könnte, der über den anhängigen Rechtsstreit hinaus reicht, ohne durch die bisherige Rechtsprechung des Senats befriedigt zu sein.
e) Die Frage, ob es sich städtebaulich rechtfertigen lässt, Einzelhandelsbetriebe mit einer Nutzfläche von mehr als 400 m(2) auszuschließen, um das nähere Umfeld vor Verkehrsbelastungen zu schützen, ließe sich in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls klären. Beeinträchtigungen, die der von einem Einzelhandelsbetrieb ausgelöste Zu- und Abgangsverkehr für die Nachbarschaft mit sich bringt, lässt sich die städtebauliche Relevanz in aller Regel nicht absprechen. Bei großflächigen Einzelhandelsbetrieben liegt dies durchweg auf der Hand (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO). Aber auch bei kleineren Betrieben lassen sich nachteilige städtebauliche Wirkungen, je nach den örtlichen Gegebenheiten, nicht ausschließen. Zu zusätzlichen Erkenntnissen würde auch ein Revisionsverfahren keine Gelegenheit bieten.
3. Die Verfahrensrügen bleiben erfolglos.
a) Der Antragsteller macht zwar geltend, durch die Ausführungen, die sich im angegriffenen Urteil zur Bezeichnung des Plangebiets finden, überrascht worden zu sein, er legt aber nicht dar, mit welchen Argumenten er die von ihm angenommene Unwirksamkeit des Bebauungsplans zusätzlich untermauert hätte, wenn er schon in der mündlichen Verhandlung mit der vom Normenkontrollgericht zu diesem Fragenkomplex vertretenen Auffassung konfrontiert worden wäre.
b) Die Planunterlagen haben beim Normenkontrollgericht keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass auf dem Gebiet der Antragsgegnerin eine Nachfrage nach Büroflächen besteht. Von daher erübrigte es sich, der gegenteiligen Behauptung nachzugehen, dass insoweit “keinerlei Bedarf” vorhanden sei.
c) Auch unter dem Blickwinkel der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB brauchte die Vorinstanz keine Ermittlungen zum Bedarf an Büroflächen anzustellen, da sich diese Frage von ihrem rechtlichen Ausgangspunkt aus nicht stellte.
d) Das Normenkontrollgericht hält unter Berücksichtigung der Konzeption der Antragsgegnerin, zur Vermeidung “maßstabsfremder Veränderungen im überwiegend bebauten Plangebiet” die bauliche Entwicklung “im Hinblick auf die vorhandene Bau- und Landschaftsstruktur zu steuern” (UA S. 12), das Festsetzungsmittel, “Gewerbebetriebe aller Art” im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO nach § 1 Abs. 5 BauNVO auszuschließen, für rechtlich zulässig. Vor diesem Hintergrund brauchte es nicht aufzuklären, wie groß der Bedarf ist, die im Wesentlichen auf den Dienstleistungssektor beschränkten verbleibenden Nutzungen vor einer Verdrängung zu schützen.
e) Der Antragsteller bemängelt, dass die Vorinstanz nicht intensiver untersucht habe, ob sich der Ausschluss auch nicht störender Gewerbe- und Handwerksbetriebe unter Einschluss von Einzelhandelsbetrieben mit einer Nutzfläche von mehr als 400 m(2) städtebaulich rechtfertigen lasse. Mit seinen in das Gewand einer Verfahrensrüge gekleideten Angriffen macht er der Sache nach einen materiellrechtlichen Mangel geltend. Er hält dem Normenkontrollgericht vor, den gesetzlichen Anforderungen des § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO nicht gerecht geworden zu sein.
f) Das Normenkontrollgericht hebt darauf ab, dass in dem Plangebiet nach den planerischen Vorstellungen der Antragsgegnerin nur “Nachbarschaftsläden” zulässig sein sollen. Von dieser Begriffsbestimmung her versteht sich von selbst, dass Einzelhandelsbetriebe, die nicht nur der Versorgung der “Nachbarschaft” dienen, sondern auf einen größeren Einzugsbereich ausgerichtet sind, in stärkerem Maße Zu- und Abgangsverkehr verursachen. Zur Bestätigung dieser Tatsache bedurfte es keiner weiteren Untersuchungen.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 1 GKG n.F.
Unterschriften
Dr. Paetow, Halama, Dr. Philipp
Fundstellen
BauR 2005, 513 |
BauR 2005, 599 |
ZAP 2005, 500 |
ZfBR 2005, 185 |
BTR 2005, 83 |
DVBl. 2005, 196 |
GV/RP 2005, 724 |
KomVerw 2005, 120 |
KommJur 2005, 15 |
Städtetag 2005, 41 |
UPR 2005, 148 |
ÖffBauR 2005, 15 |
BRS-ID 2005, 16 |
FSt 2005, 621 |
FSt 2005, 731 |
FuBW 2005, 241 |
FuHe 2005, 240 |