Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 04.07.2008; Aktenzeichen 2 A 10358/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 550 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Rz. 2
1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Rz. 3
a) Der Kläger will als grundsätzlich bedeutsam geklärt wissen, ob Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG landesrechtlichen Regelungen entgegenstehen, “mit denen Studierende im Zweitstudium stets zu allgemeinen Studiengebühren herangezogen werden, wenn sie ihr Erststudium in einem anderen Bundesland absolviert haben, während der Landesgesetzgeber für Studierende, die ihr Erststudium im eigenen Bundesland in der Regelstudienzeit absolviert haben, keine oder nur eingeschränkte Studiengebühren erhebt”. Diese Frage zeigt keine ungelöste Problematik des Bundesrechts auf und kann daher nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Anwendung und Auslegung von Landesrecht eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung der – gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten – bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (s. etwa Beschlüsse vom 9. März 1984 – BVerwG 7 B 238.81 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49 S. 27, vom 15. Dezember 1989 – BVerwG 7 B 177.89 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277 S. 20, vom 1. September 1992 – BVerwG 11 B 24.92 – Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 171 S. 18 und vom 11. Dezember 2003 – BVerwG 6 B 69.03 – Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 39 S. 33). Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren müssen in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (Beschluss vom 19. Juli 1995 – BVerwG 6 NB 1.95 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104 S. 43). Dem Erfordernis einer Darlegung dieser Voraussetzungen wird nicht schon dadurch genügt, dass die maßgebliche Norm als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen wird. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche verfassungsrechtlichen Normen verstoßen wird und ob sich bei der Auslegung dieser Normen alsdann Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich noch nicht aufgrund bisheriger oberstgerichtlicher Rechtsprechung – insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts – beantworten lassen. Daran fehlt es hier.
Rz. 4
In der Rechtsprechung des beschließenden Senats ist geklärt, dass die Erhebung von Studiengebühren für ein nach Abschluss eines berufsqualifizierenden Studiums durchgeführtes Zweitstudium mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich vereinbar ist (vgl. Beschluss vom 18. Juni 2008 – BVerwG 6 B 23.08 – Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 164 S. 5 unter Bezugnahme auf das Urteil vom 25. Juli 2001 – BVerwG 6 C 8.00 – BVerwGE 115, 32 ≪36 ff.≫). Soweit die Beschwerde eine am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darin erblickt, dass nach der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nur solche Studierenden, die ihren ersten berufsqualifizierenden Abschluss in Rheinland-Pfalz erworben haben, über ein Studienkonto verfügen und daher ein im Erststudium nicht verbrauchtes Restguthaben für ein Zweitstudium verwenden können, greift sie allein die Auslegung und Anwendung landesrechtlicher Vorschriften als verfassungswidrig an. Erforderlich wäre indes die Darlegung gewesen, dass in einer bestimmten Frage – hier in der Frage der Zulässigkeit einer Differenzierung bei der Heranziehung zu Zweitstudiumsgebühren anhand des Kriteriums, ob das Erststudium in demselben Bundesland, in dem das Zweitstudium durchgeführt wird, oder in einem anderen Bundesland abgeschlossen wurde – die Auslegung des Grundgesetzes einschließlich der bundesverfassungsrechtlichen Grundsätze durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher nicht ausreichend ist, um eine zutreffende Umsetzung in dem landesrechtlich geprägten Ausgangsfall zu gewährleisten (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 1994 – BVerwG 4 B 266.94 – NVwZ 1995, 601 ≪602≫; s. auch Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand März 2008, § 132 Rn. 43). Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht. Denn sie lässt nicht erkennen, inwiefern der vorliegende Fall in Bezug auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG auf eine Frage führt, die durch die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht hinreichend geklärt ist. Ein solcher Klärungsbedarf ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich, weil der Kläger bei Zugrundelegung des für das Revisionsgericht grundsätzlich verbindlichen Verständnisses des Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht lediglich eine nach dem gesetzlichen Regelungssystem nicht gebotene Vergünstigung beansprucht, ohne deren Voraussetzungen zu erfüllen. Indem der Kläger unter Hinweis auf die Lenkungswirkung der vom Landesgesetzgeber vorgenommenen Gebührenregelung darlegt, aus welchen Gründen die Rechtsanwendung durch die Vorinstanz nach seiner Einschätzung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, wendet er sich in der Art einer Revisionsbegründung gegen das Berufungsurteil, zeigt aber keinen Revisionszulassungsgrund auf.
Rz. 5
b) Auch im Hinblick auf das vom Kläger zu der eingangs beschriebenen Fragestellung weiter angeführte Grundrecht aus Art. 11 Abs. 1 GG sind der Beschwerdebegründung keine ungeklärten rechtsgrundsätzlichen Fragen zu entnehmen. Die Beschwerde macht insoweit vielmehr lediglich geltend, dadurch, dass das Landesrecht die Gebührenpflichtigkeit des Zweitstudiums mit der Möglichkeit der Verwendung von Restguthaben aus dem Erststudium vorsehe, nötige es die Studierenden faktisch, ihren Wohnsitz bereits für das Erststudium nach Rheinland-Pfalz zu verlegen, und schrecke darüber hinaus Studierende, die ihr Erststudium in einem anderen Bundesland absolviert hätten, davon ab, ihr Zweitstudium in Rheinland-Pfalz aufzunehmen, was das Grundrecht auf Freizügigkeit in verfassungswidriger Weise beeinträchtige. Dieses Vorbringen betrifft die Vereinbarkeit der Auslegung des irrevisiblen Landesrechts mit Art. 11 Abs. 1 GG, wirft hingegen keine konkreten Fragen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Auslegung dieses Grundrechts auf. Davon abgesehen hat das Bundesverwaltungsgericht zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Erhebung einer mit dem Wohnsitz oder Aufenthalt verbundenen Abgabe das Freizügigkeitsgrundrecht verletzen kann, bereits entschieden, dass sich aus Art. 11 Abs. 1 GG kein Anspruch darauf ergibt, dass der Aufenthalt an einem bestimmten Ort aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mit Konsequenzen verbunden ist, die zu dem Entschluss veranlassen können, von einem Aufenthalt abzusehen, und dass für eine abweichende Betrachtung allenfalls dort Raum bleibt, wo solche Hinderungsgründe in ihrer Auswirkung praktisch einem strikten Verbot gleichkommen (vgl. Beschluss vom 22. August 1983 – BVerwG 8 B 78.83 – Buchholz 401.63 Kurabgaben Nr. 5). Anders als bei einer Einräumung unterschiedlicher Studienguthaben für einheimische und auswärtige Studierende, wie sie Gegenstand des vom Kläger bezeichneten Vorlagebeschlusses des Verwaltungsgerichts Bremen vom 17. September 2007 – 6 K 1577/06 u.a. – ist, knüpft die Möglichkeit der Verwendung von Restguthaben für ein Zweitstudium in Rheinland-Pfalz schon nicht an die Wohnsitznahme, sondern an den Abschluss des Erststudiums in diesem Bundesland an. Unabhängig davon bedarf es nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, sondern ist offensichtlich, dass die Gewährung des in dieser Verwendungsmöglichkeit liegenden finanziellen Vorteils und seine Vorenthaltung nicht die Bedeutung eines strikten Verbots oder Gebots in Bezug auf die Wahl des Aufenthalts- oder Wohnorts im Bundesgebiet haben.
Rz. 6
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Graulich, Dr. Möller
Fundstellen