Verfahrensgang
OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Urteil vom 17.08.1983; Aktenzeichen 15 OVG A 10/82) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Flurbereinigungsgericht) vom 17. August 1983 wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme etwa entstandener außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Klägerinnen sind Miterben ihres am 26. September 1984 verstorbenen Vaters Franz Merschendorf, der mit seiner am 22. April 1982 erhobenen. Klage die Aufhebung der Schlußfeststellung des Beklagten zu 1 vom 30. November 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten zu 2 vom 14. April 1982 begehrte. Seine Klage wurde durch Urteil des Flurbereinigungsgerichts vom 17. August 1983 als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger nicht mehr Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren der Beigeladenen sei. Mit der gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil erhobenen Beschwerde wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht; außerdem werden Verfahrensfehler gerügt.
Nach dem Tode des Klägers Franz Merschendorf während des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdeführerinnen als Miterben die Fortführung des Verfahrens begehrt und den Prozeßbevollmächtigten des verstorbenen Klägers Prozeßvollmacht erteilt.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, weil die für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO geforderten Voraussetzungen nicht gegeben sind.
Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, daß von dem verstorbenen Kläger keine Prozeßvollmacht vorgelegt worden ist. Die nach § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderliche schriftliche Vollmacht kann nach § 67 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO nachgereicht werden. Der Mangel der Vollmacht bei Einlegung eines Rechtsmittels – hier der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision – kann durch Genehmigung des Vertretenen, die auch in der Erteilung einer Prozeßvollmacht liegen kann, mit rückwirkender Kraft geheilt werden, soweit – wie hier der Fall – noch nicht eine das Rechtsmittel als unzulässig verwerfende Entscheidung vorliegt (§ 173 VwGO in Verbindung mit § 89 Abs. 2 ZPO; vgl. hierzu auch Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 17. April 1984 – GmS – OGB 2/83 – ≪BVerwGE 69, 380/381≫). Die Heilung des Mangels nicht vorgelegter Prozeßvollmacht kann auch durch Genehmigung der Prozeßführung durch den Rechtsnachfolger (hier die Erben) unter Erteilung einer Prozeßvollmacht erfolgen. Dies ist durch die Vollmachterteilung durch die Beschwerdeführerinnen geschehen. Daran ändert es nichts, daß nach der Erklärung der Beschwerdeführerinnen ihre Schwester Maria Müller, geb. Merschendorf, Lange Wand 6, 4577 Nortrup, als weitere Miterbin sich gegen die Fortsetzung des Rechtsstreits verwahrt. Denn den Beschwerdeführern steht gleichwohl die als Prozeßvoraussetzung anzusehende Prozeßführungsbefugnis zu. Nach § 2039 Satz 1 BGB kann jeder Miterbe einen zum Gesamthandsvermögen gehörenden Anspruch – auch klageweise – allein geltend machen; die Rechte der übrigen Miterben werden von der dem einzelnen Miterben in seinem Interesse gewährten Prozeßführungsbefugnis nicht berührt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1966 – V ZR 160/65 – ≪BGHZ 44, 367/370 ff.≫).
Die Prozeßführung der Beschwerdeführerinnen scheitert auch nicht daran, daß sie sich auf die Fortführung einer vom Kläger erhobenen Gestaltungsklage (hier die Anfechtung der Schlußfeststellung nach § 149 FlurbG) bezieht. Wenn dem einzelnen Miterben die Ausübung von Gestaltungsrechten grundsätzlich verwehrt ist, weil sie als Verfügung über einen Nachlaßgegenstand nach der Regel des § 2040 BGB der Erbengemeinschaft vorbehalten ist, so gilt dies jedoch nicht ausnahmslos. Der Bundesgerichtshof hat dies hinsichtlich der Wiederaufnahmeklage nach §§ 578 ff. ZPO deswegen verneint, weil nicht der Betreibung des Rechtsstreits Gestaltungswirkung zukomme, sondern allenfalls dem richterlichen Urteil, wenn das im Vorprozeß ergangene Urteil selbst ein Gestaltungsurteil wäre. Die Einkleidung des Wiederaufnahmebegehrens als Rechtsgestaltungsklage dürfe nicht dazu führen, zu übersehen, daß die Klage im entschiedenen Fall nur das Mittel sei, den rechtskräftig abgelehnten Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs erneut zu verfolgen (vgl. Urteil vom 13. Juli 1954 – V ZR 56/50 – ≪BGHZ 14, 251/255≫). Bei der Anfechtung der Schlußfeststellung nach § 149 Abs. 1 Satz 1 FlurbG kann von einer prozessual vergleichbaren Situation hier deswegen ausgegangen werden, weil hierdurch ermöglicht werden soll, potentielle Ansprüche der Beteiligten, die im Flurbereinigungsverfahren hätten berücksichtigt werden müssen, im Wege der hiergegen eröffneten Rechtsbehelfe, insbesondere mittels Klage zu sichern, oder, anders gewendet, dadurch zu verhindern, daß die mit der Unanfechtbarkeit bzw. Rechtskraft der Schlußfeststellung verbundene Ausschlußwirkung hinsichtlich sämtlicher flurbereinigungsrechtlicher Ansprüche eintritt. Die Vergleichbarkeit der nach erfolglosem Widerspruch gegen die Schlußfeststellung gerichteten Klage mit den prozessualen Aspekten der Wiederaufnahmeklage im Sinne der angeführten Rechtsprechung drängt sich hier auch deswegen auf, weil dem hiermit verfolgbaren Begehren zur Sicherung materiellrechtlicher Ansprüche kraft Gesetzes Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens insoweit gleichgestellt sind, als diese ebenfalls bis zum Ablauf der Frist für Widersprüche gegen die Schlußfeststellung gestellt sein müssen (§ 149 Abs. 2 FlurbG), um vor Beendigung des Flurbereinigungsverfahrens berücksichtigt werden zu können.
Kann danach hier davon ausgegangen werden, daß die Beschwerdeführerinnen nach § 2039 Satz 1 BGB zur Verfolgung flurbereinigungsrechtlicher Ansprüche gegen die Schlußfeststellung ohne Mitwirkung der weiteren Miterbin berechtigt sind (vgl. auch BVerwGE 21, 91 ≪92≫), dann muß diese Befugnis auch einschließen, einen dieser Rechtsverfolgung dienenden Rechtsbehelf geltend zu machen, hier also die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem die Klage gegen die Schlußfeststellung abweisenden Urteil des Flurbereinigungsgerichts fortzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1954 ≪a.a.O. S. 255≫).
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Das Flurbereinigungsgericht hat die vom verstorbenen Kläger erhobene Klage als unzulässig abgewiesen. Die von den Beschwerdeführerinnen gegen die verfahrensrechtlichen Bedingungen dieser prozeßabweisenden Entscheidung erhobenen Verfahrensrügen im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO greifen nicht durch. Soweit beanstandet wird, daß an dem angefochtenen Urteil der ehrenamtliche Richter Ministerialrat Schöne-Warnefeld mitgewirkt hat, hätte dies unter den Voraussetzungen des § 133 Nr. 2 VwGO nur mit der zulassungsfreien Revision geltend gemacht werden können. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision kann darauf nicht gestützt werden (BVerwGE 12, 107).
Für das Flurbereinigungsgericht bestand auch keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob dieser ehrenamtliche Richter in der Vergangenheit als Vermessungstechniker beim Beklagten zu 1 tätig gewesen war. Der Kläger hat in seinem Klagevorbringen keinerlei Hinweise darauf gegeben, daß der benannte ehrenamtliche Richter bei einem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren in bezug auf die vorliegende Sache mitgewirkt haben soll. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO scheidet deshalb insoweit aus.
Mit dem übrigen Beschwerdevorbringen wird ausschließlich die Sachverhaltswürdigung des Flurbereinigungsgerichts angegriffen, ohne damit zulässige Verfahrensrügen zu verbinden. Die Frage, ob dem Kläger wegen des behaupteten Verlustes eines alten Holzbestandes Ansprüche gegen den Beklagten zu 1 zustehen könnten, war nicht Gegenstand dieses Verfahrens, sondern war in das Sachbegehren des Klägers in dem flurbereinigungsgerichtlichen Verfahren 15 OVG 59/81 miteinbezogen.
Der vorliegenden Rechtssache kann daher insoweit auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukommen. Sie kann deshalb insbesondere nicht auf eine klärungsbedürftige Rechtsfrage zur Auslegung des § 85 Nr. 4 FlurbG gestützt werden, zumal sich dem Flurbereinigungsgericht bei der ergangenen Prozeßabweisung die Möglichkeit ohnehin verschloß, diese Vorschrift anzuwenden. Im übrigen ist zu den das angegriffene Prozeßurteil tragenden Gründen in der Beschwerde nichts vorgetragen worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus den §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Zehner, Dr. Fink, Dr. Hömig
Fundstellen